Teamentwicklung mit Diversity Management

Buch Teamentwicklung mit Diversity Management

Methoden-Übungen und Tools

Haupt,


Rezension

Mul­ti­kul­turelle Belegschaften gehören längst zum un­ternehmerischen Alltag. Wie man als Manager eine bunte Truppe führt und wie man aus der Ver­schieden­heit der Angestell­ten Kapital schlägt, fassen die beiden Berater Erika Lüthi und Hans Oberpriller unter dem Stichwort „Di­ver­sity-Man­age­ment“ zusammen. Nun herrscht nicht gerade ein Mangel an Büchern zu dem Thema. Was diesen Ratgeber von ähnlichen Titeln un­ter­schei­det, sind die zahlreichen praktischen Übungen. In­ter­essierte Leser finden nicht nur eine um­fan­gre­iche Sammlung von Methoden, sondern auch konkrete Work­shop­konzepte, mit denen sie Di­ver­sity-Man­age­ment in ihrem Betrieb umsetzen können. Manche davon scheinen durchaus hilfreich, andere eher un­frei­willig komisch, etwa wenn sich die Mitarbeiter zwecks Befind­lichkeit­s­analyse „als Obst vorstellen“ müssen. Trotz einiger Redundanzen und Banalitäten: BooksInShort empfiehlt das Buch Managern, Per­son­al­ex­perten und Trainern, die dank Diversity von einem glob­al­isierten Ar­beits­markt profitieren wollen.

Take-aways

  • Im Zuge der Glob­al­isierung werden Fir­men­belegschaften mul­ti­kul­tureller und weiblicher.
  • Di­ver­sity-Man­age­ment berücksichtigt diesen Aspekt und darüber hinaus de­mografis­che, kulturelle, religiöse und fachliche Un­ter­schiede.
  • Die Vielfältigkeit der Belegschaft kann einem Unternehmen Zugang zu neuen Produkten, neuen Kunden und neuen Märkten verschaffen.
  • Mit gesellschaftlichen Veränderungen (z. B. Alterung, erhöhter Frauenan­teil auf dem Ar­beits­markt, Patch­work­fam­i­lien) ändert sich auch das Kaufver­hal­ten.
  • Die Belegschaft Ihres Un­ternehmens sollte diese En­twick­lun­gen wider­spiegeln, um besser auf die Kunden eingehen zu können.
  • Nehmen Sie Vorurteile ernst und schaffen Sie Gele­gen­heiten, sie zu diskutieren.
  • Entwickeln Sie Ihre Teams in vier Schritten: Haltungen analysieren, Regeln festlegen, Ziele definieren, tägliche Arbeit re­flek­tieren.
  • Or­gan­isieren Sie Workshops, in denen die un­ter­schiedlichen Sichtweisen mit konkreten Übungen ve­r­an­schaulicht werden.
  • Fördern Sie eine eth­norel­a­tive Einstellung: Die eigene Kultur ist nicht die einzig richtige.
  • Ein guter Di­ver­sity-Man­ager akzeptiert andere Wahrnehmungen, kom­mu­niziert einfühlsam, kann Fehler eingestehen und konträre Ansichten auch mal stehen lassen.
 

Zusammenfassung

Wirtschafts­fak­tor Vielfalt

Die Weltwirtschaft ist immer enger vernetzt, und damit verändert sich notwendi­ger­weise auch das klassische Bild des Un­ternehmens. Reale und imaginäre Grenzen fallen; die Führungs­gremien und Belegschaften werden zunehmend in­ter­na­tionaler und weiblicher. Waren noch vor einem halben Jahrhundert ausländische Ar­beit­nehmer oder weibliche Führungskräfte in deutschen Firmen eine Ausnahme, so prägen sie heute das Gesicht vieler Betriebe.

„Längst sind Lan­des­gren­zen für die Wirtschaft gefallen.“

Dieser tief greifende Wandel in Sachen Mi­tar­beit­er­vielfalt stellt ganz neue Her­aus­forderun­gen an das Management. Um mul­ti­kul­turelle Belegschaften künftig auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören und ihr vielfältiges Wissen zu nutzen, ist ein Umdenken in der Führung er­forder­lich. Die Un­ter­schiede und Ähn­lichkeiten zwischen Individuen, Gruppen oder Standorten müssen in allen Prozessen mit einbezogen werden. Eine solche, als Di­ver­sity-Man­age­ment bezeichnete Führung berücksichtigt nicht nur körperliche, geschlechtliche oder de­mografis­che Merkmale, sie geht auch auf kulturelle, religiöse, sprachliche oder fachliche Un­ter­schiede ein. Ziel ist einerseits, dass die Abläufe im Unternehmen trotz kultureller Un­ter­schiede effizient bleiben. An­der­er­seits soll die Diversität der Belegschaften den Unternehmen Zugang zu neuen Produkten, neuen Kunden und neuen Märkten verschaffen.

