Shared Service Center

Buch Shared Service Center

Konzeption und Implementierung in internationalen Unternehmen

Kohlhammer,


Rezension

Wie Unternehmen von der Gründung eines Shared Service Center profitieren können und vor welchen besonderen Her­aus­forderun­gen sie dabei stehen, erläutern die Autoren in diesem Buch kurz und bündig – nur leider in einer sehr akademis­chen Sprache. Das Konzept des Shared Service Center wird seit mehr als zehn Jahren von in­ter­na­tionalen Konzernen umgesetzt. Trotzdem sind längst nicht alle Fragen zu diesem Thema beantwortet: Welche regionalen Aus­rich­tun­gen sind in welchen Fällen zu empfehlen? In welcher Phase steuert das Controlling mit welchen In­stru­menten? Zur Beant­wor­tung werden Erken­nt­nisse aus der Fach­lit­er­atur ebenso wie Prax­is­beispiele zusam­menge­tra­gen und analysiert. BooksInShort empfiehlt das Buch Führungskräften, die sich einen fundierten Überblick über Chancen und Risiken eines Shared Service Center verschaffen wollen.

Take-aways

  • In einem Shared Service Center (SSC) kann ein Unternehmen seine ad­min­is­tra­tiven Prozesse bündeln.
  • Bewährte SSC-Prozesse sind Finanz- und Con­trol­lingauf­gaben, Per­son­al­we­sen, IT, Archivierung und Beschaffung.
  • Nur stan­dar­d­isier­bare Prozesse, die nicht wet­tbe­werb­srel­e­vant sind, eignen sich für ein SSC.
  • Ein SSC kann national, regional oder global aus­gerichtet sein.
  • Bevor Sie sich für einen Standort entscheiden, prüfen Sie die rechtlichen, wirtschaft­spoli­tis­chen und in­fra­struk­turellen Rah­menbe­din­gun­gen.
  • Beim transak­tions­basierten Service stehen stan­dar­d­isier­bare Prozesse im Vordergrund, beim ex­per­tise­basierten Service geht es um die Bündelung von Wissen.
  • Entschei­dend für den Erfolg des SSC ist dessen rei­bungslose Kom­mu­nika­tion.
  • Nationale Behörden fordern aus Steuergründen, dass die un­ternehmensin­ter­nen Ver­rech­nung­spreise mit denen eines Frem­dan­bi­eters ver­gle­ich­bar sind.
  • Ihre Mitarbeiter werden dem SSC skeptisch gegenüber stehen. Kom­mu­nizieren Sie offen, bieten Sie Feedback-Möglichkeiten und Schulungen an.
  • Das SSC unterliegt dem konz­ern­weiten Controlling; schaffen Sie trotzdem zusätzlich eine SSC-interne Kon­trol­linstanz.
 

Zusammenfassung

Kosten sparen

Angesichts des steigenden Wet­tbe­werb­s­drucks werden viele Unternehmen auf das Op­ti­mierungspoten­zial ihrer Prozesse geprüft. Standen bislang überwiegend die Kern­prozesse im Mittelpunkt, geht es jetzt zunehmend um die ad­min­is­tra­tiven Bereiche wie Finanzen, Personal oder IT. Eine Form der Optimierung bieten die so genannten Shared Service Center (SSC). In den USA wird dieser Ansatz schon seit etwa zehn Jahren verfolgt. Dabei bündelt der Konzern seine ad­min­is­tra­tiven Prozesse in einer wirtschaftlich selbstständigen Un­ternehmen­sein­heit. Beauftragt werden diese dann von den ver­schiede­nen dezentral geführten Geschäft­sein­heiten des Konzerns. Die Eingliederung in das Gesam­tun­ternehmen erfolgt auf un­ter­schiedliche Weise:

  • Beim Kern­bere­ichsmod­ell geben die Geschäftsbereiche ad­min­is­tra­tive Funktionen vollständig an das SSC ab.
  • Beim Stabsmodell fungiert das SSC lediglich als Stabsstelle, welche Entschei­dun­gen für die Geschäft­sein­heiten vorbereitet.
„Aus dem Spagat zwischen einer Erhöhung der Flexibilität durch Dezen­tral­isierung und einer Gemeinkostenre­duzierung durch Zen­tral­isierung entstand das Konzept der Shared Services.“

Zwischen diesen beiden Extremen existieren noch das Richtlin­ien-, das Matrix- und das Ser­vice-Mod­ell.

