Auch Investitionsgüter brauchen Marketing
In der Vergangenheit schien der Verkauf von Investitionsgütern nichts mit Marketing zu tun zu haben. Es kam allein auf die technische Qualität des Produkts und auf den Preis an, der Rest erledigte sich fast von selbst. Diese Situation hat sich grundlegend geändert. Zum einen ist mittlerweile auch der Investitionsgüterbereich vom globalen Wettbewerb, einer zunehmenden Marksättigung und immer kürzeren Produktlebens- und Innovationszyklen geprägt. Zum anderen erwarten die Kunden heute zusätzliche Serviceleistungen.
„Verkaufen ist Königsdisziplin – darauf können Sie stolz sein.“
Als Verkäufer von Investitionsgütern stellen Sie die Speerspitze des Marketings Ihres Unternehmens dar. Nur wenn Sie etwas verkaufen, geht es Ihrem Unternehmen gut. Da viele Investitionsgüter in den Export gehen, haben Sie zudem eine volkswirtschaftlich bedeutende Rolle. Sie können Ihre Aufgabe also ruhig mit Mut und Stolz wahrnehmen. Wenn Sie dabei erfolgreich sein wollen, müssen Sie sich auf die neuen Spielregeln einstellen. Nur ein professioneller, herausragender Verkauf hat in Zukunft noch Chancen – nicht anders als bei Konsumgütern.
Was verkaufen Sie eigentlich?
Investitionsgüter sind Produkte oder Roh- und Hilfsstoffe, die anderen Unternehmen dabei helfen, Umsatz zu machen. Ob Sie ein Investitionsgut verkaufen, hängt daher von Ihrer Zielgruppe ab: Wenn Sie einen Herd an eine Bäckerei oder ein Restaurant liefern, dann ist dieser ein Investitionsgut, denn er dient den Betrieben als Hilfsmittel für ihre eigene Geschäftstätigkeit. Man kann sagen: Eigentlich verkaufen Sie keine Produkte, sondern Problemlösungen. Dafür gibt es im Investitionsgüterbereich fünf unterschiedliche Verkaufsmodelle:
- Der Grundversorger: Sie liefern Ihrem Kunden Ihr Produkt – sonst nichts. Den Kunden interessieren in diesem Fall vor allem der Preis und die Lieferzuverlässigkeit. Im Grunde funktioniert dieses Modell mittlerweile nur noch bei Rohstoffen. Wenn Sie etwa Strom verkaufen, unterscheiden Sie sich von der Konkurrenz nicht durch die Produktqualität, möglicherweise aber durch den Preis und die Zuverlässigkeit.
- Der Paketanbieter: Bei diesem Verkaufsmodell geht es ebenfalls meist um vergleichbare Produkte, die aber zusammen mit zusätzlichen Dienstleistungen zu einem Standardpaket gebündelt werden. Das schafft eine gewisse Differenzierung von der Konkurrenz.
- Der Innovationshelfer: Hier bieten Sie Ihren Kunden innovative Produkte an und helfen ihnen damit bei ihren eigenen Innovationen. Diese Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung erfordert, dass Sie enge persönliche Kontakte zu Ihren Kunden pflegen und in der Lage sind, ihnen Produkte zu empfehlen, die auf ihre individuellen Zielsetzungen ausgerichtet sind.
- Der Maßschneider: Noch weiter geht die Zusammenarbeit, wenn Sie Ihren Kunden maßgeschneiderte Produkte oder Problemlösungen anbieten. Ein Beispiel ist der Softwarebereich, in dem die Lösungen passgenau auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden zugeschnitten werden. Hier fungieren Sie als Vermittler, der die Anforderungen des Kunden genau kennt und dafür sorgt, dass er die entsprechenden Lösungen für seine Problemstellungen erhält.
- Der Integrator: Als solcher bieten Sie dem Kunden ganze Wertschöpfungsketten mit entsprechender Qualität und Zuverlässigkeit. Beispiele sind Reinigungsfirmen, die Spülküchen für große Hotelketten betreiben, oder Unternehmen, die für Kunden die Heizung ganzer Wohnanlagen übernehmen.
