Vorspiel in Meung
Im April des Jahres 1625 verlĂ€sst der 18-jĂ€hrige dâArtagnan sein Heimatdorf in der französischen Gascogne, um nach Paris zu gehen. In Meung rastet er erstmals. Ein Edelmann beobachtet ihn und macht einen Scherz ĂŒber sein Ă€ltliches Pferd. Beleidigt greift dâArtagnan nach dem Degen, worauf die Begleiter des Edelmanns mit Stöcken ĂŒber ihn herfallen und ihn niederÂschlaÂgen. Der Edelmann durchsucht dâArtagnans Taschen, findet einen Brief und steckt ihn ein. Dann schleppt der Wirt den BeÂwusstÂlosen auf ein Zimmer. WĂ€hrenddessen wendet sich der Edelmann an seine Begleiterin, reicht ihr eine Schatulle und spricht: âMylady, die Anweisungen des Kardinals, fĂŒr Ihre Reise nach London.â
Turbulenter Auftakt in Paris
Am nĂ€chsten Tag erreicht dâArtagnan Paris. Eine billige Wohnung ist bald gefunden, und er spricht sogleich bei TrĂ©ville, dem Hauptmann der Musketiere, vor, da er selbst einer von ihnen werden will. Der Hauptmann bremst ihn aus: Seine Leute seien die Elitetruppe des Königs. Um aufgenommen zu werden, mĂŒsse man sich erst im Kampf bewĂ€hren. DâArtagnan könne sich aber beim Grafen des Essart ausbilden lassen. Da schreitet drauĂen der Edelmann vom Vortag vorĂŒber. Sofort rennt dâArtagnan los, gerĂ€t aber mit drei Musketieren aneinander: Erst rempelt er Athos an, dann verfĂ€ngt er sich in Porthosâ Mantel, und schlieĂlich hebt er vor aller Augen ein Taschentuch von Aramis auf, das dieser von einer verÂheirateten Frau bekommen hat. Kaum zwei Tage in Paris und schon hat er sich drei Duelle eingeÂhanÂdelt.
Der König feiert einen neuen Helden
An einem stillen Ort treffen sich dâArtagnan und die drei Musketiere, um die Klingen zu kreuzen. Da sprengen fĂŒnf Gardisten des Kardinals Richelieu herbei. Mit ihnen sind die Musketiere verfeindet, und so gehen sie sofort zum Angriff ĂŒber. DâArtagnan zögert nicht und springt ihnen bei. Zu viert erkĂ€mpfen sie einen schönen Sieg. Weitere Gefechte folgen, abermals siegen die Musketiere. Ludwig XIII., von Richelieu angesÂtachelt, ist erbost ĂŒber die Musketiere. Doch TrĂ©ville kann ihn besĂ€nftigen, indem er einen Gardisten zu einer Aussage bewegt. Im Sterben liegend beteuert dieser die Unschuld der Musketiere: Sie hĂ€tten sich bloĂ verteidigt. Da lobt der König seine Leibwache, allen voran den kĂŒhnen Neuling dâArtagnan.
Geheime MachenÂschaften
Am nĂ€chsten Tag steht Monsieur Bonacieux, dâArtagnans Hauswirt, in der TĂŒr und klagt, man habe seine Frau Constance, die LeinenÂverÂwalÂterin der Königin, entfĂŒhrt. Er bittet dâArtagnan, sie gegen Geld aufzuspĂŒren. Dieser willigt ein, obgleich seine Freunde vermuten, dass es ein Hinterhalt ist. Kaum gegangen, kehrt Bonacieux wieder zurĂŒck und schreit um Hilfe: Die HĂ€scher des Kardinals wollen ihn festnehmen. Die Musketiere schreiten nicht ein, als er abgefĂŒhrt wird, da sie sonst selbst verhaftet werden könnten. Die Wohnung von Bonacieux dient fortan als Mausefalle: Die Polizisten lauern den Besuchern auf und verhören sie. Als dâArtagnan hört, wie der Name der LeinenÂverÂwalÂterin fĂ€llt, greift er zum Degen und verjagt die Polizisten. TatsĂ€chlich ist die vermisste Constance wieder aufgetaucht und in die Mausefalle geraten. DâArtagnan bringt die schöne Frau in Sicherheit.