Bei der Gründung eines SSC verfolgen Unternehmen un­ter­schiedliche Ziele. Meist geht es um die Einsparung von Kosten für Miete, Büroausstat­tung, Kom­mu­nika­tion­s­mit­tel und vor allem Personal, die sich durch eine Zusam­men­le­gung von Standorten erreichen lässt. Das US-Un­ternehmen Teneco beispiel­sweise spart dank seinem SSC jährlich ca. 40 Millionen Dollar in den Bereichen Per­sonal­man­age­ment, Rech­nungswe­sen und IT. Daneben verfolgen Unternehmen aber auch sachliche Ziele: Sie wollen die Leis­tungsqualität steigern oder Prozesse optimieren.

Transaktion oder Expertise

Der vom SSC zu erbringende Service kann transak­tions- oder ex­per­tise­basiert sein. Bei transak­tions­basierten Services werden stan­dar­d­isier­bare und ressourcenin­ten­sive Ver­wal­tungsauf­gaben übernommen. Das Unternehmen spart mit deren Bündelung Kosten und geht ein relativ geringes wirtschaftliches Risiko ein. Ex­per­tise­basierte SSC übernehmen dagegen Prozesse, die hohe An­forderun­gen an die Fähigkeiten und das Wissen der Mitarbeiter stellen. Weil solche Prozesse in den einzelnen Einheiten des Un­ternehmens eher selten anfallen, lohnt es sich kaum, dafür mehrere Stellen im Unternehmen zu schaffen. Die in der zentralen Einheit beschäftigten Mitarbeiter sind hoch spezial­isiert, beraten die operativen Einheiten und entwickeln Lösungen. Damit nimmt das ex­per­tise­basierte SSC eine überge­ord­nete Position im Unternehmen ein und orientiert sich bei allen Tätigkeiten am Un­ternehmensge­samtziel.

Externe Rah­menbe­din­gun­gen prüfen

Bevor Sie sich für die Gründung eines SSC entscheiden, müssen Sie die externen Rah­menbe­din­gun­gen prüfen, ins­beson­dere die geset­zlichen und die in­fra­struk­turellen Vo­raus­set­zun­gen. Selbst im heutigen Europa gibt es trotz vere­in­heitlichter Rechtssicher­heit und Wirtschaft­spoli­tik weiterhin Un­ter­schiede in der nationalen Steuerge­set­zge­bung und in der regionalen In­vesti­tionsförderung. Wollen Sie Ihr SSC außerhalb Europas ansiedeln, müssen Sie sich zudem mit dem Ar­beit­nehmer­schutz und den fach­spez­i­fis­chen Vorschriften vor Ort beschäftigen. Ganz wichtig sind die politische Stabilität sowie die rechtlichen und in­sti­tu­tionellen Rah­menbe­din­gun­gen. Einige Staaten bieten besondere Anreize für Un­ternehmen­san­sied­lun­gen, z. B. Steuervergünstigungen. Nehmen Sie auch die in­fra­struk­turellen Gegeben­heiten unter die Lupe: Gibt es genug Fachkräfte? Ist der neue Standort für Ihre Mitarbeiter gut erreichbar? Und stellen Sie die Qualität der Telekom­mu­nika­tion sicher. Stabile Stan­dleitun­gen mit hohen Datenübertra­gungsraten sind ein Muss.

Interne Rah­menbe­din­gun­gen prüfen und schaffen

Eine besondere Her­aus­forderung bei der Gründung eines SSC ist die Kom­mu­nika­tion. Während es in den operativen Einheiten einen Ansprech­part­ner aus Fleisch und Blut gibt, haben Sie es beim SSC mit einer anonymen Geschäftseinheit und neuen Mi­tar­beit­ern zu tun. Vollkommen neue Kom­mu­nika­tion­skanäle müssen etabliert werden. Ein Kernproblem vieler SSC sind die mangelnden Sprachken­nt­nisse der Mitarbeiter. Wenn diese die Konz­ern­sprache nicht oder nur un­zure­ichend beherrschen, ist eine vernünftige Zusam­me­nar­beit mit den operativen Einheiten nicht möglich.

„Wichtigstes Un­ter­schei­dungsmerk­mal des Out­sourcings vom Shared-Ser­vice-Konzept ist die fehlende Ein­flussnahme der Konz­ern­spitze auf das leis­tungser­stel­lende Unternehmen.“

Welche Prozesse an das SSC ausgelagert werden, hängt u. a. davon ab, ob sie stan­dar­d­isier­bar und wet­tbe­werb­srel­e­vant sind und ob sie bislang von mehreren operativen Einheiten ausgeführt werden. Prozesse, die nicht stan­dar­d­isier­bar sind und zurzeit nur von einer Einheit ausgeführt werden, kommen nicht infrage. Auch wenn ein Prozess auf einer wet­tbe­werb­srel­e­van­ten Kun­den­beziehung basiert, sollte er nicht ausgelagert werden. Zu den klassischen SSC-Prozessen gehören Finanz- und Con­trol­lingauf­gaben, Per­son­al­we­sen, IT und sonstige Unterstützungsauf­gaben, wie Archivierung oder Beschaffung.