Das Buying-Center des Kunden
Egal welche der fünf Lösungen Sie anbieten, Sie werden es im Investitionsgüterverkauf meist mit mehreren Entscheidungsträgern zu tun haben. Sie verhandeln also nicht mit Einzelpersonen, sondern mit einem Buying-Center. Dessen Mitglieder vertreten grundsätzlich folgende unterschiedliche Rollen:
- Der Anwender: Das sind die Personen, die direkt von Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung betroffen sind, also diejenigen, die sich davon eine Erleichterung ihrer täglichen Aufgaben erhoffen. Haben Sie den Anwender auf Ihrer Seite, sind Sie der Konkurrenz bereits um einiges voraus.
- Der Einkäufer: Mit ihm gilt es am Ende Preis und Lieferkonditionen auszuhandeln.
- Der Entscheider: Diese Person interessiert sich vor allem dafür, ob sich ein Investment in das von Ihnen angebotene Investitionsgut langfristig für das Unternehmen lohnt.
- Der Wächter: Er wird mit der Vorauswahl der Anbieter beauftragt. Meist übernehmen Sekretärinnen oder Assistenten diese Rolle. Überzeugen Sie sie davon, dass es sich lohnt, Ihr Angebot einzuholen.
- Die Beeinflusser: Das sind Personen, manchmal auch unternehmensexterne Planungsbüros, die im Hintergrund wirken, aber einen Einfluss auf die Kaufentscheidung ausüben.
- Der Initiator: Vom Initiator geht überhaupt erst der Anstoß zu einer Neuanschaffung aus. Dabei kann es sich um unternehmensinterne Führungskräfte aber auch um externe Unternehmensberater handeln.
„Die gute Nachricht ist: Der Verkauf von Investitionsgütern lebt vom ,Personal Selling‘, also vom persönlichen Verkauf.“
Für Sie als Verkäufer ist es wichtig, in Erfahrung zu bringen, wer alles an einem Buying-Center beteiligt ist und wer aus welchen Motiven Kaufratschläge erteilt. Bedenken Sie, dass technische und kaufmännische Aspekte nicht alles sind. Auch unbewusste Motive der Beteiligten spielen eine Rolle. Versuchen Sie gezielt auf die einzelnen Menschen einzugehen. Oft hilft es, bei der Person, die Ihr Erstkontakt im Unternehmen ist, nach solchen Hintergründen zu fragen.
Der Verkaufsprozess
Wenn Sie auch im harten Wettbewerb neue Kunden gewinnen wollen, müssen Sie jede der sieben Phasen des Verkaufsprozesses professionell gestalten:
- Die Qualifizierung potenzieller Kunden: Bevor Sie Zeit und Mühe für die Gewinnung eines Kunden aufwenden, sollten Sie klarstellen, ob sich der Aufwand eines persönlichen Verkaufs überhaupt lohnt. Wie viel Umsatzpotenzial bietet der Kunde? Braucht er Ihre Maschine überhaupt oder hat er die Fertigung längst ausgelagert?
- Der erste Termin: Ein kostengünstiger Weg zum Ersttermin ist der Telefonanruf. Arbeiten Sie dabei mit einem strukturierten Telefonleitfaden und einem für den Kunden attraktiven Aufhänger.
- Das erste Treffen: Bei komplexen Produkten wie Investitionsgütern zieht sich der Verkaufsprozess oft in die Länge, und es sind mehrere Personen an der Entscheidung beteiligt. Nutzen Sie das erste Treffen daher vor allem, um zuzuhören und möglichst viel über Ihren potenziellen Kunden sowie die Mitglieder des Buying-Centers in Erfahrung zu bringen.
- Die Angebotspräsentation: Wenn das erste Treffen zu einer Einladung für eine Angebotspräsentation führt, sollten Sie bei der Erstellung der Unterlagen die „Unique Value Proposition“ in den Mittelpunkt rücken. Welchen Wertbeitrag zum Geschäft Ihres Kunden können Sie exklusiv bieten? Wie können Sie dem Kunden besser als Ihre Wettbewerber helfen?
