Leiden Sie an Vitamin-B-Mangel?
Kein Zweifel, Networking ist angesagt, ein richtiger Hype. Ziehen Sie daraus den Schluss, dass Sie mit dem ganzen Klüngel nichts zu tun haben möchten und kein Netzwerk brauchen? Aufgepasst: Privat vertrauen Sie doch auch auf freundschaftlichen Rat und geben selbst Empfehlungen ab. Oder glauben Sie, nirgendwo dazuzugehören?
„Nehmen Sie jeden Kontakt ernst. Es gibt weder unwichtige Menschen (was für eine Einstellung) noch wertlose Kontakte.“
Auch das ist ein Irrtum: Ob Sie wollen oder nicht, Sie sind per Geburt Mitglied in mindestens einem Netzwerk, nämlich in Ihrer Familie. Im Laufe des Lebens kommen weitere dazu: Mitschüler, Kommilitonen, Kollegen usw. Von all diesen Netzen können Sie in bestimmten Situationen profitieren. Denn Erfolg hängt weniger von tollen Ideen oder Produkten ab als von den richtigen Menschen, die einem den Weg dafür frei machen. Unterschätzen Sie deshalb nie den Wert eines Netzwerks, auch wenn es kein selbst gewähltes ist. Mit der Zeit wachsen Netzwerke qualitativ und quantitativ, und damit auch die Anzahl und der Wert Ihrer Kontakte.
Networking will gekonnt sein
Um Kontakte zu knüpfen, die Sie weiterbringen, benötigen Sie besondere Fähigkeiten: Lust am Smalltalk, soziale Kompetenz und den Mut, auf andere zuzugehen. Klingt leicht, ist es aber nicht immer, zumindest nicht für jeden. Die gute Nachricht: Professionelles Networking ist lernbar. Die Techniken sind einfach, wichtiger aber ist die richtige Einstellung. Folgende Tipps helfen Ihnen:
- Besuchen Sie Veranstaltungen allein, dann lernen Sie automatisch mehr Menschen kennen. Sprechen Sie andere Einzelpersonen an, das ist für beide oft eine Erleichterung.
- Gehen Sie bei der Kontaktaufnahme nicht nach Schema F vor, sondern verhalten Sie sich der Situation angemessen.
- Seien Sie gut vorbereitet, lassen Sie aber trotzdem die Dinge auf sich zukommen.
- Neugier, Respekt vor dem Gegenüber und Grundkenntnisse des Knigge haben noch nie geschadet, auch nicht bei der virtuellen Kontaktaufnahme.
- Sie dürfen Visitenkarten großzügig verteilen, am besten am Schluss eines Gesprächs.
- Wenn Sie einen Termin wünschen, fragen Sie niemals beim ersten Treffen danach. Nehmen Sie stattdessen nach ein oder zwei Tagen erneut Kontakt auf und knüpfen Sie an das letzte gemeinsame Treffen an.
Geben ist seliger als nehmen
Zu den verbreiteten Irrtümern gehört, dass sich in einem Netzwerk Geben und Nehmen irgendwann ausgleichen. Das ist aber nur selten der Fall. Im Gegenteil: Mit überhöhten Erwartungen und (Verkaufs-)Absichten erzielen Sie bei einem Gesprächspartner lediglich Abwehr und Schuldgefühle. Und zwar zu Recht, denn Networking ist nicht dasselbe wie Verkaufen!
„Soziale Kontakte im privaten und beruflichen Umfeld sind seit Menschengedenken wichtig, beinahe überlebenswichtig.“
Wenn Sie jemandem etwas Gutes tun, erwarten Sie keine Gegenleistung – weder vom Gegenüber noch vom Universum. Wechseln Sie die Herangehensweise: Wenn Sie meinen, dass eine Bekanntschaft für zwei Personen sinnvoll ist, bringen Sie diese zusammen. Indem Sie solche Verknüpfungen herstellen, stehen Sie in loser Verbindung zu vielen Mitgliedern und verabschieden sich von 1:1-Beziehungen. Sie werden so zum Netzwerk-Knotenpunkt, einem wichtigen Vermittler, der alle Fäden in der Hand hält.
„Großzügige Netzwerker rechnen nicht und dennoch werden Netzwerker niemals mit dem Ab- und Ausbau Ihres Netzwerkes aufhören, weil es sich nicht lohnt.“
Netzwerken Sie bedingungslos und großzügig! Berechnungen über Ihre zeitlichen und monetären Investitionen und den möglichen Rückfluss in Form von Aufträgen können Sie sich sparen – der direkte Nutzen eines Netzwerks lässt sich nicht in Zahlen messen. Außerdem nehmen Sie sich so erheblichen Druck von Ihren Schultern. Bauen Sie Ihre Netzwerke auf, bevor Sie sie brauchen. Bringen Sie genügend Geduld mit, denn Networking ist etwas Dauerhaftes. So können Sie den nötigen Abstand von wirtschaftlichen Aspekten halten und bekommen trotzdem einen Mehrwert – in Form von Wertschätzung und Wissenszuwachs.
