Umsetzungskompetenz

Buch Umsetzungskompetenz

Diagnose und Förderung in Theorie und Unternehmenspraxis

Vahlen,


Rezension

In klarem und leicht verständlichem Stil vermitteln die Autoren eine Fülle an Hin­ter­grund­wis­sen zu einem noch recht jungfräulichen Thema. Anspruch auf Vollständigkeit erheben sie dabei nicht. In dem gut aufgebauten und klar gegliederten Buch erfährt der Leser vielmehr den aktuellen Stand der Forschung zur Um­set­zungskom­pe­tenz. „Schnelle Leser“ bekommen zu Beginn jedes Kapitels die wesentlichen Ker­naus­sagen knapp zusam­menge­fasst. Wunderer und Bruch zeigen, dass man sehr wohl die Persönlichkeitsmerk­male her­aus­fil­tern kann, die un­ternehmerisch-in­no­v­a­tiven Persönlichkeiten anhaften. Sie machen aber auch darauf aufmerksam, dass viele Faktoren Einfluss nehmen, bevor es zu einer er­fol­gre­ichen Innovation kommt. Mit diesen Faktoren und ihrem Zusam­men­spiel wird der Leser vertraut gemacht. BooksInShort empfiehlt das Buch zunächst Un­ternehmern und allen, die in der Personalführung tätig sind, damit sie ihren Mi­tar­beit­ern bisher versteckte Fähigkeiten und ungeahnte Reserven entlocken können. Des Weiteren ist mit diesem Werk aber jeder ange­sprochen, der nicht länger nur vor Ideen sprühen, sondern endlich auch mal welche durchsetzen möchte.

Take-aways

  • Kreativität ist in den Unternehmen vorhanden, was jedoch fehlt, ist die Fähigkeit, die neuen Ideen auch umzusetzen.
  • Um­set­zungskom­pe­tenz muss gefördert werden, um Unternehmen über Mi­tun­ternehmer­tum zu (re)vi­tal­isieren.
  • Die Schlüsselqual­i­fika­tion sowohl von Un­ternehmern wie von Mi­tun­ternehmern ist Um­set­zungskom­pe­tenz.
  • Bisher wurde Um­set­zungskom­pe­tenz nur ansatzweise untersucht.
  • Um innovative Ideen durchzuset­zen, braucht es eine spezifische Form der Hand­lungskom­pe­tenz.
  • Wo Mo­ti­va­tions­bar­ri­eren abgebaut werden, wird un­ternehmerische Um­set­zungskom­pe­tenz gefördert.
  • Um­set­zungskom­pe­tenz setzt sich aus vielen un­ter­schiedlichen Persönlichkeitsmerk­malen wie ein Mosaik zusammen.
  • Wer Um­set­zungskom­pe­tenz fördern will, muss beachten, dass sich In­no­va­tion­sidee, Kontext und Person simultan verändern.
  • Das Wollen in Zusam­men­hang mit der Persönlichkeit spielt eine entschei­dende Rolle bei Um­set­zungskom­pe­ten­zen.
  • Je nachdem, was in welchem Kontext im­ple­men­tiert werden soll, sind Um­set­zungskom­pe­ten­zen un­ter­schiedlich ausgeprägt.
 

Zusammenfassung

Eine neue Idee - und dann?

Sind Sie nur kreativ oder können Sie Ihre Ideen auch umsetzen? Eine gute Idee allein ist nämlich noch gar nichts. Wo Im­ple­men­ta­tionsvermögen fehlt, wird die Idee im Sande verlaufen. Unternehmen suchen Mitarbeiter, die nicht nur vor zukunftsträchtigen Einfällen sprühen, sondern dann auch imstande sind, diese durchzuset­zen und zu vermarkten. Für Unternehmer wird Um­set­zungskom­pe­tenz als Schlüsselqual­i­fika­tion einfach vo­raus­ge­setzt.

„Um­set­zungskom­pe­tenz beschreibt die Fähigkeit und Bere­itschaft zur effizienten Ver­wirk­lichung oder Im­ple­men­tierung der en­twick­el­ten innovativen Problemlösungen.“

Bei der Mi­tar­beit­er­auswahl wird sie als Kriterium noch wenig beachtet. Wie auch? Weiß man doch noch gar nicht, was diese Eigenschaft ausmacht, wie man sie charak­ter­isieren kann, worauf sie beruht. Wie also sollten Sie Um­set­zungskom­pe­tenz in Ihrem Unternehmen fördern?

Wollen Sie, was Sie können?

