Anpassung ist überlebenswichtig
Biologie hat mit Wirtschaft nichts zu tun, denken Sie? Falsch gedacht. Eine von Charles Darwins Hauptthesen lautet: Tiere, die sich ihrer Umwelt am besten anpassen, haben die größten Überlebenschancen. Genau das Gleiche gilt für Unternehmen – speziell für solche, die schon lange auf dem Markt sind und sich ihrer Tradition so verpflichtet fühlen, dass sie nicht bemerken, wie notwendig eine Überarbeitung ihres Geschäftskonzepts ist. Denken Sie etwa an die Swissair: Die Schweizer Fluglinie überhörte etliche Warnungen und hielt stattdessen an Vorstellungen fest, die längst nicht mehr der Zeit entsprachen – womit das Unternehmen direkt in die Pleite flog. Die Nachfolgerin Swiss gehört heute zum Lufthansa-Konzern.
Ich sehe was, was du nicht siehst
Neben solchen Negativbeispielen gibt es zum Glück auch Überflieger wie Sonicbids. Die Firma wurde 2001 gegründet. Der Umsatz 2003: rund 250 000 $. 2005: drei Millionen. Weitere zwei Jahre später: acht Millionen. Das Geheimnis dieses Erfolgs könnte man auf die alte Redensart „Kleinvieh macht auch Mist“ zurückführen. Denn der Gründer von Sonicbids erkannte, dass es viel mehr unbekannte Musiker als Stars gibt und gleichzeitig eine Vielzahl von Anlässen, an denen gute, aber bezahlbare Bands spielen sollen. Also baute er eine Vermittlungsplattform auf. Für höchstens 100 $ im Jahr werden Musiker dort Mitglied und bekommen im Gegenzug Unterstützung bei der Erstellung eines elektronischen PR-Pakets, mit dem sie sich bei Veranstaltern bewerben können. Um einen ähnlichen Erfolg wie Sonicbids zu erzielen, benötigen Sie vor allem eines: Weitblick. Verbinden Sie viele Einzelinformationen zu einem großen Ganzen. Erkennen Sie Probleme und suchen Sie nach einer Lösung. Denken Sie nicht klein-klein, sondern global. Und schärfen Sie Ihren Blick für die Zukunft: Was heute als Geschäftsmodell funktioniert, kann morgen schon wieder veraltet sein.
Aus dem Rahmen fallen
Wer sagt, dass Krankheiten nur von Ärzten geheilt werden können? Gut ausgebildete Krankenschwestern können bei einfachen Leiden auch weiterhelfen. Das ist der Grundgedanke hinter dem US-Unternehmen Minute Clinic. Dessen Gesundheitsshops haben an sieben Tagen in der Woche insgesamt mindestens 72 Stunden geöffnet. Für bezahlbare Preise helfen sie Patienten weiter, die Allergien oder Schnupfen haben, an Fußpilz leiden oder sich Fäden ziehen lassen müssen. Der Weg zum Erfolg war jedoch lang und beschwerlich, die Bevölkerung zuerst sehr skeptisch – bis die erste Gewerkschaft auf das Modell aufmerksam wurde. Sie zahlte ihren Mitgliedern nämlich einen Teil der Arztkosten. Mit Minute Clinic konnte sie ihnen sogar die gesamte Summe bezahlen – und dabei noch sparen. Während weitere Verbände schnell den gleichen Weg gingen, war die Kritik aus der Ärzteschaft harsch. So ließ der Durchbruch weiter auf sich warten. Erst als ein Marketingfachmann Geschäftsführer wurde, stellte sich langsam der Erfolg ein. Sie sehen: Eine gute Idee allein reicht nicht aus. Sie brauchen auch Durchhaltewillen, um zum Ziel zu kommen. Außerdem müssen Sie einen Blick für Veränderungen haben: Funktioniert ein erster Anlauf nicht, analysieren Sie das Problem und lösen Sie es mithilfe von Anpassungen. Verlieren Sie dabei Ihre Branche nie aus den Augen, aber schauen Sie auch über den Tellerrand hinaus.