Ein Geschenk bringt UnglĂŒck
DâArtagnan schlendert durch die Nacht und trĂ€umt von der Liebe. Da bemerkt er ein zum Louvre eilendes Paar. Er folgt ihm, weil er denkt, dass es sich um Constance Bonacieux und Aramis handelt. Eifersucht packt ihn, und er springt den beiden in den Weg, muss aber gleich seinen Irrtum erkennen: Vor ihm steht der Herzog von Buckingham. Kardinal Richelieu hat ihn mit einer List nach Paris gelockt, um ihn zu verhaften, doch der Herzog entkam und fand in einer geheimen Wohnung UnÂterÂschlupf. Nun bringt Constance ihn zu seiner Geliebten, der Königin Anna. Der Empfang ist herzlich, doch Anna fĂŒrchtet um Buckinghams Leben und drĂ€ngt ihn zur Abreise. Als Zeichen ihrer Liebe schenkt sie ihm ein KĂ€stchen mit zwölf Diamanten. Endlich reist der Herzog zurĂŒck nach London.
âAm ersten Montag des Monats April 1625 schien der MarkÂtÂflecken Meung (...) in einem so vollstĂ€ndigen Aufruhr begriffen, als ob die Hugenotten gekommen wĂ€ren, um ein zweites La Rochelle daraus zu machen.â (S. 9)
Der Kardinal wird sofort von seinen Spionen informiert. Er ĂŒberlegt kurz, dann schickt er Geld nach London und befiehlt, Mylady solle zwei der zwölf Diamanten stehlen. Kaum ist der Brief versiegelt, schleppt man Bonacieux herbei. Der Kardinal verhört ihn und erkennt bald, dass er einen nĂŒtzlichen Informanten vor sich hat. Abends, beim König, erwĂ€hnt Richelieu das Rendezvous der Königin. Ludwig XIII. kocht vor Wut und lĂ€sst die Papiere seiner Gattin beschlagnahÂmen, doch kein Liebesbrief findet sich darunter. Da macht der Kardinal einen listigen Vorschlag: Der König solle ein Fest ausrichten und die Königin anweisen, die Diamanten zu tragen. Diese ist verzweifelt, aber Constance weiĂ Rat: Ihr Mann soll mit einem Bittbrief der Königin zum Herzog reisen, um die Diamanten zurĂŒckzuholen. Der feige Bonacieux winkt jedoch ab. Stattdessen informiert er gleich den Kardinal. DâArtagnan hat die Eheleute belauscht, nun bietet er sich freimĂŒtig als Bote an. Constance zögert, doch als sie in seine verliebten Augen blickt, gibt sie nach. Mit dem Brief und in Begleitung seiner drei MusÂketierÂfreÂunde und der Diener bricht er auf.
Das erste groĂe Abenteuer
Der kleine Trupp erreicht ohne ZwischenfĂ€lle Chantilly. Dort wird Porthos von einem Trinker angepöbelt, worauf er den Degen zieht. Die anderen reiten schleunigst weiter. Bei Beauvais feuern Bauarbeiter Pistolen ab. Aramis wird verwundet und bleibt zurĂŒck. In Amiens werden die Reisenden von einem Wirt als FalschmĂŒnzer bezichtigt. Einige MĂ€nner fallen daraufhin ĂŒber Athos her. DâArtagnan und sein Diener Planchet entkommen. In Calais heiĂt es, der Kardinal habe den Hafen sperren lassen. ZufĂ€llig begegnen sie einem Mann, der einen PassierÂschein hat. Sie ĂŒberwĂ€ltigen ihn, und dâArtagnan schifft sich unter falschem Namen nach Dover ein.
âDer Hauptmann der Musketiere war also bewundert, gefĂŒrchtet und geliebt, und dies bildet wohl den Gipfel irdischen GlĂŒcks.â (ĂŒber TrĂ©ville, S. 29)
In London stellt Buckingham inzwischen mit Entsetzen fest, dass zwei der Diamanten fehlen. Als Diebin hat er sofort Mylady in Verdacht. Einem Juwelier gelingt es, perfekte Imitate herzustellen, und dâArtagnan bringt sie samt der zehn Originale auf geheimen Wegen nach Paris. Auf dem Fest schmĂŒckt sich die Königin damit â zur Freude des Königs und zum Ărger des Kardinals. Die Intrige gegen die Königin ist vereitelt.
