Controller – berichten statt beraten
Es wird noch viel Zeit vergehen, bis Manager nur auf einen Knopf zu drücken brauchen, wenn sie aktuelle Zahlen zum Zustand ihres Unternehmens benötigen. Der automatische Informationsfluss und der so genannte Selbstabruf durch die Unternehmensführung sind weiterhin die Ausnahme. In der Regel erfahren die Manager den aktuellen Stand von ihren Controllern. Diese verfassen Berichte, die dem Management bei der Unternehmensführung helfen sollen. Aus Sicht der Manager ist das sogar die Hauptaufgabe der Controller. Planung, Kostenrechnung und andere Controlling-Dienstleistungen sind weniger gefragt. Von einer Rolle als „interne Berater“, in der sie sich gerne selbst sehen, sind Controller noch weit entfernt. Doch selbst ihrer Funktion als Berichterstatter werden sie in der Praxis oft kaum gerecht. Von den Berichten, meistens im Monatsrhythmus angefertigt, lesen die Manager nur etwas mehr als die Hälfte intensiv, wie eine Studie ergab. Warum ist das so?
Defizite im Reporting: Konzeption, Optik, Prozess
Das Berichtswesen hat oft konzeptionelle Schwächen. Manchmal fehlen sogar finanzielle Kerndaten wie Bilanz- oder Cashflow-Informationen. Stattdessen werden immer mehr nichtfinanzielle, beispielsweise marktbezogene Kennzahlen aufgeführt. Die Berichte enthalten zu viel Irrelevantes. Gleichzeitig sind wichtige Informationen in Zahlenfriedhöfen versteckt, die vom Leser kaum entziffert werden können. Die internen Kunden des Controllings – die Manager – scheitern außerdem an unklaren Begriffsdefinitionen und an Detailversessenheit. Die strikte Trennung von Kosten- und Erlös-Berichtswesen ist ebenso zu hinterfragen wie die Qualität der Abweichungsanalysen. Konstatiert ein Bericht Abweichungen von Zielkennziffern, so fehlt meist die dazugehörige Ursachenforschung. Vorschaurechnungen und Frühwarnsysteme sind ebenfalls nicht die Regel.
„Die Berichte kommen zu spät, die Datenqualität ist schlecht, die Informationen sind irrelevant und die Berichte sind nicht so gestaltet, dass sich wesentliche Erkenntnisse dem Adressaten rasch erschließen.“
Auch die mangelhafte optische Aufbereitung der Informationen ist ein Grund, weshalb die gesammelten Daten nur dürftig genutzt werden. Mag sein, dass der Finanzvorstand mit der komprimierten Zahlenflut etwas anfangen kann. Techniker und Vertriebsleute aber, die ebenfalls verständliche Informationen benötigen, sind damit überfordert. Unter den Darstellungsformen dominieren tabellarische Berichte. Mit diesen ist es aber kaum möglich, schnell auf das Wesentliche hinzuweisen. Grafiken, die diesem Anspruch gerecht würden, werden zu selten oder in ungeeigneter Weise verwendet. Oft sind sie nur Dekoration.
„Da das Berichtswesen die meisten Ressourcen im Controlling verbraucht, ist es wesentlich, alle Anstrengungen zu unternehmen, um aus diesem Ressourceneinsatz einen für das Management wahrnehmbaren Nutzen zu generieren.“
Auch der Reporting-Prozess selbst weist in vielen Unternehmen Schwächen auf. Laufend wird ein hoher Aufwand betrieben, um Daten in ausreichender Qualität zu beschaffen. Das ist kostspielig und gelingt nicht immer. Die automatische Erfassung per IT ist oft lückenhaft. IT-Insellösungen und mangelnde Abstimmung binden Ressourcen der Controller, die dann für die Auswertung fehlen. Die Zuständigkeit für Reporting-Aufgaben ist oft auf mehrere Abteilungen verteilt. Das führt zu ineffizienten Abläufen. Schließlich funktioniert auch die Kommunikation zwischen Controlling und Management nicht. Eine laufende Führungskräfteberatung durch die Controlling-Experten fehlt in den meisten Unternehmen.
Grundanforderungen an Berichte
Die klassische Berichtsform ist der Standardbericht. Er erscheint regelmäßig und enthält standardisierte Inhalte, die zur raschen Wiedererkennung analog aufbereitet sind. Ad-hoc-Berichte, die weniger standardisiert sind, verfassen Controller nur zu speziellen Anlässen. Das so genannte Exception-Reporting ist die dritte Form des Berichtswesens. Solche Berichte werden verfasst, wenn bestimmte Kennzahlen auffällige, ungewöhnliche Werte annehmen.