„Der zentrale Aspekt für die Gründung eines SSC in einer Region ist die Verfügbarkeit von qual­i­fiziertem Personal.“

Als selbstständige Di­en­stleis­tung­sein­heit bildet ein SSC oft eine eigene Rechtspersönlichkeit. Bei einer Befragung gaben 58 % der Unternehmen an, die Rechtsform der GmbH gewählt zu haben. Die rechtliche Selbstständigkeit bietet sich vor allem für SSC an, die ihre Leistung auch auf dem un­ternehmen­sex­ter­nen Markt anbieten wollen, wie es in der Per­son­al­wirtschaft zunehmend der Fall ist. Zudem müssen Sie sich für eine so genannte „Greenfield-“ oder „Brown­field-Lösung“ entscheiden: Langfristig wird sich die Ansiedlung auf der grünen Wiese (Greenfield) eher rechnen; kurzfristig ist aber der Re­or­gan­i­sa­tions- und Im­ple­men­tierungsaufwand größer als bei einer Errichtung dicht am Hauptsitz (Brownfield).

„Auch wenn SSC meistens nicht mit der Absicht gegründet werden, selbst Wertbeiträge zu generieren, so besteht doch bei er­fol­gre­icher Entwicklung des SSC die Möglichkeit, pro­fes­sionelle Di­en­stleis­tun­gen auch für den externen Markt zur Verfügung zu stellen.“

Nicht nur die anfänglichen Kosten bestimmen darüber, wie erfolgreich ein SSC wirtschaftlich ist, sondern auch der Preis für die Leistungen, die es erbringen soll. Üblich sind un­ternehmensin­terne Ver­rech­nung­spreise. Weil diese das zu ver­s­teuernde Konz­erneinkom­men bee­in­flussen, fordern die nationalen Behörden einen Nachweis der Angemessen­heit. Die OECD hat dazu den Fremd­ver­gle­ich­grund­satz eingeführt. Danach muss der Ver­rech­nung­spreis in einer Höhe liegen, in der auch andere Akteure ihn festlegen würden.

National, regional oder global?

Je nach Ausrichtung un­ter­schei­det man drei SSC-Formen: das nationale, das regionale und das globale SSC.

  • Ein nationales SSC ist besonders dann empfehlenswert, wenn für die zu bündelnden Prozesse nationale Beson­der­heiten berücksichtigt werden müssen.
  • Regionale SSC können nach Kontinenten, Zeitzonen oder Wirtschaftsräumen aufgebaut werden. Zwar bergen sie das Risiko der Sprach- und Kul­tur­bar­ri­eren, dafür kann die Arbeitszeit auf Konz­ernebene optimiert werden, und es lassen sich Lohnkoste­nun­ter­schiede nutzen.
  • Ein globales SSC sollten Sie dann einrichten, wenn Prozesse konzernweit zusam­menge­fasst werden oder Expertise gefragt ist. Ein Beispiel für einen solchen Prozess ist die Auswertung von Man­age­ment-Re­porten.

Im­ple­men­tierung

Bevor das SSC-Projekt umgesetzt wird, führen Sie zunächst eine Be­stand­sauf­nahme Ihrer Prozesse durch. Welche davon eigenen sich für eine Auslagerung? Auf die Be­stand­sauf­nahme folgt die Konzeption des SSC, in der Sie den Leis­tung­sum­fang der neuen Einheit planen und ein Busi­ness-Case als be­trieb­swirtschaftliche Grundlage entwickeln. Aus­ges­tat­tet mit diesem Konzept geht es dann an die Umsetzung. Für die Re­or­gan­i­sa­tion der Prozesse gibt es zwei Wege: Die Prozesse werden vor oder nach der Übertragung an das SSC optimiert. Der erste Weg bietet den Vorteil, das bereits ex­istierende Prozess-Know-how sichern zu können. Leider sind aber nachträglich oft noch Anpassungen er­forder­lich. Der zweite Weg, die Prozes­sop­ti­mierung nach der Übertragung an das SSC, wird gewählt, wenn die Prozesse ohnehin eine neue IT-Plat­tform erhalten und im Zuge dessen verändert werden müssen.

