net value

Buch net value

Der Wert des digitalen Kunden

Gabler,


Rezension

Information ist alles, für den Kunden ebenso wie für den Anbieter. Die Vorstellung darüber, wie diese In­for­ma­tio­nen genutzt werden, klaffen allerdings noch weit auseinander. John Hagel und Marc Singer haben sich ein Szenario einfallen lassen, in dem die Interessen beider Gruppen zur Deckung kommen: Der Infomediär als In­for­ma­tionsver­mit­tler zeigt dem Kunden, wie er den Wert seiner Daten maximieren und dabei seine Privatsphäre schützen kann, und unterstützt den Anbieter darin, aus poten­ziellen Kunden schnell und kostens­parend wirkliche Kunden zu machen. Den Autoren ist es dabei gelungen, aus dem zunächst visionären Konzept leicht nachvol­lziehbare und konkrete Um­set­zungsvorschläge zu entwickeln. In ein­dringlicher, aber leicht verständlicher Sprache geschrieben, packt das in den USA bereits zum Bestseller avancierte Buch den Leser von der ersten bis zur letzten Seite. Auch wer gar kein Unternehmen besitzt, bekommt dank der konzep­tionellen Brillanz sofort Lust, eines zu gründen und als Infomediär die Zukunft mit zu gestalten. BooksInShort.​com empfiehlt dieses Buch Managern, die Mut zu etwas Neuem haben, und Selbstständigen, die längst auf die richtige Idee warten.

Take-aways

  • Kunden geben private In­for­ma­tio­nen nur heraus, wenn sie sicher sein können, dass diese nicht missbraucht werden.
  • Anbieter möchten Kunden an sich binden, und Kunden möchten variabel wählen können.
  • Der Infomediär steht auf Seiten der Kunden, verwaltet und schützt seine Daten.
  • Anbieter werden um Sie buhlen, denn niemand weiss so viel über Ihre Kunden wie Sie.
  • Infomediäre helfen den Kunden, die Produkte und den Preis zu verstehen.
  • Der Infomediär braucht die Be­weglichkeit des kleinen und das Wissen des grossen Un­ternehmens.
  • Die ersten in der Infomediär-Branche werden auch die Gewinner sein.
  • Mit Vertrauenswürdigkeit, Wissen und grosser Reichweite binden Sie Kunden und Anbieter an Ihre Dienste.
  • Fi­nanziellen Erfolg haben Sie als Infomediär nur, wenn Sie genügend Kunden akquirieren.
  • Infomediäre verhelfen dem Kunden zur Macht.
 

Zusammenfassung

Diskretion als Waffe

Sie möchten Ihre In­ter­net-Ak­tivitäten weit­er­en­twick­eln, nicht nur schneller und billiger, sondern gezielt? Es ist ja ganz einfach: Sie brauchen nichts weiter als möglichst viele In­for­ma­tio­nen über Ihre Kunden. Aber leider rücken die Kunden damit nicht raus, jedenfalls nicht einfach so. Der Kunde will seine Privatsphäre, Ver­braucheror­gan­i­sa­tio­nen und Politik pochen auf den Datenschutz. Ein Dilemma? Nicht, wenn sich virtuelle Gemein­schaften etablieren, die eine Ver­trauens­beziehung zu ihren Mitgliedern aufbauen und sich dann langsam zu In­for­ma­tionsver­mit­tlern, zu Infomediären entwickeln. Das ist die Lösung.

„Infomediäre schützen die Privatsphäre ihrer Kunden und bieten Kunden und Anbietern neue Möglichkeiten, sich zu finden.“

Der Kunde braucht Sie, er will schliesslich etwas kaufen. Aber Sie brauchen auch den Kunden, sonst bleiben Sie auf Ihren Produkten sitzen. Also vergraulen Sie sich die Leute nicht, die für Sie am wichtigsten sind! Was ist Ihr Wunsch? Eine dauerhafte Beziehung zum Kunden. Und der Wunsch des Kunden? Viel freie Auswahl und Vergleichsmöglichkeiten. Sehen Sie, das passt überhaupt nicht zusammen. Darüber hinaus haben Kunden sehr bestimmte Vorstel­lun­gen, wie Sie mit den gelieferten In­for­ma­tio­nen umgehen sollen. Der Kunde möchte das kon­trol­lieren. Und was machen Sie? Sie verkaufen seine Daten! Das nimmt er Ihnen übel.

