Einen Tick besser

Buch Einen Tick besser

8 Wege, wie Sie die Konkurrenz überflügeln

Redline,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Warten Sie nicht auf die Superidee, die aus Ihnen eines Tages einen er­fol­gre­ichen Geschäftsmann machen soll. Schauen Sie lieber genau hin, was sich vor Ihrer Nase abspielt – das ist Jim Champys Botschaft an die Unternehmer dieser Welt. Denn der Alltag hält die besten Geschäftsideen parat. Man muss sie allerdings erkennen und wagen, aus ihnen ein Business zu machen. Ob die Idee zum Erfolg führt, hängt je nach Branche von un­ter­schiedlichen Kriterien ab. Einige Faktoren wie Service- und In­no­va­tion­sori­en­tierung scheinen jedoch allgemeingültig zu sein, wie der Autor anhand mehrerer Un­ternehmens­beispiele zeigt. Diese Grundsätze und die dazugehörigen ausführlichen Analysen regen zum Nachdenken an: Wo könnte im eigenen Umfeld eine Erfolg ver­sprechende Geschäftsidee brachliegen? BooksInShort empfiehlt das lebendig geschriebene Buch allen Existenzgründern und Menschen mit Un­ternehmergeist. Auch Führungskräfte in bereits er­fol­gre­ichen Unternehmen können davon profitieren – denn wer weiß schon, ob aus irgendeiner Ecke ein Überraschungsan­griff der noch in­no­v­a­tiv­eren Konkur­renten erfolgen wird?

Take-aways

  • Wer ein er­fol­gre­iches Unternehmen aufbauen möchte, muss in der Lage sein, weiter vo­rauszublicken als die Konkurrenz.
  • Probleme löst man, indem man sich der neuen Situation anpasst – ohne aus den Augen zu verlieren, was den Wert der Firma ausmacht.
  • Sparen Sie, wo Sie können. Investieren Sie dort, wo Ihre Er­fol­gs­fak­toren sind.
  • Er­fol­gre­iche Unternehmen verbinden ihre Kernkom­pe­tenz mit neuen Trends: Bei Shutterfly hat man z. B. gemerkt, dass man Fotos nicht nur auf Papier drucken kann.
  • Outsourcing kann Ihnen weit­er­helfen oder kon­trapro­duk­tiv sein. Je anspruchsvoller das Produkt, desto schwieriger das Outsourcing.
  • Ein er­fol­gre­iches Unternehmen braucht zufriedene Mitarbeiter. Dafür sorgt nicht nur eine angemessene Bezahlung, sondern auch eine gute Un­ternehmen­skul­tur.
  • Auch Trit­tbret­tfahrer-Pro­dukte, z. B. iPod-Hüllen, können sehr erfolgreich sein.
  • Vielver­sprechend sind Branchen, in denen die Zusam­me­nar­beit ver­schiedener Partner nicht optimal klappt. Springen Sie in die Lücke.
  • Helfen Sie anderen Firmen beim Kostens­paren – das lohnt sich für beide Seiten.
  • Die größte Gefahr für er­fol­gre­iche Unternehmen ist, dass sie unflexibel werden.
 

Zusammenfassung

Anpassung ist überlebenswichtig

Biologie hat mit Wirtschaft nichts zu tun, denken Sie? Falsch gedacht. Eine von Charles Darwins Hauptthesen lautet: Tiere, die sich ihrer Umwelt am besten anpassen, haben die größten Überleben­schan­cen. Genau das Gleiche gilt für Unternehmen – speziell für solche, die schon lange auf dem Markt sind und sich ihrer Tradition so verpflichtet fühlen, dass sie nicht bemerken, wie notwendig eine Übe­rar­beitung ihres Geschäftskonzepts ist. Denken Sie etwa an die Swissair: Die Schweizer Fluglinie überhörte etliche Warnungen und hielt stattdessen an Vorstel­lun­gen fest, die längst nicht mehr der Zeit entsprachen – womit das Unternehmen direkt in die Pleite flog. Die Nach­fol­gerin Swiss gehört heute zum Lufthansa-Konz­ern.