„Eine effiziente Kom­mu­nika­tion ist einer der kritischen Er­fol­gs­fak­toren in Veränderung­spro­jek­ten.“

Wenn Sie ein SSC planen, rechnen Sie mit dem Widerstand Ihrer Mitarbeiter. Am besten begegnen Sie diesen Vorbehalten mit offener Kom­mu­nika­tion. Schaffen Sie außerdem eine Feedback-Möglichkeit für die Betroffenen, sodass sich jeder seine Sorgen und Befürchtungen von der Seele reden kann. Auch mit Schulungen und sonstigen Wis­senstrans­fers lässt sich für den Wandel Verständnis wecken.

Controlling

Was das Controlling betrifft, ist zu un­ter­schei­den zwischen Controlling des SSC und Controlling im SSC. Als selbstständige Einheit des Konzerns unterliegt ein SSC selbstverständlich dem konz­ern­weiten Controlling. Dabei wird geprüft, ob sich mit den fest­gelegten Strategien der Konzernwert tatsächlich steigern lässt. Als Basis für dieses konz­ern­weite Controlling muss ein SSC-in­ternes Controlling geschaffen werden. Es stimmt sämtliche Führungsak­tivitäten so aufeinander ab und übernimmt die ebenfalls wichtige Funktion der In­for­ma­tions­beschaf­fung und -weitergabe.

„Die wirtschaftliche Form des SSC hat wesentlichen Einfluss auf die Steuerungsgrößen und Instrumente, die das wer­to­ri­en­tierte Controlling zum Einsatz bringen kann.“

Die Ausprägung des Con­trol­lings ist abhängig von der Cen­ter-Or­gan­i­sa­tion, der En­twick­lungsphase und der Cen­ter-Struk­tur. Während z. B. bei einem Cost-Center vorwiegend das Kosten­bud­get kon­trol­liert wird, überwacht das Controlling beim Profit-Cen­ter zusätzlich noch die Erlöse. In der Aufbauphase in­ter­essiert sich das Controlling vorwiegend für die fi­nanziellen Aufwen­dun­gen, während in der Mark­to­ri­en­tierungsphase mehr auf die Pro­duk­tkalku­la­tion und die Ergeb­nis­rech­nung geschaut wird.

„Im Rahmen des Con­trol­lings von SSC müssen ins­beson­dere für die Konzernführung adäquate In­for­ma­tio­nen über den Erfolg und die Wertschöpfung des Centers bere­it­gestellt werden.“

Zu den In­stru­menten des SSC-Con­trol­ling zählen prozes­sori­en­tierte Instrumente wie die Prozesskosten­rech­nung, die Ser­vice-Level-Agree­ments für die Transparenz der Leistungen sowie wer­to­ri­en­tierte Kenn­zahlen­sys­teme.

SSC bei Henkel

Der Konsumgüter­pro­duzent Henkel betreibt zwei SSC, eines davon in Bratislava in der Slowakischen Republik. Die Wahl fiel auf diese Stadt, weil dort bereits eine Henkel-Nieder­las­sung existiert und qual­i­fiziertes Personal zur Verfügung steht. Zudem ist die Stadt vom Hauptsitz Düsseldorf und von Wien, der Os­teu­ropa-Zen­trale des Konzerns, mit dem Flugzeug sehr gut erreichbar. Das EU-Mitglied Slowakei ist wirtschaftlich und politisch stabil. Auch das noch ver­gle­ich­sweise niedrige Lohnniveau hat eine Rolle gespielt. Neben Abwicklung und Doku­men­ta­tion aller Warenströme und Ver­buchun­gen zwischen den einzelnen Henkel-Nieder­las­sun­gen wurde dem SSC auch die Kreditoren- und Deb­itoren­buch­hal­tung übertragen. Weil die Einheit in die bestehende Henkel-Nieder­las­sung eingegliedert werden konnte, musste keine selbstständige Gesellschaft gegründet werden. Das Controlling überprüft bei diesem SSC vorwiegend Kennzahlen, die das Volumen der bear­beit­eten Vorgänge und die Produktivität der Einheit beziffern. Daneben werden auch Kennzahlen zu Ve­r­ar­beitungs­geschwindigkeit und Qualität erfasst. Der Erfolg des Henkel-SSC zeigt sich überwiegend in Kosteneinsparun­gen, aber auch in einer hohen Prozesstrans­parenz, derer man sich für eine spätere Au­toma­tisierung bedienen kann.

Über die Autoren

Wolfgang Becker ist Inhaber des Lehrstuhls für Un­ternehmensführung und Controlling an der Universität Bamberg und wis­senschaftlicher Direktor des Deloitte Mit­tel­standsin­sti­tuts. Christian Kunz ist wis­senschaftlicher Assistent und Habilitand am Lehrstuhl von Prof. Becker. Benjamin Mayer arbeitet als Ju­nior-Man­ager in der in­ter­na­tionalen Steuer­abteilung bei der Henkel AG.