„Wenn Infomediäre die Stimmen von Millionen Ver­brauch­ern zu einer einzigen vereinen, werden sie deren wirtschaftlichen wie auch politischen Einfluss erhöhen.“

Übernehmen Sie die Rolle des Infomediärs. Sie sind damit Wächter, Agent und Makler von Kun­den­in­for­ma­tio­nen und kümmern sich darum, dass der Kunde auch einen Nutzen davon hat, wenn er schon seine persönlichen Daten preisgibt. Jetzt stehen Sie auf der Seite des Kunden, vertreten seine Interessen, verringern seine In­ter­ak­tion­skosten und bieten ihm für seinen jeweiligen Bedarf möglichst viele Produkte und Di­en­stleis­tungsliefer­an­ten an. Gegen Provision versteht sich. Und bei hun­dert­prozentiger Ver­schwiegen­heit, denn Diskretion ist Ihr Kapital! Und Ihre wichtigste Waffe im Kampf um den Kunden. Sie dürfen Ihren Kunden zwar gezielt, also mit dem passenden Anbieter verkuppeln, das ist Ihr Job. Aber wehe, Sie plaudern Daten aus! Haben die Anbieter etwas von Ihren Diensten? Und ob! Von den Kun­den­pro­filen, die Sie erstellen, können Anbieter nur träumen. Mit Ihrer Hilfe werden aus poten­ziellen endlich tatsächliche Kunden - und das bei deutlich geringeren Akqu­si­tion­skosten. Sie liefern das Portal zu den Kunden mit drei Top-Ange­boten:

  1. Kun­de­nakqui­si­tions-Di­en­ste,
  2. gezielte Mar­ket­ing-Di­en­ste und
  3. Mark­t­forschungs-Di­en­ste.

Tanzen Sie auf der richtigen Hochzeit!

Nicht jeder Markt eignet sich für Infomediäre. Auf welchen stürzen Sie sich? Fangen Sie da an, wo Anbieter und Kunde ständig aneinander vor­beilaufen, weil der Anbieter den Kunden nicht versteht und der Kunde bei Pre­is­find­ung und -gestaltung nicht durchblickt. Das ist bei kom­plizierten Produkten so, deren Qualität der Kunde schwer versteht und deren Preis er nicht vergleichen kann. Auch dort, wo es zu Preisverz­er­run­gen kommt, schlägt Ihre grosse Stunde als Vermittler. Welches sind die Shoot­ing-Stars unter den Infomediär-Märkten? Der Wohnungs- und Fahrzeug­markt. Haus und Auto zählen zu den un­verzicht­baren Gütern, genauso wie beispiel­sweise Telefon, Strom, Fahrzeug-, Alters-, Sozial- und Kranken­ver­sicherung. Wo liegen Ihre Chancen? In der Alles-aus-einer-Hand-Idee. Wer ein Haus kaufen möchte, dem sagen Sie auch, wie er es am günstigsten finanzieren kann, welche Gebäude­ver­sicherung die beste ist, wie er umschulden kann, wer das Dach renoviert, welches Bau­un­ternehmen zuverlässig arbeitet und was die neue Gemeinde, in die er zieht, so bietet. Gehen Sie gerne shoppen? Wenn Sie mit Konsum- und Lifestyle-Gütern bestens vertraut sind, werden Sie ebenfalls viele Kunden glücklich machen können. Die ewige Sucherei nach der richtigen Pol­ster­gruppe, nach dem leistungsfähigsten PC und nach der aus­ge­fal­l­en­sten Hochzeit­sreise hat dank Intermediär endlich ein Ende.

Ja, wo laufen sie denn ...?

Start-ups mangelt es an Kun­den­beziehun­gen, grossen Unternehmen an Risikobere­itschaft. Aus welcher Ecke kommen dann die Infomediäre? Sinnvoll wäre der strate­gis­che Zusam­men­schluss beispiel­sweise einer In­ter­net-Com­pany und eines tra­di­tionellen Un­ternehmens. Kreatives Chaos meets Kapital. Ein kleines Unternehmen fusioniert mit einem grossen, rein infomedial, Be­weglichkeit plus kon­ven­tionelle Fer­tigkeiten, ein Jun­gun­ternehmen Hand in Hand mit einer etablierten Institution. Das hat Zukunft, so machen Sie das Rennen! Vo­raus­ge­setzt, der Grosse frisst den Kleinen nicht auf. Ausserdem sollten Sie schnell sein, In­no­va­tio­nen durchsetzen und andere bee­in­flussen können. Und geizen Sie nicht mit den wirtschaftlichen Anreizen. Dann nehmen Ihre Partner die Risiken nicht mehr so deutlich wahr. Als Intermediär dürfen Sie ruhig ein bisschen verrückt sein ...