Ich sehe was, was du nicht siehst

Neben solchen Neg­a­tivbeispie­len gibt es zum Glück auch Überflieger wie Sonicbids. Die Firma wurde 2001 gegründet. Der Umsatz 2003: rund 250 000 $. 2005: drei Millionen. Weitere zwei Jahre später: acht Millionen. Das Geheimnis dieses Erfolgs könnte man auf die alte Redensart „Kleinvieh macht auch Mist“ zurückführen. Denn der Gründer von Sonicbids erkannte, dass es viel mehr unbekannte Musiker als Stars gibt und gle­ichzeitig eine Vielzahl von Anlässen, an denen gute, aber bezahlbare Bands spielen sollen. Also baute er eine Ver­mit­tlungsplat­tform auf. Für höchstens 100 $ im Jahr werden Musiker dort Mitglied und bekommen im Gegenzug Unterstützung bei der Erstellung eines elek­tro­n­is­chen PR-Pakets, mit dem sie sich bei Ve­r­anstal­tern bewerben können. Um einen ähnlichen Erfolg wie Sonicbids zu erzielen, benötigen Sie vor allem eines: Weitblick. Verbinden Sie viele Einzelin­for­ma­tio­nen zu einem großen Ganzen. Erkennen Sie Probleme und suchen Sie nach einer Lösung. Denken Sie nicht klein-klein, sondern global. Und schärfen Sie Ihren Blick für die Zukunft: Was heute als Geschäftsmodell funk­tion­iert, kann morgen schon wieder veraltet sein.

Aus dem Rahmen fallen

Wer sagt, dass Krankheiten nur von Ärzten geheilt werden können? Gut aus­ge­bildete Kranken­schwest­ern können bei einfachen Leiden auch weit­er­helfen. Das ist der Grundgedanke hinter dem US-Un­ternehmen Minute Clinic. Dessen Gesund­heitsshops haben an sieben Tagen in der Woche insgesamt mindestens 72 Stunden geöffnet. Für bezahlbare Preise helfen sie Patienten weiter, die Allergien oder Schnupfen haben, an Fußpilz leiden oder sich Fäden ziehen lassen müssen. Der Weg zum Erfolg war jedoch lang und beschw­er­lich, die Bevölkerung zuerst sehr skeptisch – bis die erste Gew­erkschaft auf das Modell aufmerksam wurde. Sie zahlte ihren Mitgliedern nämlich einen Teil der Arztkosten. Mit Minute Clinic konnte sie ihnen sogar die gesamte Summe bezahlen – und dabei noch sparen. Während weitere Verbände schnell den gleichen Weg gingen, war die Kritik aus der Ärzteschaft harsch. So ließ der Durchbruch weiter auf sich warten. Erst als ein Mar­ket­ing­fach­mann Geschäftsführer wurde, stellte sich langsam der Erfolg ein. Sie sehen: Eine gute Idee allein reicht nicht aus. Sie brauchen auch Durch­hal­tewil­len, um zum Ziel zu kommen. Außerdem müssen Sie einen Blick für Veränderungen haben: Funk­tion­iert ein erster Anlauf nicht, analysieren Sie das Problem und lösen Sie es mithilfe von Anpassungen. Verlieren Sie dabei Ihre Branche nie aus den Augen, aber schauen Sie auch über den Tellerrand hinaus.

Vorsprung durch Wissen

Smith & Wesson stellt seit über 150 Jahren Hand­feuer­waf­fen her. Ein Unternehmen, das schon Soldaten im Bürgerkrieg aus­ges­tat­tet hat und weltweit Streitkräfte und Polizisten mit Revolvern versorgt, kann nicht untergehen, oder? Fakt ist, dass es eine Zeit gab, in der der Aktienkurs von S&W bei nur noch einem Dollar stand. Und das kam nicht von ungefähr: S&W verschlief den Trend zu leichteren Kun­st­stof­fwaf­fen und ließ sich aus dem Markt drängen. Dann kam ein neuer CEO, der mit Waffen bisher nichts am Hut gehabt hatte. Er stellte neue Ver­trieb­smi­tar­beiter ein und schulte sie umfassend in Verkaufsförderung. Außerdem ver­bre­it­erte das Unternehmen sein Waf­fe­nange­bot. Die Folge: In rund vier Jahren stieg der Aktienkurs auf 23 $ und der Umsatz von 100 auf 237 Millionen. S&W war wieder auf der Überholspur. Um in Ihrem Unternehmen eine solche Kehrtwende zu machen, brauchen Sie die richtigen Leute in der Firma. Wichtig ist außerdem, dass Sie genau wissen, worauf der Erfolg Ihres Un­ternehmens beruht. Kombinieren Sie diese Er­fol­gs­fak­toren mit Sparmöglichkeiten – dann kann es eigentlich nur aufwärtsgehen.

