Qualifikation alleine reicht nicht
Die Frauen von heute sind hochqualifiziert. In karriererelevanten Fächern wie Rechtswissenschaften stellen sie z. T. mehr als die Hälfte der Absolventinnen. Trotzdem lag der Anteil von Frauen im Management 2007 laut einer Hoppenstedt-Studie bei bloß 15 %. Woher diese Diskrepanz? Die Ursachen sind vielfältig und sowohl gesellschaftlicher, struktureller als auch persönlicher Art. An mangelnden Führungseigenschaften liegt es jedenfalls nicht. Real existiert eine Männerwirtschaft, die Geschlechtsgenossen beim Aufstieg bevorzugt. Besonders die mittelmäßigen Männer riechen die drohende Konkurrenz und räumen ihren Platz nicht freiwillig. Kind und Karriere lassen sich nach wie vor schwer vereinbaren, und selbst kinderlos ist der Weg nach oben steinig und verlangt private Unterstützung. Von den Frauen, die es in eine Führungsposition geschafft haben, steigen viele wieder aus und machen sich selbstständig – aus Gründen der Lebensqualität. Ebenfalls viele zeigen eine natürliche Scheu vor Macht. Sie greifen nicht selbst danach, sondern fallen in einen Dornröschenschlaf und warten darauf, entdeckt zu werden. Oder sie verhalten sich wie die Bienenkönigin, die, oben angekommen, männlich agiert und keine Solidarität kennt. Frauen wollen durch Leistung überzeugen, doch das alleine genügt nicht: Sie müssen lernen, zu fordern und sich zu verkaufen. Denn beruflicher Aufstieg beruht nur zu 10 % auf Leistung, 30 % macht das Image aus, 60 % die soziale Vernetzung.
Strategisches Selbstmarketing in zehn Schritten
Stars wie Madonna haben ihren Namen zur Marke gemacht. Wer aufsteigen will, muss sich zeigen. Um erfolgreich auf der Unternehmensbühne aufzutreten, benötigen Sie kein Naturtalent; unentbehrlich ist hingegen kontinuierliche PR in eigener Sache. Erst, wenn Sie Ihr Angebot kompetent präsentieren und Ziele klar formulieren, nimmt Ihr Chef Sie auch wahr. Begleichen Sie Ihre Bringschuld, anstatt über die Ahnungslosigkeit anderer zu klagen! Setzen Sie sich Ziele und beherzigen Sie die folgenden Schritte:
Schritt 1: Sich selbst (er)kennen
Eigene Kompetenzen und Ziele zu kennen, ist der Schlüssel zum Erfolg. Finden Sie heraus, was Sie können und was Sie wollen. Breite Interessen sind kein Hindernis, müssen aber gefiltert werden. Am besten geht das, indem Sie Fragen wie folgende für sich klären: Was kann ich besonders gut, was ist mein Spezialgebiet? Was biete ich, was ist mir wichtig? Wo will ich in Zukunft stehen, wie viel Geld möchte ich verdienen? Wie kann ich meine Ziele erreichen, was muss ich in einem Jahr dafür tun? Wo sind Abstriche nötig, passen Unternehmen und Aufgaben zu mir? Wichtig: Zur Selbsterforschung gehören Phasen des Innehaltens. Schreiben Sie Ihre Antworten und Gedanken auf. Befragen Sie Freunde und Kollegen, um ihr Selbstbild mit dem Fremdbild abzugleichen. Nur, wenn Sie ein klares Bild von sich haben, können Sie dieses anderen zeigen. Mit einer solchen Vision ausgestattet, wird automatisch auch Ihr Selbstausdruck klarer. Denken Sie daran, Ihr Bild regelmäßig zu überprüfen. Denn wenn uns Ziele fehlen oder wir die falschen verfolgen, leidet die Motivation.
Schritt 2: Pläne schmieden
Obwohl ein Plan nicht automatisch funktioniert, sollten Sie sich einen zurechtlegen. Damit geben Sie Ihrem Handeln eine Richtung. Den optimalen Weg können Sie zwar nicht vorhersehen, aber aktiv gestalten. Setzen Sie Ihre vagen Wünsche in realistische Ziele um, die Sie positiv formulieren. Bleiben Sie konkret und machen Sie die Ziele überprüfbar. Achten Sie darauf, dass Sie diese innerhalb eines Zeitrahmens erreichen können. Auf dem Weg zum Ziel benötigen Sie vor allem Disziplin. Tun Sie das Wichtigste zuerst, anstatt sich mit dem Dringlichen abzumühen. Sie dürfen der Perfektion abschwören! Halten Sie aber die Augen offen, und ergreifen Sie eine Chance entschlossen, auch wenn diese nicht absolut auf Ihrem Kurs liegt. Denn Glück und Zufall spielen durchaus auch bei der Karriere eine Rolle, sture Zielfixiertheit kann schaden. Träumen Sie ruhig eine Nummer größer und geben Sie Ihren Zielen ein Motto. Tipp: Bedenken Sie jedoch den Preis, den Sie dafür zahlen müssen. Sind Sie z. B. bereit, in Ihrer Freizeit eine Ausbildung zu machen? Nur dann lohnt sich der Einsatz.
