Intelligentes und erfolgreiches Outsourcing

Buch Intelligentes und erfolgreiches Outsourcing

Ein kompakter Leitfaden für das rationale Auslagern von Unternehmensprozessen

FinanzBuch,


Rezension

„Outsourcing ist, wenn eine Fremdfirma ir­gendwelche Aufgaben übernimmt, die vorher die eigene IT-Abteilung gestemmt hat.“ So oder ähnlich würden die meisten Manager bis heute Outsourcing erklären und damit andeuten, wie wenig sie verstanden haben. Jean-Louis Bravard und Robert Morgan zeigen in ihrem Buch ein­drucksvoll, dass vor jedem Auslagern von Geschäft­sprozessen geklärt werden muss, wie das eigene Unternehmen tickt – und wie es künftig ticken will. Nach Ansicht der beiden Experten schickt strate­gis­ches Outsourcing das Unternehmen auf eine Reise in unbekannte Gebiete. Es geht um Part­ner­schaften, um Netzwerke, um Flexibilität – und um die Fähigkeit, sich in dieser Terra incognita zurechtzufinden. BooksInShort empfiehlt das am­bi­tion­ierte Werk allen Managern, die nicht nur in Kostenkat­e­gorien denken und sich mit der strate­gis­chen Komponente des Themas Outsourcing beschäftigen wollen.

Take-aways

  • Mit Outsourcing können Sie Kosten sparen, aber dieser Gedanke allein greift zu kurz: Outsourcing ist vor allem eine strate­gis­che Maßnahme.
  • Durch kluges Outsourcing lassen sich Qualität und Kun­den­zufrieden­heit erhöhen.
  • Jedes Out­sourc­ing-Pro­jekt sollte genauso durchdacht angegangen werden wie eine Fusion oder Übernahme.
  • Mit Outsourcing ist die Aufgabe verbunden, Strukturen im eigenen Unternehmen zu hin­ter­fra­gen und zu überprüfen.
  • Outsourcing erzwingt einen Wandel und macht damit Change-Man­age­ment notwendig.
  • Sie müssen mit Ihrem Out­sourc­ing-Part­ner Win-win-Sit­u­a­tio­nen schaffen – oder das Projekt wird scheitern.
  • Nutzen Sie die Ver­tragsver­hand­lun­gen, um Vertrauen aufzubauen.
  • Gegen­seit­ige Offenheit ist Pflicht: Wer erst im Nachhinein unangenehme Details erfährt, wird sich übervorteilt fühlen.
  • Jeder Vertrag sollte nach zwei, drei Jahren überprüft und nachjustiert werden.
  • Der Out­sourc­ing-Auf­tragge­ber muss für den innovativen Input des Auf­trag­nehmers offen sein.
 

Zusammenfassung

Kosten senken ist nicht alles

Outsourcing steht im Ruf einer Al­lzweck­waffe, wenn es darum geht, Kosten zu sparen: „Das kann doch jemand anders bestimmt billiger.“ Dieser Ansatz ist nicht falsch – und dennoch führt er geradewegs in eine Sackgasse. Er sorgt dafür, dass zwei Drittel aller Out­sourc­ing-Pro­jekte un­be­friedi­gend verlaufen oder gar komplett scheitern. Un­ternehmen­sprozesse können nur dann erfolgreich ausgelagert werden, wenn der Vorgang in eine Strategie eingebunden ist, wenn also hinter diesem Schritt ein tragfähiges Konzept steht, das ebenso durchdacht ist wie beispiel­sweise Übernahmen und Fusionen. Der Ansatz „Wir müssen Kosten sparen“ reicht als Konzept jedenfalls nicht aus. Es gilt, die gesamte Struktur des eigenen Un­ternehmens und die Prozesse, die es am Laufen halten, zu hin­ter­fra­gen. Nur aus diesem Verständnis heraus kann Outsourcing sinnvoll genutzt werden.