Das Rad wei­t­er­drehen

Shutterfly ist ein Unternehmen, das aus digitalen Fotos alles Mögliche macht: Fotobücher, Kalender, Postkarten oder per­son­al­isierte Bürogegenstände. Zusätzlich können sich die Kunden in einer Community online austauschen. Damit hat Shutterfly einen Trend im richtigen Moment wahrgenom­men. Denn die Amerikaner lieben es, ihre In­di­vid­u­alität auszudrücken, sei es durch Blogging und Podcasts oder durch die Kom­men­tierung solcher Beiträge im Internet, sei es mit in­di­vidu­ellen Handy-Klin­geltönen oder per­son­al­isierten Fo­to­pro­duk­ten. Das Beispiel zeigt, dass Unternehmen dann Erfolg haben, wenn sie an ihrer Kernkom­pe­tenz festhalten, sich aber trotzdem ein Gespür für aktuelle Trends bewahren. Außerdem sollten Sie überprüfen, inwieweit sich Ihre Produkte mit Emotionen besetzen lassen, denn Gefühle können den Geschäftserfolg beflügeln.

Do it yourself

Viele Unternehmen gewinnen durch Outsourcing. Dadurch behalten sie weitgehend die Kontrolle und können gle­ichzeitig die Kosten senken. Aber je anspruchsvoller ein Produkt ist, je mehr es den Kundenbedürfnissen angepasst werden muss, desto eher stellt sich die Frage, ob Outsourcing der richtige Weg ist. S.A. Robotics hat sich dagegen entschieden. Das Unternehmen entwickelt fer­nges­teuerte Roboter, die Menschen vor Giftmüll oder Verseuchung schützen. Das ist an sich schon ein in­ter­es­san­ter Auf­gaben­bere­ich. Hinzu kommt: Kein Kunde ist wie der andere, und somit ist auch jedes Produkt einzigartig. Diese Roboter dürfen keine Fehler machen, denn kein Mensch kann in ihre Ein­satzbere­iche gehen, um sie dort zu reparieren. Das führt zu einem erhöhten Kon­trollbe­darf der Produkte, und darum wäre Outsourcing der falsche Weg. S.A. Robotics hat sich entschlossen, alles selbst zu machen. Dafür benötigt die Firma die besten Mitarbeiter, die sie bekommen kann. Gute Bezahlung und eine faire Un­ternehmen­skul­tur sind die Vo­raus­set­zun­gen dazu. Prüfen Sie in Ihrem Unternehmen, ob Outsourcing der richtige Weg oder eher kon­trapro­duk­tiv ist. Fragen Sie sich außerdem, wie zufrieden Ihre Mitarbeiter bei Ihnen sind. Können sie sich für Ihre Produkte und das Unternehmen begeistern? Falls nein, was müssten Sie tun, um die Stimmung zu verbessern?

Auch Trit­tbret­tfahrer haben Erfolg

Eines Tages im Jahr 2000 kaufte Jeff Grady einen iPod von Apple. Das Gerät war für ihn so wertvoll, dass er es mit einer Hülle vor Umwelteinflüssen schützen wollte. Eine solche gab es aber leider nicht – also erfand er sie. Und dazu nach und nach so viel anderes Zubehör, dass Philips Electronics auf ihn aufmerksam wurde und seine Firma 2007 kaufte. Ähnlich lief es bei Sheri und Rich Schmelzer, deren Töchter die bunten We­ich­harz-Clogs, Crocs genannt, liebten. Sheri steckte einmal eine Blume in eines der Löcher, die die Crocs auf der Oberseite zur Beatmung haben – und Rich, der schon mehrere Unternehmen gegründet hatte, erkannte das Potenzial dieser Tat. Er ließ die Idee patentieren, schickte seine Kinder mit vielfältig verzierten Crocs zur Schule – und die Nach­fragewelle rollte los. Das Produkt namens Jibbitz stellten die Richs zunächst im Keller her. Doch bei 200–250 Bestel­lun­gen am Tag war das bald nicht mehr ausreichend. Jibbitz wuchs ständig weiter und wurde schließlich von Crocs gekauft – für zehn Millionen Dollar. Diesem Beispiel lässt sich entnehmen, dass ein Geschäftsmodell dann erfolgreich sein kann, wenn es Wach­s­tumspoten­zial hat. Sollten Sie eine Trit­tbret­tfahrer-Idee haben, denken Sie außerdem darüber nach, was passiert, wenn die beste Zeit für Ihr Produkt vorbei ist.