Schritt 3: Theorie umsetzen
Selbstzweifel lassen sich nicht durch Nachdenken aus dem Weg räumen. Wenn Sie wirklich wissen möchten, ob Ihre Ideen etwas taugen, hilft nur Ausprobieren. Mit einer professionellen Beratung können Sie zwar Für und Wider beleuchten – entscheiden, was für Sie gut und richtig ist, müssen Sie jedoch selbst. Wenn Ihnen das schwerfällt, hilft vielleicht diese Frage: Was würden Sie machen, wenn Sie nur noch ein Jahr zu leben hätten? Indem wir heute unsere Ziele angehen, gestalten wir unsere Zukunft. Dazu benötigen wir Mut, Leidenschaft und Risikobereitschaft. Bleiben Sie in Ihren Selbstzweifeln stecken, geraten Sie in eine gefährliche Abwärtsspirale: Wenn wir nichts Neues ausprobieren, trauen wir uns weniger zu und testen immer weniger. Lernen Sie stattdessen aus Ihren Fehlern. Bevor Sie einen unliebsamen Job hinwerfen, fragen Sie nach neuen Aufgaben. Klappt das nicht, sollten Sie umsatteln. Denken Sie daran: Nur wenige Chefs sind so dumm, ihr „bestes Pferd im Stall“ wegzubefördern!
Schritt 4: Ziele kommunizieren
Frauen können gut reden. Nutzen Sie dieses Talent! Machen Sie bekannt, was Sie wollen. Damit liefern Sie anderen Personen wichtige Tipps, wie sie Sie auf dem Karriereweg unterstützen können. Außerdem beeinflussen Sie, was über Sie geredet wird. Dass man über Sie redet, können Sie sowieso nicht verhindern. Und wenn die Versprechungen vom Einstellungsgespräch nicht wahr werden, fragen Sie Ihren Chef, was er von Ihnen erwartet und äußern Sie Ihre eigenen Vorstellungen. Tipp: Vermeiden Sie Füllwörter wie „vielleicht“, „ein bisschen“ oder „ziemlich“. Formulieren Sie stattdessen zielstrebig Ihren Standpunkt.
Schritt 5: Sich zeigen
Praktizieren Sie „Visibility“, wie es im Management-Jargon heißt, und demonstrieren Sie Ihre Fähigkeiten. Halten Sie stets eine prägnante Antwort parat auf die Frage „Und was machen Sie beruflich?“, am besten mit einer Erfolgsgeschichte. Entwerfen Sie unterschiedliche Antworten für verschiedene Zielgruppen und Situationen. Bringen Sie diese in Kurzform zu Papier und probieren Sie deren Wirkung. Suchen oder schaffen Sie sich die passenden Gelegenheiten, bei denen Sie sich präsentieren können, z. B. auf Kongressen. Oder schreiben Sie Fachartikel; unter Umständen wird daraus ein Buch. Wenn Sie ein Thema fundiert vorstellen, entwickelt sich oft eine positive Eigendynamik. Viele Frauen tappen in die „Fleißfalle“ und lehnen solche Dinge ab, weil sie denken, darunter leide ihre eigentliche Arbeit. Natürlich müssen Sie Zeit investieren, doch nur, wenn Sie z. B. nach einem Seminar an der „inoffiziellen“ Runde teilnehmen, werden Sie wahrgenommen. Auf solchen Plätzen werden wichtige Entscheidungen gefällt, und Frauen sind hier unterrepräsentiert. Nicht nur ihr Name, auch ihr Gesicht muss sich einprägen! Betreiben Sie am Arbeitsplatz Kommunikation in eigener Sache, indem Sie z. B. regelmäßig über Projektfortschritte informieren. Erwarten Sie nicht, dass andere Informationen abholen („Pull“-Prinzip), sondern verbreiten Sie diese aktiv („Push“-Prinzip). Wenn Sie einen Vortrag halten, bedenken Sie, dass die Begeisterung des Publikums weitaus mehr von Ihrer Körpersprache als vom Inhalt abhängt. Geben Sie sich von Ihrer humorvollen Seite, aber umgekehrt gilt auch: Lächeln Sie nur, wenn es einen Grund dafür gibt!
Schritt 6: Ideen verkaufen
Manager in Großunternehmen benötigen ca. 50–70 % ihrer Energie, um Hürden zu überwinden. Veränderungen lösen Angst aus, und jede noch so gute Idee ist ohne entsprechende Akzeptanz wertlos. Bevor Sie also Anderen mit Ihren Vorschlägen auf die Füße treten, überlegen Sie, wen Sie vorab einbeziehen und überzeugen müssen, und wo Blockierer sitzen. Tipp: Heben Sie sich das Highlight bis zum Schluss auf!
