Kein Job ohne Projektarbeit
Projektarbeit wird in den kommenden Jahren zunehmen. Zu diesem Schluss gelangen verschiedene Studien. Ein Grund mehr, sich mit dem Handwerkszeug eines guten Projektleiters zu beschäftigen und der eigenen Karriere eine solide Basis zu geben. Mit dem im Folgenden beschriebenen Vorgehen können Sie jedes Projekt professionell leiten.
Bevor es losgeht
Zu Beginn eines Projekts erscheint entweder alles klar oder arg nebulös. In beiden Fällen heißt es für den Projektleiter, schon vor dem Start aktiv zu werden und Struktur in das Vorhaben zu bringen. Und zwar mit diesen Maßnahmen:
- Zielbestimmung: Oft steht zu Beginn nicht mehr als der Name des Projekts und eine recht vage Zielvorstellung. Als Projektmanager müssen Sie dies so schnell wie möglich ändern und zu konkreten Zielaussagen gelangen. Dabei sollten Sie auf keinen Fall selbst die vom Auftraggeber vorgegebenen Ziele interpretieren, denn damit riskieren Sie Zeitverlust und teure Korrekturen im Projektverlauf. Auch die „Augen-zu-und-durch-Methode“ führt nicht zum Ziel, sondern ziemlich sicher zum Scheitern des Projekts. Gute Projektleiter beweisen Mut und fragen ihren Auftraggeber so lange und konkret, bis klar ist, was er mit dem Projekt erreichen möchte und woran der Erfolg gemessen wird. Überlegen Sie gemeinsam, welche Ergebnisse für den Auftraggeber und für andere am Projekt Interessierte (Stakeholder) wichtig sind. Denken Sie daran: Ohne Zieldefinition brauchen Sie Ihr Projekt gar nicht erst zu beginnen, denn dann weiß keiner, ob und wann das Ziel erreicht ist.
- Zeit und Budget austarieren: Der Auftraggeber will alles, möglichst gestern und ohne großes Budget – so sieht eine Standardsituation im Projektmanagement aus.Wenn Sie das akzeptieren, schaufeln Sie sich Ihr eigenes Grab und fahren das Projekt an die Wand. Ein Projekt einfach abzulehnen ist auch keine gute Alternative – für Ihre Karriere schon gar nicht. Der richtige Weg ist dieser: Identifizieren Sie die Prioritäten Ihres Auftraggebers und bringen Sie diese mithilfe des so genannten „Magischen Dreiecks“ in Verbindung. Konkret legen Sie die Vorgaben in puncto Zeit, Kosten und Qualität/Umfang fest – sie bilden die Eckpunkte des Dreiecks. Meist wird deutlich, dass nicht alle drei Faktoren in gleicher Weise erfüllbar sind. Die Folge ist: Prioritätenbildung. So arbeiten Sie sich aus dem anfangs beschriebenen Dilemma heraus.
- Risiken richtig behandeln: Kein Projekt ist ohne Risiken – wichtig ist, wie Sie mit ihnen umgehen. Wer als Projektleiter Risiken ignoriert, handelt sträflich. Professionell agieren Sie dagegen, wenn Sie in einem Risiko-Workshop mit allen Beteiligten alle denkbaren Risiken identifizieren, bewerten, mögliche Szenarien entwickeln und diese auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit hin durchleuchten. Dabei lassen sich Risiken ggf. ausschließen, reduzieren (über Versicherungen) und festlegen, wie mit dem Restrisiko umgegangen wird. Sollte das Ergebnis dieser Analyse sein, dass das Projekt zu riskant ist, gibt es nur eines: Abbruch.
Projektplanung
Strukturen schaffen, Transparenz ermöglichen, Orientierung geben – so lauten die primären Aufgaben des Projektleiters in der Phase der Projektplanung. Im Einzelnen:
- Licht in die Black Box bringen: Auch Projekte, bei denen das Ziel klar ist, brauchen Planung und Struktur, bevor es losgehen kann. Dazu erstellen Sie am besten mithilfe eines Projektstrukturplans eine Art Röntgenbild Ihres Projekts, in dem alle Teilprojekte und Arbeitspakete übersichtlich in Diagrammform dargestellt sind. Mit diesem Plan helfen Sie dem Projektteam, den Stakeholdern und Ihrem Auftraggeber, das Projekt in seinen Einzelteilen zu verstehen. Außerdem demonstrieren Sie Übersicht und Kompetenz. Der Projektstrukturplan ist der Kernplan, aus dem Sie alle weiteren Pläne (betreffend Ressourcen, Budget, Zeit) ableiten können.
