Führungskräftekommunikation

Buch Führungskräftekommunikation

Grundlagen, Instrumente, Erfolgsfaktoren. Das Umsetzungsbuch

Frankfurter Allgemeine Buch,


Rezension

Wenn der Chef spricht, hören alle hin. Führungskräfte können ein Unternehmen mitreißen – zu neuen Erfolgen, aber im schlecht­esten Fall auch in den Abgrund. Was sie sagen und wie sie es sagen, ist von besonderer Wichtigkeit. Die Autoren dieses Buchs schlagen deshalb vor, dem Thema Führungskräftekom­mu­nika­tion erhöhte Aufmerk­samkeit zu widmen und die Manager gezielt zu schulen. Wie das konkret funk­tion­iert, erläutern sie anhand eines Fall­beispiels: der Bank ING-DiBa. Das macht den Leitfaden zu einem eigentlichen Nachah­mer-Hand­buch. Ob Kapitelüberschriften wie „Schnitzel­jagd: München“ wirklich nötig sind, um den Leser bei der Stange zu halten, ist fraglich. Aber die vorgestell­ten Instrumente werden anschaulich beschrieben und lassen sich problemlos aufs eigene Unternehmen übertragen. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Per­son­alver­ant­wortlichen, Kom­mu­nika­tions­beauf­tragten und Man­age­ment­ber­atern.

Take-aways

  • Führung besteht zu 80 % aus Kom­mu­nika­tion.
  • Es lohnt sich, Führungskräfte sys­tem­a­tisch in Sachen Kom­mu­nika­tion zu schulen.
  • Im Zentrum der Schulung sollten die Werte und die Kultur des Un­ternehmens stehen.
  • Daneben geht es um Livekom­mu­nika­tion, Bench­mark­ing, Best-Prac­tice-Ver­gle­iche, Ziel­er­re­ichung und Feed­back­kul­tur.
  • Führen Sie eine regelmäßige Führungskräftekon­ferenz ein, bei der die Führungsebene auf gemeinsame Ziele eingeschworen wird.
  • Vorgängige Mi­tar­beiterum­fra­gen können Hinweise auf wichtige Themen geben.
  • Lassen Sie die Konferenz inhaltlich von den Teilnehmern selbst vorbereiten.
  • Prominente Gastredner sind gut, aber nur, wenn sie auch fachlich etwas zu sagen haben.
  • Jede Konferenz sollte in ein eigenes Projekt münden, in dem die Erken­nt­nisse der Konferenz konkretisiert und umgesetzt werden.
  • Nutzen Sie interne Online- und Printmedien, um die Erken­nt­nisse weit­erzu­ver­bre­iten und zu diskutieren.
 

Zusammenfassung

Führungskräfte brauchen eigene Kom­mu­nika­tion­sin­stru­mente

Führungskräfte sollen Mitarbeiter führen, und diese Führung besteht zu rund 80 % aus Kom­mu­nika­tion. Damit Manager diese Aufgabe pro­fes­sionell angehen können, empfiehlt es sich, sie in Sachen Kom­mu­nika­tion speziell zu schulen. In vielen Unternehmen ist der Bereich der Führungskräftekom­mu­nika­tion in seiner Bedeutung noch nicht erkannt worden, sondern läuft bei der Kom­mu­nika­tion­s­abteilung unter „interne Kom­mu­nika­tion“ mit. Dabei gibt es eine Reihe effektiver Instrumente, die genau auf die Bedürfnisse der Chefetage zugeschnit­ten sind. Die Direktbank ING-DiBa hat ein solches Kom­mu­nika­tion­spro­gramm für Führungskräfte erfolgreich aufgebaut, erprobt und angewendet.

Werte und Kultur

Fakt ist: Es sind die Führungskräfte, die den größten Einfluss auf die Entwicklung eines Un­ternehmens haben. Die Mitarbeiter sind ohne Zweifel wichtig, ihr Einfluss auf die Un­ternehmensen­twick­lung ist jedoch weitaus geringer. Es sind die Manager, die Änderungen vo­rantreiben, erläutern und umsetzen. Er­fol­gre­iche Führungskräftekom­mu­nika­tion baut auf zwei Säulen auf: erstens auf der Wertschätzung der Mitarbeiter, zweitens auf dem Change-Man­age­ment, also dem Management von Veränderung­sprozessen.