Das Schicksal der Freunde
Doch dâArtagnans GlĂŒck wĂ€hrt nur kurz: Constance wird abermals entfĂŒhrt. Auf TrĂ©villes Rat hin macht er sich jedoch zunĂ€chst auf die Suche nach den Freunden. Porthos trifft er bettlĂ€gerig in Chantilly. Er behauptet, sein geprelltes Knie quĂ€le ihn, doch in Wahrheit hat er einen Messerstich abbekommen. In CrĂšvecĆur hĂ€ngt Aramis alten Zeiten nach: Als AbbĂ© gab er frĂŒher einer schönen Frau BibelÂstunÂden, doch ihr eifersĂŒchtiger Gatte verjagte ihn. Aramis lernte fechten und tötete den Gatten im Duell. AnschlieĂend wurde er Musketier. Im Gasthof von Amiens hat sich Athos im VorÂratskeller verschanzt. SturzÂbeÂtrunken erzĂ€hlt er dâArtagnan sein tragisches Leben: Einst liebte er ein junges MĂ€dchen und heiratete es. Nach der Hochzeit stellte er fest, dass sie auf der Schulter eine Lilie trug. Das BrandzeÂichen wies seine Frau als Diebin aus. Verbittert lieĂ er sie erhĂ€ngen und wurde Musketier.
â(...) die vier Freunde wiederÂholten mit einer Stimme die von dâArtagnan vorgeÂsprochÂene Formel: ,Alle fĂŒr einen, einer fĂŒr alle.ââ (S. 118)
Wieder in Paris erwartet die vier Freunde eine Neuigkeit. Ein Feldzug steht bevor, La Rochelle soll belagert werden. Dort leisten die Hugenotten Frankreich Widerstand und werden von England unterstĂŒtzt. Richelieu verfolgt dabei eine private Fehde: Durch einen Sieg will er seinen Rivalen Buckingham blamieren.
Myladys dunkles Geheimnis
Bei einem Ausritt beobachtet dâArtagnan einen Streit zwischen Mylady, die er als Begleitung des Edelmannes in Meung erkennt, und ihrem Schwager Lord Winter. DâArtagnan greift ein und fordert den Lord zum Duell. Er entwaffnet ihn, schenkt ihm aber das Leben, um sich bei der attraktiven Frau einzuschmeÂicheln. Doch Mylady hat nur unterdrĂŒckten Hass fĂŒr ihn ĂŒbrig: Als Erbin von Lord Winters Vermögen hĂ€tte sie dessen Tod begrĂŒĂt. Eines Abends fĂ€ngt Myladys Kammerzofe Ketty dâArtagnan ab. Sie hat Gefallen an ihm gefunden und verrĂ€t listig, dass Mylady den Grafen de Wardes begehre. Zum Beweis zeigt sie ihm einen Liebesbrief. DâArtagnan, tief gekrĂ€nkt, fĂ€lscht einen AntwortÂbrief und kĂŒndigt Mylady den Besuch des Grafen an, als der er sich ausgeben will. Sie empfĂ€ngt dâArtagnan in einem dunklen Zimmer. Der Schwindel bleibt unbemerkt, ja die verliebte Frau schenkt ihm sogar einen Ring. Als Athos diesen spĂ€ter zu Gesicht bekommt, wird er ganz bleich: Der Saphir erinnert ihn an ein ErbstĂŒck, das er einst seiner Geliebten schenkte. DâArtagnan fĂ€lscht im Namen des Grafen einen zweiten Brief und brĂŒskiert darin Mylady. Die erboste Frau schwört Rache. Der Graf soll sterben â und ausÂgerechÂnet dâArtagnan soll ihr Handlanger sein. Um diesen gefĂŒgig zu machen, schenkt sie ihm eine Liebesnacht. Im Bett offenbart dâArtagnan ihr den Schwindel. Als sie wĂŒtend aufspringt, fasst er nach ihrem MorÂgenÂmanÂtel und reiĂt ihn ihr weg. Entsetzt erblickt er eine Lilie auf ihrer Schulter. Mylady versucht ihn zu töten, doch dâArtagnan flieht.