- Termine realisieren: Das sollte zwar selbstverständlich sein, ist aber oft nicht einfach zu bewerkstelligen, denn Termine werden von Auftraggebern oft so knapp gesteckt, dass sie kaum einzuhalten sind. Der Job des Projektleiters ist es, wiederum mithilfe des „Magischen Dreiecks“ auszuloten, welche Einzelteile eines Projekts bis zu einem bestimmten Termin fertig sein müssen und welche verhandelbar bzw. später zu erbringen sein können.
- Befugnisse: Als Projektleiter sollten Sie unbedingt darauf achten, nicht selbst zu Ihrem besten Mitarbeiter zu werden, indem Sie nur fachlich arbeiten und alles Mögliche selber erledigen. Projektleitung ist eine Führungsaufgabe. Die Befugnisse, die Sie dazu brauchen, müssen Sie sich selbst erarbeiten bzw. einfordern. Das geht am besten mit einer inhaltlich sauberen Beschreibung der verschiedenen Teamrollen – inkl. der Rollenbeschreibung „Projektleiter“ –, die Sie Ihrem Auftraggeber vorlegen, damit er Ihren benötigten Handlungsspielraum absegnet. Nur Projektleiter mit viel Erfahrung erhalten meist schon von Beginn an die notwendigen Befugnisse; bis Sie so weit sind, müssen Sie eben durch professionelles Projektmanagement auffallen.
So gewinnen Sie Mitstreiter
Ohne Verbündete stehen Sie als Projektleiter auf verlorenem Posten. Und das ist weder dem Projekt noch Ihrer Karriere zuträglich. Wenn Sie folgende Punkte beachten, können Sie die größten Klippen umschiffen:
- Menschen einbinden: Wann immer Sie in Ihrem Projekt Betroffene zu Beteiligten machen können, hat Ihr Vorhaben gute Chancen. Wenn Sie dagegen über die Köpfe der anderen hinweg entscheiden und auch im Team alles allein machen, werden Sie einen Projektgegner nach dem anderen auf den Plan rufen. Betrachten Sie etwaige Kritiker als Partner, binden Sie alle – Stakeholder wie Teammitglieder – ein und hören Sie sich deren Wünsche, Bedürfnisse und Interessen genau an. Das kostet zwar Zeit, sichert aber Ihre Projektziele und die Umsetzung des gesamten Projekts. Sollten die Interessen Ihrer Stakeholder zu weit auseinander driften, versuchen Sie den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.
- Teambildung: Wenn Sie den autoritären Weg per Anweisung wählen, werden Sie wahrscheinlich scheitern. Wählen Sie hingegen den Weg des Laisser-faire, werden Sie mit Sicherheit Budget und Termin überschreiten, außerdem geht Ihre Autorität verloren. Professionell agieren Sie, wenn Sie z. B. mit einem Kick-off-Workshop alle Beteiligten auf den gleichen Stand bringen und Spielregeln vereinbaren. Teamwork ist eine gute Basis für ein erfolgreiches Projekt. Workshops und regelmäßige Teammeetings sind bestens investierte Zeit; der Nutzen macht sich im Projekt schnell bemerkbar. Ihr Team sollte aus Menschen mit Fachkompetenz, sozialer Kompetenz und passender Mentalität zusammengestellt sein. Sobald Sie das Beziehungsgefüge und den Informationsfluss im Team vernachlässigen, wird sich das auf den Fortschritt Ihres Projekts negativ auswirken.