„Kaum eine andere Komponente der Un­ternehmenswirk­lichkeit ist so entschei­dend für Erfolg oder Misserfolg wie die Führungsriege.“

Führungskräftekom­mu­nika­tion ist als Prozess zu verstehen, nicht als einmal er­ar­beit­etes, starres Konzept, das mit den im­mer­gle­ichen In­stru­menten und Formaten funk­tion­iert. Im Zentrum der Führungskräftekom­mu­nika­tion sollten die Werte und die Kultur des Un­ternehmens stehen. Es ist Pflicht und Aufgabe der Manager, diese Werte vorzuleben und in ihre Teams weit­erzu­tra­gen. Ein Leitbild, das vom CEO und den Kaderleuten nicht vorgelebt wird, ist sinn- und nutzlos. Aufgabe der Führungscrew ist es außerdem, für Vertrauen und Sicherheit zu sorgen – gerade in Zeiten des Wandels und der permanenten Weit­er­en­twick­lung.

Sys­tem­a­tis­che Schulung

Die sys­tem­a­tis­che Schulung der Führungskräfte braucht einen strate­gis­chen Rahmen, sie definiert die ver­schiede­nen Zielgruppen (Führungskräfte un­ter­schiedlicher Ebenen), wählt geeignete Instrumente aus und verknüpft diese sinnvoll mit einem angemesse­nen Zeit- und Budgetplan. Zu den häufigsten In­stru­menten zählen die Führungskräftekon­ferenz, Meetings, Trainings, Workshops, Newsletters (gedruckt und online) und In­trane­tange­bote. Dabei decken die diversen Instrumente ver­schiedene Ebenen und Themen ab, z. B. die Un­ternehmen­sphiloso­phie, das Leitbild und die Werte des Un­ternehmens, aber auch Aspekte wie Führungskul­tur, The­mende­f­i­n­i­tion, Bench­mark­ing und Best-Prac­tice-Ver­gle­iche sowie Ziel­er­re­ichung und Feed­back­kul­tur.

„Die Führungskräftekon­ferenz soll mehr sein als ein ,Nice to Have‘, in das man sich reinsetzen und zuhören kann.“

Der so genannten Live- oder Even­tkom­mu­nika­tion kommt große Bedeutung zu. Sie trans­portiert nicht bloß In­for­ma­tio­nen, sondern schafft emotionalen Wert und dient als Plattform fürs Networking. Zur Livekom­mu­nika­tion zählen alle Maßnahmen, bei denen persönlich miteinander kom­mu­niziert wird, z. B. Reisen, Konferenzen, Workshops, Trainings, Feiern, Messen, Roadshows usw.

Die Führungskräftekon­ferenz

Führungskräftekon­feren­zen finden meist in regelmäßigem Rhythmus statt, sei es jährlich oder zweijährlich. Die wichtigsten Gründe für die Wahl dieses Instruments sind:

  • In der Führungskräftekon­ferenz können zentrale Un­ternehmens­botschaften vermittelt werden.
  • Die Führungsebene kann auf gemeinsame Ziele eingeschworen werden.
  • Wichtige Projekte können gemeinsam diskutiert und vo­r­ange­bracht werden.
  • Teambildung, Netzwerken und gemeinsames Erleben werden in einem Instrument kombiniert.
„Die Zielgruppe Führungskräfte gibt es in jedem Unternehmen, allerdings nicht als homogene Gruppe.“

Eine Führungskräftekon­ferenz beinhaltet die Elemente Information, Teambildung, Kom­mu­nika­tion und In­sze­nierung – mit wechselndem Schwerpunkt. Zu Beginn überwiegt meist der In­for­ma­tions- und In­sze­nierungsan­teil. Später verlagert sich das Gewicht. Nicht jede Konferenz muss alles abdecken.