Networking braucht nicht viel Aufwand
Sie müssen weder in 30 Netzwerken gleich aktiv sein noch eine intensive Beziehung zu jedem Kontakt pflegen. Ihre wichtigsten Kontakte sind ohnehin die zweiten Grades. Mit diesen stehen Sie nur in loser Verbindung, können aber bei Bedarf auf sie zugreifen, z. B. wenn Ihnen eine fachliche Frage auf den Lippen brennt. Tipp: Geben Sie sich für Ihre täglichen Netzwerkaktivitäten im Internet ein Zeitbudget vor. Auch in den vielen kleinen Netzen, mit denen man nur geringe Schnittstellen hat, kann man sich leicht verzetteln.
„Bauen Sie Ihre Netzwerke auf, bevor Sie sie brauchen, denn zum jetzigen Zeitpunkt können Sie noch gar nicht wissen, was Ihr Netzwerk in einem Jahr leisten können sollte.“
Wie viele Netzwerke braucht ein Mensch? Welche Netzwerke sind die richtigen? Online geht der Trend zu vertikalen Themennetzen, z. B. für eine Branche – die sind ideal, um fachliche Inhalte auszutauschen. Horizontale Netze hingegen sind für alle Berufsgruppen offen und bieten die Möglichkeit, über den eigenen Horizont hinauszuschauen. Clubs wie etwa Rotary verfolgen weniger wirtschaftliche Ziele, sondern engagieren sich in sozialen Projekten. Erfolgreich sind diese Netzwerkmodelle alle. Am besten, Sie nutzen mindestens ein horizontales Netzwerk und sind Mitglied in beliebig vielen vertikalen Netzen.
Networking online und offline
Fast zwei Drittel aller Internetnutzer über 18 Jahre sind mindestens in einem Social Network wie z. B. Facebook Mitglied. In einem virtuellen Netz können Sie einfach und schnell neue Kontakte knüpfen oder bestehende pflegen. Außerdem werden Sie und die von Ihnen angebotene Leistung anhand Ihres Profils in einschlägigen Datenbanken schnell gefunden. Sie sind jederzeit mit Ihren Netzwerken und Kontakten verbunden und zeigen, mit wem Sie sonst noch zu tun haben. Wie viel und was Sie bekannt machen wollen, liegt dabei in Ihrer Hand.
„Kontakte kann man nicht fusionieren, und das ist auch gut so.“
Das Web 2.0 ist ein hilfreiches Werkzeug, um neue Beziehungen aufzubauen. Allerdings gelten online dieselben Umgangsformen wie offline. Das eigentliche Networking findet aber überwiegend im echten Leben statt, denn erst persönliche Treffen und gemeinsames Erleben schaffen ein ausreichendes Zusammengehörigkeitsgefühl. Um aus einem virtuellen Kontakt einen realen zu machen, müssen Sie zuerst eine Vertrauensbasis herstellen. Beherzigen Sie folgende Tipps:
- Unaufdringlicher, guter Kommunikationsstil ist entscheidend, damit eine Kontaktaufnahme gelingt. Auch ein gutes Foto wirkt vertrauensbildend.
- Arbeiten Sie an Ihrer Online-Reputation: Tummeln Sie sich in Fachforen, sammeln Sie Bewertungen und holen Sie positive Referenzen von Geschäftspartnern ein.
- Machen Sie bekannt, wo und wann Sie offline anzutreffen sind: auf einer Veranstaltung, an einer Messe oder in einer anderen Stadt.
Kontakte zweiten Grades bringen am meisten
Der Psychologe Stanley Milgram versuchte 1967 zu beweisen, dass jeder Mensch mit jedem anderen über sechs Ecken verbunden ist. Ob Ihnen das beim Networking hilft? Business-Netzwerke wie Xing jedenfalls nutzen diese Theorie und stellen eigene Verbindungen zu anderen Kontakten visuell dar.
„Wird ein vermeintliches Netzwerk mit Zwang, Vertrieb und Umsatzzahlen angereichert, dann ist dies der Untergang des Networking.“
Wirklich relevant sind aber nur die Kontakte zweiten Grades: Zu diesen Personen haben Sie einen direkten Anknüpfungspunkt über Ihren Kontakt ersten Grades. Wenn Sie höflich fragen, wird man Sie gern mit Ihrem Wunschkontakt zusammenbringen. Vorausgesetzt, beide Seiten haben einen Nutzen davon. Und je öfter Sie selbst andere Menschen miteinander verknüpfen, desto öfter wird Ihnen im Gegenzug ein interessanter Kontakt vorgestellt. Tipp: In Online-Netzwerken wie LinkedIn können Sie gezielt nur in Kontakten zweiten Grades nach gewünschten Informationen suchen.