Die Qual­i­fika­tion spielt eine Rolle und die Motivation. Sie brauchen Persönlichkeitsmerk­male aus beiden Bereichen. Erst das ergibt dann letztlich die Um­set­zungskom­pe­tenz. Wenn Sie In­no­va­tio­nen ver­wirk­lichen, zeichnen Sie sich als Unternehmer aus. Chefsache also? Keineswegs. Erkennen Sie neue Chancen, packen Sie die Gele­gen­heiten beim Schopf. Und dann machen Sie etwas daraus. Setzen Sie In­no­va­tio­nen um, ve­r­ant­wortlich, wertschöpferisch. Werden Sie zum Mi­tun­ternehmer. Und das kann jeder werden, dazu brauchen Sie keinen Sessel in der Chefetage. „In­trapre­neur­ship“ lautet das Zauberwort für die Zukunft innovativer Unternehmen. Gefahr lauert allerdings dort, wo die In­trapre­neure egoistisch, im Alleingang handeln und ihre Ideen, wenn es denn nicht anders geht, auch gegen die Un­ternehmung durchsetzen.

„Angesichts des Engpasses auf dem Gebiet der Im­ple­men­tierung ist anzunehmen, dass eine (mit)un­ternehmerische Vi­tal­isierung besonders effektiv über eine Förderung der Um­set­zungskom­pe­tenz unterstützt werden kann.“

Was brauchen Sie also? Auf der kreativen Seite Phantasie, Intuition und Ideen­re­ich­tum. Auch psy­chol­o­gis­che Erfahrung ist gefragt sowie Beziehungsfähigkeit. Und weil Sie Ihren Willen ja umsetzen möchten, müssen Sie Hartnäckigkeit, Selbstständigkeit, Eigen­ver­ant­wor­tung, Risikobere­itschaft, Konflikt- und Duch­set­zungsvermögen mitbringen. Ko­op­er­a­tions- und In­te­gra­tionsfähigkeit, Struk­turierungsvermögen und Self-Con­trol­ling sollten Sie auch kennen.

Des Pudels Kern

Sie stehen im Mittelpunkt. Ihre Person ist die Kerndi­men­sion der Um­set­zungskom­pe­tenz. Handeln findet nun mal seinen Aus­gangspunkt im Menschen selbst. Nicht der Zufall realisiert eine Idee, sondern Ihr innerer Antrieb. Sie handeln bewusst, kon­trol­lieren, re­flek­tieren nach subjektiven Maßstäben.

„Eine mangelnde Um­set­zungskom­pe­tenz kann als somit entschei­den­der Engpass der Innovation in und von Un­ternehmungen erachtet werden.“

Welche Persönlichkeitsmerk­male sind gefordert? Das hängt ganz von der umzuset­zen­den Idee ab: komplex, tief greifend, vernetzt oder das jeweilige Gegenteil. Sie haben in jedem Fall ein konkretes Objekt, eine ganz bestimmte Innovation im Auge. Erst wenn Sie sich mit dieser Idee auseinander setzen, realisieren Sie Ihre Um­set­zungskom­pe­tenz. Aber diejenigen Eigen­schaften, die für das eine Vorgehen als kompetent erscheinen, sind vielleicht für das Durchsetzen einer anderen Innovation völlig inkompetent. Dafür müssen Sie gewappnet sein. Die An­forderun­gen ändern sich mit der Idee u. U. erheblich.

Ich will und ich werde!

Sie iden­ti­fizieren sich stark mit einer Sache und bleiben hartnäckig am Ball, streben nach Leistung und glauben an die Machbarkeit Ihrer Ideen? Gle­ichzeitig zeigen Sie feine Antennen für Stimmungen, erfühlen Emotionen und Energien im Kontext? Bravo, Sie sind der typische „Umsetzer“: Er schafft es,

  • seine Vorge­set­zten zu bee­in­flussen,
  • kulturelle und or­gan­isatorische Hindernisse aus dem Weg zu räumen,
  • konzep­tionell und analytisch zu denken,
  • die Initiative zu ergreifen,
  • etwas von Networking zu verstehen und
  • auch mit Misserfolg konstruktiv umzugehen.

Jedem Topf sein Deckelchen

Es gibt sie nicht, die Um­set­zungskom­pe­tenz schlechthin. Es gibt viele, je nach Art der In­no­va­tion­sidee. Schon allein der Hinweis, dass neue Produkte in einem neuen Markt durchzuset­zen sind, Prozess- und Sozialin­no­va­tio­nen dagegen „nur“ or­gan­i­sa­tion­sin­tern, lässt ahnen, welch un­ter­schiedliche Um- und Durch­set­zungsnotwendigkeiten sich da ergeben.

