Die drei Musketiere

Buch Die drei Musketiere

Paris, 1844
Diese Ausgabe: dtv,


Worum es geht

Ein Mythos lebt

Waghalsige Action, fetzige Dialoge, ein fieser Machthaber und eine schöne Schurkin, dazu gleich vier tolle Helden: Dieses explosive Gemisch elek­trisiert bis heute viele Leser. Es machte Die drei Musketiere zum ewigen Kassen­schlager und lieferte sogar dem Actionkino das Paten­trezept. Blut fließt, Herzen brechen, Intrigen fliegen auf und der Zuschauer fiebert mit, als wĂŒrde er selbst in grĂ¶ĂŸter Gefahr schweben. Dumas plante seine Erfolge wie ein Unternehmer. Er delegierte einige Arbeiten an Zweitau­toren, produzierte in Massen und strebte nach maximalem Profit. An die 300 Romane sollen so entstanden sein. Gegen sie erhob sich bald eine schrille Kritik, die bis heute nachhallt: Dumas habe das Romangenre zwar einem streng elitĂ€ren Klas­sizis­mus entrissen, es dafĂŒr aber einer trivialen PopulĂ€rkultur geopfert. Dumas’ zeitgenössische Kritiker dachten wohl nicht im Traum daran, dass die vier Musketiere einen modernen Mythos ins Leben rufen wĂŒrden: Die un­ter­schiedlich­sten BĂŒndnisse folgen seither dem Wahlspruch „Alle fĂŒr einen, einer fĂŒr alle“.

Take-aways

  • Die drei Musketiere machte Alexandre Dumas als Romancier weltberĂŒhmt und begrĂŒndete einen modernen Mythos.
  • Inhalt: Im Jahr 1625 verlĂ€sst der 18-jĂ€hrige d’Artagnan sein Heimatdorf, um in Paris als Gardist des Königs Karriere zu machen. Dort befreundet er sich mit den drei Musketieren Athos, Porthos und Aramis. Zu viert kĂ€mpfen sie gegen die Intrigen des mĂ€chtigen Kardinals Richelieu und der teuflischen Mylady Winter, die es auf die Königin Anna abgesehen haben.
  • Der Roman erschien 1844 im Feuilleton der Zeitung Le SiĂšcle in 82 Folgen.
  • Dem Medium gemĂ€ĂŸ wĂ€hlte Dumas einen einfachen, ger­adlin­i­gen Hand­lungsver­lauf.
  • Die Musketiere bilden ein perfektes Team, bei dem jeder seine spezielle StĂ€rke einbringt.
  • Der Roman folgt einem in­di­vid­u­al­is­tis­chen Bild von Geschichte und begreift die Einzelper­son als ihre treibende Kraft.
  • D’Artagnan trĂ€gt gottĂ€hnliche ZĂŒge: In seinen Lei­den­schaften und seinem rit­ter­lichen Ehrbegriff wirkt er zwar menschlich, in seiner Un­ver­wund­barkeit und Sor­glosigkeit aber fast göttlich.
  • Dumas gab dem lit­er­arischen Schreiben ein in­dus­trielles GeprĂ€ge: mit Ghost­writern, Ar­beit­steilung und Gewin­n­max­imierung durch Massen­pro­duk­tion.
  • Die Leser nahmen den Aben­teuer­ro­man begierig auf: Er lockte sie mit imaginĂ€rer Weltflucht aus dem bedrĂŒckend kon­ser­v­a­tiven Klima der Restau­ra­tion.
  • Zitat: „(
) die vier Freunde wieder­holten mit einer Stimme die von d’Artagnan vorge­sproch­ene Formel: ,Alle fĂŒr einen, einer fĂŒr alle.‘“
 

Zusammenfassung

Vorspiel in Meung

Im April des Jahres 1625 verlĂ€sst der 18-jĂ€hrige d’Artagnan sein Heimatdorf in der französischen Gascogne, um nach Paris zu gehen. In Meung rastet er erstmals. Ein Edelmann beobachtet ihn und macht einen Scherz ĂŒber sein Ă€ltliches Pferd. Beleidigt greift d’Artagnan nach dem Degen, worauf die Begleiter des Edelmanns mit Stöcken ĂŒber ihn herfallen und ihn nieder­schla­gen. Der Edelmann durchsucht d’Artagnans Taschen, findet einen Brief und steckt ihn ein. Dann schleppt der Wirt den Be­wusst­losen auf ein Zimmer. WĂ€hrenddessen wendet sich der Edelmann an seine Begleiterin, reicht ihr eine Schatulle und spricht: „Mylady, die Anweisungen des Kardinals, fĂŒr Ihre Reise nach London.“

