Kriterien für Crossmedia-Kampagnen
Für die einen ist es 360-Grad-Kommunikation, für die anderen Konvergenz – eine klare Definition von Crossmedia gibt es momentan nicht. Sind sowohl Print- als auch Onlinemedien eingebunden, ist das für viele bereits crossmedial. Man kann aber durchaus konkretere Kriterien finden, die den Begriff „Crossmedia“ definieren. Die ersten drei müssen immer vorliegen, die restlichen fünf können, sind aber nicht notwendig. Im Einzelnen sind das:
- Durchgängige Leitidee: Dahinter verbirgt sich der Aufhänger der Kampagne. Bei eBay z. B. ist es der Slogan „3 ... 2 ... 1 ... meins!“, der sich konsequent durch alle Medien zieht, egal ob Plakat, Anzeige oder TV-Spot.
- Zeitliche, formale und inhaltliche Integration: Nur wenn alle Elemente der Kampagne aufeinander abgestimmt sind, erzielen Sie die optimale Wirkung. Die Bestandteile Ihrer Corporate Identity müssen überall auftauchen (z. B. das gleiche Logo, die gleiche Schrift), die Werbebotschaft muss einheitlich sein, und zwischen TV-Spot und Plakatierung darf z. B. kein zeitliches Loch klaffen.
- Werbliche und redaktionelle Verknüpfung und Hinweisführung: Ein Beispiel: Der TV-Spot schickt den Kunden auf eine Internetseite, wo er sich als Produkttester bewerben kann (werblich). Oder: In einer Fernsehsendung wird dem Zuschauer der Besuch einer Website empfohlen, wo es weitere Informationen gibt und wo er natürlich auch auf den Sponsor der Sendung bzw. Website trifft (redaktionell).
- Geeignete Medienwahl: Sie müssen Ihre Zielgruppe mit den gewählten Medien erreichen. Außerdem sollten Produkt und Marke zu diesen passen.
- Interaktionsmöglichkeiten und Aktivierung: Der Konsument soll sich nicht nur berieseln lassen, er wird zum Agieren aufgefordert.
- Multisensorische Ansprache: Werbekampagnen beschränken sich längst nicht mehr auf visuelle Möglichkeiten. Lassen Sie den Verbraucher hören, riechen, schmecken und fühlen.
- Zielmedium, Konvergenz und CRM-Potenzial: Bringen Sie den Konsumenten dahin, dass Sie legal an seine Daten kommen. Das ermöglicht gezieltes Direktmarketing und in der Folge Customer Relationship Management für die Kundenbindung.
- Mehrwert und Nutzwert für den Verbraucher: Wenn z. B. ein Link auf einem Plakat den Kunden zu weiteren Informationen führt, hilft ihm das bei der Kaufentscheidung.
Fernsehen, Printmedien, Außenwerbung und Radio
In fünf Sekunden dem Verbraucher das Wichtigste vermitteln – das schafft TV-Werbung. Allerdings könnte Pay-TV den Tod des TV-Spots bedeuten, und das beliebte Zapping macht es der Werbung auch nicht leichter. Dennoch gilt der TV-Spot beim Crossmedia-Mix als Basismedium: Durch ihn können Sie Ihre Zielgruppe geschickt mit einer Telefonnummer oder Internetadresse versorgen und Ihrem Kunden versprechen, dass dort mehr Nutzen auf ihn wartet.
„Um die für eine crossmediale Kampagne notwendige Leitidee medienübergreifend und wiedererkennbar umzusetzen, ist es unbedingt notwendig, dass alle Beteiligten in enger Abstimmung zusammenarbeiten.“
Deutlich mehr Information auf einen Blick vermitteln Sie Ihrer Zielgruppe über eine Print-Anzeige – der Sie auch gleich noch Produktproben beifügen können.
Werbebotschaften auf Plakaten, an Banden, auf Fassaden oder Verkehrsmitteln erreichen die kaufkräftige, mobile, meist junge und aktive Bevölkerungsschicht. Besonders gelungene Plakate werden schnell zum Stadtgespräch. Direkt an der Ladentheke, an oft genutzten Wegstrecken oder bei einem passenden Event (z. B. einer Sportveranstaltung) angebracht, machen sie aus einem potenziellen einen tatsächlichen Käufer.
„Ohne bereits geleistete Vorarbeit bei der Markierung (Namen, Zeichen, Symbole, Bilder, Design, Farbe, Form) kann keine Marke erfolgreich und medienübergreifend kommuniziert werden.“
Das Radio als Ergänzung zum Basismedium TV spielt seine Stärke dort aus, wo typische Geräusche, Sprache oder Musik die Marke kennzeichnen. Marken mit Akustik zu verbinden, wird immer beliebter, denn was ins Ohr geht, bleibt im Kopf. Allerdings ist Radiowerbung lokal und regional begrenzt, was Vor- und Nachteil zugleich sein kann.