Fall­beispiel ING-DiBa

In den Jahren 2004–2008 führte die Direktbank ING-DiBa Führungskräftekon­feren­zen durch, deren Konzept jeweils auf Basis der vo­r­ange­hen­den Konferenz weit­er­en­twick­elt wurde. Die Vorgaben für die nächste Konferenz kamen von den beteiligten Führungskräften selbst. Jedes Kon­feren­zthema mündete in ein Fol­ge­pro­jekt, womit sichergestellt werden konnte, dass die Kon­feren­z­ergeb­nisse direkt in die Praxis umgesetzt wurden. Zudem verknüpfte die ING-DiBa die Führungskräftekon­ferenz bereits früh mit einer jährlichen Mi­tar­beit­er­be­fra­gung („Great Place to Work“), deren Ergebnisse jeweils die Themen der Konferenz nährten.

Der Start

Die Hauptthemen der ersten Konferenz waren die zentralen Un­ternehmenswerte, das Führungsverständnis und die Führungsphiloso­phie. Da es bei ING-DiBa einen Wechsel an der Führungsspitze gegeben hatte, wurde der ersten Rede des CEO besondere Aufmerk­samkeit zuteil. Dieser griff das Motto der Konferenz – „Just a Fair Deal“ – auf und präsentierte es mit mul­ti­me­di­aler Unterstützung. Anschließend sprach als Gastredner der Bas­ket­ball-Na­tional­mannschaft­strainer Dirk Bauermann. Dazu ist zu sagen: Ein Prominenter bringt zwar einen Glam­our­ef­fekt in die Konferenz, aber nicht immer erreicht sein Beitrag auch die inhaltlich erwünschte Qualität. Wählen Sie daher Gastredner, die in Un­ternehmen­sthe­men tatsächlich kompetent sind. Solche finden Sie häufig im Sport­bere­ich oder unter Fernsehmod­er­a­toren.

„Oft liegen die in­ter­es­san­testen Lerneffekte und Erken­nt­nisse nicht in den of­fen­sichtlichen oder geplanten Teilen des Projekts.“

Nach dem externen Input waren die Führungskräfte in diversen Workshops gefordert, sich mit aktuellen Themen (die aus der vo­r­ange­gan­genen Mi­tar­beit­er­be­fra­gung re­sul­tierten) au­seinan­derzuset­zen, Lösungswege zu entwickeln und diese anschließend zu präsentieren. Um die Themen der Konferenz nachhaltig zu verankern, erhielten alle Führungskräfte ein Buch geschenkt, das das Hauptthema in amüsanter und lesenswerter Weise darstellte.

Die zweite Konferenz

Im folgenden Jahr wurde das Kon­feren­z­for­mat beibehalten, jedoch um Sequenzen des so genannten Un­ternehmens- bzw. Busi­nessthe­aters ergänzt. Zum einen gab es eine Grup­pe­nar­beit mit Theaterpädagogen und Schaus­piel­ern. Teams aus je zwei Führungskräften wurden gecoacht, um dann in di­al­o­gis­cher Form Un­ternehmen­sthe­men auf kritische Art zu präsentieren. Dieses Instrument kam un­ter­schiedlich gut an. Ins­beson­dere den jüngeren, uner­fahre­nen Managern behagte es wenig, auf der Bühne vor dem Plenum agieren zu müssen. Des Weiteren führten Schaus­pieler ein „Spiegel-The­ater“ auf, das im Lauf der Konferenz von ihnen erarbeitet wurde und Sprache, Beson­der­heiten und Umgang der Führungskräfte miteinander kritisch wider­spiegelte.

Die dritte Konferenz

Die Mi­tar­beit­er­be­fra­gung „A Great Place to Work“ war das Hauptthema der nächsten Führungskräftekon­ferenz. Sie mündete in das Projekt „A Great Team to Work“, bei dem die Manager Checklisten für die tägliche Führungsar­beit erhielten . Neu an dem Format dieser Konferenz waren sowohl die Dauer als auch die beteiligten Ebenen: Zwei volle Tage lang waren alle Führungskräftelevel eingebunden. Die Manager hatten ganze Module der Ve­r­anstal­tung inhaltlich selbst vorbereitet. Zehn ausgewählte Führungskräfte analysierten die Ergebnisse der Mi­tar­beit­er­be­fra­gung. Unter Anleitung eines Coachs und Schaus­piel­ers präsentierten sie diese schließlich auf der Konferenz in un­ter­schiedlichen Szenen, die an bekannte Fernsehsendun­gen angelehnt waren.