„Das Reporting muss durch optische Gestaltungsmittel in der Lage sein, Informationen zu verdichten und wesentliche Zusammenhänge sichtbar zu machen.“
Dynamische Reports, deren Inhalte durch den Nutzer veränderbar sind, kommen derzeit nur ausnahmsweise zum Einsatz. Es dominieren statische Berichte. Das Management erwartet von den Berichten, dass sie einen schnellen Überblick geben und Entscheidungen unterstützen. Bestimmte Elemente, z. B. Grafiken, können vom Controlling individualisiert geliefert werden, um nur gewisse Adressaten zu erreichen.
Auswahl der relevanten Inhalte
In den Kurzzusammenfassungen (Executive Summarys) der Berichte sollen finanzielle Informationen im Vordergrund stehen. Aspekte wie Rentabilität, Produktivität, Liquidität, Vermögen, Finanzierung und Wertnutzung gehören in jedes ausgewogene Reporting. Diese Kennzahlen sind um ein Mindestmaß an nichtfinanziellen Größen zu ergänzen, z. B. Umsatz-, Absatz- und Personalstandsdaten. Es bietet sich an, ein finanzielles Zielsystem aufzustellen (das aus mehreren Zielen besteht, die das Unternehmen verfolgt und die sich gegenseitig beeinflussen) und die Umsetzung per Reporting zu verfolgen. Dafür kann auch die Einführung einer Balanced Scorecard hilfreich sein – mit ihr lassen sich strategische Ziele konkret verankern, beziffern und im Reporting zuordnen. Unternehmen, die Sustainability-Management betreiben, werden geeignete Messgrößen in ihr Reporting integrieren, z. B. die Sicherung der Lernfähigkeit oder die Senkung des Materialeinsatzes. Auch das Beteiligungs- oder das Risikomanagement können im Kennzahlenbericht abgebildet werden.
Tipps für die Gestaltung von Tabellen und Grafiken
Tabellarische Berichte sollten mit einheitlichen Schrifttypen, Bezeichnungen und Maßeinheiten sowie mit Legenden versehen sein. Farbunterschiede werden in der Regel überbewertet. Beschränken Sie deren Einsatz auf die Hervorhebung besonderer Abweichungen sowie auf die Gliederung und die Unterscheidung von Datenarten (z. B. Soll und Ist). Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche und verwenden Sie die Farben Rot und Grün ausschließlich für negative und positive Abweichungen. Linien sollten Sie sparsam, Fettsetzungen und kursive Schriften gar nicht einsetzen. Tabellen erhalten dadurch ein klares, aufgeräumtes Erscheinungsbild. Mit Grafiken erhöhen Sie die Aufmerksamkeit des Betrachters und die Verständlichkeit von Inhalten. Diese Wirkung hängt von der Wahl des passenden Grafiktyps ab. Ob Säulen-, Kreis-, Balken- oder Liniendiagramm: Setzen Sie diese Gestaltungselemente nicht für banale Inhalte ein: Eine Tortengrafik mit nur zwei Prozentzahlen ist wahrscheinlich Platzverschwendung. Für spezielle Fälle gibt es weitere Diagrammtypen, z. B. Netz- oder Wasserfalldiagramme.
„Eine selektive Unterstützung eines tabellarischen Executive Summarys mit Grafiken ist sinnvoll.“
Achten Sie bei der Skalierung der Grafiken darauf, dass unterschiedliche Größen optisch nicht gleichwertig dargestellt werden: Ein Balken, der für eine Million Euro steht, sollte nicht gleich lang erscheinen wie einer für eine Milliarde Euro in einer benachbarten Grafik; das kann irreführend sein. Wenn Ihre Firma in einem Bereich deutlich niedrigere Umsätze erzielt als in einem anderen, sollte das auf den ersten Blick zu sehen sein.
Tipps für Kommentare und Kommunikation
Der Kommentar erfüllt eine wichtige Funktion. Er erklärt, ergänzt und interpretiert die präsentierten Zahlen und Aussagen. In der Praxis wiederholen Kommentare allerdings häufig nur die dargestellten Sachverhalte und sind somit überflüssig. Ein Thema für einen Kommentar ist z. B. die Erklärung der wesentlichen Abweichungen, die in der Kennzahlenübersicht rot und grün hervorgehoben wurden.
„Ein sinnvoll ausgebautes Berichtswesen liefert Informationen in unterschiedlichen Frequenzen.“
Für die Kommentare wie auch im Allgemeinen gilt: Controller sind nicht nur Datensammler, sondern auch Kommunikatoren. Da die Leser ohnehin nicht sämtliche dargestellten Daten aufnehmen können, lohnt sich die gezielte Vermittlung im Gespräch.
