Glaubwürdigkeit ist Mangelware
Wer in der heutigen Zeit gute Umsätze als Verkäufer machen will, muss authentisch verkaufen. Authentizität heißt Echtheit. Es kommt gar nicht so sehr darauf an, wie Sie aussehen, wie Sie gekleidet sind oder welche Strategie Sie im Einzelnen verfolgen. Wichtiger ist, dass Sie Ihren persönlichen, unverwechselbaren Stil pflegen und vertrauenswürdig wirken. Behandeln Sie Ihre Kunden nicht wie Könige, sondern vor allem als Partner. Ein solch vertrauensvolles, partnerschaftliches Verhältnis aufzubauen, ist heute wichtiger als je zuvor, denn wir befinden uns offensichtlich in einer gesellschaftsübergreifenden Glaubwürdigkeitskrise. Der Satz „Der Ehrliche ist der Dumme“ trifft den Nerv einer ganzen Generation. Genährt wird dieses Gefühl moralischer Frustration durch die Unverbindlichkeit heutiger Arbeits- und Lebensbedingungen sowie durch Leitfiguren in Wirtschaft und Politik, die in ethischer Hinsicht versagen.
„Die persönliche Ausstrahlung des Verkäufers ist von ausschlaggebender Bedeutung im Verkauf. Dabei kommt es weniger darauf an, ob sein Hemd perfekt gebügelt ist, als vielmehr auf Faktoren wie Echtheit, Glaubwürdigkeit und Freundlichkeit.“
Vor diesem Hintergrund hat jeder Vorteile, der Glaubwürdigkeit ausstrahlt und dazu in der Lage ist, nicht minder glaubwürdige Empfehlungen auszusprechen. Börsenmakler Dirk Müller beispielsweise ist ein Star auf dem Börsenparkett, weil er in der Lage ist, den Emotionen der Anleger seine Stimme zu leihen. Die jeweils aktuelle Börsensituation spiegelt sich unmittelbar in seiner Mimik. Das Gegenbeispiel zu authentischer Kommunikation sind die Anrufe von Call-Center-Agenten, die mit ihren einstudierten Sätzen lediglich Abwehrreaktionen provozieren. Gutes Verkaufen besteht gerade in der spontanen, nicht einstudierten Reaktion. Folgen Sie ruhig Ihren ureigenen Impulsen und flüchten Sie sich nicht in konformistische oder autoritäre Verhaltensmuster.
Echtheit ist wichtiger als Rhetorik
Nur wer am Verkaufen Spaß hat, kann als professioneller Verkäufer erfolgreich sein. Oft können gute Verkäufer gar nicht genau sagen, wie sie es schaffen, ihre Produkte an den Mann bringen. Es ist mehr eine Frage des individuellen Talents und der Bereitschaft zur Kommunikation, die Sie Ihren Kunden gegenüber aufbringen und die eben nicht mit dem Ladenschluss aufhört. Dabei können und sollen Sie als authentischer Verkäufer durchaus polarisieren. Damit bringen Sie vielleicht einen Teil der potenziellen Kundschaft gegen sich auf; der weitaus größere Teil aber wird Sie für Ihre Haltung lieben.
„Die Frage ist, wie viel verkäuferische oder rhetorische Tricks man benutzt, um einen Kunden zu überzeugen oder – treffender gesagt – zu überreden. Wir meinen, so wenige wie möglich.“
Rhetorisches Geschick, die Kunst also, andere zu überreden, wird vielfach überschätzt. Es gibt Verkäufer, die sich innerhalb eines Verkaufsgesprächs öfter verhaspeln, fahrig oder sogar unstrukturiert wirken. Es gelingt ihnen trotzdem, ihre Produkte erfolgreich abzusetzen – gerade weil sie gegen die gültigen Regeln verstoßen. Einfühlungsvermögen ist wichtig, aber ohne Authentizität bleibt es wirkungslos. Allzu viel Nähe zu den Kunden empfinden diese eher als aufdringlich. Sie möchten gar nicht umschmeichelt, sondern vielmehr ernsthaft beraten werden.
Spaß, Identifikation, Optimismus
Eine Studie der European School of Business in Reutlingen hat untersucht, in welchen Merkmalen sich starke von schwachen Verkäufern unterscheiden. Das überraschende Ergebnis: Bei der Nennung der wesentlichen Erfolgsfaktoren fand man die bedeutendste Abweichung bei den Angaben zur eigenen Ehrlichkeit. Weit mehr als die schwachen Verkäufer sahen die guten genau darin eine erfolgsentscheidende Eigenschaft. Weitere markante Unterschiede ergaben sich bei den Merkmalen Spaß am Verkaufen, bei der Fähigkeit, eine persönliche Beziehung zum Kunden aufzubauen, und bei der Identifikation mit dem Produkt. Den weniger erfolgreichen Verkäufern dagegen waren Charakteristika wie das äußere Erscheinungsbild, gute Produktkenntnis, Markt- und Branchenkenntnis sowie gutes Zeitmanagement wichtiger.