Schritt 7: Kontakte knüpfen
Nicht Informationen, sondern die Menschen, von denen wir diese bekommen, sind der Schlüssel zum Erfolg, so der Management-Guru Lee Iacocca. Forschungen haben gezeigt, dass Frauen miteinander telefonieren, um sich über ihr Wohlergehen auszutauschen, Männer hingegen, um sich Vorteile zu verschaffen. Auch Sie benötigen ein funktionierendes Netzwerk, müssen eigene Kontakte aufbauen und persönlich pflegen. Das ist natürlich Arbeit, und als solche sollten Sie Networking auch verstehen. Widerstrebt Ihnen das, möchten Sie lieber aufgrund Ihrer Leistung Karriere machen als weil Sie die richtigen Leute kennen? Dann bedenken Sie, dass rund ein Drittel aller Neueinstellungen über persönliche Kontakte zustande kommt. Recherchieren Sie also Interessensgruppen und gehen Sie raus auf Informationstour, statt sich in Fachkenntnisse zu flüchten. Das Motto: „Lieber mal die Letzte an der Bar als die Erste im Büro!“ Frauennetzwerke können hilfreich sein, aber ein einziger Anlaufpunkt bringt wenig. Mischen Sie in Gruppen anderer Branchen und Berufe mit, damit ein Multiplikatoreffekt auftritt. Zusätzlich schulen Sie Ihre interpersonale Kompetenz. Wenn Sie ein bestimmtes Thema wirklich interessiert, übernehmen Sie Ämter und Aufgaben. Persönliche Begegnungen sind enorm wichtig, aber auch auf Online-Treffs wie XING können Sie sich lokalen Gruppen anschließen. Tipps für den Smalltalk: Machen Sie sich den Unterschied von privat und geschäftlich bewusst. Zollen Sie Ihrem Gegenüber Respekt und Aufmerksamkeit. Wählen Sie naheliegenden Gesprächsstoff, z. B. zu den Räumlichkeiten. Stellen Sie offene Fragen, etwa „Wie hat Ihnen der Vortrag gefallen?“ Vermeiden Sie Tabuthemen, und reden Sie nicht schlecht über Ihren Arbeitgeber.
Schritt 8: Fähigkeiten entwickeln
Wenn Sie eine Führungsposition übernehmen, wird von Ihnen erwartet, dass Sie Wissenslücken schließen und neue Fähigkeiten entwickeln. Dazu gehört, Führungskompetenz aufzubauen und an der eigenen Person zu arbeiten.
Schritt 9: Mehr fordern
Frauen in Führungspositionen verdienen in deutschen Unternehmen im Schnitt 20 % weniger als Männer. Machen Sie sich klar, dass Sie nicht das bekommen, was Sie verdienen, sondern nur das, was Sie verhandeln! Deshalb müssen Sie Ihre Scheu ablegen und über Geld reden, und zwar auch und gerade mit Männern. Warten Sie nicht auf ein Angebot, das nie kommt. Es sind die Frauen selbst, die Preise und Gehälter ruinieren, indem sie sich unter Wert verkaufen, ihren Amateurstatus auch noch manifestieren. Verzichten Sie nicht auf eine Beförderung, nur weil der Chef meint, er brauche Sie dringend. Sollte tatsächlich nicht mehr Geld fließen, versuchen Sie Ersatzleistungen wie ein Notebook rauszuschlagen. Machen Sie nach einer Ablehnung nach einem halben Jahr wieder einen Vorstoß. Tipp: Setzen Sie sich eine Ober- und eine Untergrenze, dann bleibt Spielraum zum Verhandeln. Üben Sie Gehaltsgespräche im Rollenspiel, bis keine Füllwörter mehr vorhanden sind und alle Zahlen perfekt sitzen. Und verinnerlichen Sie die Einstellung: „Das bin ich wert“!
Schritt 10: Erfolge feiern
Nachdem Sie Ihr Ziel erreicht haben, dürfen Sie feiern. Gönnen Sie sich eine Entspannungspause und loben Sie sich, und natürlich auch Ihr Team. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, sich bei Unterstützern zu bedanken.
Kommt die „Weiber-Wirtschaft“?
Bis echte berufliche Chancengleichheit zwischen Mann und Frau herrscht, werden wohl noch ein paar Jahrzehnte vergehen. Damit die Wirtschaft weiblich wird, müssen beide Seiten mitspielen, die Frauen und die Unternehmen, z. B. durch Mentoringprogramme und Teilzeitmodelle. Die Männerdominanz im Management ist jedenfalls ein Auslaufmodell.
Dr. Barbara Schneider leitet ihr eigenes Beratungsunternehmen 2compentence. Als Betriebswirtin mit Managementerfahrung in Großkonzernen coacht sie Fach- und Führungskräfte. Schneider ist Gründerin des Frauennetzwerks Business Breakfast Club.