Flexibel bleiben
Die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts ist von rasanten Veränderungen und hartem Wettbewerb geprägt. Um hier bestehen zu können, muss Ihr Unternehmen mit den richtigen Strategien in die Zukunft gehen. Vor allem muss es flexibel sein, um sich in Zeiten des Wandels schnell anpassen zu können. Flexibilität heißt, dass Sie sich nicht an Patentrezepte klammern, sondern immer der Situation angemessen reagieren können. Dazu müssen Sie zunächst alte Denkmuster überprüfen. In jedem Unternehmen gibt es bestimmte Grundüberzeugungen und Tabus, die wie selbstverständlich befolgt werden und Entscheidungen steuern, ohne dass man sich dessen überhaupt bewusst ist. Versuchen Sie herauszufinden, welche Grundüberzeugungen es bei Ihnen gibt, und welche davon Sie über Bord werfen sollten.
„Für eine gesunde Unternehmensentwicklung muss von Zeit zu Zeit das Geltende hinterfragt werden.“
Lassen Sie sich nicht von Managementtheorien leiten, die gerade modern sind. Suchen Sie stattdessen selbst nach den besten Lösungen für Ihre individuelle Situation. Planen Sie für sich und Ihre Mitarbeiter regelmäßige Auszeiten ein, in denen Sie gemeinsam überlegen, was Sie besser machen können. Zerstören Sie doch einmal in Gedanken Ihr Geschäft, um Schwachstellen frühzeitig zu erkennen. Überlegen Sie, wie die Konkurrenz Ihnen schaden könnte. Wo liegen die Probleme, und wie können Sie sich schützen? Bauen Sie anschließend das Geschäft in Gedanken neu auf: Was könnten Sie ganz anders machen als bisher? Vertrauen Sie nicht darauf, dass Sie mit einem alten Erfolgsmodell fortwährend erfolgreich bleiben. Das starre Festhalten an alten Strategien hat schon viele Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Ein Beispiel ist die Firma Kodak, die sich noch auf analoge Fotografie konzentrierte, als die Digitalfotografie schon längst im Kommen war.
Trends ernst nehmen
Kunden werden heute mit Werbung und Informationen so überschwemmt, dass sie kaum noch etwas richtig aufnehmen können. Da ist es nicht einfach, im Wettbewerb auf sich aufmerksam zu machen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie aktuelle Trends wahrnehmen und auf sie reagieren. Es gibt einige wichtige Trends in der heutigen Wirtschaftswelt, die Sie nicht übersehen dürfen. So ist z. B. alles schneller geworden, dank der neuen elektronischen Medien können Menschen rund um den Globus in Echtzeit Informationen austauschen. Neue Waren werden in immer kürzeren Abständen entwickelt und auf den Markt gebracht. Die digitalen Medien haben eine neue, virtuelle Welt geschaffen. Die Wirtschaft ist von einem Overkill des Normalen geprägt: Es werden zu viele Waren und Dienstleistungen angeboten, die sich kaum voneinander unterscheiden. Das Überangebot wiederum wirkt sich negativ auf den Gewinn der Unternehmen aus. Im harten Wettbewerb müssen sich Firmen darum auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und alles andere an Fremdanbieter abgeben. Das führt vermehrt zur Zusammenarbeit verschiedener, hoch spezialisierter Unternehmen. In Zeiten übersättigter Märkte werden die Kunden wählerisch, und es wird immer schwieriger, sie zu halten.
„Mit einfachen, pfannenfertigen Standardkonzepten in komplexen Zeiten nachhaltigen Erfolg haben zu wollen, ist naiv.“
Stellen Sie sich die folgenden Fragen: Sind Sie auf diese Trends eingestellt? Kann Ihr Unternehmen bei dem Tempo mithalten? Nutzen Sie die neuen Medien für Ihre Kommunikation und zur Erschließung neuer Märkte? Unterscheiden sich Ihre Produkte von denen der Konkurrenz? Sind Sie fit für Partnerschaften mit anderen Unternehmen? Welchen Stellenwert hat der Umgang mit den Kunden in Ihrem Unternehmen? Wie fördern Sie Ihre Mitarbeiter und sich selbst?
Mit Zukunftsstrategien Wert schaffen
Üblicherweise trifft sich die Führungsriege eines Unternehmens einmal jährlich, um die strategische Weiterentwicklung zu beraten. Doch bei dem Tempo der heutigen Wirtschaft reicht das nicht aus. Inzwischen muss man die Gegenwart und die Zukunft gleichermaßen im Blick behalten. Sie müssen die Strategie des Unternehmens permanent weiterentwickeln. Planen Sie aber nicht im stillen Kämmerlein, sondern beziehen Sie möglichst viele Mitarbeiter mit ein. Bleiben Sie immer auf der Suche nach neuen Ideen und setzen Sie Pläne möglichst zügig in die Tat um. Analysieren Sie zunächst die Ausgangslage Ihres Unternehmens. Legen Sie dann die Ziele fest. Bestimmen Sie, welche Projekte gestartet werden, wie der Zeitrahmen aussieht und welche Ressourcen Sie benötigen.
