Teure Fehler

Buch Teure Fehler

Die 7 größten Irrtümer in schwierigen Verhandlungen

Econ,


Rezension

Matthias Schranner zeigt in seinem Buch anschaulich, wie man Ver­hand­lun­gen konsequent und mit der nötigen Härte führt. Zugleich räumt er in jedem Kapitel mit je einem geläufigen Irrtum auf. So hält er beispiel­sweise nichts von Win-win-Ori­en­tierung oder intuitivem Verhandeln. Der Autor überträgt Ver­hand­lungsmeth­o­den, die er in seiner Arbeit als Polizist in Gren­zsi­t­u­a­tio­nen – z.B. mit Geisel­nehmern – kennen gelernt hat, auf den Wirtschafts­bere­ich. Ob das aber immer zulässig ist? Die Schran­ner-Meth­ode taugt sicher für ein hartes Hickhack mit sehr gegensätzlichen In­ter­essen­la­gen. Aber wenn es um Kooperation und langfristige Beziehungen geht, könnten sich die gewieften Forderungen als Bumerang erweisen. Dann sollte man doch lieber zu der von Schranner abgelehnten Har­vard-Meth­ode greifen, meint BooksInShort – und empfiehlt das Buch Führungskräften, die in schwierigen Ver­hand­lun­gen die Oberhand gewinnen wollen.

Take-aways

  • Bei Ver­hand­lun­gen gibt es immer einen Gewinner und einen Verlierer.
  • Bereiten Sie sich nicht nur inhaltlich auf Ver­hand­lun­gen vor, sondern auch taktisch.
  • Reichen Sie vor der Verhandlung eine Ver­hand­lungsagenda ein. Damit haben Sie schon mal das Heft in der Hand.
  • Je mehr Forderungen Sie stellen – auch solche, die nicht erfüllt werden müssen – desto stärker wird Ihre Position sein.
  • Bestimmen Sie für Ihre Ver­hand­lun­gen jeweils einen Ve­r­ant­wortlichen, einen Ver­hand­lungsführer und einen Entscheider.
  • Vermeiden Sie frühe Fes­tle­gun­gen – sowohl für sich als auch für Ihren Ver­hand­lungspart­ner. Sie schränken den Spielraum ein.
  • Entscheiden Sie sich nicht in der hitzigen Entschei­dungsphase, sondern schon in der Vor­bere­itungsphase.
  • Schwächen Sie negative Äußerungen und Drohungen Ihres Partners ab oder deuten Sie sie um.
  • Zeichnet sich keine Einigung ab, manövrieren Sie die Verhandlung bewusst in eine Sackgasse.
  • Sagen Sie dann, unter welchen Bedingungen eine Wieder­auf­nahme möglich wäre.
 

Zusammenfassung

Ihre Einstellung zu Ver­hand­lun­gen

Bei Ver­hand­lun­gen geht es nicht um Sozial­ro­man­tik, sondern um einen Sieger und einen Verlierer. Das berühmte Win-win-Konzept wurde an der Har­vard-Uni­ver­sität lediglich für Ver­hand­lun­gen entwickelt, in denen es keine starken In­ter­es­sen­ge­gensätze gibt; bei schwierigen Ver­hand­lun­gen aber ist es untauglich. Sie können allerdings, wenn Sie als Sieger aus der Verhandlung hervorgehen, dem Verlierer das subjektive Gefühl vermitteln, ebenfalls gewonnen zu haben. In­ter­es­sen­ge­gensätze basieren nicht auf richtigen oder falschen Vorstel­lun­gen. Es geht nicht um Recht, Wahrheit oder Realität, sondern um subjektive Ein­stel­lun­gen. Und das ist gut so, denn diese lassen sich bee­in­flussen, unumstößliche Fakten dagegen nicht.

„Einer der größten Irrtümer ist der Glaube daran, dass beide Seiten gewinnen können.“

Untersuchen Sie die Motivation Ihres Ver­hand­lungspart­ners und versuchen Sie, durch Fragen In­for­ma­tio­nen zu gewinnen. Mit Fragen können Sie Ihren Ver­hand­lungspart­ner geschickt lenken. Stellen Sie aber immer nur eine Frage auf einmal und veranlassen Sie Ihr Gegenüber nicht zu einer frühzeitigen Festlegung, sonst schränken Sie den Ver­hand­lungsspiel­raum ein. Notieren Sie sich Widersprüche in der Ar­gu­men­ta­tion Ihres Partners. Dies hilft Ihnen bei Ihrer Analyse. Zudem können Sie ihm die Widersprüche bei passender Gelegenheit geschickt präsentieren. Reichen Sie vor der Verhandlung eine Ver­hand­lungsagenda ein. Sie sollte unstrittig sein, damit sie keine Widerstände provoziert. Der Vorteil: Durch die Agenda nehmen Sie das Heft in die Hand und machen sich zum Ver­hand­lungsführer.