„Outsourcing ist womöglich das leistungsfähigste Führungsin­stru­ment überhaupt.“

Das bedeutet zugleich, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Outsourcing erzwingt einen Wandel und damit Change-Man­age­ment. Wer Outsourcing als strate­gis­che Option sieht und nutzt, verändert das eigene Unternehmen. Dazu sind Mut, Entschlossen­heit und klare strate­gis­che Ziele unerlässlich, denn das Auslagern von Prozessen ist ja kein Selbstzweck. Das Ganze passiert in fünf Phasen:

  1. Aufrichtig analysieren: Was ist nötig, um die angestrebten Un­ternehmen­sziele zu erreichen?
  2. Grenzen ausloten: In welchen Bereichen kommt Outsourcing in Betracht? Ist es überhaupt möglich, part­ner­schaftlich mit einem Anbieter zusam­men­zuar­beiten?
  3. Plan entwerfen: In welchen Bereichen wird konkret mit wem kooperiert?
  4. Vertrag ausarbeiten: Anzustreben sind Win-win-Sit­u­a­tio­nen durch faire Verträge, die täglich mit Leben gefüllt werden.
  5. Outsourcing leben: Überprüfen Sie regelmäßig, ob die angestrebten Ziele erreicht werden.
„Strate­gis­ches Outsourcing ist kein Instrument für Tollkühne, sondern für Uner­schrock­ene.“

Was lässt sich eigentlich outsourcen? Die Stan­dar­d­ant­wort lautet: Alles, was nicht zur Kernkom­pe­tenz gehört. Aber oft herrschen in den Vor­stand­se­ta­gen nebulöse Vorstel­lun­gen darüber, was wirklich Kernkom­pe­tenz ist. Meist sorgen emotionale Vorbehalte dafür, dass über das Auslagern bestimmter Bereiche nicht einmal diskutiert werden kann. Wäre das aber möglich, käme heraus, dass dem Unternehmen außer der Kontrolle über die aus­ge­lagerten Tätigkeiten nichts weggenommen wird. Ohne enge inhaltliche Kooperation mit dem Out­sourc­ing-An­bi­eter läuft allerdings nichts.

Überall droht Ärger

Wer outsourct, baut im Regelfall Arbeitsplätze ab – und zwar mehr als nur diejenigen, die zum Out­sourc­ing-Part­ner verschoben werden. Das sorgt garantiert für Ärger mit der Belegschaft, lässt sich aber nicht vermeiden. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Wogen nicht allzu hoch schlagen zu lassen: Bitten Sie die betroffene Abteilung, sich dem Wettbewerb mit dem Out­sourc­ing-An­bi­eter zu stellen. Ist sie besser, wird nicht outgesourct. Für die Un­ternehmensspitze hat dieses Vorgehen einen klaren Vorteil: Verzicht auf Heim­lichtuerei.

„Kontinuität ist bei jeder Out­sourc­ing-Vere­in­barung von entschei­den­der Bedeutung.“

Ärger mit der Belegschaft ist ein Risiko, mit dem jeder Un­ternehmenslenker leben muss, wenn er sich für Outsourcing entscheidet. Leider ist es nicht das einzige. Behörden können querschießen, und Investoren, Analysten und nicht zuletzt die Medien können das Out­sourc­ing-Pro­jekt als Zeichen der Schwäche deuten.

„Outsourcing bedeutet keine Abgabe von Ve­r­ant­wor­tung, sondern die Übernahme einer neuen und anspruchsvollen Man­age­men­tauf­gabe.“

Sinnvoll ist es, schon bei Ver­tragsab­schluss das Ende einzukalkulieren, um möglichst ohne Streit au­seinan­derzuge­hen. Kritisch ist dabei ins­beson­dere die Frage des geistigen Eigentums: Wem gehören beispiel­sweise die gemeinsam en­twick­el­ten Anwendungen? Das muss in aller Klarheit festgelegt werden. Das betrifft auch En­twick­lun­gen, die nicht abzusehen waren, als der Vertrag un­ter­schrieben wurde. Diese gilt es nachzu­tra­gen, sonst droht Ärger.

„Der Vorstand muss die Führung übernehmen und darf keinen Widerstand gegen seine Entschei­dung dulden.“

Ärger handelt sich ein Unternehmen möglicher­weise auch dann ein, wenn es ver­schiedene Bereiche an un­ter­schiedliche Anbieter auslagert. Das erhöht natürlich die Komplexität. Das Problem kann entschärft werden, indem Sie einem der Anbieter die Aufgabe übertragen, das Zusam­men­spiel zu ko­or­dinieren. Das kostet natürlich extra.