„Jedes Businessmodell unterliegt einem Lebenszyklus und verliert an Attraktivität.“
Einfach nur gute Produkte und Dienstleistungen anzubieten, reicht heute nicht mehr aus. Gute Produkte hat fast jeder, damit kann sich Ihr Unternehmen nicht von der Konkurrenz abheben. Wenn Sie Erfolg haben möchten, müssen Ihre Produkte einen „Hyper Value“ bieten, einen gefühlten Mehrwert, der die Kunden dazu bringt, gerade Ihr Produkt zu kaufen. Es ist dieser Mehrwert, der eine Rolex von anderen Armbanduhren oder eine Harley Davidson von anderen Motorrädern unterscheidet – das Gefühl, etwas Besonderes erworben zu haben. Wie können Sie Produkte mit „Hyper Value“ schaffen? Mit den fünf Zukunftsstrategien: Positionierung, Innovation, Know-how, Networking und Agilität.
Die erste Zukunftsstrategie: Positionierung
Egal in welcher Branche Sie tätig sind, Sie werden sich immer gegen Konkurrenten behaupten müssen. Ihre Positionierung auf dem Markt entscheidet über Ihren Erfolg. Grundsätzlich können Sie sich auf dem Markt auf zweierlei Weise positionieren: als Kostenführer, der seine Produkte möglichst billig anbietet, oder als Differenzierer, der dem Kunden etwas Besonderes bietet und dafür auch einen höheren Preis verlangen kann. Für eine dieser Strategien müssen Sie sich entscheiden; wer beides gleichzeitig versucht, hat in der Regel keinen Erfolg. Daneben spielt die Kundenpositionierung eine Rolle, d. h. die Frage, wie die Kunden Ihr Unternehmen wahrnehmen. Kämpfen Sie um die Aufmerksamkeit der Kunden. Schaffen Sie Marken und achten Sie auf ein gutes Design, das Ihre Produkte einzigartig macht. Aufmerksamkeit erlangen Sie auch mit anderen Maßnahmen, etwa mit Kundenevents oder sozialem Engagement. Meiden Sie Produkte, die man auch anderswo kaufen könnte. Der Kunde erwirbt sie nämlich dort, wo er sie am günstigsten und schnellsten haben kann, und schon sind Sie mitten in einem knallharten Wettbewerb. Setzen Sie stattdessen auf Originalität. Bieten Sie nicht nur gute Ware, sondern etwas Besonderes. Das können interessante Innovationen sein, Luxusartikel oder Produkte, die zu Kultobjekten werden. Wichtig ist, dass sich Ihre Produkte von denen der Konkurrenz deutlich unterscheiden. Jeder Markt lässt sich durch Spezialisierung weiter aufgliedern. Versuchen Sie, eine Nische zu finden und diese möglichst als Erster zu besetzen.
Die zweite Zukunftsstrategie: Innovation
Innovationen sind vor allem dann aussichtsreich, wenn sie dem Kunden einen Nutzen bieten. Mit Innovationen differenzieren Sie sich gegenüber den Wettbewerbern und schaffen etwas Einzigartiges. Es muss sich nicht unbedingt um ein neues Produkt handeln, auch eine besondere Dienstleistung, ein auffälliges Design, kurze Lieferzeiten oder Maßnahmen zur Kundennähe können innovativ sein. Suchen Sie überall nach Anstößen für Innovationen: bei Kunden und Mitarbeitern, in Fachzeitschriften, auf Kongressen usw. Richten Sie Teams ein, die sich ausschließlich mit der Entwicklung von Innovationen beschäftigen. Die Teams sollten relativ autonom arbeiten und nicht in das Tagesgeschäft eingebunden sein. Eine Möglichkeit der Innovation ist, Angebote der Konkurrenz erst zu kopieren und sie dann zu verbessern. In Asien ist diese Praxis üblich. Viele asiatische Unternehmen haben sich so zur Weltspitze vorgearbeitet. Ebenso hat Microsoft Produkte wie PowerPoint oder Internet Explorer nicht selbst entworfen, sondern von anderen Firmen gekauft und dann weiterentwickelt. Also: Kopieren Sie, um Neues zu finden. Halten Sie nicht zu lange am Althergebrachten fest, sonst werden Sie von Neuerungen überrollt. Wenn Produkte immer ausgereifter werden, entsteht oft eine Nische im Billigbereich: Nicht jeder möchte z. B. ein Handy mit unzähligen Funktionen, manche Kunden wünschen ein einfaches Gerät, mit dem man nur telefonieren kann und das entsprechend weniger kostet. Versuchen Sie, solche Nischen zu besetzen.