Vorsprung durch Wissen
Smith & Wesson stellt seit über 150 Jahren Handfeuerwaffen her. Ein Unternehmen, das schon Soldaten im Bürgerkrieg ausgestattet hat und weltweit Streitkräfte und Polizisten mit Revolvern versorgt, kann nicht untergehen, oder? Fakt ist, dass es eine Zeit gab, in der der Aktienkurs von S&W bei nur noch einem Dollar stand. Und das kam nicht von ungefähr: S&W verschlief den Trend zu leichteren Kunststoffwaffen und ließ sich aus dem Markt drängen. Dann kam ein neuer CEO, der mit Waffen bisher nichts am Hut gehabt hatte. Er stellte neue Vertriebsmitarbeiter ein und schulte sie umfassend in Verkaufsförderung. Außerdem verbreiterte das Unternehmen sein Waffenangebot. Die Folge: In rund vier Jahren stieg der Aktienkurs auf 23 $ und der Umsatz von 100 auf 237 Millionen. S&W war wieder auf der Überholspur. Um in Ihrem Unternehmen eine solche Kehrtwende zu machen, brauchen Sie die richtigen Leute in der Firma. Wichtig ist außerdem, dass Sie genau wissen, worauf der Erfolg Ihres Unternehmens beruht. Kombinieren Sie diese Erfolgsfaktoren mit Sparmöglichkeiten – dann kann es eigentlich nur aufwärtsgehen.
Das Rad weiterdrehen
Shutterfly ist ein Unternehmen, das aus digitalen Fotos alles Mögliche macht: Fotobücher, Kalender, Postkarten oder personalisierte Bürogegenstände. Zusätzlich können sich die Kunden in einer Community online austauschen. Damit hat Shutterfly einen Trend im richtigen Moment wahrgenommen. Denn die Amerikaner lieben es, ihre Individualität auszudrücken, sei es durch Blogging und Podcasts oder durch die Kommentierung solcher Beiträge im Internet, sei es mit individuellen Handy-Klingeltönen oder personalisierten Fotoprodukten. Das Beispiel zeigt, dass Unternehmen dann Erfolg haben, wenn sie an ihrer Kernkompetenz festhalten, sich aber trotzdem ein Gespür für aktuelle Trends bewahren. Außerdem sollten Sie überprüfen, inwieweit sich Ihre Produkte mit Emotionen besetzen lassen, denn Gefühle können den Geschäftserfolg beflügeln.
Do it yourself
Viele Unternehmen gewinnen durch Outsourcing. Dadurch behalten sie weitgehend die Kontrolle und können gleichzeitig die Kosten senken. Aber je anspruchsvoller ein Produkt ist, je mehr es den Kundenbedürfnissen angepasst werden muss, desto eher stellt sich die Frage, ob Outsourcing der richtige Weg ist. S.A. Robotics hat sich dagegen entschieden. Das Unternehmen entwickelt ferngesteuerte Roboter, die Menschen vor Giftmüll oder Verseuchung schützen. Das ist an sich schon ein interessanter Aufgabenbereich. Hinzu kommt: Kein Kunde ist wie der andere, und somit ist auch jedes Produkt einzigartig. Diese Roboter dürfen keine Fehler machen, denn kein Mensch kann in ihre Einsatzbereiche gehen, um sie dort zu reparieren. Das führt zu einem erhöhten Kontrollbedarf der Produkte, und darum wäre Outsourcing der falsche Weg. S.A. Robotics hat sich entschlossen, alles selbst zu machen. Dafür benötigt die Firma die besten Mitarbeiter, die sie bekommen kann. Gute Bezahlung und eine faire Unternehmenskultur sind die Voraussetzungen dazu. Prüfen Sie in Ihrem Unternehmen, ob Outsourcing der richtige Weg oder eher kontraproduktiv ist. Fragen Sie sich außerdem, wie zufrieden Ihre Mitarbeiter bei Ihnen sind. Können sie sich für Ihre Produkte und das Unternehmen begeistern? Falls nein, was müssten Sie tun, um die Stimmung zu verbessern?
Auch Trittbrettfahrer haben Erfolg
Eines Tages im Jahr 2000 kaufte Jeff Grady einen iPod von Apple. Das Gerät war für ihn so wertvoll, dass er es mit einer Hülle vor Umwelteinflüssen schützen wollte. Eine solche gab es aber leider nicht – also erfand er sie. Und dazu nach und nach so viel anderes Zubehör, dass Philips Electronics auf ihn aufmerksam wurde und seine Firma 2007 kaufte. Ähnlich lief es bei Sheri und Rich Schmelzer, deren Töchter die bunten Weichharz-Clogs, Crocs genannt, liebten. Sheri steckte einmal eine Blume in eines der Löcher, die die Crocs auf der Oberseite zur Beatmung haben – und Rich, der schon mehrere Unternehmen gegründet hatte, erkannte das Potenzial dieser Tat. Er ließ die Idee patentieren, schickte seine Kinder mit vielfältig verzierten Crocs zur Schule – und die Nachfragewelle rollte los. Das Produkt namens Jibbitz stellten die Richs zunächst im Keller her. Doch bei 200–250 Bestellungen am Tag war das bald nicht mehr ausreichend. Jibbitz wuchs ständig weiter und wurde schließlich von Crocs gekauft – für zehn Millionen Dollar. Diesem Beispiel lässt sich entnehmen, dass ein Geschäftsmodell dann erfolgreich sein kann, wenn es Wachstumspotenzial hat. Sollten Sie eine Trittbrettfahrer-Idee haben, denken Sie außerdem darüber nach, was passiert, wenn die beste Zeit für Ihr Produkt vorbei ist.
