Besonderheiten der E-Mail-Kommunikation
Ein bis zwei Stunden täglich bearbeitet ein Angestellter im Schnitt seine E-Mails. Kostbare Zeit, die für andere Aufgaben fehlt. Während die Technik kaum Probleme aufwirft, mangelt es an persönlicher Organisation, übersichtlicher Ablagestruktur und gutem Schreibstil. Obwohl schriftlich, ähnelt die E-Mail wegen ihrer Dialogartigkeit und Schnelligkeit dem Gespräch. Über E-Mail können Sie Informationen einfach und preiswert an viele Empfänger verteilen, was zu einem übermäßigen Gebrauch verführt. Damit lösen Sie auf der Empfängerseite Druck, Entfremdung und Abhängigkeit aus.
„Wenn Sie eine E-Mail verfassen und verschicken, sollten Sie sich immer darüber im Klaren sein, dass der Empfänger nicht nur Ihre, sondern unzählige andere E-Mails von anderen Absendern erhalten wird.“
Überlegen Sie, welches Medium für Ihr Anliegen geeignet ist. Wenn der Beziehungsaspekt im Mittelpunkt steht, sprechen Sie persönlich mit dem Adressaten. Geht es um fachliche Inhalte, schreiben Sie eine E-Mail. Benötigen Sie eine schnelle Antwort, rufen Sie an. Im persönlichen Gebrauch dürfen Sie im E-Mail-Text einen mündlichen Ton anschlagen, im geschäftlichen Umgang orientieren Sie sich am Stil von Geschäftsbriefen. Bedenken Sie: Eine geschäftliche E-Mail ist die Visitenkarte Ihres Unternehmens!
Im Mittelpunkt: der Empfänger
Bevor Sie eine E-Mail senden, überlegen Sie genau, wer diese überhaupt benötigt. Untersuchungen haben ergeben, dass persönliche, also an einen bestimmten Empfänger gerichtete E-Mails eher beantwortet werden. Wenn Sie vom Empfänger eine Reaktion erwarten, tragen Sie ihn in das An-Feld ein. Wenn Sie jemanden über ein Thema lediglich in Kenntnis setzen möchten, schreiben Sie diese Person in das Cc-Feld (Kopie).
„Ob der Empfänger Ihren Worten Glauben schenkt, hängt nicht in erster Linie davon ab, wie ausführlich Sie Ihr Anliegen formulieren, sondern vielmehr davon, ob Sie bereits zuvor die Basis für eine gute und effektive Kommunikation aufgebaut haben.“
Vermeiden Sie im geschäftsinternen E-Mail-Verkehr Adressen im Bcc-Feld (Blindkopie), ausgenommen bei Einladungen und Newsletters, bei denen Sie den Empfänger verschleiern möchten. Tipp: Ergänzen Sie Ihre eigene E-Mail-Adresse und diejenigen Ihrer Adressaten im Adressbuch um den vollen Namen, der dann auch in der Mail erscheint. Denn wer eine E-Mail empfängt, schaut zuerst auf Absender und Betreff, um die Wichtigkeit des Inhaltes einzuschätzen und das weitere Vorgehen abzuwägen: löschen, lesen oder bearbeiten?
„Wird eine E-Mail mehr als zweimal hin- und hergeschickt, ohne dass Absender und Empfänger substanziell weiterkommen, sollten Sie das Medium wechseln – z. B. ein Anruf oder ein persönliches Gespräch führen.“
Damit Ihre Botschaft tatsächlich beim Empfänger ankommt (und wiedergefunden wird), müssen Sie sie entsprechend anbieten. Nachdem Sie den Inhalt verfasst haben, schreiben Sie im Betreff in aussagekräftigen Stichworten, worum es geht, und fügen einen Termin an, auf den sich der Inhalt bezieht. Damit der Empfänger weiß, was zu tun ist, stellen Sie außerdem eines der Schlagwörter „Handlung“, „Antworten“, „Lesen“ oder „Information“ voran.