Wer zu spät kommt, den bestraft der Kunde

Wie bringen Sie Ihr Geschäft in Gang? Gehen Sie strategisch vor und überstürzen Sie nichts. Sie brauchen Zeit und Geduld. Setzen Sie auf

  • Netzeffekte: Je mehr Kunden und Anbieter beteiligt sind, umso höher der Nutzen für beide.
  • Amor­ti­sa­tion­sef­fekte: Ihre An­schaf­fungs- und En­twick­lungskosten amor­tisieren sich mit der steigenden Zahl Ihrer Kunden.
  • Lerneffekte: Aus Schaden wird man klug, nutzen Sie also Ihre Erfahrungen und verbessern Sie dann Ihr Angebot.
„Ein cleverer Infomediär wird seine ersten Agen­ten-Di­en­ste auf Produkte konzen­tri­eren, die den Kauf damit verknüpfter Produkte und Di­en­stleis­tun­gen initiieren.“

Wie gross ist Ihre Reichweite? Hier heisst es klotzen statt kleckern. Bauen Sie sich eine grosse, ver­schiedenar­tige Kun­den­daten­bank auf. Die Fil­ter-Tech­nolo­gie in Net­zumge­bun­gen hilft Ihnen dabei. So finden Sie einerseits schnell viele Kunden, die am gleichen Produkt in­ter­essiert sind und für einen Kunden viele ver­schiedene und v. a. passende Produkte. Rentabel wird das Geschäft erst, wenn Sie genügend Kunden und Anbieter zusam­men­haben, also den Schwellen­wert erreicht haben. Das kann vier oder fünf Jahre dauern. Machen Sie Ihre letzten Reserven mobil, denn wer als Erster in der Infomediär-Branche den Schwellen­wert erreicht hat, wird die Gewinne ein­stre­ichen. Der erste Schritt: Kunden werben und An­fang­spro­file erstellen. Mit jeder nachgewiese­nen Leistung steigt Ihre Vertrauenswürdigkeit und ohne die "sehen Sie alt aus". Kunden, die erst einmal Vertrauen zu einem Infomediär gefasst haben, werden einen Neue­in­steiger abblitzen lassen, egal wie attraktiv sein Angebot auch ist. Datenschutz ist für Kunden wichtiger als der Preis.

Erst das Netz, dann die Spinne

Sie möchten das On­line-Ver­hal­ten Ihrer Kunden ergründen? Ohne kompatible Daten haben Sie Probleme. Verwenden Sie Ihren ganzen Charme und überzeugen Sie die Anbieter, ein stan­dar­d­isiertes Datenformat für ihre Web-Sites zu akzeptieren. Mit gezielten Mar­ket­ing-Di­en­stleis­tungsange­boten klappt das am einfachsten. Wenn Ihr Kunde bereits gelernt hat, wie nützlich Sie ihm sein können, weil Sie sich mit sinnvollen Agen­ten-Di­en­sten beliebt gemacht haben, wird er jetzt auch Wer­be­botschaften gutwillig hinnehmen. Aber bitte keinen Mail-Schrott. Das Angebot muss für den Kunden schon relevant sein.

„Um langfristig im Markt mitmischen zu können, muss ein angehender Infomediär nicht nur früh auf den Zug aufspringen, sondern auch eine aggressive Präven­tivs­trate­gie verfolgen.“

Das Netz ist geknüpft, was macht die Spinne? Sie sitzt im Zentrum und freut sich über ihre langsam wachsende Marktmacht. Wenn Sie es richtig angestellt haben, dann binden Sie allmählich sowohl Kunden als auch Anbieter an Ihre Dienste. Sie kennen jetzt das spezifische Verhalten Ihrer Kunden, wissen, welchen Wein er trinkt, wo er seinen Ford Explorer betankt und dass er gerne angeln geht. So genau war der Anbieter bisher nicht informiert. Hüten sie sich aber davor, die Identität Ihres Kunden an den Anbieter zu verraten! Wie machen Sie sich bei den Anbietern uner­set­zlich? Sie sagen ihm, wann der Kunde zum Kauf bereit ist. Sie helfen ihm, seine Wer­be­botschaften genau dort zu plazieren, wo der Kunde sie auch liest. Sie verraten ihm, warum Kunden seine Produkte kaufen oder nicht. Sie liefern Kunden, nicht nur Adressaten. Und je mehr Kunden und Anbieter Ihnen vertrauen, umso mehr Anbieter möchten an Ihrem Ko­op­er­a­tionsnetz, das Standards setzt, teilhaben.

Für ’nen Appel und ’en Ei ...