So bleiben Sie auf Kurs
Ihre Aufgabe als Projektleiter ist es, den Überblick über das Gesamtprojekt zu behalten und es zu steuern. Diese Aspekte sollten Sie auf Ihrem Bildschirm haben:
- Überblick bewahren: Controlling ist wichtig für jedes Projekt. Unter Umständen muss der Projektleiter selbst kontrollieren, damit er den Überblick bewahrt, wie es von ihm erwartet wird. Controlling „aus dem Bauch heraus“ geht nur selten gut. Besser ist es, regelmäßig den Projektstatus zu ermitteln bzw. ihn sich von seinen Mitarbeitern ohne großen formalen Aufwand übermitteln zu lassen. So können Sie Teilprojekte z. B. aufschlüsseln lassen nach: Fertigstellungsgrad (in Prozent), voraussichtliche Restdauer, Ist-Kosten sowie geschätzte Rest-Kosten bis zum Projektende. Auch eine Risikoeinschätzung für aktuelle Arbeitspakete kann sinnvoll sein. Projektcontrolling kostet zwar Zeit, aber noch zeitintensiver und teurer aber ist es, wenn Sie es versäumen und anschließend den Karren aus dem Dreck ziehen müssen. Verlieren Sie das Ziel nie aus den Augen und behalten Sie die Übersicht über den aktuellen Stand der Dinge. Nur so können Sie zum richtigen Zeitpunkt reagieren.
- Reißleine ziehen: Was tun, wenn Qualität, Termin oder Budget aus dem Ruder zu laufen drohen? Der ideale Weg lautet: Prioritäten definieren. Wenn klar ist, dass nicht mehr alles zu erreichen ist, müssen Sie eine gute Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen erarbeiten: Entwickeln Sie verschiedene Alternativen, je nachdem, ob Sie in erster Linie den Termin, das Budget oder die Qualitätsvorgaben einhalten möchten, und klären Sie diese mit Ihrem Auftraggeber.
- Moving Targets: Projektleiter kennen das. Dauernd gibt es neue Anforderungen, Änderungswünsche und Erkenntnisse (z. B. bei F&E-Projekten). Hier hilft nur eines: Flexibel bleiben und ggf. Prioritäten setzen. Damit bleiben die Ziele realistisch und die Kunden zufrieden . Falls Sie jede Änderung oder neue Erkenntnis einbauen wollen, gerät Ihr Projekt in eine Endlosschleife – und Sie als Projektleiter irgendwann aufs Abstellgleis. Agieren Sie auch hier mit dem „Magischen Dreieck“ und beobachten Sie die Auswirkungen jeder Änderung auf Kosten, Qualität und Termin. Stellen Sie mögliche Optionen übersichtlich dar, sodass Stakeholder und Auftraggeber entscheiden können, welche Änderungen tatsächlich sinnvoll sind. Sie können auch einen Lenkungskreis ins Leben rufen, der über jeden Kundenänderungswunsch berät und entscheidet.
Das Projektende ernst nehmen
In der Schlussphase eines Projekts zeigt sich, ob ein Projektleiter seine Hausaufgaben gemacht hat. Denken Sie an Folgendes:
- 95-Prozent-Syndrom: Kurz vor Projektende ist oft alles beinahe fertig, aber eben nicht ganz. Die Gefahr ist groß, auf den letzten Metern noch Fehler zu machen oder den Endtermin zu überschreiten. Manchmal läuft bereits das nächste Projekt an, bevor das aktuelle abgeschlossen ist. Sorgen Sie dennoch für einen professionellen Abschluss, erstellen Sie eine Schlussrechnung und einen Abgabebericht. Erbitten Sie beim Management die notwendige Zeit dafür. Ein nicht abgeschlossenes Projekt ist, wie kurz vor dem Gipfel aufzugeben.
- Wissen sichern: Nehmen Sie das Ende ernst. Sorgen Sie dafür, dass die Erfahrungen aus dem Projekt nicht verloren gehen, sondern dem Unternehmen für Folgeprojekte zur Verfügung stehen. Erstellen Sie eine Ist-Kostenübersicht und vergleichen Sie sie mit der ursprünglichen Kalkulation, um daraus zu lernen. Rufen Sie Ihre Teammitglieder zu einem Lessons-learned-Abschlusstreffen zusammen und halten Sie gemeinsam fest, was gut lief und was Sie beim nächsten Projekt anders und besser machen werden. Holen Sie Feedback von Kunden oder Nutzern ein.