Eine geheime Mission
Die Kompanie des Grafen des Essart erreicht als Vorhut La Rochelle. Eines Morgens soll dâArtagnan mit einem SpĂ€htrupp die Lage an der Front erkunden. Dort feuern plötzlich zwei Soldaten, die ihn begleiten, ihre Gewehre ab, doch dâArtagnan bleibt unverletzt, er kann sogar einen der beiden töten und den anderen ĂŒberwĂ€ltigen. Dieser informiert ihn ĂŒber die HintergrĂŒnde des Attentats: Mylady hat den Auftrag erteilt. Er erfĂ€hrt auĂerdem, dass sie mit der EntfĂŒhrung von Constance zu tun hat, die inzwischen in ein Kloster flĂŒchten konnte.
âDâArtagnan strahlte vor Stolz und Freude. Das Geheimnis, welches er nun besaĂ, die Frau, die er liebte, das Vertrauen und die Liebe machten ihn zu einem Riesen.â (S. 216)
Endlich erreichen auch der König und die drei Musketiere das Lager. Bei einem Ausritt begegnen Athos, Porthos und Aramis dem Kardinal. Als sein Geleitschutz begleiten sie ihn zu einem Gasthof. Dort fĂŒhrt Richelieu ein geheimes GesprĂ€ch, das die drei durch ein Ofenrohr belauschen: Mylady soll Buckingham zur Aufgabe von La Rochelle zwingen. Als Druckmittel dienen InÂforÂmaÂtioÂnen, die die Königin komÂproÂmitÂtieren. LĂ€sst sich Buckingham nicht auf diese Weise erpressen, soll er ermordet werden. In einem Freibrief sichert Richelieu Mylady StrafÂfreiÂheit zu. Ihren Namen lĂ€sst er vorÂsichtÂshalÂber unerwĂ€hnt. Noch ehe das GesprĂ€ch endet, reitet Athos los, unter dem Vorwand, die Gegend auszukundÂschaften. In einem Versteck wartet er, bis der Kardinal an ihm vorĂŒbergegangen ist, dann kehrt er zum Wirtshaus zurĂŒck. Er dringt in Myladys Zimmer, bedroht sie mit der Pistole und presst ihr den Freibrief ab. SpĂ€ter beraten sich die vier Freunde: Planchet soll Lord Winter ĂŒber die MachenÂschaften seiner SchwĂ€gerin unÂterÂrichten, und Aramisâ Diener Bazin soll die Königin warnen.
Myladys GefanÂgenÂschaft und Befreiung
In Portsmouth fĂ€ngt der Offizier Felton Mylady ab und bringt sie auf Lord Winters Schloss. Im Verhör werden dem Lord alle AnÂschuldigunÂgen bestĂ€tigt. Zur Strafe soll Mylady in eine Kolonie verbannt werden. Den Befehl braucht Herzog Buckingham nur noch zu unÂterzeÂichÂnen. Doch Mylady gibt nicht auf. Mit innigen Gebeten nimmt sie den Puritaner Felton fĂŒr sich ein. Eines Nachts lĂŒgt sie ihm ihre LebensÂgeschichte vor: Buckingham habe sie brutal geschĂ€ndet und ihr eine Lilie auf die Schulter gebrannt, um jeden Verdacht von sich abzulenken. Als Mylady ihre Schulter entblöĂt, kniet Felton vor ihr nieder. Am nĂ€chsten Tag befreit er sie. In einem angemieteten Schiff setzt sie nach Frankreich ĂŒber. Felton eilt inzwischen zu Buckingham, klagt ihn wĂŒster Verbrechen an und sticht ihn nieder. Der Herzog stirbt; der Mörder wird verhaftet.