„Der Kundenkontakt im Rahmen einer Akquisesituation ist kein Networking und beim Networking sollte man sich nicht in einer Akquisesituation wähnen.“
Gegenseitiges Verknüpfen ist eine Schlüsselfunktion des Networking und offenbart ein riesiges Potenzial für alle Beteiligten. Denn das so genannte „schwache Netzwerk“ zweiten Grades verfügt über wertvolle Informationen, die das Netzwerk ersten Grades noch nicht kennt, z. B. offene Stellen. Eine Untersuchung ergab, dass von mehreren hundert Technikern über 50 % ihren Job über einen Kontakt vermittelt bekamen, dass aber nur 17 % eine enge Beziehung zu diesem hatten. Lockere und oft als oberflächlich abgestempelte Kontakte sind also überaus wertvoll. Im engen Netzwerkkreis haben fast alle die gleichen Interessen. Um Neues zu erfahren, müssen Sie über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Dabei können Ihnen Ihre virtuellen Kontakte helfen.
Die Qualität Ihrer Kontakte
Oft hört man, beim Networking ginge Qualität vor Quantität. Dann werden schon mal freundliche Kontaktanfragen abgelehnt oder bestehende Kontakte gelöscht. Dahinter steckt die Vorstellung, „Person X hat mir nichts gebracht“ oder „Person Y kenne ich nicht persönlich“. Seien Sie vorsichtig, was die qualitative Beurteilung Ihrer Netzwerke und Kontakte angeht! Oft kommen z. B. wichtige Entscheider gar nicht zu Events, sondern delegieren Aufgaben an fachlich versierte Mitarbeiter. Behandeln Sie auf einem Netzwerktreffen deshalb jede Person so, als sei sie ein möglicher Kunde.
„Jeder einzelne Kontakt ist wertvoll, nur der Zeitpunkt, an dem sich dieser Wert für das Netzwerk auszahlt, ist unbestimmt.“
Nehmen Sie jeden einzelnen Menschen wichtig (das sollte sowieso selbstverständlich sein) und jeden Ihrer Kontakte ernst. Das bedeutet nicht, ihn in ein Akquisegespräch zu verwickeln! Suchen Sie lieber nach Gatekeepern, Türöffnern. Diese sondieren den Markt und treffen für die Entscheider eine Vorauswahl, wer überhaupt vorsprechen darf. Der Wert eines Kontakts hängt im Allgemeinen weniger von seinem Status oder seiner Stellung ab, sondern von seiner Bereitschaft zum Networking. Ein paar nützliche Tipps:
- Wenn Sie nur eine Person in einem Unternehmen kennen, können Sie über diese mit Leichtigkeit den Kontakt zu jeder anderen herstellen (lassen).
- Sind Sie dem „Frühjahrsputz“ zum Opfer gefallen und Ihr Kontakt wurde gelöscht? Anstatt nach dem Warum zu fragen, fragen Sie nach, was Sie falsch gemacht haben.
- Wenn Sie selbst eine Geschäftsbeziehung beenden möchten, dann bitte so, dass Sie jederzeit wieder mit einem guten Gefühl Kontakt aufnehmen können.
- Wenn Sie Ihre Kontakte in Kategorien einteilen, können Sie bestimmte Gruppen leichter herausfiltern. Vermeiden Sie aber qualitative ABC-Einstufungen. Verwenden Sie lieber wertneutrale Tags, z. B. bezüglich der Art des bisherigen Kontakts oder der Branche.
Networking ist nicht Akquise
„Kontakte bringen Synergien“, wird oft behauptet. Aber wer profitiert hier eigentlich von wem? Meist nur derjenige, der Ihnen etwas verkaufen will. Natürlich lebt Netzwerken auch davon, anderen zu einem Geschäft zu verhelfen. Trotzdem dürfen Sie Networking nicht mit Vertrieb gleichsetzen. Genauso wenig wie mit Visitenkartenpartys, Business-Dinner oder Network-Marketing.
„Vertrieb ist eher Druck (aber bitte fair bleiben) und Networking eher Sog.“
Mit seriösem Networking haben Akquisitionsnetzwerke nichts zu tun, es geht allein um Verkaufszahlen. Anstatt Ihre Zeit auf moderierten Akquiseveranstaltungen zu vergeuden und angeordnete Konversation zu ertragen, sollten Sie lernen, auf fremde Menschen zuzugehen. Dann können Sie Ihre Gesprächspartner selbst aussuchen und müssen nicht unerwünschte Akquise abwimmeln.
„0 % Akquise ergeben bis zu 100 % Akquiseerfolg.“
Fazit: Networking kann die klassische Akquise nicht ersetzen. Kontakte und Empfehlungen bieten Ihnen lediglich die Chance, potenzielle Kunden kennen zu lernen. Vielleicht kommt bei einem Gespräch unter Netzwerkern mal ein Auftrag heraus – das sollte aber nie das erklärte Ziel sein. Je weniger Sie beim Networking versuchen, etwas zu verkaufen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, einen Auftrag zu generieren.