Gesellschaftliche Veränderungen nutzen

Di­ver­si­fizierung der Belegschaft heißt nicht nur In­ter­na­tion­al­isierung. Die In­dus­triege­sellschaften weisen eine Reihe weiterer Veränderungen auf, die bedeutende Auswirkun­gen auf künftige Kunden- und Mark­ten­twick­lun­gen haben. So sind z. B. immer mehr Frauen berufstätig, der Anteil der älteren Gen­er­a­tio­nen wächst, die religiösen Strukturen wandeln sich, völlig neue Berufs­bilder entstehen oder neue Lebens­for­men wie die Patch­work­fam­i­lie entwickeln sich. Wenn Unternehmen sich gezielt auf die daraus re­sul­tieren­den Veränderungen im Kaufver­hal­ten einstellen wollen, sollten ihre Belegschaften diese En­twick­lun­gen auch wider­spiegeln.

„Das neue Jahrtausend bringt einen Par­a­dig­men­wan­del: Integration, gegen­seit­ige Wertschätzung und Chan­cen­gle­ich­heit stehen im Fokus.“

Richtiges Di­ver­sity-Man­age­ment kann die In­no­va­tionsfähigkeit Ihres Un­ternehmens steigern, Ihr Ansehen im Wettbewerb um Fachkräfte verbessern und für ein positives Medienecho sorgen. Trotzdem ist Di­ver­sity-Man­age­ment gerade in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Mehrere Studien belegen, dass besonders kleinere Firmen dem Thema keine große Bedeutung beimessen. Das mag daran liegen, dass viele Führungen an einer positiven Wirkung dieses Instruments auf den Un­ternehmensgewinn oder die Kun­den­zufrieden­heit zweifeln.

Von Multikulti zur Fir­menkul­tur

Geschicktes Di­ver­sity-Man­age­ment beschränkt sich nicht darauf, eine vielfältige Belegschaft mehr oder weniger problemlos zu führen. Um Nutzen aus der Vielfalt zu ziehen und ehrgeizige wirtschaftliche und strate­gis­che Ziele zu erreichen, braucht es ein klares Bekenntnis zur Diversität. In­di­vidu­elle und grup­pen­spez­i­fis­che Un­ter­schiede oder Ähn­lichkeiten müssen als wesentliche Ressourcen anerkannt und behandelt werden. Als Manager müssen Sie sich aktiv damit au­seinan­der­set­zen – immer mit dem Ziel, aus der Vielfalt eine ein­heitliche Fir­menkul­tur zu entwickeln.

„Vielfalt in der Weise zu managen, dass sie nicht als Störung empfunden wird, sondern als Ressource genutzt werden kann, ist die wirklich neue Her­aus­forderung für die Führungskräfte und deren Teams.“

Ein erster und wichtiger Schritt zu einer solchen Kultur ist es, die Ängste und Vorurteile ernst zu nehmen, die in der Zusam­me­nar­beit und vor allem bei notwendigen Veränderungen immer wieder auftreten. Schaffen Sie unter Ihren Mi­tar­beit­ern ein Bewusstsein für das Er­fol­gspoten­zial von Vielfalt. Sorgen Sie für regelmäßige Reflexionsmöglichkeiten, um auf Widerstände einzugehen und die Basis für gemeinsame Werte zu legen.

Tea­men­twick­lung

Der Umgang mit der Mi­tar­beit­er­vielfalt lässt sich am besten anhand eines Teams nach der Fusion zweier in­ter­na­tionaler Unternehmen il­lus­tri­eren. In der neuen Mannschaft treffen nicht nur zwei nationale Kulturen aufeinander, sondern auch Männer und Frauen, die un­ter­schiedliche fachliche Vo­raus­set­zun­gen mitbringen. Um das Potenzial des Teams aufzudecken und gemeinsam zu nutzen, muss die Führungskraft alle Ähn­lichkeiten und Un­ter­schiede sichtbar machen. Das Modell des Di­ver­sity-Man­age­ments sieht dabei vier Ar­beits­felder vor:

  1. Prüfen Sie die in­di­vidu­elle Haltung der Team­mit­glieder in Bezug auf Un­ter­schiede und Gemein­samkeiten.
  2. Legen Sie gemeinsame Regeln und Ar­beitsweisen fest.
  3. Entwickeln Sie ein gemeinsames Ziel.
  4. Re­flek­tieren Sie die tägliche Zusam­me­nar­beit.
„Diversity bedeutet die Vielfalt von Un­ter­schieden und Ähn­lichkeiten bei Individuen, Gruppen, Teams, Or­gan­i­sa­tio­nen und in der Gesellschaft.“