„,Kurz, klar und eindeutig schreiben‘ ist die wichtigste Regel beim Verfassen des eigentlichen E-Mail-Textes.“
Wenn Sie z. B. von einem Mitarbeiter die Verkaufszahlen des Vormonats benötigen, schreiben Sie im Betreff: „Antworten: Zahlen für Verkaufspräsentation, 15. Mai“. Das erleichtert dem Empfänger, Ihre E-Mail richtig einzuordnen. E-Mail-Programme bieten zwei Möglichkeiten, eine Nachricht beim Empfänger wichtig erscheinen zu lassen: hohe Priorität und Empfangsbestätigung. Überlegen Sie aber gut, ob Sie Ihre Kollegen so unter Druck setzen möchten – u. U. ist das eher kontraproduktiv.
Verständliche Nachrichtentexte
Wenn Sie sich an die Regeln der Briefkommunikation halten, sind Sie auch beim Mailen auf der sicheren Seite. Achten Sie auf korrekte Rechtschreibung, besonders auf Groß- und Kleinschreibung.
„Das Versenden von Informationen an Empfänger im Cc-Feld ist heute ein Hauptgrund für unproduktives E-Mail-Management.“
Regelverstöße wirken schnell unhöflich. Denken Sie immer daran: Nonverbale Signale können Sie schriftlich nicht aussenden, deshalb wiegt jedes Wort doppelt schwer. Orientieren Sie sich beim Stil am Anlass und am Zweck der Nachricht – und daran, wie gut Sie den Empfänger kennen.
Unerlässliche Bestandteile einer E-Mail sind Anrede, Inhalt, Gruß und Signatur. Sprechen Sie Ihre Empfänger wenn immer möglich individuell an. Den Inhalt sollten Sie knapp und verständlich halten, auch bei komplexen Themen. Denn ob man Ihrem Anliegen Glauben schenkt, liegt weniger am Umfang als an guter Kommunikation. Verpacken Sie große Informationsmengen in einem Attachement, z. B. als PDF.
„Anstatt sich auf wichtige Aufgaben zu konzentrieren, wird unsere Zeit oftmals von dringlichen, aber weniger wichtigen Tätigkeiten beansprucht.“
Kommen Sie sofort auf den Punkt, und gehen Sie immer vom Wichtigsten zum Unwichtigen. Das spart Zeit beim Lesen, und Sie bekommen schneller eine Antwort. Um die E-Mail zu gliedern, teilen Sie den Text in Absätze von fünf bis sechs Zeilen. Achten Sie auf eine maximale Satzlänge von 15 Wörtern. Und wichtig: Behandeln Sie immer nur ein Thema pro E-Mail.
„Wenn Sie kleinere Aufgaben vor sich herschieben und anhäufen, können sie schnell zur Belastung werden und mehr Zeit in Anspruch nehmen als bei sofortiger Erledigung.“
So formulieren Sie richtig:
- Bleiben Sie sachlich, anstatt umständliche Floskeln zu verwenden: „Über Ihre Nachricht habe ich mich sehr gefreut“, und nicht „Vielen Dank, dass Sie dieser Tage auf mein Schreiben geantwortet haben“.
- Schreiben Sie wann immer möglich in aktiver Verbform und vermeiden Sie Nominalisierungen: „Wir wollen das Meeting durchführen“ statt „Wir wollen das Meeting zur Durchführung bringen“.
- Verwenden Sie den konkreten Indikativ, nicht den verschwommenen Konjunktiv: „Wir freuen uns, Ihnen ...“, nicht „Wir würden uns sehr freuen, Ihnen ...“.
- Motivieren Sie zur Handlung und erklären Sie, was Sache ist: „Bereiten Sie folgende Punkte für die nächste Sitzung vor.“
- Mit Fragen können Sie die Aufmerksamkeit erhöhen und wirken professionell.