Online, Mobile, Dialog und Kino
Modern, aktuell, kontrollierbar und interaktiv, so kann man die Stärken des Onlinemarketings zusammenfassen. Sie wissen ganz genau, wie oft Ihre Seite angeklickt wurde, wie hoch die Verweildauer war und aus welchem Besucher letztlich ein Kunde wurde. Wenn Sie möchten, erhalten Sie ein direktes Feedback, können Konsumentenprofile erstellen oder informieren Ihrerseits den Nutzer über Events und Sonderaktionen.
„Gelungene Plakate können durch kreatives und prägnantes Design mobile Bevölkerungsschichten beeindrucken und im besten Fall zum ,Talk-of-Town‘ mit entsprechenden viralen Effekten werden.“
Die Tatsache, dass heute fast jeder ein Handy mit sich herumschleppt, kommt Ihren Mobilemarketing-Maßnahmen sehr gelegen. Sie erreichen so exakt Ihre Zielgruppe – nur will die das meist gar nicht, denn gerade das Handy zählt zur Privatsphäre. Wenn Sie den Kunden aber über eine Anzeige im Basismedium dazu bringen, dass er freiwillig Informationen abruft, passt das Handy gut in den Crossmedia-Mix.
„Für diejenigen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger, die sich rechtzeitig auf das Medium Internet vorbereitet haben, besteht die Chance, zum medienunabhängigen Informationslieferanten zu werden.“
Mit den Kunden in direkten Dialog zu treten, klingt verlockend. Sie können sich z. B. über ein onlinebasiertes Gewinnspiel Adressen und Telefonnummern beschaffen. Ein Anruf muss aber sehr sorgfältig vorbereitet sein, sonst machen Sie sich garantiert unbeliebt.
Da hat die Kinowerbung eine durchweg bessere Akzeptanz. Wer im Kino sitzt, kann nicht wegzappen, sondern genießt die Werbung sogar als Einleitung zu einem unterhaltsamen Abend.
PoP-Marketing, Events, PR und Messen
Am Point of Purchase (PoP), also direkt im Geschäft, soll der Kunde letztlich nur eines tun: Ihr Produkt in den Wagen packen. Zu diesem Zweck können Sie mit PoP-Marketing all seine Sinne ansprechen, ihn das Produkt riechen, anfassen oder schmecken lassen, ein Klang- oder ein Bilderlebnis hinzufügen. Das klappt aber nur, wenn die Marke bereits bekannt genug ist und der Imageaufbau erfolgreich war.
„Die Einbindung des Mobilemarketing in den Crossmedia-Mix als so genannter Mobile-Response-Kanal verlängert die gewünschte Werbewirkung und generiert Dialogmarketingkontakte.“
Gleiches gilt für das Eventmarketing. Nur eine etablierte Marke wird es schaffen, große Massen in ein Stadion oder einen Ballsaal zu locken.
Diese Vorarbeit können Sie mit PR (Public Relations) leisten. Pressearbeit, Medienbeobachtung, Mediengestaltung und interne Kommunikation sind die Grundpfeiler der Öffentlichkeitsarbeit, mit der Sie das Image Ihres Unternehmens bzw. Ihrer Marke pflegen.
„Der persönliche Dialog zwischen Aussteller und Standbesucher hat einen sehr hohen Stellenwert, denn nur mit diesem Kommunikationsmittel lassen sich neue Kontakte nachhaltig erschließen und bestehende intensivieren.“
Wenn Sie an einer Messe teilnehmen, präsentieren Sie Ihr Unternehmen auf möglichst attraktive Weise, mit den neuesten, innovativsten Produkten – ideal für eine Berichterstattung in den Branchenzeitschriften oder der Lokalpresse. In erster Linie ist eine Messe aber die Gelegenheit schlechthin für den persönlichen Kontakt sowohl im Business-to-Business-Bereich als auch zum Endverbraucher. Als Wermutstropfen einer Messeteilnahme müssen Sie allerdings die hohen Kosten für Standmiete, Personal, Messebau usw. akzeptieren.
Werbeartikel, Sponsoring, Guerilla- und virales Marketing
Wer bekommt nicht gerne etwas geschenkt? Es gibt unzählige Werbeartikel, mit denen Sie sich bei Ihren Kunden beliebt machen und vor allem nachhaltig in Erinnerung bleiben können. Markenprodukte werden natürlich besonders gern gesehen. Auf Messen und Events gehören Werbegeschenke schon fast dazu, aber auch bei Mailings, Pressekonferenzen oder in der Vorweihnachtszeit macht sich ein kleiner Imageträger gut.
„Ein nicht zu unterschätzender viraler Effekt in crossmedialen Kampagnen ist das Herzeigen und die Weitergabe der Werbeartikel an Freunde und Bekannte, wodurch sich die Reichweite nochmals deutlich erhöhen kann.“
Imagetransfer im großen Stil verspricht das Sponsoring, insbesondere das Sportsponsoring. Aber Achtung: Wenn der Radprofi gedopt ist und die Fußballmannschaft immer nur dem Ball hinterherläuft, geht der Schuss nach hinten los. Bekannt wird Ihr Unternehmen oder Ihre Marke allerdings in jedem Fall.