Turbulenter Auftakt in Paris

Am nĂ€chsten Tag erreicht d’Artagnan Paris. Eine billige Wohnung ist bald gefunden, und er spricht sogleich bei TrĂ©ville, dem Hauptmann der Musketiere, vor, da er selbst einer von ihnen werden will. Der Hauptmann bremst ihn aus: Seine Leute seien die Elitetruppe des Königs. Um aufgenommen zu werden, mĂŒsse man sich erst im Kampf bewĂ€hren. D’Artagnan könne sich aber beim Grafen des Essart ausbilden lassen. Da schreitet draußen der Edelmann vom Vortag vorĂŒber. Sofort rennt d’Artagnan los, gerĂ€t aber mit drei Musketieren aneinander: Erst rempelt er Athos an, dann verfĂ€ngt er sich in Porthos’ Mantel, und schließlich hebt er vor aller Augen ein Taschentuch von Aramis auf, das dieser von einer ver­heirateten Frau bekommen hat. Kaum zwei Tage in Paris und schon hat er sich drei Duelle einge­han­delt.

Der König feiert einen neuen Helden

An einem stillen Ort treffen sich d’Artagnan und die drei Musketiere, um die Klingen zu kreuzen. Da sprengen fĂŒnf Gardisten des Kardinals Richelieu herbei. Mit ihnen sind die Musketiere verfeindet, und so gehen sie sofort zum Angriff ĂŒber. D’Artagnan zögert nicht und springt ihnen bei. Zu viert erkĂ€mpfen sie einen schönen Sieg. Weitere Gefechte folgen, abermals siegen die Musketiere. Ludwig XIII., von Richelieu anges­tachelt, ist erbost ĂŒber die Musketiere. Doch TrĂ©ville kann ihn besĂ€nftigen, indem er einen Gardisten zu einer Aussage bewegt. Im Sterben liegend beteuert dieser die Unschuld der Musketiere: Sie hĂ€tten sich bloß verteidigt. Da lobt der König seine Leibwache, allen voran den kĂŒhnen Neuling d’Artagnan.

Geheime Machen­schaften

Am nĂ€chsten Tag steht Monsieur Bonacieux, d’Artagnans Hauswirt, in der TĂŒr und klagt, man habe seine Frau Constance, die Leinen­ver­wal­terin der Königin, entfĂŒhrt. Er bittet d’Artagnan, sie gegen Geld aufzuspĂŒren. Dieser willigt ein, obgleich seine Freunde vermuten, dass es ein Hinterhalt ist. Kaum gegangen, kehrt Bonacieux wieder zurĂŒck und schreit um Hilfe: Die HĂ€scher des Kardinals wollen ihn festnehmen. Die Musketiere schreiten nicht ein, als er abgefĂŒhrt wird, da sie sonst selbst verhaftet werden könnten. Die Wohnung von Bonacieux dient fortan als Mausefalle: Die Polizisten lauern den Besuchern auf und verhören sie. Als d’Artagnan hört, wie der Name der Leinen­ver­wal­terin fĂ€llt, greift er zum Degen und verjagt die Polizisten. TatsĂ€chlich ist die vermisste Constance wieder aufgetaucht und in die Mausefalle geraten. D’Artagnan bringt die schöne Frau in Sicherheit.

Ein Geschenk bringt UnglĂŒck

D’Artagnan schlendert durch die Nacht und trĂ€umt von der Liebe. Da bemerkt er ein zum Louvre eilendes Paar. Er folgt ihm, weil er denkt, dass es sich um Constance Bonacieux und Aramis handelt. Eifersucht packt ihn, und er springt den beiden in den Weg, muss aber gleich seinen Irrtum erkennen: Vor ihm steht der Herzog von Buckingham. Kardinal Richelieu hat ihn mit einer List nach Paris gelockt, um ihn zu verhaften, doch der Herzog entkam und fand in einer geheimen Wohnung Un­ter­schlupf. Nun bringt Constance ihn zu seiner Geliebten, der Königin Anna. Der Empfang ist herzlich, doch Anna fĂŒrchtet um Buckinghams Leben und drĂ€ngt ihn zur Abreise. Als Zeichen ihrer Liebe schenkt sie ihm ein KĂ€stchen mit zwölf Diamanten. Endlich reist der Herzog zurĂŒck nach London.