Ordnungsfanatiker gesucht
Ein Technologieexperte und ein Marketingfachmann taten sich im Jahr 2000 zusammen und brachten einen Katalog heraus, der heute das Zubehör von über 560 Marken aus dem Elektronikbereich beinhaltet, rund acht Millionen Teile. Das Unternehmen heißt Partsearch und hat seit 2001 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 85 % im Jahr. Kein Wunder: Früher war es für Kunden und Händler oft ein langwieriger und komplizierter Vorgang, Ersatzteile eines elektronischen Produkts zu bekommen. Das änderte sich mit Partsearch. Heute müssen Kunden nur noch zum Telefon greifen, und ihnen wird ganz gezielt geholfen. Nur kurze Zeit später halten sie das notwendige Teil in ihren Händen. Diesen Vorteil erkannte auch der Elektronikhändler Best Buy. Als er sich auf eine Kooperation mit Partsearch einließ, gewannen die Newcomer das Spiel, denn nun zogen auch andere Händler nach. Wenn Sie ein Unternehmen aufbauen wollen, das schnell wachsen soll, suchen Sie am besten eine Branche, in der die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Partnern nicht reibungslos läuft. Finden Sie für deren Probleme eine Lösung, und Ihr Erfolg ist fast vorprogrammiert. Die Kooperation mit einer großen Firma kann sinnvoll und ein Türöffner sein. Passen Sie jedoch auf, dass Sie nicht aufgefressen werden!
Es geht auch einfacher ...
Ähnlich wie bei Partsearch verlief der Geschäftserfolg von SmartPak. Auslöser war ein krankes Pferd, das seine Nahrungszusätze nicht bekommen konnte, weil die Dosierung für die Angestellten zu kompliziert war. Darauf gründeten die Pferdebesitzer SmartPak, ein Unternehmen, das heute ein 40-Millionen-Dollar-Geschäft in den ganzen USA betreibt. Die Firma bietet Produkte an, die auf jeden Kunden individuell zugeschnitten sind und erst nach Vorbestellung produziert werden. Sie ermöglichen den Pferdebetreuern, jedem einzelnen Tier im Stall genau die richtige Ration an Nahrungszusätzen zu verabreichen. Zu Beginn wurde die Idee kombiniert mit einer Marketingwelle über das Internet und der Kooperation mit UPS. SmartPak zeigte dem Versandunternehmen, wie es beim Verschicken von Pferdenahrung Kosten sparen konnte – und profitierte selbst davon. Wenn Sie einen ähnlichen Weg wie SmartPak gehen wollen, denken auch Sie darüber nach, wie einer Ihrer Dienstleister oder Lieferanten Kosten sparen könnte. Haben Sie eine Idee für ihn, senken Sie automatisch auch die eigenen Ausgaben. Außerdem sollten Sie wo immer möglich moderne Technologien für sich arbeiten lassen; beziehen Sie also das Internet in Ihre Überlegungen mit ein.
Werden Sie nicht zum Supertanker
Wenn Sie Ihren Weg gefunden haben und sich die ersten Erfolge einstellen, müssen Sie vor allem flexibel bleiben. Entscheiden Sie nicht ausschließlich aufgrund von Marktdaten, sondern vertrauen Sie auch auf Ihre Intuition. Suchen Sie nicht um jeden Preis nach Wachstum. Bleiben Sie vielmehr Ihrem Fokus treu und erweitern Sie das Angebot in Ihrer Kernkompetenz. Ganz wichtig: Förden Sie Innovationen, nur dann hat Ihr Unternehmen Zukunft. Wenn Sie diese Punkte beherzigen, bleiben Sie wendig wie ein flinkes Segelboot. Das sollte Ihr Ziel sein. Supertanker sind alles in allem zu träge, und das hat langfristig Konsequenzen. Denken Sie an die Swissair.