Eine neue Idee - und dann?
Sind Sie nur kreativ oder können Sie Ihre Ideen auch umsetzen? Eine gute Idee allein ist nämlich noch gar nichts. Wo Implementationsvermögen fehlt, wird die Idee im Sande verlaufen. Unternehmen suchen Mitarbeiter, die nicht nur vor zukunftsträchtigen Einfällen sprühen, sondern dann auch imstande sind, diese durchzusetzen und zu vermarkten. Für Unternehmer wird Umsetzungskompetenz als Schlüsselqualifikation einfach vorausgesetzt.
„Umsetzungskompetenz beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft zur effizienten Verwirklichung oder Implementierung der entwickelten innovativen Problemlösungen.“
Bei der Mitarbeiterauswahl wird sie als Kriterium noch wenig beachtet. Wie auch? Weiß man doch noch gar nicht, was diese Eigenschaft ausmacht, wie man sie charakterisieren kann, worauf sie beruht. Wie also sollten Sie Umsetzungskompetenz in Ihrem Unternehmen fördern?
Wollen Sie, was Sie können?
Die Qualifikation spielt eine Rolle und die Motivation. Sie brauchen Persönlichkeitsmerkmale aus beiden Bereichen. Erst das ergibt dann letztlich die Umsetzungskompetenz. Wenn Sie Innovationen verwirklichen, zeichnen Sie sich als Unternehmer aus. Chefsache also? Keineswegs. Erkennen Sie neue Chancen, packen Sie die Gelegenheiten beim Schopf. Und dann machen Sie etwas daraus. Setzen Sie Innovationen um, verantwortlich, wertschöpferisch. Werden Sie zum Mitunternehmer. Und das kann jeder werden, dazu brauchen Sie keinen Sessel in der Chefetage. „Intrapreneurship“ lautet das Zauberwort für die Zukunft innovativer Unternehmen. Gefahr lauert allerdings dort, wo die Intrapreneure egoistisch, im Alleingang handeln und ihre Ideen, wenn es denn nicht anders geht, auch gegen die Unternehmung durchsetzen.
„Angesichts des Engpasses auf dem Gebiet der Implementierung ist anzunehmen, dass eine (mit)unternehmerische Vitalisierung besonders effektiv über eine Förderung der Umsetzungskompetenz unterstützt werden kann.“
Was brauchen Sie also? Auf der kreativen Seite Phantasie, Intuition und Ideenreichtum. Auch psychologische Erfahrung ist gefragt sowie Beziehungsfähigkeit. Und weil Sie Ihren Willen ja umsetzen möchten, müssen Sie Hartnäckigkeit, Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Risikobereitschaft, Konflikt- und Duchsetzungsvermögen mitbringen. Kooperations- und Integrationsfähigkeit, Strukturierungsvermögen und Self-Controlling sollten Sie auch kennen.
Des Pudels Kern
Sie stehen im Mittelpunkt. Ihre Person ist die Kerndimension der Umsetzungskompetenz. Handeln findet nun mal seinen Ausgangspunkt im Menschen selbst. Nicht der Zufall realisiert eine Idee, sondern Ihr innerer Antrieb. Sie handeln bewusst, kontrollieren, reflektieren nach subjektiven Maßstäben.
„Eine mangelnde Umsetzungskompetenz kann als somit entscheidender Engpass der Innovation in und von Unternehmungen erachtet werden.“
Welche Persönlichkeitsmerkmale sind gefordert? Das hängt ganz von der umzusetzenden Idee ab: komplex, tief greifend, vernetzt oder das jeweilige Gegenteil. Sie haben in jedem Fall ein konkretes Objekt, eine ganz bestimmte Innovation im Auge. Erst wenn Sie sich mit dieser Idee auseinander setzen, realisieren Sie Ihre Umsetzungskompetenz. Aber diejenigen Eigenschaften, die für das eine Vorgehen als kompetent erscheinen, sind vielleicht für das Durchsetzen einer anderen Innovation völlig inkompetent. Dafür müssen Sie gewappnet sein. Die Anforderungen ändern sich mit der Idee u. U. erheblich.
Ich will und ich werde!