„Am ersten Montag des Monats April 1625 schien der Mark­t­flecken Meung (...) in einem so vollstĂ€ndigen Aufruhr begriffen, als ob die Hugenotten gekommen wĂ€ren, um ein zweites La Rochelle daraus zu machen.“ (S. 9)

Der Kardinal wird sofort von seinen Spionen informiert. Er ĂŒberlegt kurz, dann schickt er Geld nach London und befiehlt, Mylady solle zwei der zwölf Diamanten stehlen. Kaum ist der Brief versiegelt, schleppt man Bonacieux herbei. Der Kardinal verhört ihn und erkennt bald, dass er einen nĂŒtzlichen Informanten vor sich hat. Abends, beim König, erwĂ€hnt Richelieu das Rendezvous der Königin. Ludwig XIII. kocht vor Wut und lĂ€sst die Papiere seiner Gattin beschlagnah­men, doch kein Liebesbrief findet sich darunter. Da macht der Kardinal einen listigen Vorschlag: Der König solle ein Fest ausrichten und die Königin anweisen, die Diamanten zu tragen. Diese ist verzweifelt, aber Constance weiß Rat: Ihr Mann soll mit einem Bittbrief der Königin zum Herzog reisen, um die Diamanten zurĂŒckzuholen. Der feige Bonacieux winkt jedoch ab. Stattdessen informiert er gleich den Kardinal. D’Artagnan hat die Eheleute belauscht, nun bietet er sich freimĂŒtig als Bote an. Constance zögert, doch als sie in seine verliebten Augen blickt, gibt sie nach. Mit dem Brief und in Begleitung seiner drei Mus­ketier­fre­unde und der Diener bricht er auf.

Das erste große Abenteuer

Der kleine Trupp erreicht ohne ZwischenfĂ€lle Chantilly. Dort wird Porthos von einem Trinker angepöbelt, worauf er den Degen zieht. Die anderen reiten schleunigst weiter. Bei Beauvais feuern Bauarbeiter Pistolen ab. Aramis wird verwundet und bleibt zurĂŒck. In Amiens werden die Reisenden von einem Wirt als FalschmĂŒnzer bezichtigt. Einige MĂ€nner fallen daraufhin ĂŒber Athos her. D’Artagnan und sein Diener Planchet entkommen. In Calais heißt es, der Kardinal habe den Hafen sperren lassen. ZufĂ€llig begegnen sie einem Mann, der einen Passier­schein hat. Sie ĂŒberwĂ€ltigen ihn, und d’Artagnan schifft sich unter falschem Namen nach Dover ein.

„Der Hauptmann der Musketiere war also bewundert, gefĂŒrchtet und geliebt, und dies bildet wohl den Gipfel irdischen GlĂŒcks.“ (ĂŒber TrĂ©ville, S. 29)

In London stellt Buckingham inzwischen mit Entsetzen fest, dass zwei der Diamanten fehlen. Als Diebin hat er sofort Mylady in Verdacht. Einem Juwelier gelingt es, perfekte Imitate herzustellen, und d’Artagnan bringt sie samt der zehn Originale auf geheimen Wegen nach Paris. Auf dem Fest schmĂŒckt sich die Königin damit – zur Freude des Königs und zum Ärger des Kardinals. Die Intrige gegen die Königin ist vereitelt.

Das Schicksal der Freunde

Doch d’Artagnans GlĂŒck wĂ€hrt nur kurz: Constance wird abermals entfĂŒhrt. Auf TrĂ©villes Rat hin macht er sich jedoch zunĂ€chst auf die Suche nach den Freunden. Porthos trifft er bettlĂ€gerig in Chantilly. Er behauptet, sein geprelltes Knie quĂ€le ihn, doch in Wahrheit hat er einen Messerstich abbekommen. In CrĂšvecƓur hĂ€ngt Aramis alten Zeiten nach: Als AbbĂ© gab er frĂŒher einer schönen Frau Bibel­stun­den, doch ihr eifersĂŒchtiger Gatte verjagte ihn. Aramis lernte fechten und tötete den Gatten im Duell. Anschließend wurde er Musketier. Im Gasthof von Amiens hat sich Athos im Vor­ratskeller verschanzt. Sturz­be­trunken erzĂ€hlt er d’Artagnan sein tragisches Leben: Einst liebte er ein junges MĂ€dchen und heiratete es. Nach der Hochzeit stellte er fest, dass sie auf der Schulter eine Lilie trug. Das Brandze­ichen wies seine Frau als Diebin aus. Verbittert ließ er sie erhĂ€ngen und wurde Musketier.

