Lean Six Sigma

Buch Lean Six Sigma

Erfolgreiche Kombination von Lean Management, Six Sigma und Design for Six Sigma

Springer,


Rezension

Schlank und effektiv: Was Armin Töpfer für moderne Unternehmen fordert, lässt sich von seinem Buch nicht gerade behaupten. Die wis­senschaftliche Auf­satzsamm­lung ist mit ihrer Fülle von In­for­ma­tio­nen, ihren um­fan­gre­ichen Fall­beispie­len und ihrem akademis­chen Stil streck­en­weise eine ziemlich schwere Lektüre. Allerdings auch eine lohnende: Geschrieben von Universitätsprofessor Töpfer und einer Reihe von Praktikern, liefert das Buch einen vollständigen Überblick über das neue Pro­duk­tion­skonzept Lean Six Sigma, bei dem es sich sozusagen um eine Fusion aus Lean Management und Six Sigma handelt. Diese Kombination scheint ebenso sinnvoll wie prax­is­tauglich zu sein; ihre Vorzüge, Er­fol­gsvo­raus­set­zun­gen und Umsetzungsmöglichkeiten werden im Detail vorgestellt. Dass der Fokus dabei nur auf Großunternehmen liegt, hat allerdings einen Nachteil: Die Beispiele dürften nicht ideal sein, um auch kleinere und mittelständische Unternehmer von dem neuen Ansatz zu überzeugen, obwohl gerade das ein erklärtes Ziel der Autoren ist. BooksInShort empfiehlt das Buch denn auch vor allem Managern in Großbetrieben.

Take-aways

  • Lean Management steht für schlanke Strukturen, Six Sigma für Null-Fehler-Qualität.
  • Toyota (Lean Management) und General Electric (Six Sigma) verdanken den Methoden ihren Erfolg und haben sie berühmt gemacht.
  • In der Kombination wird die Wirkung der beiden Ansätze gesteigert.
  • Lean Six Sigma erhöht die Qualität, senkt die Kosten und verkürzt die Durch­laufzeit.
  • Amerikanis­che Unternehmen konnten mit Lean Six Sigma bis zu 30 % des Jahre­sum­satzes an Kosten einsparen.
  • Halten Sie sich bei der Einführung von Lean Six Sigma an den DMAIC-Zyk­lus: Define, Measure, Analyse, Improve, Control.
  • Etablieren Sie eine Feed­backschleife, damit die Ergebnisse der Analyse automatisch die nötigen Veränderungen auslösen.
  • Der Erfolg von Lean Six Sigma steht und fällt mit der Motivation der Führung.
  • Ihr Personal muss eigens für Lean Six Sigma geschult werden.
  • Mit einer Mi­tar­beiterum­frage lässt sich im Voraus feststellen, wo Hindernisse bei der Umsetzung liegen könnten.
 

Zusammenfassung

Aus zwei mach eins

Seit Jahren zählen sie zu den be­liebtesten Themen der Wirtschaft­slit­er­atur und prägen das Denken in den Führungse­ta­gen vieler Unternehmen: die Man­age­men­tkonzepte Lean Management und Six Sigma. Doch trotz ihres Renommees finden die beiden Methoden in kleineren und mittleren Firmen noch kaum Beachtung. Vielen Chefs sind die Konzepte zu kompliziert und zu realitätsfremd, oder sie empfinden sie als zwei sich wider­sprechende Ansätze. Diese Sichtweise ist auf den ersten Blick nachvol­lziehbar. Doch wer genau hinschaut, erkennt, dass sich schlanke Strukturen à la Lean Management und Null-Fehler-Qualität im Sinne von Six Sigma in der Realität wirkungsvoll ergänzen. Schließlich möchte jede Un­ternehmensführung ihre Ressourcen so effektiv wie möglich einsetzen und Plan­ab­we­ichun­gen so früh wie möglich ausmerzen. Weit­sichtige Manager haben die Vorteile der beiden Methoden kombiniert.