„Um­set­zungskom­pe­ten­zen werden als die zentrale un­ternehmerische Schlüsselqual­i­fika­tion eingeschätzt und sind bei Mi­tar­beit­ern im Vergleich zu anderen Kompetenzen gle­ichzeitig am geringsten ausgeprägt.“

Wollen Sie eine tief greifende Neuerung erkämpfen oder eine kon­tinuier­liche, eher in kleinen Schritten? Je radikaler Ihre Innovation, umso größer die An­forderun­gen an Ihr Durch­hal­tev­ermögen. Sie müssen mit Widerständen und Konflikten rechnen und brauchen eine ordentliche Portion Überzeu­gungsvermögen. Lösen Sie ein einfaches, kom­pliziertes oder komplexes Problem? Je nachdem steigt auch der Anspruch an Ihre aufgaben-, tätigkeits- und leis­tungs­be­zo­gene, Ihre persönliche und soziale Kompetenz. Jede Idee braucht also ihre eigene Um­set­zungskom­pe­tenz, und die richtet sich beispiel­sweise danach,

  • wie viele Or­gan­i­sa­tion­sein­heiten angepasst werden müssen,
  • welche Tragweite die Innovation hat,
  • wie weit der Weg ist zwischen Idee und Istzustand,
  • wie „verkrustet“ die Or­gan­i­sa­tion ist oder
  • unter welchem Zeitdruck gehandelt werden muss.

Sehen Sie sich die Rah­menbe­din­gun­gen an!

Wie alt ist Ihr Unternehmen, welche Erfahrungen hat es bereits mit In­no­va­tio­nen und welche Erfolge? Ob und wie Sie etwas umsetzen können, hängt vom Kontext ab. Neben der Geschichte des Un­ternehmens gehört hierher auch das Un­ternehmenspoten­zial: Un­ternehmensgröße und finanzielle Ressourcen, Reife der Branche, Konkur­ren­zsi­t­u­a­tion, Kun­den­beziehun­gen, Netzwerke und nicht zuletzt die gesellschaftliche Einstellung gegenüber In­no­va­tio­nen.

  1. Kultureller Kontext. Es macht schon etwas aus, ob Ihr Unternehmen beispiel­sweise eine gute interne und externe Kom­mu­nika­tion sowie eine hohe Kom­mu­nika­tionshäufigkeit und -vielfalt bietet oder nicht. In in­no­va­tions­feindlichen Un­ternehmungskul­turen müssen Sie sich als Akteur doppelt anstrengen. Geht man offen oder ablehnend mit Ihrer Ex­per­i­men­tier­freudigkeit um? Legt man Ihrer Eigenini­tia­tive vielleicht sogar ständig Steine in den Weg?
  2. Un­ternehmungsstrate­gie. Wenn in Ihrem Betrieb klar und eindeutig darauf hingewiesen wird, dass jeder Mitarbeiter an der Ver­wirk­lichung von In­no­va­tio­nen beteiligt sein soll, dann macht das eine Umsetzung von neuen Ideen natürlich viel einfacher. Noch besser, wenn es in der Un­ternehmensstrate­gie ein Per­sonal­man­age­ment, Controlling, Qualitäts- und In­no­va­tion­s­man­age­ment gibt. Vereinbart Ihr Chef mit Ihnen konkrete Zielset­zun­gen, inklusive In­no­va­tion­sziel? Hier erwartet man von Ihnen andere Kompetenzen als dort, wo der Durch­set­zung neuer Ideen keine offizielle Bedeutung zugemessen wird.
  3. Or­gan­isatorische Bedingungen. Wie viel Hand­lungsspiel­raum haben Sie? In­di­vidu­elle Gestal­tungsmöglichkeiten stärken Initiative, Commitment und ve­r­ant­wor­tungsvolle Aktivität.

Viele Wege führen nach Rom

Sie zögern, zaudern, schieben Dinge vor sich her? Selb­stern­iedri­gung ist eine Mo­ti­va­tions­block­ade, und was dabei herauskommt, ist Um­set­zungsinkom­pe­tenz. Dem kann man ent­ge­ge­nar­beiten. Um­set­zungskom­pe­tenz kann man fördern, die Möglichkeiten sind vielfältig. Zum Beispiel per­so­n­en­gerichtete Förderung. Was tun, um die innovativen Potentiale Ihrer Mitarbeiter zu motivieren? Geben Sie ihnen konkrete Anreize, wie beispiel­sweise:

  • Jobrotation,
  • Pro­jek­tar­beit,
  • Ex­pertenge­spräche,
  • höheres Gehalt,
  • Prämien, Kap­i­tal­beteili­gung.
„Um­set­zungskom­pe­tenz wird als eine Schlüsselqual­i­fika­tion von Mi­tun­ternehmern betrachtet, die sich aus qual­i­fika­torischen und mo­ti­va­tionalen Persönlichkeitsmerk­malen zusam­mensetzt.“

Halten Sie Kontakt zu Ihren Mi­tar­beit­ern. Fragen Sie nach, wodurch ihre Initiative innerhalb eines In­no­va­tion­sprozesses noch gesteigert werden kann. Und honorieren Sie nicht nur die Erfolge, gehen Sie auch mit Fehlern so um, dass Ihre Mitarbeiter anschließend immer noch Lust haben, das Risiko einer Im­ple­men­tierung einzugehen.