Sie identifizieren sich stark mit einer Sache und bleiben hartnäckig am Ball, streben nach Leistung und glauben an die Machbarkeit Ihrer Ideen? Gleichzeitig zeigen Sie feine Antennen für Stimmungen, erfühlen Emotionen und Energien im Kontext? Bravo, Sie sind der typische „Umsetzer“: Er schafft es,
- seine Vorgesetzten zu beeinflussen,
- kulturelle und organisatorische Hindernisse aus dem Weg zu räumen,
- konzeptionell und analytisch zu denken,
- die Initiative zu ergreifen,
- etwas von Networking zu verstehen und
- auch mit Misserfolg konstruktiv umzugehen.
Jedem Topf sein Deckelchen
Es gibt sie nicht, die Umsetzungskompetenz schlechthin. Es gibt viele, je nach Art der Innovationsidee. Schon allein der Hinweis, dass neue Produkte in einem neuen Markt durchzusetzen sind, Prozess- und Sozialinnovationen dagegen „nur“ organisationsintern, lässt ahnen, welch unterschiedliche Um- und Durchsetzungsnotwendigkeiten sich da ergeben.
„Umsetzungskompetenzen werden als die zentrale unternehmerische Schlüsselqualifikation eingeschätzt und sind bei Mitarbeitern im Vergleich zu anderen Kompetenzen gleichzeitig am geringsten ausgeprägt.“
Wollen Sie eine tief greifende Neuerung erkämpfen oder eine kontinuierliche, eher in kleinen Schritten? Je radikaler Ihre Innovation, umso größer die Anforderungen an Ihr Durchhaltevermögen. Sie müssen mit Widerständen und Konflikten rechnen und brauchen eine ordentliche Portion Überzeugungsvermögen. Lösen Sie ein einfaches, kompliziertes oder komplexes Problem? Je nachdem steigt auch der Anspruch an Ihre aufgaben-, tätigkeits- und leistungsbezogene, Ihre persönliche und soziale Kompetenz. Jede Idee braucht also ihre eigene Umsetzungskompetenz, und die richtet sich beispielsweise danach,
- wie viele Organisationseinheiten angepasst werden müssen,
- welche Tragweite die Innovation hat,
- wie weit der Weg ist zwischen Idee und Istzustand,
- wie „verkrustet“ die Organisation ist oder
- unter welchem Zeitdruck gehandelt werden muss.
Sehen Sie sich die Rahmenbedingungen an!
Wie alt ist Ihr Unternehmen, welche Erfahrungen hat es bereits mit Innovationen und welche Erfolge? Ob und wie Sie etwas umsetzen können, hängt vom Kontext ab. Neben der Geschichte des Unternehmens gehört hierher auch das Unternehmenspotenzial: Unternehmensgröße und finanzielle Ressourcen, Reife der Branche, Konkurrenzsituation, Kundenbeziehungen, Netzwerke und nicht zuletzt die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Innovationen.
- Kultureller Kontext. Es macht schon etwas aus, ob Ihr Unternehmen beispielsweise eine gute interne und externe Kommunikation sowie eine hohe Kommunikationshäufigkeit und -vielfalt bietet oder nicht. In innovationsfeindlichen Unternehmungskulturen müssen Sie sich als Akteur doppelt anstrengen. Geht man offen oder ablehnend mit Ihrer Experimentierfreudigkeit um? Legt man Ihrer Eigeninitiative vielleicht sogar ständig Steine in den Weg?
- Unternehmungsstrategie. Wenn in Ihrem Betrieb klar und eindeutig darauf hingewiesen wird, dass jeder Mitarbeiter an der Verwirklichung von Innovationen beteiligt sein soll, dann macht das eine Umsetzung von neuen Ideen natürlich viel einfacher. Noch besser, wenn es in der Unternehmensstrategie ein Personalmanagement, Controlling, Qualitäts- und Innovationsmanagement gibt. Vereinbart Ihr Chef mit Ihnen konkrete Zielsetzungen, inklusive Innovationsziel? Hier erwartet man von Ihnen andere Kompetenzen als dort, wo der Durchsetzung neuer Ideen keine offizielle Bedeutung zugemessen wird.
- Organisatorische Bedingungen. Wie viel Handlungsspielraum haben Sie? Individuelle Gestaltungsmöglichkeiten stärken Initiative, Commitment und verantwortungsvolle Aktivität.