Die Stunde des letzten Gerichts
Die Musketiere â nach den KĂ€mpfen bei La Rochelle gehört auch dâArtagnan zu ihnen â kehren mit dem König nach Paris zurĂŒck. Dort nehmen sie Urlaub, um Constance Bonacieux aus ihrem Versteck zu holen. Doch Mylady kommt ihnen zuvor. Sie schleicht sich ins Kloster ein und gewinnt Constances Vertrauen. Als die vier Freunde eintreffen, behauptet Mylady, die nahenden Reiter seien im Auftrag des Kardinals unterwegs. Schockiert bricht Constance zusammen. Mylady flöĂt ihr Gift ein und entkommt durch eine HintertĂŒr. Constance stirbt in dâArtagnans Armen. Geschickt spĂŒrt Athos das Versteck Myladys auf, ebenso jenen Henker, der sie einst entkommen lieĂ. An einem gewittrigen Tag schlĂ€gt fĂŒr Mylady die Stunde des Gerichts. Da niemand ihre Schuld bezweifelt, steht das Urteil bald fest und der Henker schreitet zur Tat: Er enthauptet Mylady und wirft ihre Leiche in den nahen Fluss.
âDâArtagnan staunte, an welch schwachen und unbekannten FĂ€den oft die Geschicke der Völker und das Leben der Menschen hĂ€ngen.â (S. 248)
SchlieĂlich begegnet dâArtagnan erneut dem Edelmann aus Meung. Es ist der Graf Rochefort, der gekommen ist, um ihn im Namen des Kardinals zu verhaften. Richelieu mustert dâArtagnan, dann verkĂŒndet er, ihm drohe die Todesstrafe. Da hĂ€ndigt ihm der junge Mann den Freibrief aus, den der Kardinal Mylady gegeben hat. Lange blickt der Kardinal auf das Papier, dann zerreiĂt er es, dâArtagnan glaubt sich verloren. Doch der Kardinal ĂŒberreicht ihm ein anderes Papier, mit dem er ihn zum Leutnant der Musketiere ernennt.
Zum Text
Aufbau und Stil
Der Roman Die drei Musketiere ist in 67 Kapitel unterteilt. Eine Vorrede des Autors und ein Epilog bilden den Rahmen. Erstere schildert die EntsteÂhungsÂgeschichte des Romans, Letztere skizziert das Nachleben der Figuren. Gleich drei KrĂ€fte treiben die Handlung geradlinig und rasant voran: eine biÂografisÂche (dâArtagnans KarÂriÂerÂeÂstreben), eine krimÂiÂnalÂisÂtisÂche (die Jagd auf Mylady) und eine geschichtliche (die französische KriegspoliÂtik). Das Vorspiel von Meung reiĂt den Leser aus der Ruhe in die permanente Aktion hinein; die Hinrichtung von Mylady fĂŒhrt aus der Aktion in die Ruhe zurĂŒck. Stilistisch greift Dumas auf die Mittel des Dramas zurĂŒck. Der Roman lebt von langen DiÂalogÂpasÂsagen, in denen sich die Konflikte wie auf offener BĂŒhne zuspitzen. Von Episode zu Episode fĂŒhrt ein allÂwisÂsender, stark prĂ€senter und moralisch wertender ErzĂ€hler. Dumas wendet sowohl reÂalÂisÂtisÂche als auch romantische ErzĂ€hlverfahren an. Alle wichtigen Ereignisse datiert er historisch exakt. StĂŒrzen sich die Helden ins Abenteuer, weicht er gerne ins Schaurige und Geheimnisvolle aus.
InÂterÂpreÂtaÂtionÂsansĂ€tze
- Im Roman wird der Kampf von Gut gegen Böse ausgetragen: hier die Musketiere, dort Mylady Winter. Die Handlung gipfelt in der Szene der SelbÂstjusÂtiz. Die Musketiere nehmen an Mylady aber keine persönliche Rache, sondern liefern sie einem gerechten Urteil aus. Die Todesstrafe soll die allgemeine sittliche Ordnung wiederÂherÂstellen.
- DâArtagnan trĂ€gt gottĂ€hnliche ZĂŒge. In seinen Affekten (Liebe und Eifersucht) und seinem Ethos (dem ritÂterÂlichen Ehrbegriff) wirkt er zwar menschlich, in seiner UnÂverÂwundÂbarkeit und ökonomischen SorÂglosigkeit aber fast göttlich. Damit ist er eine IdenÂtiÂfikaÂtionsÂfigur, die zur Flucht aus dem Alltag anregt und AllÂmachtsÂfanÂtasien bedient.