- Die persönliche Präsentation: Bei attraktiven Kunden ist es angebracht, das Angebot persönlich zu präsentieren anstatt es etwa per Post zustellen zu lassen. Bei der Präsentation treffen Sie meist auf das gesamte Buying-Center. In dieser Situation ist es wichtig, zuerst die Leistung, die Sie erbringen werden, klar darzulegen und sich nicht frühzeitig in Preisdiskussionen verwickeln zu lassen.
- Die Entscheidung des Kunden mitsteuern: Wahrscheinlich sind Sie nicht der einzige Verkäufer, der zu einer Präsentation eingeladen wurde. Was also können Sie tun, um den potenziellen Kunden dazu zu bringen, sich für Ihr Angebot zu entscheiden? Nerven Sie ihn nicht mit regelmäßigen Telefonanrufen. Informieren Sie ihn aber immer dann, wenn sich etwas Neues ergeben hat, das Ihrem Verkauf nützen könnte. Dazu zählen etwa neue Referenzkunden oder positive Berichte über Ihr Produkt.
- Die Abschlussverhandlung: Werden Sie zu einer abschließenden Verhandlung eingeladen, sollten Sie auf jeden Fall Ihre Verhandlungsziele vorab schriftlich fixieren. Das hilft Ihnen, diese bewusst anzustreben, ohne auf Abwege zu geraten. Wenn der Kunde Ihnen Zugeständnisse abringt, sollten Sie in jedem Fall auf irgendeinem Ausgleich dafür bestehen. So gewinnen Sie den Respekt Ihrer Verhandlungspartner. Machen Sie sich für den Fall der Fälle auch mit den gängigsten unfairen Verhandlungstaktiken vertraut, damit Sie nicht am Ende einen Verkaufsabschluss bekommen, der sich im Nachhinein als nicht lukrativ erweist.
Die After-Sales-Phasen
Haben Sie den neuen Kunden gewonnen, müssen Sie die Geschäftsbeziehung möglichst langfristig sichern. Für die Erreichung dieses Ziels spielen die drei After-Sales-Phasen eine wichtige Rolle:
- Lieferung und Inbetriebnahme: Eine reibungslose Installation und Inbetriebnahme zeigt dem Kunden, dass er mit seiner Entscheidung für Ihr Angebot richtig lag.
- Account-Planung: Streben Sie eine enge Zusammenarbeit mit dem neuen Kunden an. Zwar wechseln Kunden gerade im Investitionsgüterbereich nicht so schnell den Zulieferer, aber die Konkurrenz schläft nicht. Sorgen Sie darum für die Zufriedenheit des Kunden. Je mehr Sie über sein Geschäft in Erfahrung bringen, desto treffsicherer können Sie abschätzen, wann er weiteren Bedarf an Ihren Produkten oder Dienstleistungen hat.
- Rücknahme und Neuverkauf: Bei Produkten wie Computern oder Küchengeräten wird mittlerweile oft eine Rücknahme vereinbart. Zum einen stellt das eine zusätzliche Serviceleistung für den Kunden dar. Zum anderen erfahren Sie so, wann der Kunde eine Neuinvestition plant.
Erfolgsfaktor Key-Account-Management
Mit einer professionell gemanagten, speziellen Betreuung der so genannten Schlüsselkunden oder Key-Accounts bieten sich Ihnen wichtige Vorteile. Ein Kunde kann aus verschiedenen Gründen zum Key-Account werden:
- Der Kunde ist wichtig für Ihre Liste von Referenzunternehmen.
- Die Organisation des Kunden ist so komplex, dass Sie ihm spezielle Aufmerksamkeit widmen müssen, um den Überblick nicht zu verlieren.
- Der Kunde ist in seiner Branche als Meinungsbildner sehr einflussreich, sodass es wichtig ist, ihn an Ihr Unternehmen zu binden.
- Der Kunde gibt Ihnen regelmäßig wichtige Lernimpulse für Ihre eigene Forschung und Entwicklung.
„Für Sie als Verkäufer ist wichtig, dass Sie die Waffen der Verhandlungsführung zumindest kennen, um im richtigen Moment die passende Verteidigung aufbauen zu können. Es ist ja nicht so, dass alle Kunden unangenehm sind. Aber es geht um Geld.“
Trifft einer dieser Aspekte auf einen Ihrer Kunden zu, sollten Sie in Erwägung ziehen, ihn zu einem Key-Account zu machen.