Reporting-Software und Reporting-Optimierung
Die klassische Software, mit der Controller arbeiten, ist Microsoft Excel. Diese tut ihren Dienst fürs Reporting, ist aber für Planungsaufgaben weniger geeignet. Machen Sie sich klar, welche Aufgaben Ihr Controlling mittelfristig übernehmen soll. Auf dieser Grundlage filtern Sie aus einer Fülle von Softwaremöglichkeiten zwei oder drei Anbieter heraus, zwischen denen schließlich das Kriterium „Total Cost of Ownership“ (Anschaffungskosten plus Upgrades, Wartung, Support und Schulung) entscheidet. Sie ersparen sich eine Menge Ärger, wenn Sie von Anfang an einen qualifizierten Projektleiter für die Softwareauswahl ernennen.
„In der Mehrzahl der Berichtswesen- und nahezu allen Planungsprojekten ist es sinnvoll, den Nutzen einer verbesserten IT-Unterstützung zu überprüfen.“
Das Controlling ist nicht nur technisch, sondern auch betriebswirtschaftlich zu optimieren. Um den Handlungsbedarf zu erfassen, führen Sie mithilfe von Fragebögen Interviews mit den Adressaten der Berichte, die 60–90 Minuten dauern sollten. Erkunden Sie dabei den betriebswirtschaftlichen Bedarf, den die Leser haben, nicht den Status quo der Berichte. Anschließend konzipieren Sie die Berichte neu: Optimieren Sie bestehende Inhalte, ergänzen Sie diese um neue und trennen Sie sich von überflüssigen.
„Jeder Bericht bzw. jede Grafik muss auch im Schwarz-Weiß-Ausdruck funktionieren.“
Was Controller verbessern können
- Adäquate Berichtsfrequenzen: Viele Manager würden sich mit Quartalsberichten zufriedengeben, doch das genügt nicht. Es ist ein Verdienst des Controllings, dass heute die Monatsfrist bei Standardberichten verbreitet ist. Bestimmte Informationen sind allerdings noch häufiger – u. U. täglich (Absatz, Reklamationen, Auslastung) – zur Verfügung zu stellen, andere wiederum nur quartalsmäßig (vollständige Bilanz).
- Mehr Interpretation: Mit Kommentaren und Analysen helfen Sie den Lesern, inmitten der Zahlenflut das Wesentliche zu erfassen und es sinnvoll zu interpretieren. Wichtige Inhalte können Sie hervorheben, z. B. durch die Ampelfarben.
- Automatisierung: Wenn in Ihrer Firma bislang noch viele Daten manuell zusammengetragen wurden, kann sich eine automatisierte Sammlung und Kontrolle auf Dauer auszahlen. Controller erhalten dadurch Freiräume, die sie für ihre neuen Aufgabenfelder brauchen.
„Ein falscher Grafiktyp kann nicht nur dazu führen, dass Informationen schwer erfasst werden können, sondern auch dass Sachverhalte optisch ganz einfach erfasst, aber falsch interpretiert werden.“
Was Manager verbessern können
- Verzicht auf Sonderwünsche: Bestimmte Details, die nur für nachgelagerte Ebenen relevant sind, gehören nicht in Standardberichte. Ihre Beschaffung verschlingt zu viele Ressourcen.
- Mehr Zukunft, weniger Vergangenheit: Die Vergangenheit spielt zwar für das Management eine größere Rolle (z. B. bei der Bezahlung) als für das Controlling, das eine stärkere Planungs- und Zielorientierung aufweist. Verzichten Sie aber auf die Darstellung allzu langer Zeitreihen.
- Berichte diskutieren: In vielen Unternehmen wird über die vorgelegten Berichte nicht diskutiert. Vor allem in kleineren Unternehmen neigen Führungskräfte zu der Annahme, keine Beratung zu benötigen. Gehen Sie einer Debatte nicht aus dem Weg.
- Neues Rollenverständnis: Controller können weitaus mehr sein als Zahlenlieferanten. Doch für ihre Aufgaben als Koordinatoren von Teilplänen, als Berater von Entscheidungsträgern und als Informationsdienstleister muss das Management erst einmal einen Bedarf anmelden.
- Mehrere Berichtswege: In vielen Firmen erhält das Topmanagement nicht nur die Berichte des Controllings, sondern zusätzlich Sonderberichte einzelner Unternehmenseinheiten. Das bindet zu viele Ressourcen, verhindert Standards und öffnet dem Missbrauch Tür und Tor – schließlich berichtet jede Einheit unter Berücksichtigung ihrer Eigeninteressen. Bündeln Sie das Reporting in einem zentralen Controlling.