„Der Drang einer oder beider Seiten, einen unangemessen höheren Nutzen aus dem Outsourcing zu extrahieren, ist meist die Ursache für das Scheitern der Verträge.“

Vor der Wahl des richtigen Anbieters stehen die richtigen Fragen. Sie lauten:

  • Ist der Zulieferer mit der Branche, dem Verfahren oder der Di­en­stleis­tung vertraut?
  • Hat der Zulieferer Erfahrung mit Out­sourc­ing-Part­ner­schaften?
  • Wenn nicht: Hat er überhaupt die notwendigen Kenntnisse und Ressourcen?
  • Sind die Kun­den­ref­eren­zen nachprüfbar?
  • Sind alle Kunden auf der Ref­eren­zliste aufgeführt? Wenn nicht, warum nicht?
  • Besteht die Möglichkeit eines Gesprächs mit einem ehemaligen Kunden?
  • Wie transparent sind der Zulieferer und seine Kosten­struk­tur für Sie?
  • Wie geht er mit Gew­erkschaften, Investoren, Behörden, Mi­tar­beit­ern usw. um?
  • Wie will er für In­no­va­tio­nen sorgen?
  • Wie ist der Zulieferer auf Probleme (z. B. Im­ageschaden) vorbereitet?
„Viele CEOs versuchen auch heute noch, Out­sourc­ing-Ver­hand­lun­gen aufzunehmen, bevor sie genau definiert haben, was sie mit dem Ver­tragsab­schluss eigentlich erreichen wollen.“

Treffen Sie anhand der Antworten eine Vorauswahl und minimieren Sie auf diese Weise das Risiko.

Auf der Suche nach Win-win-Sit­u­a­tio­nen

Wer outsourcen will, braucht einen Partner. Daher sollte der Umgang mit einem Anbieter auch part­ner­schaftlich sein. Wenn sich eine Seite übervorteilt fühlt, wird es ungemütlich. Man guckt dann auf die Buchstaben des Vertrags, anstatt diesen zum bei­der­seit­i­gen Vorteil mit Leben zu füllen. Meist wird schon während der Ver­tragsver­hand­lun­gen versucht, die Balance wieder­herzustellen – misslingt das, ist es durchaus wahrschein­lich, dass der Vertrag niemals un­ter­schrift­sreif wird. Oder im Anschluss folgen endlose Nachver­hand­lun­gen. Ein Ver­trauensverhältnis kann sich bei solchen Startbe­din­gun­gen nur schwer entwickeln.

„Im Outsourcing geht es um positive Beziehungen zwischen Menschen.“

Wer Vertrauen aufbauen will, sollte sich – kurz bevor beide Parteien han­del­seinig sind – zu einem Workshop zusam­men­finden, um zu klären, was die beiden Parteien voneinander erwarten und wie sie ihre jeweiligen Aufgaben erledigen wollen. Enthüllt der Workshop extrem di­vergierende Ansichten, sollte der Vertrag besser ad acta gelegt werden.

„Ein Out­sourc­ing-An­bi­eter wächst am realen, un­mit­tel­baren Kontakt mit dem eigentlichen Nutzer seiner Ser­viceleis­tun­gen.“

Fairness zahlt sich langfristig aus. Es kann nicht schaden, den Anbietern für den Fall, dass sie die vere­in­barten Ziele übertreffen, eine Prämie anzubieten. Kleine Aufmerk­samkeiten bewahren die Fre­und­schaft. Dieser Gedanke muss vor allem denjenigen Unternehmen fremd vorkommen, die Outsourcing als reinen Kostensenker missver­ste­hen. Sie weichen der Notwendigkeit aus, strukturell zu denken, zu optimieren – und so dauerhaft und sinnvoll die Kosten zu senken sowie gle­ichzeitig die Qualität zu erhöhen. Vor dem ersten Gespräch muss im out­sourcenden Unternehmen geklärt werden, was die Ziele in Bezug auf die eigenen Produkte oder Di­en­stleis­tun­gen und die eigenen Kunden sind. Erst dann wissen beide Seiten, worüber verhandelt wird.

„Bei der Di­en­stleis­tung müssen die Zulieferer flexibel und vom Geist des Gebens und Nehmens beseelt sein.“

In den Ver­hand­lun­gen gilt: Keine Geheimniskrämerei! Der Partner muss wissen, woran er ist, und braucht tiefen Einblick in alle für ihn relevanten Un­ternehmens­bere­iche. Sonst lässt sich weder ein tragfähiges Angebot erstellen, noch kann sich die Part­ner­schaft zu einer Win-win-Sit­u­a­tion entwickeln. Um dorthin zu kommen, bedarf es mehr als eines guten Willens. Die Chemie zwischen den Partnern muss stimmen. Ob sie es tut, zeigt sich in den Ver­hand­lun­gen. Hier gilt es, die Vere­in­barun­gen so zu treffen, dass sie verständlich und nachvol­lziehbar sind. Ju­ris­ten­deutsch ist eher hindernd, kon­trol­lier­bare Zahlen hingegen sind förderlich.