„In der Ver­gan­gen­heit war vielen Unternehmen Six Sigma allein zu teuer und Lean Management nicht qualitätsbezogen genug.“

Die Kombination der beiden Konzepte heißt Lean Six Sigma und sorgt für schnellere und fehler­freiere Prozesse. Der neue Ansatz ist ganz darauf aus­gerichtet, die An­forderun­gen des so genannten magischen Dreiecks der Be­trieb­swirtschaft­slehre zu erfüllen: Die Qualität in Form von Liefertreue oder Pro­duk­tzu­verlässigkeit wird maximiert, die Kosten werden minimiert und die Durch­laufzeit in der Herstellung auf das Machbare verkürzt. Lean Six Sigma sorgt damit nicht nur für höhere Kun­den­zufrieden­heit; die Methode bereitet auch den Boden für In­no­va­tio­nen und Wachstum. Vo­raus­set­zung ist, dass Lean Six Sigma auf alle Prozesse des Un­ternehmens angewandt wird und der Fokus auf der Null-Fehler-Qualität liegt. Amerikanis­che Studien unter er­fol­gre­ichen Anwendern belegen, dass sich bei der Fehler­be­he­bung bis zu 30 % des Jahre­sum­satzes an Kosten einsparen lassen.

„Lean Six Sigma ist auf alle Prozesse anwendbar.“

Wie effektiv das neue Man­age­men­tkonzept ist, zeigt sich in fünf Bereichen: in der Strategie, in der Vorge­hensweise, in den dabei einge­set­zten Methoden, in der Un­ternehmen­skul­tur und im Umfang der Anwendung. Entschei­dend für den Erfolg von Lean Six Sigma ist, inwieweit seine beiden Be­standteile in ihrem Kern umgesetzt werden.

Lean Management: Toyotas Er­fol­gsrezept

Lean Management wurde bereits in den 50er Jahren des 20. Jahrhun­derts entwickelt. Der japanische Au­to­mo­bil­her­steller Toyota suchte damals nach einer Möglichkeit, Ver­schwen­dung auf ein Minimum zu reduzieren. Das Ergebnis war eine umfassende Man­age­ment­meth­ode, die alle Prozesse beschle­u­nigte und flexibler gestaltete. Die Wartezeiten von Maschinen wurden gesenkt, Überpro­duk­tion, unnötige Material- oder Ar­beit­er­be­we­gun­gen sowie Nach­bear­beitun­gen wurden vermieden, Bestände wurden optimiert und Kundenbedürfnisse ungefragt bedient. Wis­senschaftler gehen davon aus, dass Toyota durch Lean Management zu einem der weltweit führenden Autobauer geworden ist.

„Das Ziel von Lean Six Sigma besteht darin, alle wichtigen Wertströme im Unternehmen zu analysieren und zu optimieren.“

Toyotas Ansatz der schlanken Produktion ist von fünf Prinzipien geprägt. Das wichtigste ist die Bestimmung eines Wertes, einer gewissen Leistung, die der Be­friedi­gung eines Kundenbedürfnisses dient. Darauf folgt die exakte Analyse des gesamten Wertschöpfungsstroms, wodurch mögliche Ressourcenver­schwen­dun­gen und Fehlerquellen frühzeitig iden­ti­fiziert werden können. Drittens muss der kon­tinuier­liche Fluss aller Abläufe gewährleistet sein. Der vierte Punkt ist das Zieh-Prinzip: Es besagt, dass man nur das produziert, was aktuell nachgefragt wird. Das fünfte Prinzip schließlich ist das unablässige Streben nach Perfektion. Zu den Methoden, auf die Toyota bei der Umsetzung baut, zählen u. a. eine integrierte Logistik, ein au­toma­tis­cher Pro­duk­tion­sstop bei Plan­ab­we­ichun­gen und Netzwerke mit anderen Unternehmen, vor allem Lieferanten.

Six Sigma: Jack Welchs Methode

Während Lean Management sich auf das gesamte Unternehmen konzen­tri­ert, werden mit Six Sigma eher einzelne Projekte ins Auge gefasst. Dieser Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass er Fehler anhand einer kon­se­quenten Auswertung von Daten und Statistiken möglichst vollständig vermeidet. Auf diese Weise sollen nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch die Umsätze durch zufriedene Kunden gesteigert werden. Das Vorgehen orientiert sich an einer festen Struktur, dem DMAIC-Zyk­lus (Define, Measure, Analyse, Improve, Control). In ihm wird das Problem zunächst definiert, dann werden Maßstäbe für die Ergeb­n­is­fest­stel­lung ermittelt, die Prob­le­mur­sachen analysiert, In­no­va­tio­nen oder Verbesserun­gen erarbeitet und schließlich wird deren Umsetzung laufend kon­trol­liert.

