My Balanced Scorecard

Buch My Balanced Scorecard

Das Praxishandbuch für Ihre individuelle Lösung: Fallstudien, Checklisten, Präsentationsvorlagen

Haufe,


Rezension

Eine erfreuliche Lektüre: weil sie sehr lebendig geschrieben ist, den Leser direkt anspricht, und weil es von konkreten Beispielen darin nur so wimmelt. Angenehm fällt dabei auf, dass kaum Aufhebens um das Verfahren gemacht wird; die Autoren bauen sogar Berührungsängste ab, indem sie versichern: Die Methode ist bereits bekannt, allein Systematik und Arrangement sind neu. Sehr sys­tem­a­tisch „von Klein auf Gross“ ist ihr Arbeitsbuch aufgebaut und mit zahlreichen, bereits erprobten Prax­is­beispie­len gespickt. So sind die einzelnen Schritte für die Einführung von Balanced Scorecards im Mittelstand wie auch im Grossun­ternehmen minutiös doku­men­tiert. Ein ganzer Abschnitt gibt ausgiebig Anregungen für eigene Kennzahlen. Jeder dieser Schritte taucht auch in der sehr de­tail­lierten Gliederung wieder auf, ein reiches Lit­er­aturverze­ich­nis lässt angesichts der doch recht jungen „Wis­senschaft“ staunen. Das Tüpfelchen auf dem „i“ aber ist die CD-ROM mit Pow­er­point-Datei zur Durchführung von Workshops. Beides zusammen, Buch und CD, bilden ein wirkungsvolles Team, das BooksInShort jedem Praktiker und solchen, die es werden wollen, ans Herz legt.

Take-aways

  • Bei der Balanced Scorecard (BS) handelt es sich um eine Zielführungsmeth­ode, die qualitative Un­ternehmenser­folge mit Hilfe von Kennzahlen messbar macht.
  • Sie ist auf allen Ebenen und in allen Bereichen anwendbar und spannt eine Brücke zwischen Utopie und Alltag.
  • Sie beinhaltet den Aufbau eines Netzwerks von Ve­r­ant­wortlichen zur Ko­or­di­na­tion der notwendigen strate­gis­chen Aktionen.
  • Durch das von ihr angeschobene Prozess­man­age­ment sichert sie Beständigkeit und bereitet wirksam auf Veränderung vor.
  • Sie baut einen Hand­lungsrah­men auf, um Veränderungen langfristig zu verankern.
  • Es gibt nicht eine BS für alle – sie ist äusserst individuell nach Vorbe­din­gun­gen und Zielen im Unternehmen erst zu gestalten.
  • Entwickeln Sie Ihre BS mit den Entschei­dungsträgern Ihres Un­ternehmens: Sie können am besten erwägen, welche Kennzahlen in ihrem Bereich zu in­stal­lieren sind.
  • Der Prozess um die Erstellung der BS ist in erster Linie ein sozialer; die Daten­samm­lung dafür muss erst erstellt werden.
  • Der Erfolg der BS hängt davon ab, inwieweit es Ihnen gelingt, die handelnden Individuen und ihre strate­gis­chen Projekte in den Mittelpunkt zu stellen.
  • Im Idealfall hilft die BS dabei, Ihre Führungsstruk­turen von einer al­therge­brachten Hierarchie zu einem strategisch ori­en­tierten Netzwerk umzubauen.
 

Zusammenfassung

Einführung

Ziele haben wir alle – spätestens am 31. Dezember nehmen wir uns ganz viel vor. Doch daraus wird meist nichts, weil Stress und Alltagsabläufe es wieder vergessen machen. Gute Vorsätze allein müssen wirkungslos werden, weil die Messbarkeit ihres Eintreffens, ihrer Umsetzung fehlt. Hier könnte die Balanced Scorecard (BS) ansetzen. Ein in­di­vidu­elles Beispiel: Ein Geschäftsmann erleidet seinen zweiten Herzinfarkt. Schon nach dem ersten hat er sich geschworen, sein Leben zu verändern – und konnte es nicht einhalten. Seine Massgaben:

  • Meine Arbeit ist mir zu stressig.
  • Ich möchte mehr Zeit für meine Mitmenschen haben und v. a. für meine Familie.
  • Und für meine Gesundheit muss ich auch etwas tun.
„Jede Strategie beginnt mit Utopien. Konstruktiv träumen. Aber Träume allein führen nicht zum Ziel, wir müssen es auch tun. Und der erste Schritt auf dem Weg zum Tun ist die Konkretisierung unserer Ziele.“