... arbeiten Sie als Infomediär bestimmt nicht. Rechnen Sie mit einem Un­ternehmenswert von 20 Milliarden US-Dollar im zehnten Jahr, wobei Sie bereits im zweiten Jahr die 100-Mil­lio­nen-US-Dol­lar-Grenze anpeilen. Klingt gut! Aber von nichts kommt nichts: Sie müssen Kunden werben auf Teufel komm raus, eine Million Kunden nach zwei Jahren, 3,4 Millionen nach fünf Jahren und 16 Millionen im zehnten Jahr. Warum so viele? Weil der einzelne Kunde nur ein paar Dollar Umsatz bringt. Aber Sie wissen ja, Kleinvieh macht auch Mist! Sie müssen nur genügend Kleinvieh haben. Natürlich können Sie nicht nur abkassieren. Sie müssen auch eine Menge investieren. Die Akquisition von Kunden und Anbietern verschlingt zu Beginn horrende Summen, In­fra­struk­tur und Stam­m­datenpflege von Kunden- und An­bi­eterkon­ten kosten ebenfalls. Mit 380 Millionen US-Dollar In­vesti­tion­skap­i­tal sind Sie dabei. Nicht gerade das, was sich Ven­ture-Cap­i­tal-Geber so vorstellen. Erst nach fünf Jahren können Sie einen positiven Cash-Flow erreichen und im zehnten Jahr wird es so richtig attraktiv. Wenn sie so lange durchge­hal­ten haben.

Es ist alles ganz anders

Unternehmen sind künstlich verflochten. Infomediäre werden deshalb die herkömmlichen Or­gan­i­sa­tion­sstruk­turen entwirren. Das Kun­den­bindungs­geschäft, das Pro­duk­tin­no­va­tions- und -ver­mark­tungs­geschäft und das In­fra­struk­tur-Man­age­ment-Geschäft müssen neu definiert werden, weil keiner dieser Kern­prozesse bislang optimiert wird. Wo liegt Ihre Aufgabe? Sie bauen Beziehungen zu Kunden auf, deren Bedürfnisse Sie verstehen. Sie übernehmen also das Kun­den­bindungs­geschäft. Die Unternehmen können sich künftig auf die beiden anderen Bereiche, oder noch besser: auf einen davon konzen­tri­eren und hier ordentlich etwas auf die Beine stellen. Was ist mit den an­bi­eteror­i­en­tierten Märkten? Die werden abgeschafft, jetzt gibt es In­for­ma­tionsver­mit­tlungs-Märkte. In diesen "umgekehrten Märkten" suchen sich die Verbraucher die Anbieter aus und erhalten vom Infomediär sämtliche er­forder­lichen In­for­ma­tio­nen dafür. Das bedeutet den Untergang herkömmlicher Marken, es gibt ja auch keine begrenzten Ladenflächen mehr mit Marken als Zugpferd. Das wiederum wird die Mar­ket­ing-Meth­o­den bee­in­flussen: Das neue Col­lab­o­ra­tion-Mar­ket­ing trägt dem Internet und den umgekehrten Märkten Rechnung.

Alle Macht dem Verbraucher?

So wird es kommen, denn dank der In­for­ma­tion­strans­parenz wird der Kunde auf die Wirtschaft­sprak­tiken, die Politik und die öffentliche Ordnung Einfluss nehmen. Der kollektive Wille der Verbraucher wird durch den Infomediär kanalisiert, Unternehmen werden zu bestimmtem, kun­denge­woll­tem Handeln gezwungen. Das wird wohl bei einigen zu Zähneknirschen führen, aber sie müssen die geänderten Prof­itregeln ja nur verstehen wollen. Und sie sich frühzeitig zu Eigen machen. Gerät unsere Grun­dord­nung aus den Fugen? Jetzt malen Sie mal nicht gleich alles schwarz. Natürlich wird es da und dort ein bisschen wackeln, es wird soziale Veränderungen geben und so manche recht­spoli­tis­che Massnahmen werden hinterfragt. Aber viele Bürger schlagen endlich verwundert ihre Augen auf und erkennen, dass sie eine Wirtschafts- und Stim­men­macht besitzen. Sie sollen ihre Chance haben!

Über die Autoren

John Hagel III gilt seit seinem Weltbest­seller Net Gain als High­tech-Guru. Wer wissen möchte, wie man virtuelle Märkte erobert: John Hagel hat es schon vorgedacht. Als Partner von McKinsey im Silicon Valley berät er Klienten zu Fragen des strate­gis­chen Managements und der Leis­tungsverbesserung. Marc Singer ist Partner bei McKinsey in San Francisco wo er als Übungsleiter für das Continuous Re­la­tion­ship Marketing mitver­ant­wortlich ist.