„(...) die vier Freunde wieder­holten mit einer Stimme die von d’Artagnan vorge­sproch­ene Formel: ,Alle fĂŒr einen, einer fĂŒr alle.‘“ (S. 118)

Wieder in Paris erwartet die vier Freunde eine Neuigkeit. Ein Feldzug steht bevor, La Rochelle soll belagert werden. Dort leisten die Hugenotten Frankreich Widerstand und werden von England unterstĂŒtzt. Richelieu verfolgt dabei eine private Fehde: Durch einen Sieg will er seinen Rivalen Buckingham blamieren.

Myladys dunkles Geheimnis

Bei einem Ausritt beobachtet d’Artagnan einen Streit zwischen Mylady, die er als Begleitung des Edelmannes in Meung erkennt, und ihrem Schwager Lord Winter. D’Artagnan greift ein und fordert den Lord zum Duell. Er entwaffnet ihn, schenkt ihm aber das Leben, um sich bei der attraktiven Frau einzuschme­icheln. Doch Mylady hat nur unterdrĂŒckten Hass fĂŒr ihn ĂŒbrig: Als Erbin von Lord Winters Vermögen hĂ€tte sie dessen Tod begrĂŒĂŸt. Eines Abends fĂ€ngt Myladys Kammerzofe Ketty d’Artagnan ab. Sie hat Gefallen an ihm gefunden und verrĂ€t listig, dass Mylady den Grafen de Wardes begehre. Zum Beweis zeigt sie ihm einen Liebesbrief. D’Artagnan, tief gekrĂ€nkt, fĂ€lscht einen Antwort­brief und kĂŒndigt Mylady den Besuch des Grafen an, als der er sich ausgeben will. Sie empfĂ€ngt d’Artagnan in einem dunklen Zimmer. Der Schwindel bleibt unbemerkt, ja die verliebte Frau schenkt ihm sogar einen Ring. Als Athos diesen spĂ€ter zu Gesicht bekommt, wird er ganz bleich: Der Saphir erinnert ihn an ein ErbstĂŒck, das er einst seiner Geliebten schenkte. D’Artagnan fĂ€lscht im Namen des Grafen einen zweiten Brief und brĂŒskiert darin Mylady. Die erboste Frau schwört Rache. Der Graf soll sterben – und aus­gerech­net d’Artagnan soll ihr Handlanger sein. Um diesen gefĂŒgig zu machen, schenkt sie ihm eine Liebesnacht. Im Bett offenbart d’Artagnan ihr den Schwindel. Als sie wĂŒtend aufspringt, fasst er nach ihrem Mor­gen­man­tel und reißt ihn ihr weg. Entsetzt erblickt er eine Lilie auf ihrer Schulter. Mylady versucht ihn zu töten, doch d’Artagnan flieht.

Eine geheime Mission

Die Kompanie des Grafen des Essart erreicht als Vorhut La Rochelle. Eines Morgens soll d’Artagnan mit einem SpĂ€htrupp die Lage an der Front erkunden. Dort feuern plötzlich zwei Soldaten, die ihn begleiten, ihre Gewehre ab, doch d’Artagnan bleibt unverletzt, er kann sogar einen der beiden töten und den anderen ĂŒberwĂ€ltigen. Dieser informiert ihn ĂŒber die HintergrĂŒnde des Attentats: Mylady hat den Auftrag erteilt. Er erfĂ€hrt außerdem, dass sie mit der EntfĂŒhrung von Constance zu tun hat, die inzwischen in ein Kloster flĂŒchten konnte.