- Die Musketiere bilden ein perfektes Team. Der Wahlspruch âEiner fĂŒr alle, alle fĂŒr einenâ schmiedet sie zu einer politisch erÂfolÂgreÂichen Kampfgruppe. Die StĂ€rke des einen gleicht die SchwĂ€che des anderen aus. Entsprechend verkörpert jeder Musketier ein Talent in Bestform: Aramis das Denken, Porthos die Kraft, Athos den SpĂŒrsinn, dâArtagnan den Wagemut. An dieser perfekten Gruppe scheitern selbst die starken EinzelkrĂ€fte: die Macht des Staates (Richelieu) und des Bösen (Mylady).
- Der Roman entwirft ein inÂdiÂvidÂuÂalÂisÂtisÂches Bild der Geschichte. Als treibende Kraft gilt der einzelne Mensch. Dumas neigt als Historiker entsprechend zum PerÂsoÂnÂenkult. Politische Strukturen und soziale Faktoren werden weitgehend ausÂgeÂblendet. Die Belagerung von La Rochelle etwa wird als Folge der RivalitĂ€t zwischen Richelieu und Buckingham geschildert.
- Die drei Musketiere ist ein FeuilÂletonÂroÂman: Er orientiert sich an den Belangen einer Tageszeitung. Diese fordert eine schnelle, tageweise LektĂŒre und schlieĂt umfassendes Vor- oder ZurĂŒckblĂ€ttern aus. Das Buch entspinnt deÂmentsprechend vordergrĂŒndig eine einfache, geradlinige Handlung. Komplexe Reflexionen, groĂe ZeitsprĂŒnge oder lange RĂŒckblenden werden vermieden. Zugleich ist es fĂŒr den Leser schwierig, die politischen Intrigen, die sich im Hintergrund abspielen und die oft mehr angedeutet als klar dargestellt werden, sowie ihre VerknĂŒpfung mit der HaupthandÂlung zu durchÂschauen. //
HisÂtorischer Hintergrund
Frankreich im Zeitalter der RestauÂraÂtion
1815 ging in Europa eine Ăra zu Ende. Fast anderthalb Jahrzehnte hatte Napoleon dem Kontinent seinen Stempel aufgedrĂŒckt. Der katasÂtrophale Ausgang des RusÂsÂlandÂfeldzugs leitete jedoch sein Ende ein. Zwar gelang es ihm noch einmal, aus der Verbannung auf der Insel Elba an die Macht zurĂŒckzukehren â unter dem Jubel der Bevölkerung marschierte er nach Paris und brachte das MilitĂ€r auf seine Seite â, die âHerrschaft der 100 Tageâ endete jedoch mit der Niederlage bei Waterloo. Napoleon dankte ab und wurde auf die Insel St. Helena verbannt, wo er 1821 starb.
Sein Nachfolger Ludwig XVIII. trieb entschlossen die RestauÂraÂtion voran. Der neuen Verfassung gab er kein demokratisÂches, sondern ein dyÂnasÂtisÂches Fundament. Das ZenÂsuswahlrecht sicherte dem Adel jederzeit die SenÂatsmehrheit zu. In der Folge weitete sich der weiĂe Terror aus: Fanatische Royalisten lynchten Hunderte ProtesÂtanten und Liberale. 1824 kam Ludwigs Bruder Karl X. an die Macht und verschĂ€rfte die reaktionĂ€re Politik. Als er 1830 das Parlament auflöste, rief die liberale Opposition zum Widerstand gegen die StaatsÂgeÂwalt auf. Im Zuge der JulirevÂoÂluÂtion musste Karl auf sein Amt verzichten.
Der neue König Louis-Philippe widmete sich nun ganz dem BĂŒrgertum und rĂ€umte ihm gröĂte ökonomische Freiheiten ein. Weil die Wirtschaft infolge des EisenÂbahnÂbaus boomte, konnten einige BĂŒrger immense ReichtĂŒmer anhĂ€ufen. In ihrem Schatten bildete sich eine neue Klasse heraus: das Proletariat. Da die Politik dessen Armut vollkommen ignorierte, entwickelte es sich zum Brandherd fĂŒr kĂŒnftige soziale GroĂkonflikte.