Die dritte Zukunftsstrategie: Know-how
Wissen ist das wichtigste Kapital eines Unternehmens. Das Know-how einer Firma hängt eng mit ihren Kernkompetenzen zusammen: Aus diesem Wissen kommen die Fähigkeiten und Angebote, die das Unternehmen einzigartig machen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Sie sich auf Ihr einzigartiges Wissen und auf Ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Kernkompetenzen sind dann zukunftsfähig und wichtig für ein Unternehmen, wenn sie dem Kunden Nutzen bringen, Märkte erschließen und nicht einfach kopiert werden können. Heute sollten zu den Kernkompetenzen eines jeden Unternehmens Eigenschaften wie Flexibilität, Kooperationsfähigkeit und schnelles Problemlöseverhalten gehören.
„Echte Innovationen basieren weniger auf coolen Ideen als auf Bedürfnissen beim Kunden und Nutzer.“
Wenn Sie neues Know-how für Ihr Unternehmen suchen, schauen Sie auch auf die Außenseiter der Branche. Viele Unternehmen haben gerade deshalb Erfolg, weil die Gründer branchenfremd sind und mit unkonventionellen Konzepten an die Sache herangehen. So hatte der Gründer von McDonald’s zuvor keine Erfahrung in der Gastronomie, und das Tourismusunternehmen Club Med wurde nicht von einem Touristikfachmann gegründet, sondern von einem Sportler. Lernen Sie von erfolgreichen Quereinsteigern! Achten Sie auch darauf, wer in anderen Branchen mit unkonventionellen Ideen Erfolg hat. Kann Ihr Unternehmen davon etwas übernehmen? Suchen Sie in Ihrem Unternehmen nach verborgenen Potenzialen. Gibt es Wissen, das noch nicht genutzt wird, oder vielversprechende Nebengeschäfte, die man weiter ausbauen könnte?
„Perfektion ist kein Ergebnis, sondern ein permanenter, nicht endender Prozess.“
Fördern Sie die Eigenständigkeit und Experimentierfreudigkeit Ihrer Mitarbeiter. Verschwenden Sie Ressourcen nicht, indem Sie die Schwächen Ihres Unternehmens oder einzelner Mitarbeiter ausmerzen wollen. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf die Stärken und bauen Sie diese aus. Überlegen Sie, ob Sie die Bereiche, in denen Ihr Unternehmen nicht besonders gut ist, auslagern können. Das Know-how der Mitarbeiter ist wichtig. Bemühen Sie sich, für Ihr Unternehmen Spitzenkräfte zu gewinnen. Firmen mit positivem Image gelten auch als attraktive Arbeitgeber und ziehen gute Bewerber an. Geben Sie Lernen und Wissen einen hohen Stellenwert. Setzen Sie auf Trainings für sich und Ihre Mitarbeiter und forcieren Sie das Wissensmanagement.
Die vierte Zukunftsstrategie: Networking
In der klassischen Wirtschaft dreht sich alles um Konkurrenz und Verdrängung. Doch der Wettbewerb wird zunehmend ruinöser für alle Beteiligten. Da stellt sich die Frage, ob es nicht besser wäre, mit anderen Firmen zusammenzuarbeiten. Dabei konzentriert sich jedes Unternehmen auf seine Stärken und bringt sie in die Zusammenarbeit ein. Prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen zusammen mit einem guten Partner den Kunden mehr bieten könnte. Fragen Sie sich, wo Outsourcing möglich ist: Alles, was nicht zu den Kernkompetenzen gehört, sollten Sie auslagern. Eine Zusammenarbeit hat aber auch Nachteile: Sie lässt sich meist nicht so einfach beenden, und einen Teil Ihres Know-hows müssen Sie an den Partner weitergeben. Prüfen Sie daher genau, mit wem Sie sich zusammentun. Sichern Sie sich Mitspracherechte und achten Sie auf einen guten Austausch von Know-how.
Die fünfte Zukunftsstrategie: Agilität
Nur agile Unternehmen sind zukunftsfähig. Agil ist ein Unternehmen dann, wenn Entwicklungen rasch erkannt und Entscheidungen schnell getroffen und umgesetzt werden. Überprüfen Sie Abläufe und Strukturen und bauen Sie ab, was nicht mehr gebraucht wird. Wichtig ist, dass Ihr Unternehmen schlank bleibt. Beschleunigen Sie die Prozesse weitmöglichst. Geschwindigkeit ist aber nicht alles – ebenso müssen Sie ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt entwickeln.
Dr. Ralph Scheuss ist Managementberater. Er beschäftigt sich vor allem mit den Themen Wettbewerb, Strategien und Wirtschaftstrends. Das Buch Der Sprung des Drachen stammt ebenfalls von ihm.