„D’Artagnan strahlte vor Stolz und Freude. Das Geheimnis, welches er nun besaß, die Frau, die er liebte, das Vertrauen und die Liebe machten ihn zu einem Riesen.“ (S. 216)

Endlich erreichen auch der König und die drei Musketiere das Lager. Bei einem Ausritt begegnen Athos, Porthos und Aramis dem Kardinal. Als sein Geleitschutz begleiten sie ihn zu einem Gasthof. Dort fĂŒhrt Richelieu ein geheimes GesprĂ€ch, das die drei durch ein Ofenrohr belauschen: Mylady soll Buckingham zur Aufgabe von La Rochelle zwingen. Als Druckmittel dienen In­for­ma­tio­nen, die die Königin kom­pro­mit­tieren. LĂ€sst sich Buckingham nicht auf diese Weise erpressen, soll er ermordet werden. In einem Freibrief sichert Richelieu Mylady Straf­frei­heit zu. Ihren Namen lĂ€sst er vor­sicht­shal­ber unerwĂ€hnt. Noch ehe das GesprĂ€ch endet, reitet Athos los, unter dem Vorwand, die Gegend auszukund­schaften. In einem Versteck wartet er, bis der Kardinal an ihm vorĂŒbergegangen ist, dann kehrt er zum Wirtshaus zurĂŒck. Er dringt in Myladys Zimmer, bedroht sie mit der Pistole und presst ihr den Freibrief ab. SpĂ€ter beraten sich die vier Freunde: Planchet soll Lord Winter ĂŒber die Machen­schaften seiner SchwĂ€gerin un­ter­richten, und Aramis’ Diener Bazin soll die Königin warnen.

Myladys Gefan­gen­schaft und Befreiung

In Portsmouth fĂ€ngt der Offizier Felton Mylady ab und bringt sie auf Lord Winters Schloss. Im Verhör werden dem Lord alle An­schuldigun­gen bestĂ€tigt. Zur Strafe soll Mylady in eine Kolonie verbannt werden. Den Befehl braucht Herzog Buckingham nur noch zu un­terze­ich­nen. Doch Mylady gibt nicht auf. Mit innigen Gebeten nimmt sie den Puritaner Felton fĂŒr sich ein. Eines Nachts lĂŒgt sie ihm ihre Lebens­geschichte vor: Buckingham habe sie brutal geschĂ€ndet und ihr eine Lilie auf die Schulter gebrannt, um jeden Verdacht von sich abzulenken. Als Mylady ihre Schulter entblĂ¶ĂŸt, kniet Felton vor ihr nieder. Am nĂ€chsten Tag befreit er sie. In einem angemieteten Schiff setzt sie nach Frankreich ĂŒber. Felton eilt inzwischen zu Buckingham, klagt ihn wĂŒster Verbrechen an und sticht ihn nieder. Der Herzog stirbt; der Mörder wird verhaftet.

Die Stunde des letzten Gerichts

Die Musketiere – nach den KĂ€mpfen bei La Rochelle gehört auch d’Artagnan zu ihnen – kehren mit dem König nach Paris zurĂŒck. Dort nehmen sie Urlaub, um Constance Bonacieux aus ihrem Versteck zu holen. Doch Mylady kommt ihnen zuvor. Sie schleicht sich ins Kloster ein und gewinnt Constances Vertrauen. Als die vier Freunde eintreffen, behauptet Mylady, die nahenden Reiter seien im Auftrag des Kardinals unterwegs. Schockiert bricht Constance zusammen. Mylady flĂ¶ĂŸt ihr Gift ein und entkommt durch eine HintertĂŒr. Constance stirbt in d’Artagnans Armen. Geschickt spĂŒrt Athos das Versteck Myladys auf, ebenso jenen Henker, der sie einst entkommen ließ. An einem gewittrigen Tag schlĂ€gt fĂŒr Mylady die Stunde des Gerichts. Da niemand ihre Schuld bezweifelt, steht das Urteil bald fest und der Henker schreitet zur Tat: Er enthauptet Mylady und wirft ihre Leiche in den nahen Fluss.

„D’Artagnan staunte, an welch schwachen und unbekannten FĂ€den oft die Geschicke der Völker und das Leben der Menschen hĂ€ngen.“ (S. 248)

Schließlich begegnet d’Artagnan erneut dem Edelmann aus Meung. Es ist der Graf Rochefort, der gekommen ist, um ihn im Namen des Kardinals zu verhaften. Richelieu mustert d’Artagnan, dann verkĂŒndet er, ihm drohe die Todesstrafe. Da hĂ€ndigt ihm der junge Mann den Freibrief aus, den der Kardinal Mylady gegeben hat. Lange blickt der Kardinal auf das Papier, dann zerreißt er es, d’Artagnan glaubt sich verloren. Doch der Kardinal ĂŒberreicht ihm ein anderes Papier, mit dem er ihn zum Leutnant der Musketiere ernennt.