Viele Wege führen nach Rom
Sie zögern, zaudern, schieben Dinge vor sich her? Selbsterniedrigung ist eine Motivationsblockade, und was dabei herauskommt, ist Umsetzungsinkompetenz. Dem kann man entgegenarbeiten. Umsetzungskompetenz kann man fördern, die Möglichkeiten sind vielfältig. Zum Beispiel personengerichtete Förderung. Was tun, um die innovativen Potentiale Ihrer Mitarbeiter zu motivieren? Geben Sie ihnen konkrete Anreize, wie beispielsweise:
- Jobrotation,
- Projektarbeit,
- Expertengespräche,
- höheres Gehalt,
- Prämien, Kapitalbeteiligung.
„Umsetzungskompetenz wird als eine Schlüsselqualifikation von Mitunternehmern betrachtet, die sich aus qualifikatorischen und motivationalen Persönlichkeitsmerkmalen zusammensetzt.“
Halten Sie Kontakt zu Ihren Mitarbeitern. Fragen Sie nach, wodurch ihre Initiative innerhalb eines Innovationsprozesses noch gesteigert werden kann. Und honorieren Sie nicht nur die Erfolge, gehen Sie auch mit Fehlern so um, dass Ihre Mitarbeiter anschließend immer noch Lust haben, das Risiko einer Implementierung einzugehen.
„Insbesondere für die Förderung der Umsetzungskompetenz sind die Phänomene einer simultanen Veränderung von Innovationsidee, Kontext und Person relevant.“
Zum Beispiel kontextbezogene Maßnahmen. Es ist ganz einfach: Der Akteur muss sich in seinem Umfeld wohl fühlen. Dann klappt’s auch mit der Umsetzungskompetenz. Was können Sie konkret tun:
- Teamgeist fördern,
- persönliche Kompetenzen entwickeln lassen,
- die Bedeutung des Einzelnen herausheben,
- Ziele gemeinsam setzen,
- klare Erwartungen definieren,
- Initiativen fördern,
- Fehler tolerieren,
- persönliche Hilfe anbieten.
„Umsetzungskompetenz setzt als eine spezifische Form der Handlungskompetenz stets eine individuelle Zielvorstellung voraus.“
Zum Beispiel beziehungsgerichtete Förderung. Wollen Sie etwas Neues auf den Weg bringen? Dann brauchen Sie Unterstützung in Bezug auf Informationen, Beratung und die Verfügbarkeit von Ressourcen. Nutzen Sie das Support-Netzwerk:
- Der Fachpromotor unterstützt Ihr Vorhaben mit seinem Know-how und Spezialwissen.
- Der Machtpromotor schaufelt Ihnen dank seiner hierarchischen Stärke den Weg frei.
- Der Prozesspromotor hält mit seinem diplomatischen Geschick Ihre Idee am Laufen.
- Der Beziehungspromotor kennt die richtigen Leute, hat die passenden Kontakte.
Umsetzungskompetenz: ein Kunstgriff aus der Persönlichkeitstrickkiste
Weiche Schale, harter Kern. Kombinieren Sie Charakterzüge aus beiden Bereichen. Aber gut dosiert, denn Sie bewegen sich mit Ihrer Umsetzungskompetenz in einem sensiblen Milieu. Wo heute Einfühlungsvermögen und Verständnis verlangt sind, kommen Sie morgen nur weiter, wenn Sie hartnäckig die Ellenbogen ausklappen. Künftig sind Manager gesucht, die die Umsetzungskompetenz ihrer Mitarbeiter zu fördern verstehen. Aber nicht nur Herr Müller und Fräulein Meier brauchen Unterstützung. Sie müssen schon Ihre gesamte Unternehmensphilosophie und -kultur in Frage stellen. Mitunternehmertum geht alle an.
Es gibt viel zu tun: Packen Sie’s an!
Wer sich durchsetzt, hat gewonnen. Leider ist das Know-how dazu noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Forscher können sich hier profilieren. Was steckt hinter Promotorenmanagement, Action-Learning, Schlüsselqualifizierung? Wie ist das mit den Implementierungsstrategien? Umsetzungskompetenz ist das A und O aller unternehmerischen Qualifikationen. Mitarbeiter sind nur spärlich damit ausgestattet. Experimentieren Sie! Das zahlt sich für die Zukunft aus.
Prof. Dr. Rolf Wunderer ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Führung, an der Universität St. Gallen sowie Gründer und Direktor des Instituts für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen (IFPM). Dr. Heike Bruch ist Habilitandin am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen und Visiting Scholar am Institute for Strategic Leadership der London Business School.