Der Erfolg eines Team­pro­jekts hängt nicht davon ab, ob Sie die vier Felder nacheinan­der bearbeiten oder nicht. Sie können die Reihenfolge beliebig verändern. Dem Thema Haltung ist jedoch besonders viel Aufmerk­samkeit zu widmen: Hier wird die entschei­dende Basis für eine vorurteils­freie Zusam­me­nar­beit gelegt. Klären Sie die bewussten wie auch die unbewussten Wert- und Nor­mvorstel­lun­gen aller Team­mit­glieder. In ihnen sucht jeder Einzelne Ori­en­tierung. Sich wider­sprechende Werte und Normen lösen in jeder Gruppe schnell Konflikte aus, die sogar den Zerfall des Teams zur Folge haben können. Versuchen Sie, in einem Ken­nen­lern­prozess zunächst die Vielfalt in der Gruppe sichtbar zu machen und eine so genannt eth­norel­a­tive Einstellung zu fördern. Sie beinhaltet, dass die eigene Kultur und in­di­vidu­elle Wertvorstel­lun­gen nicht als das einzig Richtige angesehen, sondern immer in Relation zu anderen Kulturen betrachtet werden. Nur mit einer solchen Haltung kann innerhalb des Teams eine offene Au­seinan­der­set­zung über die in­di­vidu­ellen Un­ter­schiede und ihr Kon­flik­t­poten­zial geführt werden – mit dem Ziel, die ver­schiede­nen Sichtweisen zu integrieren.

„Innerhalb eines Teams können mehrere Identitätsgruppen bestehen, so z. B. un­ter­schiedliche Nationalitäten oder weibliche und männliche Führungskräfte.“

Um die für die Zusam­me­nar­beit notwendigen Regeln gemeinsam festzulegen, ist ein umfassender Feed­back­prozess ebenso Vo­raus­set­zung wie aktives Zuhören. Erst auf dieser Basis lassen sich gemeinsame Ziele formulieren. Un­ter­schei­den Sie bei der Erarbeitung dieser Ziele zwischen einzelnen, begrenzten Projekten und einer langfristi­gen Zusam­me­nar­beit von Teams. In beiden Fällen sollten her­aus­fordernde Ziele entwickelt werden, um die Motivation der Mitarbeiter hochzuhal­ten und die Vielfalt an Fähigkeiten zur Entfaltung zu bringen.

„Je mehr Un­ter­schiede zutage treten, desto mehr bedeutet das für ein Team Neuerungen und Veränderungen, die Un­sicher­heit und Angst auslösen können.“

Der langfristige Erfolg der Zusam­me­nar­beit wird schließlich entschei­dend von einer wirksamen Reflexion beeinflusst. Das bedeutet, dass die Ergebnisse, die Arbeitsabläufe und die sich wandelnden Sichtweisen der Mitarbeiter in Bezug auf die Ziele laufend im Team diskutiert werden müssen. So lassen sich neue Ideen entwickeln, notwendige Änderungen vornehmen und ggf. die Ziele anpassen.

An­forderun­gen an den Di­ver­sity-Man­ager

Die Arbeit mit einem Team, das sich aus ganz un­ter­schiedlichen Kulturen und Fähigkeiten zusam­mensetzt, erfordert von einer Führungskraft spezielle Fähigkeiten. Unerlässliche Vo­raus­set­zung ist der Wille zur Au­seinan­der­set­zung mit sich selbst, mit den eigenen Werten, Ein­stel­lun­gen und Ver­hal­tensweisen. Konkret heißt das, lernen zu wollen und alte Denkweisen wenn nötig hinter sich zu lassen. Darüber hinaus gibt es drei grundsätzliche An­forderun­gen an den Umgang mit Mi­tar­beit­ern:

  1. Akzeptieren Sie un­ter­schiedliche Wahrnehmungen. Jeder Mensch hat seine eigene Sichtweise. Lassen Sie sich darauf ein, und machen Sie es sich zur Aufgabe, diese Sichtweisen zusammenzuführen.
  2. Kom­mu­nizieren Sie einfühlsam. Begegnen Sie Ihrem Gegenüber mit Offenheit, hören Sie aufmerksam zu und nehmen Sie Ihre eigenen emotionalen Reaktionen wahr.
  3. Üben Sie den bewussten Umgang mit sich selbst. Dazu zählt das Eingestehen von Fehlern genauso wie das Vertreten von konträren Ansichten. Der letzte Punkt ist die Fähigkeit, Widersprüche und Ungeklärtes auch einmal stehen zu lassen und Lösungen nicht unbedingt erzwingen zu wollen.