Den Vertrag mit Leben füllen

Jetzt beginnt das eigentliche Outsourcing. Am besten mit einer klaren Vorstellung von Ausgangs- und Zielpunkt und davon, wie der Weg zum Ziel gestaltet werden soll. Dafür ist ein Projektplan hilfreich. Damit lassen sich Korrekturen vornehmen, falls etwas aus dem Ruder läuft. Zugleich stellt er einen belastbaren Rahmen für die künftige langfristige Zusam­me­nar­beit dar. Dennoch sollten Sie den Vertrag und die erbrachten Leistungen alle zwei, drei Jahre überprüfen.

„Die Re­al­isierung der Nutzen muss stets das bei­der­seit­ige Kernziel bleiben.“

Wer im eigenen Unternehmen eine größere Truppe von Mi­tar­beit­ern zurückhält, die dasselbe können wie der Out­sourc­ing-Part­ner, gibt unnötig Geld aus und vermittelt dem Anbieter deutliches Misstrauen. Überdies kommt es in der Praxis regelmäßig zu Funktionsstörungen, weil die Internen den Externen ins Handwerk pfuschen – was die Internen natürlich genau umgekehrt sehen. Sollte versucht werden, den Zulieferer vom Kun­denkon­takt abzuhalten, kann dieses Abschotten die eigentliche Absicht des Vertrags zum Scheitern bringen. Häufig kommt es auch vor, dass innovative Vorschläge der Externen abgeblockt werden – das stellt sich oft erst heraus, wenn sich die Geschäftsführung über den mangelnden innovativen Input beschwert.

„Outsourcing ist eine Philosophie, die den Weg zu einer logischen und pro­gres­siven kon­tinuier­lichen Verbesserung ebnet.“

Sinnvoller ist es, verbliebene Experten als Moderatoren und Kon­trolleure zu nutzen. Das bedeutet, sie frühzeitig einzubinden und sie auf ihre künftigen Aufgaben vorzu­bere­iten. Diese Punkte entscheiden häufig über Erfolg oder Misserfolg von Out­sourc­ing-Pro­jek­ten.

Der Input des Partners

Überlegen Sie in einer Part­ner­schaft gemeinsam, wie strate­gis­che Änderungen, die sich auf die aus­ge­lagerten Leistungen auswirken, umgesetzt werden können. Häufig hat der Zulieferer spez­i­fis­ches Know-how, das Sie nutzen können. Und: In­no­va­tio­nen senken ja nicht zuletzt die Kosten. Die Zuliefer­un­ternehmen sind also gefordert, den Nutzen ihrer Arbeit zu vermitteln. Das stellt deren Chefs vor fünf Her­aus­forderun­gen:

  1. Neue Führungsstruk­turen: Die Konz­ernzen­trale darf nicht alles allein bestimmen wollen, die Teams vor Ort brauchen Entschei­dungs­befug­nisse.
  2. Auf Business Process Outsourcing setzen: Nicht der einzelne Auftrag bringt Gewinn, sondern die Bündelung.
  3. Den Mittelstand anvisieren: Kleinere und mittlere Unternehmen haben Interesse an stan­dar­d­isierten, weniger aufwändigen Angeboten.
  4. Märkte bee­in­flussen: Durch den öffentlichen Schul­ter­schluss mit dem Out­sourc­ing-Auf­tragge­ber wird das Unternehmen positiv wahrgenom­men.
  5. Risiko vertraglich akzeptieren: Zulieferer können einen Teil der in­haltlichen wie fi­nanziellen Folgen reg­u­la­torischer Veränderungen auf sich nehmen.

Jedes Unternehmen steht immer wieder vor der Frage: make or buy? Was mache ich selbst, was vergebe ich an andere? Diese Frage ist in der glob­al­isierten Welt, in der wir leben, längst völlig normal. Aber sie ist auch schwierig, denn die Antwort, die gestern richtig war, muss heute nicht mehr stimmen. Unternehmen agieren in einem Netzwerk, und dieses muss gepflegt werden. So eingebunden, können un­ternehmerische Möglichkeiten neu gedacht und neu umgesetzt werden. Die Folge dieser neuen Reifestufe: ein sich ständig trans­formieren­des Unternehmen mit zufriedenen Partnern – und zufriedenen Kunden.

Über die Autoren

Jean-Louis Bravard war früher In­vest­ment­banker und ist heute als Manager für einen Out­sourc­ing-An­bi­eter tätig. Robert Morgan ist ein auf Outsourcing spezial­isierter Un­ternehmens­ber­ater.