Die strate­gis­che Vor­bere­itung

Inhaltlich sind die meisten Ver­hand­lungspart­ner optimal vorbereitet. Es mangelt aber oft an der taktischen und strate­gis­chen Vor­bere­itung. Diese umfasst drei Aspekte:

  1. Zielsetzung: Setzen Sie sich neben dem Maximalziel ein Minimalziel. Halten Sie Ihre Ziele vor der Gegenseite bis zur Verhandlung geheim.
  2. Strategie: Je mehr Forderungen Sie an Ihren Ver­hand­lungspart­ner stellen können, desto stärker ist Ihre Position. Entwickeln Sie mindestens zehn Forderungen. Ordnen Sie diese nach Prioritäten. Sie können die Relevanz Ihrer Forderungen auch farblich markieren: Rote Forderungen müssen und gelbe Forderungen sollten Sie durchsetzen. Grüne Forderungen brauchen Sie nicht zu realisieren. Diese dienen der In­for­ma­tions­find­ung und Ver­schleierung Ihrer eigentlichen Absichten. Je kurzfristiger Ihre Ziele und Ko­op­er­a­tions­ab­sichten sind, desto härter können Sie auftreten. Analysieren Sie Ihren Ver­hand­lungspart­ner: Ist er eher pragmatisch oder emotional eingestellt, schnell umsetzend oder abwartend, aggressiv oder zurückhaltend?
  3. Taktik: Stellen Sie einen für die gesamte Verhandlung Ve­r­ant­wortlichen auf, der strategisch mehrere Schritte im Voraus denken kann und emotional distanziert ist. Dieser bestimmt wiederum einen Ver­hand­lungsführer. Hin­ter­fra­gen Sie In­for­ma­tio­nen bezüglich Ihres Wahrheits­ge­halts und holen Sie ggf. den Rat von unabhängigen Experten ein. Diese dürfen nicht direkt an der Verhandlung teilnehmen. Ohnehin gilt: Je kleiner Ihr Team ist, desto weniger ist es verwundbar. Entwickeln Sie Ihre Forderungen samt Begründungen und nehmen Sie vorweg, mit welcher Zustimmung und welchen Gege­nar­gu­menten Sie rechnen müssen.

Die Rol­len­verteilung

Viele Unternehmer neigen hin­sichtlich ihrer Ver­hand­lungsvor­bere­itung zur Selbstüberschätzung. Vor allem Es­kala­tio­nen stehen sie hilflos gegenüber. Bestimmen Sie für diesen Fall neben dem Ver­hand­lungsver­ant­wortlichen und dem Ver­hand­lungsführer einen Entscheider. Dies kann eine Einzelper­son oder ein Gremium sein. Diese Rol­len­verteilung muss uneingeschränkt beibehalten werden. Niemals darf der Entscheider den Ver­hand­lungsführer ablösen, auch wenn die Gegenseite danach verlangt. Neben seiner finalen Entschei­dungs­befug­nis entwickelt er die Ver­hand­lungsstrate­gie und bestimmt die Ziele und den Zeitplan. Die Ziele darf er jedoch nicht kom­mu­nizieren, allenfalls falsche.

„Ein Konflikt beruht immer auf un­ter­schiedlichen Interessen und der Annahme, dass die eigenen Interessen die richtigen Interessen sind.“

Der Entscheider bestimmt auch, ob die Ver­hand­lungsführung den so genannten Dealmakern oder den Realmakern übertragen wird. Dealmakern geht es um den schnellen Abschluss – das kann durchaus ein legitimes Ziel sein. Im Eifer des Gefechts werden dabei aber oft nicht alle In­for­ma­tio­nen ausgewertet, sodass es nach Ver­tragab­schluss ein böses Erwachen geben kann. Realmakern geht Gewis­senhaftigkeit vor Schnel­ligkeit. Sie binden mehr Betroffene in den Ver­hand­lung­sprozess ein und legen auch die kritischen Punkte auf den Tisch.