„Delegieren können ist eine wichtige Qualität, Sie sollten aber so delegieren, dass keine Rückfragen nötig sind.“
Vergessen Sie nicht den Gruß zum Abschied. „Mit freundlichen Grüßen“ ist immer passend. Kürzen Sie nicht ab, und schreiben Sie Ihren Namen unbedingt aus. Wenn Sie moderner wirken möchten, können Sie Varianten wie „Mit besten Grüßen aus ...“ probieren, passend zur Anrede. Tipp: Erstellen Sie die Grußformel in der Signatur. Diese enthält außerdem Ihre vollständigen Adress- und Kontaktdaten.
Richtig antworten und weiterleiten
Wenn Ihre Antwort klar und eindeutig ausfällt, können Sie den Originaltext löschen. Ist die Antwort komplexer oder möchten Sie auf mehrere Punkte Bezug nehmen, dann zitieren Sie das Original, kennzeichnen Sie die entsprechenden Passagen und fügen Sie Ihre Antwort an der passenden Stelle ein. Antworten Sie nur in berechtigten Ausnahmen „an alle“, diese Funktion ist hauptverantwortlich für die E-Mail-Flut. Wenn Sie nicht zuständig sind oder denken, dass eine Nachricht auch für andere interessant ist, leiten Sie die E-Mail weiter. Achten Sie darauf, dass Sie beim Antworten keine Attachements zurückschicken.
E-Mail-Selbstmanagement
Wie gehen Sie am besten mit den E-Mails um, die sich in Ihrem Posteingang sammeln? Wenn Sie die folgenden Techniken anwenden, sparen Sie Zeit und behalten die Kontrolle:
- Sammelstellen anlegen: Zuerst bestimmen Sie, wo Sie (oder andere für Sie) wichtige Informationen ablegen. Wenn Sie an wenigen Plätzen suchen müssen, finden Sie das Gesuchte schneller. Da die gesammelten Dokumente aber in verschiedenen Medienformaten vorliegen (neben Mails erhalten Sie z. B. auch Briefe oder Sprachnachrichten), sind fünf bis zehn Sammelstellen realistisch. Am besten, Sie beschränken sich auf folgende: eine Papierablage (z. B. ein Fach) für Notizen, Ausdrucke und Rechnungen; einen Terminkalender oder ein Notizbuch (digital oder Print) für alle geschäftlichen und privaten Termine und Verabredungen; eine Mobilbox oder einen Anrufbeantworter für Nachrichten von Anrufern; ein E-Mail-Client mit Unterordnern, um gesendete und empfangene Nachrichten zu kategorisieren. Eine To-do-Liste, in der Sie alle offenen Aufgaben eintragen, geordnet nach Dringlichkeit.
- Informationen organisieren und verarbeiten: Sie müssen E-Mails priorisieren, ggf. beantworten und Aufgaben erledigen oder delegieren. Entscheiden Sie anhand folgender Fragen, wie und wann Sie auf eine E-Mail reagieren. Welche E-Mails sind wichtig? Löschen Sie Nachrichten, deren Betreff und Absender auf Belangloses hindeuten. Prüfen Sie bei allen anderen, ob der Inhalt eine Handlung erfordert. Wie dringend ist die Aufgabe? Wenn etwas Wichtiges einfach ist, erledigen Sie es sofort. Zerstückeln Sie komplexe Aufgaben, die länger als fünf Minuten beanspruchen, in Teilaufgaben. Welche davon müssen Sie selbst erledigen? Wenn Sie nicht zuständig sind, delegieren Sie umgehend (alles oder einen Teil) an eine andere Person. Gewöhnen Sie sich ein striktes Verfahren an, um diese Aufgaben in Ihren Arbeitsablauf einzuplanen.