„Die ach so schöne neue crossmediale Welt erfordert intensive Kommunikation, Koordination, Vernetzung sowie Schnittstellenoptimierung nach allen Seiten.“
Bekanntheit können Sie auch mit Guerilla-Marketing erreichen. Ungewöhnliche Maßnahmen ziehen alle Blicke auf sich, und die Presse stürzt sich ohnehin auf alles, was Aufsehen erregt oder provokativ ist.
Wenn Sie Glück haben, wird gleich auch virales Marketing draus, weil jeder Ihre Guerilla-Aktion sehen will und sie sich wie ein Lauffeuer über Internet, E-Mail oder Handy verbreitet. Das Schöne daran: Die Kunden sprechen sich gegenseitig an, und damit erreichen Sie überdurchschnittlich genau Ihre Zielgruppe.
Planen, umsetzen, kontrollieren
Für welche dieser Crossmedia-Instrumente Sie sich letztlich auch entscheiden, vergessen Sie nie Ihre Corporate Identity (CI), die sich als roter Faden durch alle Ihre crossmedialen Kampagnen zieht. Eine Crossmedia-Kampagne setzt exakte Planung voraus. Die erste Überlegung gilt den Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens sowie der Wahrnehmung des Unternehmens, der Marke und der Produkte durch die Kunden. Die stehen als nächstes im Fokus. Sollten nämlich Ihre Kunden die Medien Ihrer Kampagne gar nicht nutzen, ist der ganze Aufwand für die Katz. Sie müssen Ihre Zielgruppe genau kennen, damit das AIDA-Modell (Attention – Interest – Desire – Action) greift. Wenn Sie das geklärt haben, bestimmen Sie das Zielgebiet, den Zeitraum und die eigentlichen Ziele Ihrer crossmedialen Kampagne (z. B. Bekanntheit, Image, Umsatz usw.).
„Eine erstmals durchgeführte crossmediale Erfolgskontrolle kann dazu beitragen, das crossmediale Kommunikationsbudget bei künftigen Kampagnen immer wirkungsvoller und zielgerichteter einzusetzen.“
Die Umsetzung beginnt mit der Konzeption, für die Sie die so genannte Copy-Strategie formulieren. Das bedeutet nichts anderes, als dass Sie sich darüber klar werden, welchen Nutzen Sie dem Kunden versprechen, was Ihr Produkt einzigartig macht, ob die Botschaft beim Kunden glaubwürdig rüberkommt, womit Sie Ihr Nutzenversprechen beweisen und welchen Stil Sie dafür auswählen. Dementsprechend legen Sie die visuelle Umsetzung, die Leitidee und den Slogan fest. Natürlich kostet das alles Geld. Erst wenn das Budget bereitsteht, wählen Sie diejenigen Instrumente für Ihre Kampagne aus, die Ihnen am erfolgversprechendsten erscheinen. Ein Kriterium dabei ist die Mediennutzung Ihrer Zielgruppe, andere sind mögliche Streuverluste, Kosten oder Reichweite. Die ausgewählten Instrumente einer crossmedialen Kampagne müssen optimal ineinandergreifen. Der Grundgedanke ist ja, dass der Konsument Ihre Werbebotschaft immer intensiver erfährt und vom Zuschauer bzw. Zuhörer zum Teilnehmer wird, der sich letztlich für Ihr Produkt entscheidet. Aus all diesen Überlegungen heraus entsteht der Crossmedia-Plan, ein Ablaufplan, der Ihre Kampagne minutiös festzurrt.
„Erfahrene Agenturen sollten auf beide Disziplinen setzen und sich in beiden Disziplinen als Lead-Agentur profilieren.“
Ohne Kontrolle ist das alles nicht viel wert. Deshalb heißt es, die angestrebten Ziele stets im Blick zu behalten und die eingesetzten Instrumente hinsichtlich ihrer Effizienz zu überprüfen. Beim TV-Spot z. B. erhalten Sie die notwendige Information über die Einschaltquoten, bei der Printwerbung über die Auflage, bei einer Messe über die Anzahl der Standbesucher und beim Mobilemarketing über die Zahl der Antwort-SMS. Zuletzt stellt sich die Frage, welcher Werbeprofi Sie unterstützt. Ob Sie sich auf eine klassische Agentur mit Full Service verlassen oder sich einer speziellen Onlineagentur anvertrauen, hängt von der Zielgruppe, dem Produkt und dem Kampagnenziel ab. Junge Konsumenten tendieren eher zu digitalen Kanälen, hier sind Sie also mit der Onlineagentur gut beraten. Eine Produktneueinführung oder eine Imagekampagne ist dagegen bei einer klassischen Agentur besser aufgehoben. Wählen Sie also sorgsam aus, welche Agentur in ihrer Crossmedia-Kampagne die Führungsrolle übernehmen soll.
Prof. Dr. Niklas Mahrdt lehrt Medienwirtschaft an der Rheinischen Fachhochschule in Köln. Das von ihm gegründete Unternehmen Media Economics berät Medienunternehmen, Agenturen, Werbekunden und KMUs in Sachen Marketing und Strategie.