Der Ver­hand­lungs­be­ginn

Legen Sie sich nicht zu früh mit Vere­in­barun­gen und Zugeständnissen fest, denn gerade am Anfang der Verhandlung sind Sie vielleicht emotional aufgewühlt und lassen sich leichter zu unklugen Reaktionen hinreißen. Notieren Sie lieber die Äußerungen der Gegenseite, am besten mit Uhrzeit. Konzen­tri­eren Sie sich am Anfang der Verhandlung trotz gegensätzlicher Interessen und Absichten auf gemeinsame Probleme oder Ziele. Verstärken Sie in den Ver­hand­lun­gen nicht die negativen Äußerungen Ihres Partners wie etwa Streik­dro­hun­gen, sondern die für Sie kon­struk­tiven Vorschläge. Nicht genehme Äußerungen können Sie allenfalls abschwächend oder umdeutend aufnehmen. Auch in der Endphase der Verhandlung, der so genannten Entschei­dungsphase, ist der Stresslevel äußerst hoch. Entscheiden Sie sich daher niemals in dieser Entschei­dungsphase – sondern bereits ganz am Anfang, in der Vor­bere­itungsphase. Wenn Sie in der turbulenten Endphase Druck auf die Gegenseite ausüben und ihre Erwartungen enttäuschen, können Sie sie zu un­vor­sichti­gen Handlungen und Fehlern verleiten.

Die Machtverteilung in der Verhandlung

Über- und unterschätzen Sie Ihre Macht nicht, sie ist von zu vielen Faktoren abhängig. Folgende au­gen­schein­liche Kräfteverhältnisse sind zwischen Ver­hand­lungspart­nern möglich:

  1. Beide Seiten sind unabhängig, wenn z. B. der Lieferant drei mögliche Abnehmer und der Käufer drei mögliche Lieferanten hat.
  2. Beide sind voneinander abhängig, wenn beide keine Wahlmöglichkeiten haben.
  3. Nur ein Ver­hand­lungspart­ner ist vom anderen abhängig, da dem anderen Al­ter­na­tiven zur Verfügung stehen.
„Viele Ver­hand­lungsführer brechen die Analyse viel zu früh ab, weil sie glauben, genug zu wissen.“

Allerdings sind diese Kräfteverhältnisse nicht in Stein gemeißelt. Es steht Ihnen z. B. frei, sich vor Gehaltsver­hand­lun­gen bei anderen Unternehmen zu bewerben, um Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Besitzen Sie indes keine Alternative, erfordert die Verhandlung von Ihrer Seite erst recht Zähigkeit, Disziplin und Struktur.

„Jeder Mensch lässt mit sich reden, sich sogar überzeugen – wenn er sich noch nicht festgelegt hat.“

Wie sichern Sie Ihre Position? Sammeln Sie relevantes Wissen, auch über Ihren Ver­hand­lungspart­ner. Nicht nur in der Polizeiar­beit werden dafür Verbindungsmänner aufgebaut. Deren Motivation besteht nicht darin, Ihnen zu dienen, sondern darin, ihrer eigenen Karriere und ihren eigenen Projekten zu nützen. Spüren Sie V-Männer in Ihren eigenen Reihen auf, die für andere Unternehmen arbeiten. Schneiden Sie diese vom In­for­ma­tions­fluss ab bzw. versorgen Sie nur noch eine ausgewählte Anzahl von Mi­tar­beit­ern mit heiklen In­for­ma­tio­nen. Zapfen Sie das interne Wissen an, das Ihre Mitarbeiter über das Unternehmen des Ver­hand­lungspart­ners besitzen.

„In Ver­hand­lun­gen kommt es mehr auf Ihre Taktik als auf Ihre Intuition an.“

Fangen Sie, auch wenn Sie noch ein Jahr bis zum Ver­hand­lungsab­schluss Zeit haben, sofort mit den Vor­bere­itun­gen an. Dies kann über Sieg und Niederlage entscheiden. Bereiten Sie einen Zeitplan mit den einzelnen Zwis­chen­schrit­ten und -zielen vor. Analysieren Sie die Beteiligten und Experten der Gegenseite. Beginnen Sie neun Monate vor dem geplanten Abschluss mit regelmäßigen internen Treffen, bei denen der Ve­r­ant­wortliche, der Ver­hand­lungsführer und der Entscheider zusammen mit Experten die Situation besprechen und klären, welche In­for­ma­tio­nen noch nötig sind. Erstellen Sie sechs Monate vor dem Abschluss zusammen mit dem Ver­hand­lungspart­ner einen genauen Ver­hand­lungszeit­plan. Wichtig: Es ist Ihr Plan, der eingehalten wird, nicht der Plan der Gegenseite.