Zum Text

Aufbau und Stil

Der Roman Die drei Musketiere ist in 67 Kapitel unterteilt. Eine Vorrede des Autors und ein Epilog bilden den Rahmen. Erstere schildert die Entste­hungs­geschichte des Romans, Letztere skizziert das Nachleben der Figuren. Gleich drei KrĂ€fte treiben die Handlung geradlinig und rasant voran: eine bi­ografis­che (d’Artagnans Kar­ri­er­e­streben), eine krim­i­nal­is­tis­che (die Jagd auf Mylady) und eine geschichtliche (die französische Kriegspoli­tik). Das Vorspiel von Meung reißt den Leser aus der Ruhe in die permanente Aktion hinein; die Hinrichtung von Mylady fĂŒhrt aus der Aktion in die Ruhe zurĂŒck. Stilistisch greift Dumas auf die Mittel des Dramas zurĂŒck. Der Roman lebt von langen Di­alog­pas­sagen, in denen sich die Konflikte wie auf offener BĂŒhne zuspitzen. Von Episode zu Episode fĂŒhrt ein all­wis­sender, stark prĂ€senter und moralisch wertender ErzĂ€hler. Dumas wendet sowohl re­al­is­tis­che als auch romantische ErzĂ€hlverfahren an. Alle wichtigen Ereignisse datiert er historisch exakt. StĂŒrzen sich die Helden ins Abenteuer, weicht er gerne ins Schaurige und Geheimnisvolle aus.

In­ter­pre­ta­tion­sansÀtze

  • Im Roman wird der Kampf von Gut gegen Böse ausgetragen: hier die Musketiere, dort Mylady Winter. Die Handlung gipfelt in der Szene der Selb­stjus­tiz. Die Musketiere nehmen an Mylady aber keine persönliche Rache, sondern liefern sie einem gerechten Urteil aus. Die Todesstrafe soll die allgemeine sittliche Ordnung wieder­her­stellen.
  • D’Artagnan trĂ€gt gottĂ€hnliche ZĂŒge. In seinen Affekten (Liebe und Eifersucht) und seinem Ethos (dem rit­ter­lichen Ehrbegriff) wirkt er zwar menschlich, in seiner Un­ver­wund­barkeit und ökonomischen Sor­glosigkeit aber fast göttlich. Damit ist er eine Iden­ti­fika­tions­figur, die zur Flucht aus dem Alltag anregt und All­machts­fan­tasien bedient.
  • Die Musketiere bilden ein perfektes Team. Der Wahlspruch „Einer fĂŒr alle, alle fĂŒr einen“ schmiedet sie zu einer politisch er­fol­gre­ichen Kampfgruppe. Die StĂ€rke des einen gleicht die SchwĂ€che des anderen aus. Entsprechend verkörpert jeder Musketier ein Talent in Bestform: Aramis das Denken, Porthos die Kraft, Athos den SpĂŒrsinn, d’Artagnan den Wagemut. An dieser perfekten Gruppe scheitern selbst die starken EinzelkrĂ€fte: die Macht des Staates (Richelieu) und des Bösen (Mylady).
  • Der Roman entwirft ein in­di­vid­u­al­is­tis­ches Bild der Geschichte. Als treibende Kraft gilt der einzelne Mensch. Dumas neigt als Historiker entsprechend zum Per­so­n­enkult. Politische Strukturen und soziale Faktoren werden weitgehend aus­ge­blendet. Die Belagerung von La Rochelle etwa wird als Folge der RivalitĂ€t zwischen Richelieu und Buckingham geschildert.
  • Die drei Musketiere ist ein Feuil­leton­ro­man: Er orientiert sich an den Belangen einer Tageszeitung. Diese fordert eine schnelle, tageweise LektĂŒre und schließt umfassendes Vor- oder ZurĂŒckblĂ€ttern aus. Das Buch entspinnt de­mentsprechend vordergrĂŒndig eine einfache, geradlinige Handlung. Komplexe Reflexionen, große ZeitsprĂŒnge oder lange RĂŒckblenden werden vermieden. Zugleich ist es fĂŒr den Leser schwierig, die politischen Intrigen, die sich im Hintergrund abspielen und die oft mehr angedeutet als klar dargestellt werden, sowie ihre VerknĂŒpfung mit der Haupthand­lung zu durch­schauen. //