„Der Grundsatz heißt: Vormachen und Vorleben schaffen Vertrauen und Hand­lungs­druck.“

Das Vorzeige­beispiel einer er­fol­gre­ichen Anwendung von Six Sigma ist der US-Konzern General Electric. Dessen ehemaliger Vor­standsvor­sitzen­der Jack Welch machte sich Anfang der 90er Jahre für das Konzept stark und trug anschließend maßgeblich zu dessen weltweiter Anerkennung bei. Unter Welchs Führung wurden mehr als 100 000 Projekte mithilfe von Six Sigma optimiert. Allein im Jahr 2000 resultierte daraus für das Unternehmen ein Nettogewinn von rund 2,9 Milliarden Dollar.

Die Kombination: Lean Six Sigma

Die beiden Konzepte Lean Management und Six Sigma lassen sich auf drei Arten kombinieren. Erstens können Six-Sigma-Pro­jek­t­prozesse schlanker gestaltet werden. Zweitens lässt sich ein auf das gesamte Unternehmen bezogenes Lean Management durch Six-Sigma-Pro­jekte erweitern. Drittens ist es möglich, die beiden Ansätze ganzheitlich miteinander zu verweben. Diese integrierte Vorge­hensweise findet in der Praxis die meiste Zustimmung. Ihr Erfolg ist dann am größten, wenn die Initiative von der Führung ausgeht, der Wirkungs­bere­ich klar definiert ist, die betroffenen Mitarbeiter umfassend geschult werden, der Ressourcenbe­darf immer wieder neu bestimmt und der Nutzen des Ansatzes regelmäßig berechnet wird.

Lean Six Sigma beginnt beim Pro­duk­t­de­sign

Wenn Lean Six Sigma bereits bei der Kreation neuer Ideen und Produkte seine Wirkung zeigen soll, muss ein weiteres Man­age­men­tkonzept hinzugefügt werden: der Ansatz Design for Six Sigma (DFSS). Mit ihm wird verhindert, dass Fehler in der Pro­duk­ten­twick­lung während der konkreten Herstellung teure Kosten nach sich ziehen. Die Qualitätsstandards von Six Sigma gelten damit bereits in der Laborphase, beim Entwerfen neuer Produkte. Eine Konsequenz daraus kann die Fest­stel­lung sein, dass ein neues Angebot nicht profitabel sein wird. Vielleicht wäre ein hoher Kun­den­nutzen zu erwarten, aber die Produktion stellt sich von vornherein als zu teuer und zu risikoreich heraus.

„Sowohl bei der Einführung schlanker Prozesse als auch bei der Umsetzung von Null-Fehler-Qualität sind in regelmäßigen Abständen Messungen der zugrunde gelegten Steuerungskri­te­rien durchzuführen.“

DFSS folgt der Vorge­hensweise von Six Sigma. Allein die letzte Phase der regelmäßigen Kontrolle muss durch eine Ver­i­fizierung der Leistungsfähigkeit und der Kun­de­nori­en­tierung des neuen Produkts ersetzt werden, denn ein tatsächlicher Wertschöpfungsfluss existiert ja noch nicht. Man überprüft die er­forder­lichen Kapazitäten, die Koste­nen­twick­lung und die Lieferfähigkeit. Die Vorteile von DFSS liegen auf der Hand: Eine so frühe Berück­sich­ti­gung von Six Sigma im gesamten Pro­duk­tion­sprozess erhöht die Zahl der In­no­va­tio­nen, reduziert die Qualitätskosten bis hin zum Vertrieb, steigert die Kun­de­nori­en­tierung und hebt Umsatz und Gewinn. Damit DFSS sein Potenzial entfalten kann, müssen die mit diesem Ansatz zu betreuenden Projekte sorgfältig ausgewählt und alle beteiligten Mitarbeiter umfassend qual­i­fiziert werden.

Ergänzende Werkzeuge

Um Lean Management und Six Sigma effizient miteinander zu kombinieren, ist ein sorgfältiger In­te­gra­tionsprozess er­forder­lich. Dieser beginnt mit einer Ist-Analyse, in der die Un­ternehmens­daten z. B. anhand einer Balanced Scorecard erfasst werden. Andere Methoden, die sich für die Sit­u­a­tions­di­ag­nose anbieten, sind das Bench­mark­ing, die Wert­stro­m­analyse oder das Busi­ness-As­sess­ment. Im nächsten Schritt müssen die Un­ternehmen­sziele sowie die vorrangigen Aufgaben klar beschrieben und aussagekräftige Kennzahlen entwickelt werden, mit denen sich die Ergebnisse von Lean Six Sigma messen lassen. Hieran schließt sich die konkrete Umsetzung des Konzepts an. Sie können sich dabei an den bereits erwähnten DMAIC-Zyk­lus halten. Abschließend sollten Sie eine Feed­backschleife etablieren, sodass Sie anhand der Ergebnisse sofort die notwendigen Veränderungen in den Abläufen auslösen können.