Diese alltäglichen Wun­schvorstel­lun­gen formuliert er nun in Zielvorstel­lun­gen um:

  • Ich will jeden Tag mit meiner Frau tele­fonieren – auch, wenn ich auf Dienstreise bin.
  • Einmal pro Woche gehen wir aus, dreimal im Monat machen wir mit den Kindern einen Ausflug.
  • Ich will im Sportverein häufiger trainieren und mich auch engagieren. Wöchentlich zehn Kilometer joggen.
  • Zwei Tage in der Woche will ich spätestens gegen 18.30 Uhr das Büro verlassen.
„Wenn wir unsere BS zu stark mit Bericht­szahlen überfrachten, verringern wir ihre Fähigkeit, als Führungsin­stru­ment genutzt zu werden.“

Diese Vorgaben lassen sich ohne weiteres in Kennzahlen umsetzen: In einer Tabelle werden der Bereich, die Massnahme, das Soll und das Ist aufgeführt. In den Fam­i­lien­bere­ich fallen etwa die Telefonate mit der Ehefrau. Das Ist beträgt 3,7, das Soll 5. Im Gesund­heits­bere­ich liegt die Massnahme „Joggen“. Das Ist wird mit 2 beziffert, das Soll mit 10. Das ist bereits eine (sehr simple) Balanced Scorecard – eine persönliche. Sie baut auf alltäglichen Erfahrungen auf. Ständig müssen Sie Ziele bestimmen, Massnahmen planen, Veränderungen durchführen. Um Ziel, Verlauf und Ergebnis der Aktivitäten kom­mu­nizieren und kon­trol­lieren zu können, müssen Sie diese konkretisieren und messbar machen. Messbar werden sie durch geeignete Kennzahlen.

Die Balanced Scorecard

Die Erarbeitung und Anwendung einer BS ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

  • Kaplan und Norton haben die BS entwickelt. Ihre Grundidee ist, die strate­gis­chen Ziel­stel­lun­gen in die vier Parameter „Finanzen“, „Kunden“, „interne Geschäftsprozesse“ und „Lernen und Entwicklung“ einzuordnen, entsprechende Kennzahlen und Massnahmen zu entwickeln und in das be­triebliche Feedback einzubinden. Nachteil: Ihr Modell ist amerikanisch und auf die deutsche, überwiegend mittelständisch geprägte Wirtschaft nicht uneingeschränkt anwendbar.
  • Péter Horváth ist der Interpret Kaplans und Nortons im deutschsprachi­gen Raum. Er entwickelt dabei die Methode zur Erarbeitung einer BS als ein relativ fest gefügtes, logisch aufgebautes System von In­stru­menten und Strukturen. Damit schafft er einen festen Rahmen, der die Umsetzung einer komplexen Strategie stützen hilft. Doch an­der­er­seits passt nicht jedes Unternehmen in einen festen Rahmen.
  • Viele Be­ratungs­fir­men haben sich schnell auf die BS-Mode eingestellt und bieten entsprechende Software, die eine Sammlung von Kennzahlen enthält. Prob­lema­tisch sind hier eben die Vorteile solcher Baukastenlösungen: das trügerische Gefühl, auf alles einen sofortigen Überblick zu haben. Oft handelt es sich bei „weichen“ Kennzahlen um Schein­ge­nauigkeiten, die einem entfernten Betrachter wenig nützen, sondern ihn höchstens in Sicherheit wiegen. Die Ve­r­ant­wortlichkeiten fehlen.
  • Der Prozess um die Erstellung der BS ist in erster Linie ein sozialer – darum sind die meisten der er­forder­lichen Kennzahlen in Ihrem Unternehmen noch gar nicht ermittelt. Sie müssen die Datenbasis erst schaffen.

Das kom­mu­nika­tive Modell

Die Strategie muss direkt am Menschen ansetzen, nicht beim Unternehmen. Entschei­dend sind die Fähigkeiten des Personals, aus ihren vielfältigen Kontakten Kundenwünsche aufzu­greifen und in innovative Problemlösungen umzusetzen. Das geht nur, wenn Ve­r­ant­wor­tung stufenweise abgegeben wird – sodass die Leitung am Ende nur die Kennzahlen der jeweiligen strate­gis­chen Projekte beobachtet und jeder Pro­jek­tleiter dann seine Zahlen. Ein System, das sehr von Kom­mu­nika­tion zwischen den Ebenen abhängt.