His­torischer Hintergrund

Frankreich im Zeitalter der Restau­ra­tion

1815 ging in Europa eine Ära zu Ende. Fast anderthalb Jahrzehnte hatte Napoleon dem Kontinent seinen Stempel aufgedrĂŒckt. Der katas­trophale Ausgang des Rus­s­land­feldzugs leitete jedoch sein Ende ein. Zwar gelang es ihm noch einmal, aus der Verbannung auf der Insel Elba an die Macht zurĂŒckzukehren – unter dem Jubel der Bevölkerung marschierte er nach Paris und brachte das MilitĂ€r auf seine Seite –, die „Herrschaft der 100 Tage“ endete jedoch mit der Niederlage bei Waterloo. Napoleon dankte ab und wurde auf die Insel St. Helena verbannt, wo er 1821 starb.

Sein Nachfolger Ludwig XVIII. trieb entschlossen die Restau­ra­tion voran. Der neuen Verfassung gab er kein demokratis­ches, sondern ein dy­nas­tis­ches Fundament. Das Zen­suswahlrecht sicherte dem Adel jederzeit die Sen­atsmehrheit zu. In der Folge weitete sich der weiße Terror aus: Fanatische Royalisten lynchten Hunderte Protes­tanten und Liberale. 1824 kam Ludwigs Bruder Karl X. an die Macht und verschĂ€rfte die reaktionĂ€re Politik. Als er 1830 das Parlament auflöste, rief die liberale Opposition zum Widerstand gegen die Staats­ge­walt auf. Im Zuge der Julirev­o­lu­tion musste Karl auf sein Amt verzichten.

Der neue König Louis-Philippe widmete sich nun ganz dem BĂŒrgertum und rĂ€umte ihm grĂ¶ĂŸte ökonomische Freiheiten ein. Weil die Wirtschaft infolge des Eisen­bahn­baus boomte, konnten einige BĂŒrger immense ReichtĂŒmer anhĂ€ufen. In ihrem Schatten bildete sich eine neue Klasse heraus: das Proletariat. Da die Politik dessen Armut vollkommen ignorierte, entwickelte es sich zum Brandherd fĂŒr kĂŒnftige soziale Großkonflikte.

Entstehung

Am 29. Dezember 1843 kĂŒndigte die Tageszeitung Le SiĂšcle einen Fort­set­zungsro­man unter dem Titel Athos, Porthos et Aramis an. Zu der Zeit lag der Redaktion jedoch noch kein fertiger Roman vor, sondern nur wenige Kapitel. Dumas musste also tagtĂ€glich neue Teile produzieren. Um die immense Arbeit zu meistern, engagierte er einen fĂ€higen Gehilfen: den Historiker Auguste Maquet. Dank dessen Hilfe konnte der Vielschreiber Dumas im Jahr 1844 neben Die drei Musketiere sogar 15 weitere Titel publizieren. Dumas gab dem lit­er­arischen Schreiben ein in­dus­trielles GeprĂ€ge. Den schöpferischen Prozess gestaltete kein ein­sam-ge­nialis­ches Subjekt, sondern ein umtriebiger Unternehmer mit seinen Mi­tar­beit­ern. Durch ökonomische Ar­beit­steilung zielte man auf Massen­pro­duk­tion und damit auf Gewin­n­max­imierung.

Auf die Idee fĂŒr den Roman brachten Dumas die MĂ©moires d’Artagnan von Gatien de Courtilz de Sandras aus dem Jahr 1700. Dumas begriff Die drei Musketiere als TeilstĂŒck eines Großprojekts zur Na­tion­algeschichte Frankreichs. Zudem knĂŒpfte er damit an die ital­ienis­che Komödie „di spada e cappa“ an. Von ihr stammt das Genre des Man­tel-und-De­gen-Ro­mans, worauf auch der Titel des 15. Kapitels weist: „MĂ€nner der Robe und MĂ€nner des Degens“. Die Ver­schmelzung von Abenteuer und Re­algeschichte geht auf Walter Scott zurĂŒck. Der Schotte hatte 1820 mit seiner Rit­ter­ro­manze Ivanhoe MaßstĂ€be gesetzt.