„Das Schaffen einer positiven Motivation sowie die Definition der betroffenen Bereiche und der zu lösenden Prob­lem­stel­lun­gen bestimmen das Ausmaß und den Grad der notwendigen Or­gan­i­sa­tion und Team­struk­turen.“

Um die kon­tinuier­liche Verbesserung zu gewährleisten, stehen Ihnen einige Ba­siswerkzeuge zur Verfügung. Eines ist das Wert­stromde­sign. Im Kern geht es dabei um das Aufdecken der Ursachen möglicher Ver­schwen­dun­gen in den Pro­duk­tion­s­abläufen. Verbesserun­gen in der Entwicklung lassen sich dagegen mit den Methoden Quality Function Deployment (QFD), Design of Experiments (DOE) und der Theory of Inventive Problem Solving (TIPS, besser bekannt unter der entsprechen­den russischen Abkürzung TRIZ) sich­er­stellen. Das erste dieser Werkzeuge bezieht sich auf die Erfüllung der Kun­den­er­wartun­gen. Die zweite Methode optimiert die technischen An­forderun­gen des Produkts. TRIZ schließlich hat das Ziel, den Erfind­ungsre­ich­tum in einer Firma zu steigern.

Er­fol­gs­beispiele

Die besten the­o­retis­chen Ansätze nützen nichts, wenn sie sich nicht in der Praxis bewähren. Eine breite Akzeptanz von Lean Six Sigma hängt davon ab, ob Firmen ihre Geschäftsabläufe mit diesem Konzept tatsächlich erfolgreich gestalten. Wie gut das funk­tion­ieren kann, zeigen die Beispiele der drei US-Konzerne Honeywell, Xerox und Lilly.

  • Honeywell verbesserte mithilfe von Lean Six Sigma die Wartung und Reparatur von Flugzeugtrieb­w­erken für Klein­maschi­nen am deutschen Standort Raunheim. Das Unternehmen reduzierte die Zahl der zu bear­bei­t­en­den Stücke und optimierte die Abläufe der einzelnen Ar­beitss­chritte und Paralleltätigkeiten. Beide Maßnahmen senkten die Durch­laufzeit der Reparatur­prozesse von 23 auf 8,5 Tage. Zudem konnte die Zuverlässigkeit bei Liefer­t­er­mi­nen durch gezielteres Festlegen von Prioritäten gesteigert werden.
  • Der Druck­er­spezial­ist Xerox wendet Lean Six Sigma seit 2002 im gesamten Unternehmen an. Ziele sind ein höherer Kun­den­nutzen, Kostensenkun­gen, Produktivitätssteigerun­gen und das Eröffnen neuer Wach­s­tum­schan­cen Bereits im ersten Jahr nach der Einführung waren Ergebnisse sichtbar, so amor­tisierten sich z. B. die notwendigen In­vesti­tio­nen sofort. Grundlage für diesen Erfolg war eine hoch motivierte Führungs­man­nschaft, die ausreichend Ressourcen bere­it­stellte, bei der Auswahl geeigneter Projekte gezielt vorging und bei der Umsetzung auf Konsequenz und Disziplin setzte.
  • Wie wichtig die Un­ternehmen­skul­tur für die Einführung von Lean Six Sigma ist, zeigt das Beispiel des amerikanis­chen Phar­makonz­erns Lilly. Im Jahr 2004 entschied sich die Führung für die neue Methode und initiierte eine Umfrage unter der Belegschaft, um die aktuelle Stimmung sowie die vorhandenen Kenntnisse bezüglich der Methode zu ermitteln. Der Fra­genkat­a­log zeigte auf, welche Vo­raus­set­zun­gen für die Einführung von Lean Six Sigma unabdingbar sind – etwa die vor­be­halt­lose Unterstützung durch die Führung. Er machte aber auch klar, wo Hindernisse lauern – z. B. in ungenügender Kom­mu­nika­tion oder man­gel­hafter Umsetzung.

Über den Autor

Prof. Armin Töpfer, der Herausgeber dieses Buches, ist Inhaber des Lehrstuhls für Mark­to­ri­en­tierte Un­ternehmensführung an der Technischen Universität Dresden. Die übrigen 15 Autoren beschäftigen sich wis­senschaftlich und praktisch mit dem Thema Lean Six Sigma.