Vorge­hensweise

Die Erarbeitung der BS erfolgt in sechs Schritten:

  1. Bestimmung von Leitbild und Leitziel des be­tr­e­f­fenden Un­ternehmens.
  2. Entwicklung eines Hand­lungsrah­mens (Matrix aus un­ternehmensspez­i­fis­chen, strate­gis­chen Wegen und Per­spek­tiven).
  3. Sammeln von Ideen für strate­gieori­en­tierte Aktionen, von Zielen und von Kennzahlen zur Messung von Verlauf und Erfolg der Aktionen an diesen Zielen.
  4. Bündeln der Aktionen zu strate­gis­chen Projekten; Budgets der Projekte.
  5. Einbinden der strate­gis­chen Projekte in die operativen Arbeitsabläufe und die Führungsstruk­tur des Un­ternehmens.
  6. Or­gan­isieren des strate­gis­chen Lern­prozesses im Unternehmen.

Zielfindung

Im Verlauf der Erarbeitung einer BS begegnen Ihnen ver­schiedene Arten von Zielen:

  • Übergreifende Ziele in Gestalt der Vision Ihres Un­ternehmens. Als Leitwerte sollen sie allgegenwärtig sein. Als grundle­gende Ori­en­tierung ist die Vision sehr allgemein gehalten.
  • Strate­gis­che Wege sind zu definieren, um jeden Hand­lungss­chritt konsequent auf das übergreifende Ziel auszurichten. Sie sind die Wegweiser, um Richtung Ziel nicht die Ori­en­tierung zu verlieren.
  • Strate­gis­che Aktionen wählen Sie aus, um Ihre Strategie zu konkretisieren. Auch hierfür sind Ziele vonnöten, die es zu bestimmen gilt. Mittels Kennzahlen messen Sie Verlauf und Ergebnis der strate­gis­chen Aktionen.
  • Strate­gis­che Projekte dienen dazu, die Aktionen zu bündeln – das wiederum führt zum Bau eines Netzwerks von Ve­r­ant­wortlichen. Für die strate­gis­chen Projekte bestimmen Sie wiederum Ziele, die entsprechend messbar gemacht werden.
  • Operative Rou­tineauf­gaben sind die Details des Tagesgeschäfts, mit eigenen Kennzahlen und De­tailzie­len aus­ges­tat­tet.

Checkliste

Sie erarbeiten die Balanced Scorecard, indem Sie zuerst Ihren Kopf frei machen! Planen Sie drei Tage ein, damit Sie und Ihre Mitarbeiter sich un­vor­ein­genom­men dem Projekt widmen:

  1. Durchführung des Workshops in lockerer Umgebung, keinesfalls im Unternehmen selbst. So vermeiden Sie Störungen durch das un­ver­mei­dliche Tagesgeschäft.
  2. Nehmen Sie alle und jeden mit, der in den Ein­fluss­bere­ich der BS fällt. Machen Sie keine Ausnahmen, dulden Sie keine Ausrede. Jeder muss seine Ideen und Vorstel­lun­gen einbringen. Die Teil­nehmerzahl darf aber zwölf bis fünfzehn Köpfe nicht übersteigen.
  3. Schreiben Sie alles auf, um auch keine Idee zu verlieren oder zu übersehen. So würdigen Sie jeden Beitrag jedes Teilnehmers. Alles muss ans Pinnbrett – zum Lesen, zum Repetieren, zum Arbeiten daran. Gesproch­enes verflüchtigt sich zu schnell, Geschriebenes hat Dauer.