Die vierte Konferenz

Bei der nächsten Führungskräftekon­ferenz stand das Thema Teambildung im Mittelpunkt der nunmehr drei Tage umfassenden Ve­r­anstal­tung. Neben In­for­ma­tion­s­mod­ulen war der Hauptbe­standteil der Konferenz eine anspruchsvolle „Schnitzel­jagd: Mission Possible “ durch mehrere Stadteile. 25 Teams hatten an der Vor­bere­itung (Entwicklung eines Reiseführers) und Umsetzung mitgewirkt. Die Führungsteams erlebten die gemeinsame Zugehörigkeit zum Unternehmen und en­twick­el­ten Teamgeist quer durch alle Standorte und über alle Abteilungen hinweg.

Die fünfte Konferenz

Teambildung und Un­ternehmen­skul­tur standen im Zentrum der nächsten Konferenz, die mit viel Vorlauf komplett von den Führungskräften selbst vorbereitet wurde. Das anspruchsvolle Konzept umfasste die Ermittlung des Status quo des eigenen Führungsver­hal­tens und die Iden­ti­fika­tion von 20 Unternehmen, die bereit waren, an einer gemeinsamen Un­ter­suchung der Führungs- und Un­ternehmen­skul­tur mitzuar­beiten. Diese Un­ter­suchung wurde methodisch von der Ber­tels­mann-Stiftung begleitet. Die Führungskräfte erstellten mittels Checkliste eine umfassende Recherche zu den von ihnen besuchten Unternehmen. Der rund zweistündige Austausch mit dem jeweiligen Unternehmen war anhand eines Fra­genkat­a­logs vorbereitet worden und brachte durchweg positive Resonanz. Auf der eigentlichen Konferenz wurden die Erken­nt­nisse vorgestellt und diskutiert sowie weitere Maßnahmen für die ING-DiBa daraus abgeleitet.

Schriftliche Führungskräftekom­mu­nika­tion

Ein wichtiges Instrument wie die Führungskräftekon­ferenz kann durch Print- und On­line­in­stru­mente (In­ter­net­por­tale, Blogs, Chats, Podcasts) wirkungsvoll unterstützt werden. Das bekannte Format des gedruckten Newsletters lässt sich z. B. effektvoll einsetzen, wenn die Teilnehmer ihn als Son­der­aus­gabe direkt im Anschluss an die Konferenz erhalten. Anschließend kann er an alle Mitarbeiter versandt werden.

Er­fol­gsvo­raus­set­zun­gen

Folgende Grundlagen müssen gegeben sein, um eine er­fol­gre­iche Führungskräftekom­mu­nika­tion zu etablieren:

  • Der Vorstand muss voll und ganz hinter dem Plan stehen, eine sys­tem­a­tis­che Schulung aufzubauen. Ohne seine Überzeugung ist das In­stru­men­tar­ium zu kostspielig und zeitaufwändig und würde ins Leere laufen.
  • Un­ternehmen­skom­mu­nika­tion und Per­son­al­abteilung müssen Hand in Hand arbeiten.
  • Die Führungskräftekom­mu­nika­tion muss mit großer Präzision und Pro­fes­sion­alität durchgeführt werden.
  • Sie kann nur gelingen, wenn zuvor der Kom­mu­nika­tions-Sta­tus-quo im Unternehmen ermittelt wurde.

Über die Autoren

Dr. Achim Kinter ist Kom­mu­nika­tions­ber­ater und ehemaliger Press­esprecher der Deutschen Bank. Dr. Ulrich Ott ist Leiter der Un­ternehmen­skom­mu­nika­tion und Press­esprecher der ING-DiBa in Frankfurt am Main. Eliza Manolagas ist in der Un­ternehmen­skom­mu­nika­tion der ING-DiBa AG tätig und betreut die Bereiche Interne Kom­mu­nika­tion und Gesellschaftliche Ve­r­ant­wor­tung.