Ord­nungs­fa­natiker gesucht

Ein Tech­nolo­gie­ex­perte und ein Mar­ket­ing­fach­mann taten sich im Jahr 2000 zusammen und brachten einen Katalog heraus, der heute das Zubehör von über 560 Marken aus dem Elek­tron­ikbere­ich beinhaltet, rund acht Millionen Teile. Das Unternehmen heißt Partsearch und hat seit 2001 eine durch­schnit­tliche Wach­s­tum­srate von 85 % im Jahr. Kein Wunder: Früher war es für Kunden und Händler oft ein lang­wieriger und kom­plizierter Vorgang, Ersatzteile eines elek­tro­n­is­chen Produkts zu bekommen. Das änderte sich mit Partsearch. Heute müssen Kunden nur noch zum Telefon greifen, und ihnen wird ganz gezielt geholfen. Nur kurze Zeit später halten sie das notwendige Teil in ihren Händen. Diesen Vorteil erkannte auch der Elektronikhändler Best Buy. Als er sich auf eine Kooperation mit Partsearch einließ, gewannen die Newcomer das Spiel, denn nun zogen auch andere Händler nach. Wenn Sie ein Unternehmen aufbauen wollen, das schnell wachsen soll, suchen Sie am besten eine Branche, in der die Zusam­me­nar­beit zwischen ver­schiede­nen Partnern nicht reibungslos läuft. Finden Sie für deren Probleme eine Lösung, und Ihr Erfolg ist fast vor­pro­gram­miert. Die Kooperation mit einer großen Firma kann sinnvoll und ein Türöffner sein. Passen Sie jedoch auf, dass Sie nicht aufge­fressen werden!

Es geht auch einfacher ...

Ähnlich wie bei Partsearch verlief der Geschäftserfolg von SmartPak. Auslöser war ein krankes Pferd, das seine Nahrungszusätze nicht bekommen konnte, weil die Dosierung für die Angestell­ten zu kompliziert war. Darauf gründeten die Pfer­debe­sitzer SmartPak, ein Unternehmen, das heute ein 40-Mil­lio­nen-Dol­lar-Geschäft in den ganzen USA betreibt. Die Firma bietet Produkte an, die auf jeden Kunden individuell zugeschnit­ten sind und erst nach Vorbestel­lung produziert werden. Sie ermöglichen den Pfer­de­be­treuern, jedem einzelnen Tier im Stall genau die richtige Ration an Nahrungszusätzen zu ve­rabre­ichen. Zu Beginn wurde die Idee kombiniert mit einer Mar­ket­ing­welle über das Internet und der Kooperation mit UPS. SmartPak zeigte dem Ver­san­dun­ternehmen, wie es beim Verschicken von Pfer­de­nahrung Kosten sparen konnte – und profitierte selbst davon. Wenn Sie einen ähnlichen Weg wie SmartPak gehen wollen, denken auch Sie darüber nach, wie einer Ihrer Di­en­stleis­ter oder Lieferanten Kosten sparen könnte. Haben Sie eine Idee für ihn, senken Sie automatisch auch die eigenen Ausgaben. Außerdem sollten Sie wo immer möglich moderne Tech­nolo­gien für sich arbeiten lassen; beziehen Sie also das Internet in Ihre Überlegungen mit ein.

Werden Sie nicht zum Supertanker

Wenn Sie Ihren Weg gefunden haben und sich die ersten Erfolge einstellen, müssen Sie vor allem flexibel bleiben. Entscheiden Sie nicht ausschließlich aufgrund von Marktdaten, sondern vertrauen Sie auch auf Ihre Intuition. Suchen Sie nicht um jeden Preis nach Wachstum. Bleiben Sie vielmehr Ihrem Fokus treu und erweitern Sie das Angebot in Ihrer Kernkom­pe­tenz. Ganz wichtig: Förden Sie In­no­va­tio­nen, nur dann hat Ihr Unternehmen Zukunft. Wenn Sie diese Punkte beherzigen, bleiben Sie wendig wie ein flinkes Segelboot. Das sollte Ihr Ziel sein. Supertanker sind alles in allem zu träge, und das hat langfristig Kon­se­quen­zen. Denken Sie an die Swissair.

Über den Autor

Jim Champy gilt als Man­age­mentvor­denker. Zu seinen er­fol­gre­ich­sten Büchern zählt der zusammen mit Michael Hammer geschriebene Bestseller Business Reengi­neer­ing.