Wirkungs­geschichte

Die drei Musketiere erschien vom 14. MĂ€rz bis zum 14. Juli 1844 in der Zeitschrift Le SiĂšcle in 82 Folgen. Noch im selben Jahr brachte ein Pariser Verlag den Roman als Buch heraus; zwei BrĂŒsseler Verlage fertigten Raubdrucke an. Schon 1845 wurde der Roman ins Deutsche ĂŒbersetzt. Die drei Musketiere wurde ein grandioser Pub­likum­ser­folg und machte den Dramatiker Dumas nun auch als Romancier berĂŒhmt. Zahlreiche Kollegen versuchten von dem Erfolg zu profitieren und schrieben eigene Mus­ketier­ro­mane. Dumas selbst verfasste zwei Fort­set­zun­gen: 1845 erschien Zwanzig Jahre spĂ€ter und 1850 Der Mann mit der eisernen Maske.

Gustav Flaubert wies Dumas in seinem Roman Bouvard und PĂ©cuchet einige historische Fehler nach und ließ seine Titelhelden verkĂŒnden, Dumas’ Figuren seien „behende wie Affen, stark wie Ochsen und munter wie Buchfinken“. 1845 schrieb EugĂšne de Mirecourt eine ras­sis­tis­che Polemik gegen Dumas: Seine in­dus­trielle Ar­beitsmeth­ode wĂŒrdige die beteiligten Autoren „zum Stand von Negern herab, die unter der Fuchtel eines Mulatten arbeiten“. Dumas klagte erfolgreich gegen Mirecourt, doch sein Ruf als min­der­w­er­tiger Autor ließ sich nicht mehr so leicht aus der Welt schaffen.

In neuerer Zeit haben Film und Fernsehen massiv auf den Stoff der Drei Musketiere zurĂŒckgegriffen. Über 30 Mal kam er in die Kinos oder ins TV. Hollywood steuerte Pro­duk­tio­nen mit Starbe­set­zung bei, etwa 1993 eine mit Charlie Sheen als Aramis, Kiefer Sutherland als Athos und Tim Curry als Richelieu.

Über den Autor

Alexandre Dumas der Ältere, geboren am 24. Juli 1802 in Villers-Cot­terĂȘts nordöstlich von Paris, wĂ€chst in Ă€rmlichen VerhĂ€ltnissen auf. Sein Vater lebt als Sohn einer schwarzen Sklavin und eines nor­man­nis­chen Marquis als Sklave auf Haiti. 1791 kommt er frei, als im Zuge der Französischen Revolution die Sklaverei abgeschafft wird. Er geht nach Frankreich, bringt es bis zum General der Rev­o­lu­tion­sarmee, ĂŒberwirft sich mit Napoleon und wird ohne Sold entlassen. Trotz der Erfahrungen seines Vaters bleibt Alexandre Dumas ein Leben lang AnhĂ€nger Napoleons und einge­fleis­chter Demokrat. 1822 geht er nach Paris, um als Schreiber in einem BĂŒro zu arbeiten, und entdeckt sein schrift­stel­lerisches Talent. Er lebt auss­chweifend und ĂŒber seine VerhĂ€ltnisse. Ein unehelicher Sohn, Alexandre Dumas der JĂŒngere, der ebenfalls Schrift­steller werden wird, erblickt 1824 das Licht der Welt. Seinen ersten Erfolg hat Dumas der Ältere als Dramatiker mit dem StĂŒck Henri III et sa cour (Heinrich III. und sein Hof, 1829). Er macht die Bekan­ntschaft Victor Hugos und ist AnhĂ€nger der französischen Romantik. Die Literaten dieser Epoche rebellieren mit der gefĂŒhlvollen Darstellung von aben­teuer­lichen Themen gegen das kon­ser­v­a­tive Klima der Restau­ra­tion. Seine demokratis­chen Ideale setzt Dumas ab Ende der 1830er Jahre auch in Romanen um und feiert damit seine grĂ¶ĂŸten Erfolge. Viele seiner unzĂ€hligen BĂŒcher werden als Fort­set­zungs­geschichten in französischen Zeitungen gedruckt. Dumas wird zu einem der bekan­ntesten MĂ€nner des Landes. Trotz eines Mil­lioneneinkom­mens und weltberĂŒhmter Titel wie Le Comte de Monte-Christo (Der Graf von Monte Christo, 1844–1846), Les trois mousquĂ©taires (Die Drei Musketiere, 1844) und Vicomte de Bragelonne (Der Mann mit der eisernen Maske, 1848–1850) gelingt es ihm nie, die Kosten seines ex­trav­a­gan­ten Lebensstils vollstĂ€ndig zu bestreiten. Am 5. Dezember 1870 stirbt er mittellos an einem Herzinfarkt im Haus seines Sohnes in Puys.