- Prioritäten für resultierende Handlungen setzen: Wenn Sie Ihre eigentliche Arbeit ständig unterbrechen, stellt sich der „Sägeblatteffekt“ ein: Ihre Aufmerksamkeit steigt und sinkt immer wieder (was in einem Diagramm aussieht wie ein Sägeblatt), die Einarbeitungszeiten addieren sich und Ihre Leistung leidet trotz längerer Bearbeitungszeit. Es genügt völlig, wenn Sie Ihren Posteingang dreimal täglich prüfen. Planen Sie feste Bearbeitungszeiträume ein, z. B. morgens, mittags und abends. Schalten Sie in Ihrem E-Mail-Client die Funktion aus, die Sie laufend über neue E-Mails informiert. Alternativ können Sie E-Mail-freie Tage einführen, an denen interne E-Mails verboten sind. Wie entscheiden Sie, was Sie wann und in welcher Reihenfolge erledigen müssen? Beachten Sie die Eisenhower-Regel, nach der alles Wichtige vor dem Dringlichen zu erledigen ist. Priorisieren Sie Aufgaben nach Dringlichkeit und Wichtigkeit in A, B, C und D: A-Aufgaben (wichtig und dringlich zugleich) müssen Sie umgehend selbst erledigen; B-Aufgaben sind weniger dringlich, aber wichtig und können bis zu einem bestimmten Termin erledigt werden; C-Aufgaben können Sie delegieren und die weder wichtigen noch dringlichen D-Aufgaben können Sie getrost ignorieren.
- Erledigte E-Mails ablegen und archivieren: Mit einer strukturierten Ablage und einem elektronischen Archiv stellen Sie sicher, dass Sie wichtige E-Mails zu einem späteren Zeitpunkt wiederfinden. Ordnerstrukturen für E-Mails sind zwar sehr individuell, sollten sich aber an denen Ihrer Kollegen orientieren (oder im Team erstellt werden). Sammeln Sie zuerst alle Themen, die für Ihren Arbeitsbereich relevant sind. Legen Sie dann bis zu zehn Hauptordner fest, denen Sie alle Unterordner zuordnen. Tipp: Wenn Sie den Ordnerbezeichnungen die Nummern 0 bis 9 voranstellen (z. B. „3 Verkauf“) überlisten Sie die automatische, alphabetische Anordnung. Um E-Mails langfristig und unverändert aufzubewahren, müssen Sie ein Archivierungssystem verwenden, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht, beispielsweise ein Dokumenten-Management-System (DMS).
E-Mail Kultur
Die Unternehmenskultur spiegelt sich auch im Umgang mit E-Mails. Regeln Sie deshalb alle Rechte und Pflichten beim Mailen in hauseigenen E-Mail-Richtlinien. Damit schaffen Sie bei den Mitarbeitern Klarheit, verbessern die Kommunikation, reduzieren die E-Mail-Anzahl und steigern die Effizienz. Nicht zuletzt gewährleisten Sie Sicherheit für kritische Geschäftsdaten.
„E-Mails sind Urkunden im Rechtssinne. Wenn die E-Mails nachträglich verändert werden, so gilt dies als Urkundenfälschung.“
Berücksichtigen Sie folgende Aspekte: Versand (z. B. Schlagworte für Betreffzeile), Archivierung (z. B. einheitliches Ablagesystem) und Rechte des Arbeitgebers (z. B. Einblick ins Postfach). Es kann sich lohnen, einen Rechtsanwalt zurate zu ziehen, denn im Rechtssinn gelten E-Mails als Urkunden. Im Handelsregister eingetragene Personen und Firmen müssen E-Mails, die Geschäftskorrespondenz darstellen, zehn Jahre aufbewahren. Wenn Verträge von Gesetzes wegen „Schriftlichkeit“ erfordern, müssen sie handschriftlich unterschrieben sein (z. B. eine Kündigung).
„E-Mail-Richtlinien schaffen Verbindlichkeiten, die den gesamten Kommunikationsprozess umfassen.“
E-Mails genügen dieser Anforderung nicht. Ist keine Schriftlichkeit erforderlich, können Sie sogar Millionengeschäfte per E-Mail abschließen, müssen im Zweifelsfall aber Inhalt und Zustellung nachweisen können. Klar ist: Für geheim zu haltende Informationen sind E-Mails nicht geeignet, denn ein Dritter kann sich Zugriff verschaffen.