„Spitzenverkäufer sehen Ehrlichkeit als viel wichtiger für ihren Verkaufserfolg an als schwache Verkäufer.“
Was die Einschätzung der eigenen Charaktereigenschaften betrifft, so bezeichnen sich Spitzenverkäufer deutlich häufiger als optimistisch. Sie empfinden den direkten Kundenkontakt in der Regel als angenehmer und schätzen sich als ehrgeiziger ein als die schwächeren Kollegen. Als größte Fehler beim Verkauf bezeichneten die starken Verkäufer: Unehrlichkeit, Nichtzuhören, Arroganz, Ignoranz der Kundenbedürfnisse sowie Mangel an Selbstvertrauen. Die Ergebnisse der Studie zeigen also deutlich, wie wichtig Authentizität für den Erfolg von Verkäufern ist.
Der Verkäufer spiegelt sich im Kunden
Begriffe wie Authentizität und Glaubwürdigkeit sind natürlich relativ. Kein Mensch kann permanent authentisch sein. Was aber bedeutet es eigentlich, glaubwürdig zu sein? Wann wirkt jemand z. B. als Zeuge vor Gericht glaubwürdig? Zunächst einmal sollte das, was ein Zeuge zu berichten hat, widerspruchsfrei sein. Eine gewisse chronologische Unordnung in der Darstellung wirkt durchaus authentisch, ebenso die Wiedergabe von unlogischen Verknüpfungen oder die Beschreibung unwichtiger Details, an die man sich während des Berichtens erinnert. Ideal ist es, wenn man dem Zeugen abnimmt, dass er unbedingt die Wahrheit erzählen will.
„Authentizität ist keine fixe Eigenschaft von Menschen, sondern wir verhalten uns je nach Situation mal mehr und mal weniger authentisch.“
Die Entdeckung der so genannten Spiegelneuronen ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung: Diese Nervenzellen zeigen nicht nur dann bestimmte Reaktionen, wenn man selbst handelt, sondern auch dann, wenn man nur beobachtet, wie andere in einer gleichartigen Situationen handeln. Bezogen auf den Verkauf bedeutet dies: Die Neuronen eines potenziellen Käufers reagieren nicht nur, wenn er selbst Unstimmigkeiten feststellt, sondern auch, wenn Sie Signale aussenden, die nicht zueinander passen. Der Kunde fühlt sich unbehaglich und entscheidet sich unbewusst gegen Sie und damit auch gegen Ihr Produkt.
Erfolgsverhinderungsprogramme
Süchte – und zwar alle Arten von Süchten – wirken sich stets störend auf die eigene Authentizität aus. Sie kommen bei Verkäufern häufig vor und sind dafür verantwortlich, dass sie nicht locker, nicht entspannt, eben nicht authentisch wirken. Wer beispielsweise noch während eines Kundengesprächs nach einer Zigarette giert, wird große Probleme haben, locker und thematisch fokussiert zu bleiben. Süchte gehören damit zu den wichtigsten „Erfolgsverhinderungsprogrammen“.
„Nutzen Sie die Energie der Wut, um Dinge, die Sie als veränderungswürdig erkannt haben, zu verändern.“
Nicht ganz so krass ist es mit den Gewohnheiten, die Verkäufer in ihrem Beruf mit der Zeit entwickeln. Nur wenn Sie in der Lage sind, diese von Zeit zu Zeit umzukrempeln, bleiben Sie innerlich flexibel. Verzetteln Sie sich nicht, setzen Sie Prioritäten, legen Sie klare Erfolgsziele fest und werfen Sie von Zeit zu Zeit alten Plunder und Ballast über Bord. Nur wer sein Leben regelmäßig entschlackt, kann auf Dauer authentisch bleiben.
Von der Maske zum wahren Ich
Veränderungen können Angst auslösen. Da ist einerseits die Angst vor dem Unbekannten, andererseits jene Angst, die aus früheren Konfliktsituationen entstanden ist und sich dann zu einer „Maske“ formiert hat. Diese Maske ist der sichtbare Ausdruck Ihrer Ängste. Sie sorgt beispielsweise dafür, dass Prophezeiungen sich selbst erfüllen oder dass Sie im Laufe Ihres Berufslebens immer wieder in den gleichen Sackgassen landen. Die Maske ist Teil Ihrer allgemeinen Haltung geworden und beeinflusst als solche natürlich auch das Verhältnis zu den Kunden. Eine der wichtigsten Aufgaben eines Verkäufers besteht darin, sich über die eigenen Ängste im Klaren zu sein und diese wirksam zu bekämpfen. An diesem Punkt können Sie gar nicht selbstkritisch genug mit sich umgehen. Wer von Ängsten blockiert wird, läuft selbst in einfachen Gesprächssituationen Gefahr, nicht adäquat auf die Bedürfnisse seines Kunden zu reagieren.