„Ins­beson­dere für die Förderung der Um­set­zungskom­pe­tenz sind die Phänomene einer simultanen Veränderung von In­no­va­tion­sidee, Kontext und Person relevant.“

Zum Beispiel kon­textbe­zo­gene Maßnahmen. Es ist ganz einfach: Der Akteur muss sich in seinem Umfeld wohl fühlen. Dann klappt’s auch mit der Um­set­zungskom­pe­tenz. Was können Sie konkret tun:

  • Teamgeist fördern,
  • persönliche Kompetenzen entwickeln lassen,
  • die Bedeutung des Einzelnen herausheben,
  • Ziele gemeinsam setzen,
  • klare Erwartungen definieren,
  • Initiativen fördern,
  • Fehler tolerieren,
  • persönliche Hilfe anbieten.
„Um­set­zungskom­pe­tenz setzt als eine spezifische Form der Hand­lungskom­pe­tenz stets eine in­di­vidu­elle Zielvorstel­lung voraus.“

Zum Beispiel beziehungs­gerichtete Förderung. Wollen Sie etwas Neues auf den Weg bringen? Dann brauchen Sie Unterstützung in Bezug auf In­for­ma­tio­nen, Beratung und die Verfügbarkeit von Ressourcen. Nutzen Sie das Sup­port-Net­zw­erk:

  • Der Fach­pro­mo­tor unterstützt Ihr Vorhaben mit seinem Know-how und Spezial­wis­sen.
  • Der Macht­pro­mo­tor schaufelt Ihnen dank seiner hi­er­ar­chis­chen Stärke den Weg frei.
  • Der Prozesspro­mo­tor hält mit seinem diplo­ma­tis­chen Geschick Ihre Idee am Laufen.
  • Der Beziehung­spro­mo­tor kennt die richtigen Leute, hat die passenden Kontakte.

Um­set­zungskom­pe­tenz: ein Kunstgriff aus der Persönlichkeit­strick­kiste

Weiche Schale, harter Kern. Kombinieren Sie Charakterzüge aus beiden Bereichen. Aber gut dosiert, denn Sie bewegen sich mit Ihrer Um­set­zungskom­pe­tenz in einem sensiblen Milieu. Wo heute Einfühlungsvermögen und Verständnis verlangt sind, kommen Sie morgen nur weiter, wenn Sie hartnäckig die Ellenbogen ausklappen. Künftig sind Manager gesucht, die die Um­set­zungskom­pe­tenz ihrer Mitarbeiter zu fördern verstehen. Aber nicht nur Herr Müller und Fräulein Meier brauchen Unterstützung. Sie müssen schon Ihre gesamte Un­ternehmen­sphiloso­phie und -kultur in Frage stellen. Mi­tun­ternehmer­tum geht alle an.

Es gibt viel zu tun: Packen Sie’s an!

Wer sich durchsetzt, hat gewonnen. Leider ist das Know-how dazu noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Forscher können sich hier profilieren. Was steckt hinter Pro­mo­toren­man­age­ment, Ac­tion-Learn­ing, Schlüsselqual­i­fizierung? Wie ist das mit den Im­ple­men­tierungsstrate­gien? Um­set­zungskom­pe­tenz ist das A und O aller un­ternehmerischen Qual­i­fika­tio­nen. Mitarbeiter sind nur spärlich damit aus­ges­tat­tet. Ex­per­i­men­tieren Sie! Das zahlt sich für die Zukunft aus.

Über die Autoren

Prof. Dr. Rolf Wunderer ist Professor für Be­trieb­swirtschaft­slehre, ins­beson­dere Führung, an der Universität St. Gallen sowie Gründer und Direktor des Instituts für Führung und Per­sonal­man­age­ment der Universität St. Gallen (IFPM). Dr. Heike Bruch ist Ha­bil­i­tandin am Institut für Führung und Per­sonal­man­age­ment der Universität St. Gallen und Visiting Scholar am Institute for Strategic Leadership der London Business School.