Entstehung
Am 29. Dezember 1843 kĂŒndigte die Tageszeitung Le SiĂšcle einen FortÂsetÂzungsroÂman unter dem Titel Athos, Porthos et Aramis an. Zu der Zeit lag der Redaktion jedoch noch kein fertiger Roman vor, sondern nur wenige Kapitel. Dumas musste also tagtĂ€glich neue Teile produzieren. Um die immense Arbeit zu meistern, engagierte er einen fĂ€higen Gehilfen: den Historiker Auguste Maquet. Dank dessen Hilfe konnte der Vielschreiber Dumas im Jahr 1844 neben Die drei Musketiere sogar 15 weitere Titel publizieren. Dumas gab dem litÂerÂarischen Schreiben ein inÂdusÂtrielles GeprĂ€ge. Den schöpferischen Prozess gestaltete kein einÂsam-geÂnialisÂches Subjekt, sondern ein umtriebiger Unternehmer mit seinen MiÂtarÂbeitÂern. Durch ökonomische ArÂbeitÂsteilung zielte man auf MassenÂproÂdukÂtion und damit auf GewinÂnÂmaxÂimierung.
Auf die Idee fĂŒr den Roman brachten Dumas die MĂ©moires dâArtagnan von Gatien de Courtilz de Sandras aus dem Jahr 1700. Dumas begriff Die drei Musketiere als TeilstĂŒck eines GroĂprojekts zur NaÂtionÂalgeschichte Frankreichs. Zudem knĂŒpfte er damit an die italÂienisÂche Komödie âdi spada e cappaâ an. Von ihr stammt das Genre des ManÂtel-und-DeÂgen-RoÂmans, worauf auch der Titel des 15. Kapitels weist: âMĂ€nner der Robe und MĂ€nner des Degensâ. Die VerÂschmelzung von Abenteuer und ReÂalgeschichte geht auf Walter Scott zurĂŒck. Der Schotte hatte 1820 mit seiner RitÂterÂroÂmanze Ivanhoe MaĂstĂ€be gesetzt.
WirkungsÂgeschichte
Die drei Musketiere erschien vom 14. MĂ€rz bis zum 14. Juli 1844 in der Zeitschrift Le SiĂšcle in 82 Folgen. Noch im selben Jahr brachte ein Pariser Verlag den Roman als Buch heraus; zwei BrĂŒsseler Verlage fertigten Raubdrucke an. Schon 1845 wurde der Roman ins Deutsche ĂŒbersetzt. Die drei Musketiere wurde ein grandioser PubÂlikumÂserÂfolg und machte den Dramatiker Dumas nun auch als Romancier berĂŒhmt. Zahlreiche Kollegen versuchten von dem Erfolg zu profitieren und schrieben eigene MusÂketierÂroÂmane. Dumas selbst verfasste zwei FortÂsetÂzunÂgen: 1845 erschien Zwanzig Jahre spĂ€ter und 1850 Der Mann mit der eisernen Maske.
Gustav Flaubert wies Dumas in seinem Roman Bouvard und PĂ©cuchet einige historische Fehler nach und lieĂ seine Titelhelden verkĂŒnden, Dumasâ Figuren seien âbehende wie Affen, stark wie Ochsen und munter wie Buchfinkenâ. 1845 schrieb EugĂšne de Mirecourt eine rasÂsisÂtisÂche Polemik gegen Dumas: Seine inÂdusÂtrielle ArÂbeitsmethÂode wĂŒrdige die beteiligten Autoren âzum Stand von Negern herab, die unter der Fuchtel eines Mulatten arbeitenâ. Dumas klagte erfolgreich gegen Mirecourt, doch sein Ruf als minÂderÂwÂerÂtiger Autor lieĂ sich nicht mehr so leicht aus der Welt schaffen.
In neuerer Zeit haben Film und Fernsehen massiv auf den Stoff der Drei Musketiere zurĂŒckgegriffen. Ăber 30 Mal kam er in die Kinos oder ins TV. Hollywood steuerte ProÂdukÂtioÂnen mit StarbeÂsetÂzung bei, etwa 1993 eine mit Charlie Sheen als Aramis, Kiefer Sutherland als Athos und Tim Curry als Richelieu.