Führen Sie durch Taktik

Vertrauen Sie mehr auf erprobte Taktik als auf Ihre Intuition. Folgende taktische Schritte haben sich bewährt:

  • Entwickeln Sie selbst die Agenda und geben Sie den Zeitplan vor.
  • Bestätigen Sie Ihren Partner, indem Sie seine Aussagen mit eigenen Worten wiedergeben, einschließlich des emotionalen Gehalts.
  • Äußern Sie schlechte Nachrichten klipp und klar, reden Sie nicht um den heißen Brei herum.
  • Bevor Sie das Falsche sagen, wenn Sie fehlin­ter­pretiert werden können oder nichts Sinnvolles zu sagen wissen, schweigen Sie einfach.
  • Fassen Sie die Ver­hand­lungsergeb­nisse öfter zusammen und schränken Sie damit gle­ichzeitig den Radius Ihres Gegenübers ein.
  • Formulieren Sie Drohungen und gefährliche Ankündigungen Ihres Gegenübers so um, dass Sie die gefährlichen Inhalte abschwächen. Ansonsten fühlt sich Ihr Gegenüber gezwungen, seine Drohung zu ver­wirk­lichen, um glaubwürdig zu erscheinen.
  • Präsentieren Sie Ihre Vorschläge dif­feren­ziert. Erwähnen Sie neben den Vorteilen auch die Nachteile, aber lassen Sie die gegensätzlichen Thesen in eine kon­struk­tive Synthese münden.
  • Lassen Sie sich unklare Aussagen und Be­grif­flichkeiten Ihres Gegenübers erklären. Deuten Sie aber ruhig Ausführungen bewusst zu Ihren Gunsten um.
  • Lehnen Sie un­akzept­able Forderungen konziliant ab. Nehmen Sie sie auf, erklären Sie aber Ihre Probleme damit.
  • Schlagfer­tigkeit hat in Ver­hand­lun­gen nichts zu suchen. Überhaupt zu antworten ist schon schlimm genug, denn es bringt Sie in die Defensive.

Aus­sicht­slose Ver­hand­lun­gen und ihre Lösung

Krisen­si­t­u­a­tio­nen verstärken emotionale Reaktionen wie Flucht oder Angriff. Bleiben Sie standhaft und weichen Sie gerade in Krisen nicht die Rol­lenaufteilung von Ve­r­ant­wortlichem, Ver­hand­lungsführer und Entscheider auf. Tauschen Sie diese Personen auch nicht aus.

„Wer behauptet, muss beweisen. Wer hingegen Fragen stellt, muss nichts beweisen.“

Wer die Macht­po­si­tion hat, kann es sich erlauben, seine Absichten mit Druck durchzuboxen. Geben Sie selbst als Reaktion niemals komplett nach. Einzige Ausnahme: Sie wissen, dass Sie es Ihrem Gegenüber irgendwann heimzahlen können. Wenn Sie allzu leicht Kompromisse eingehen und Konflikte vermeiden, werden Ihre Partner dies bei zukünftigen Ver­hand­lun­gen auszunützen wissen.

„Der Abbruch der Verhandlung ist keine Niederlage, sondern ein taktisches Element, um der geg­ner­ischen Seite zu zeigen, dass Sie an der Grenze des Machbaren angekommen sind.“

Erzielen Sie keine Einigung, so steuern Sie bewusst eine Sackgasse an und brechen Sie die Verhandlung ab, lassen Sie aber Türen offen. Durch Ihren Abbruch glaubt Ihr Partner, alles her­aus­ge­holt zu haben, was geht. Resümieren Sie in der Ab­bruch­phase die Gemein­samkeiten und Kon­tro­ver­sen und betonen Sie, dass aus Ihrer Sicht, zum jetzigen Zeitpunkt und unter diesen Umständen keine Übereinkunft möglich ist.

„Zeigen Sie bitte nie, dass Sie sich als Sieger fühlen. Sagen und betonen Sie, wie hart und pro­fes­sionell diese Verhandlung geführt worden ist.“

Durch eine dieser drei Türen können Sie die Verhandlung nämlich wieder aufnehmen: mit dem Hinweis auf ein Gespräch mit Ihrem Chef, auf eine neue Information, Idee oder Forderung. Noch besser ist es allerdings, der Gegenpartei den Vortritt zu lassen. Sie können Ihrem Partner kurz vor Abbruch der Verhandlung noch ein letztes Angebot un­ter­bre­iten, sodass er sich ohne Gesichtsver­lust darauf berufen kann.

Über den Autor

Matthias Schranner arbeitete zunächst als Polizeibeamter. Nach seinem Studium zum Ver­wal­tungsjuris­ten trainierte er am Fort­bil­dungsin­sti­tut des In­nen­min­is­teri­ums Führungskräfte in schwierigen Ver­hand­lun­gen und war selbst Verhandler in einer Spezialein­satz­gruppe. Heute ist er Inhaber einer Be­ratungs­firma in St. Gallen.