„Sehr weit sind Sie schon gekommen, wenn Sie mit innerer Überzeugung affirmieren können: ‚Ich liebe mich, so wie ich bin, insbesondere als Verkäuferpersönlichkeit.‘“
Auch Ihre Aggressionen sollten Sie ernst nehmen. Wenn es Ihnen gelingt, sie zu beobachten, werden Sie einen exakten Abdruck dessen vorfinden, was in Ihrem Verhältnis zu den Kunden nicht stimmt. Sind Sie verärgert, schlucken Ihren Ärger aber während des Gesprächs hinunter, und wirken Sie dadurch fahrig oder unkonzentriert? Das weist zunächst einmal darauf hin, dass Sie sich zu viel zugemutet und daher mit Sicherheit nicht authentisch gewirkt haben. Was also können Sie für die Zukunft daraus lernen? Welche Schlussfolgerung ziehen Sie für das nächste Gespräch daraus? Es gibt verschiedene Maßnahmen gegen Aggressionsstaus. Die natürlichste von ihnen ist die Entladung. Brüllen Sie sich allein im Auto oder im Hotelzimmer mal richtig den Frust von der Seele. Das hat oft eine reinigende Wirkung und hilft Ihnen, sich auf die nächsten Handlungsschritte zu konzentrieren.
Sich kennen lernen
Es gibt zwei Voraussetzungen, die Sie brauchen, damit Sie sich weiterentwickeln können. Die erste heißt „Fangen Sie damit an“, die zweite „Bleiben Sie kontinuierlich dran“. Um Kontinuität zu gewährleisten, sollten Sie sich selbst an bestimmte Rituale gewöhnen. Ein kreatives Ritual ist beispielsweise, regelmäßig zu einer bestimmten Tageszeit zu notieren, was einem spontan durch den Kopf geht. Das hilft Ihnen, auf Dauer ehrlicher und offener zu werden, und schärft Ihnen den Blick für Ihre Ziele.
„Jede Aussage eines Kunden hat vier Botschaften: einen Sachaspekt, einen Aufforderungsaspekt, einen Beziehungsaspekt und einen Selbstkundeaspekt. Der Verkäufer kann – und sollte! – auf alle vier Botschaften reagieren.“
Ein weiteres Mittel, um sein eigenes Selbst ein Stück wiederzufinden, ist der „Kontakt mit dem inneren Kind“. Erinnern Sie sich an Zeiten zurück, als Ihre Talente und Ihre naiven Wünsche noch nicht verschüttet, als Sie mit sich selbst noch im Reinen waren. Es klingt paradox, aber diese Arbeit mit dem inneren Kind wird Ihnen auf Dauer dabei helfen, professionellere Kundenbeziehungen aufzubauen.
Authentisch zum Kunden
Wenn Sie Ihre innere Haltung, Ihre Gefühle und Gedanken auf den Kunden übertragen, hält Sie das davon ab, ihn so zu sehen, wie er wirklich ist. Auch in diesem Fall wird Ihre Wahrnehmung durch Ihre Maske verzerrt. Die Reaktion auf solche Projektionen besteht häufig in so genannten Gegenübertragungen: Der Gesprächspartner stülpt sich die Maske auf, die wir ihm anbieten, und agiert innerhalb der ihm vorgegebenen Grenzen. Zu den wichtigen Aspekten, die Sie beachten sollten, wenn Sie ein möglichst authentisches Kundengespräch führen wollen, zählt die „nondirektive Gesprächsführung“: Sie begleitet den Kunden auf dem Weg, seine eigenen Bedürfnisse auszudrücken. Dabei sollten Sie die Zügel locker halten, denn der Kunde kann im Lauf des Gesprächs durchaus seine Bedürfnisse ändern und sich neu orientieren.
„Gerade, wenn Sie Unstimmigkeiten mit dem Kunden bemerken sollten, können Sie die Situation ,umdrehen‘, indem Sie authentisch bleiben und nicht maskenhaft eine Rolle spielen.“
Beachten Sie auch die nonverbalen Signale des Kunden. Nur wenn Sie diese korrekt deuten, sind Sie in der Lage, eine Situation, die aus dem Ruder läuft, durch Authentizität zu drehen: indem Sie Ihr ursprüngliches Konzept fallen lassen und spontan auf die neue Lage reagieren. Installieren Sie eine Art „innere Videokamera“, mit der Sie die eigenen Gespräche „aufnehmen“ und später in der Nachbetrachtung noch einmal durchgehen und analysieren. Eine solche innere Kamera hilft Ihnen, die Qualität der Kundenansprache und des Kundengesprächs kontinuierlich zu steigern und auf ein Niveau zu bringen, auf dem sich die eigene Authentizität und die Fokussierung auf den Kunden perfekt ergänzen.