Konflikte

Kennzahlen sind wichtige In­for­ma­tion­sträger. Allerdings ist ihre Wirkung stark abhängig davon, wir Sie innerhalb Ihres Un­ternehmens damit umgehen. Nicht die Sachaus­sagen, sondern die Neben­botschaften bilden das Haupt­poten­zial für Konflikte. Das heisst, wenn Sie Kennzahlen präsentieren, vermitteln Sie – ob Sie wollen oder nicht – mindestens zwei Neben­botschaften: „Ich habe Recht!“ (denn Kennzahlen sind unumstössliche Fakten) und „Du bist schuld!“ (Warum konnte das passieren?) Das Gegenüber muss sich im Recht­fer­ti­gungszwang wiederfinden. Die eingeübten Reflexe werden aktiviert. Das Resultat ist Widerstand, Misstrauen oder sogar Feindschaft. Neben­botschaften sind dort stärker ausgeprägt, wo die bisherige Un­ternehmen­skul­tur durch Misstrauen geprägt war – wenn Offenheit eher bestraft als belohnt wurde. Hier muss die BS als ein weiteres unan­genehmes Kon­troll­sys­tem empfunden werden. Finden Sie sich (und Ihre Mitarbeiter) darum damit ab:

  • Es gibt keine „objektiven“ oder „exakten“ Kennzahlen. Weder qualitativ noch quantitativ. Eine Kennzahl steht nie allein, sondern bekommt Bedeutung erst im Kontext vieler anderer In­for­ma­tio­nen und Kennzahlen.
  • Es gibt weder „richtige“ noch „falsche“ Kennzahlen. Wie Sie eine Kennzahl in­ter­pretieren, hängt immer von Ihrer Perspektive ab – u. a. davon, inwieweit Sie dem Präsentator vertrauen und ob Sie bisher gute Erfahrungen mit ihm gemacht haben.
  • Es gibt keinerlei Kennzahlen, die für alle Unternehmen gle­icher­massen gelten. Welche für Ihr Unternehmen bedeutsam sind, müssen Sie selbst bestimmen. Wie Ihre Mitarbeiter diese Kennzahlen (ob „Ist“ oder „Soll“) aufnehmen, hängt von Ihrer Kom­mu­nika­tions- und Un­ternehmen­skul­tur ab.

Fehler

Die Instrumente einer BS verselbstständigen sich gern:

  • Indem Sie die Kennzahlen auf ihre rein math­e­ma­tis­che Aussage reduzieren, vernachlässigen Sie die ihnen zugrunde liegenden Themen. Das ist der Grund, warum die meisten Zahlen uns fremd sind und die meisten Menschen Kennzahlen eher skeptisch gegenüberstehen.
  • Kennzahlen können auch als Machtmittel missbraucht werden – indem man Noten vergibt, sich als Oberlehrer aufspielt, ohne eine Ahnung von dem fremden Auf­gaben­bere­ich zu haben, über den man urteilt. Die In­for­ma­tio­nen verkommen zum Macht­ge­gen­stand der Mo­nop­o­lis­ten, die ihren Vorsprung gegenüber anderen ausspielen.
  • Entsteht Misstrauen, ist das System un­ter­miniert – In­for­ma­tio­nen werden zurückgehalten, positive Meldungen überbetont, negative Signale ver­schwiegen usw. Leicht entsteht das Missverständnis, dass nur messbares Verhalten zählt.
  • Statt an den Zielvor­gaben zu arbeiten, bastelt jeder an seinen in­di­vidu­ellen Vertei­di­gungsstrate­gien. So werden wertvolle Ressourcen, Zeit und Kreativität ver­schwen­det.

Ver­trauen­sar­beit

Veränderungen können nur von oben ausgehen, das gilt auch für eine ver­trauens­basierte Un­ternehmen­skul­tur. Sie benötigen u. a.:

  • Geduld und die Kraft, um nicht in die Sünden der Ver­gan­gen­heit zurückzufallen.
  • Berechen­barkeit – das bedeutet schlicht, dass man sich auf Sie verlassen können muss.
  • Zielk­larheit und Deut­lichkeit der Aussagen.
  • Bere­itschaft zur vollständigen Information – auch zur Bekämpfung von Gerüchten.
  • Fehler­tol­er­anz und Verzicht auf Schuldzuweisun­gen.
  • Strikte Aufrechter­hal­tung von Ver­traulichkeit.

Über die Autoren

Herwig R. Friedag ist Dipl.-Volkswirt, selbstständiger Un­ternehmens­ber­ater und ve­r­anstal­tet Workshops zum Thema „Balanced Scorecard“. Walter Schmidt leitet als Geschäftsführer die ICG In­vesti­tions-Con­sult GmbH Berlin. Zusammen mit Friedag hat er schon Balanced Scorecard – Mehr als ein Kenn­zahlen­sys­tem veröffentlicht.