Die Grenzen des Di­ver­sity-Man­age­ment-Mod­ells

Eine offene Au­seinan­der­set­zung mit den un­ter­schiedlichen Werten innerhalb eines Teams legt zwar das Kon­flik­t­poten­zial offen. Dessen direkte The­ma­tisierung ermöglicht aber erst, dass Menschen ihre Widerstände und Vorurteile abbauen und sich einer gemeinsamen Aufgabe ver­schreiben können. Mehr noch: Das Sich-Ein­lassen auf andere Menschen legt die Basis dafür, dass das Team sein volles Potenzial entfaltet. Di­ver­sity-Man­age­ment macht den Weg frei für Kreativität und Innovation.

„Teams sind heute nicht nur in­terkul­tureller, sondern auch in­ter­diszi­plinärer, größer und vielfältiger.“

Das Instrument ist dennoch kein Wun­der­mit­tel. Es stößt vor allem dort an seine Grenzen, wo die Konflikte in einer Gruppe bereits so tiefe Gräben gerissen haben, dass ein gegen­seit­iges Verständnis unmöglich ist oder nur noch mit übermäßigem Aufwand zu erreichen wäre. Di­ver­sity-Man­age­ment ist nur dann sinnvoll, wenn Menschen bereit sind anzuerken­nen, dass es nicht nur eine richtige Wahrnehmung gibt.

Konkrete Übungen

Um Führungskräften den konkreten Umgang mit der Mi­tar­beit­er­vielfalt im Alltag zu erleichtern, sind zahlreiche Methoden entwickelt worden. Diese Maßnahmen beinhalten z. B. Fragebögen zur Erfassung der aktuellen Situation, Selb­stein­schätzungen oder Übungen, die bestimmte Aspekte des Di­ver­sity-Man­age­ments gezielt trainieren: Empathie, Wahrnehmung, Ambiguitätstoleranz oder den Umgang mit sich selbst. Dabei sind die Methoden wiederum auf die vier bereits genannten Hauptfelder zugeschnit­ten: Haltung prüfen, Regeln festlegen, Ziele entwickeln, Zusam­me­nar­beit prüfen.

„Die Akzeptanz von Un­ter­schiedlichkeiten und das Nutzen der Vielfalt werden im Team zu verbindlichen Werten erklärt – eine Vo­raus­set­zung für die Di­ver­sity-Kom­pe­tenz des Teams.“

Die Einstellung der Mitarbeiter zu Wer­tun­ter­schieden lässt sich z. B. durch Übungen wie „Ambiguität – Freund oder Feind?“ oder „Bild­be­tra­ch­tung“ schulen. In der ersten Maßnahme sprechen die Mitarbeiter paarweise über vorgegebene Aussagen bezüglich der Akzeptanz von Un­ter­schieden. Bei der „Bild­be­tra­ch­tung“ tauschen sie sich über ihre un­ter­schiedlichen Bewertungen von Kunstwerken aus und beobachten, wie sich dadurch ihre Sichtweisen verändern.

„Kultur ist das dynamische Beziehungs­ge­bilde eines sozialen Kollektivs.“

Bei der Zielfindung hilft beispiel­sweise die Übung „Er­fol­gs­de­f­i­n­i­tion“: Die Mitarbeiter bringen Dokumente, Urkunden, Zeitungsar­tikel etc. mit, mit denen sich „Erfolg“ belegen lässt. Diese Zeugnisse werden nach Gruppen geordnet, um un­ter­schiedliche De­f­i­n­i­tio­nen von Erfolg sichtbar zu machen. Eine andere Übung zur Zielfindung ist die Projektion der Teamarbeit in die Zukunft. Es werden ver­schiedene Szenarien entworfen und daraus konkrete Maßnahmen für die Gegenwart abgeleitet.

„Fehlendes Vertrauen in die Team­mit­glieder und/oder in die Führung verhindert, dass Un­ter­schiede und Ähn­lichkeiten offenbart werden können.“

Die Reflexion wiederum lässt sich mit der Übung „Fieberkurve des Team­prozesses“ trainieren. Dabei soll jedes Grup­pen­mit­glied rückblickend die gemeinsame Arbeit anhand einer eigenen, die Höhen und Tiefen abbildenden Fieberkurve bewerten. Für das Aufstellen von gemeinsamen Ar­beit­sregeln schließlich gibt es Methoden wie den „Hausbau“, „Leitsätze basierend auf Werten“ oder die „Ressourcenin­ven­tur“. Dabei wird mit vorhandenen Materialien ein eigenes Teamhaus gebaut, es werden gemeinsame Leitsätze entwickelt oder paarweise die in­di­vidu­ellen Fähigkeiten her­aus­gear­beitet.

Über die Autoren

Erika Lüthi führt als Trainerin und Or­gan­i­sa­tion­sen­twick­lerin die Firma i-conet im schweiz­erischen Worb. Hans Oberpriller ist Geschäftsführer des Kölner Be­ratung­sun­ternehmens synetz.