Veränderung macht Angst – Kommunikation beruhigt
Veränderungen im Unternehmen betreffen alle: Mitarbeiter und Kunden, Aktionäre und Behörden und auch die Öffentlichkeit. Sobald ein Unternehmen Veränderungsprozesse ankündigt, werden viele Leute nervös. Dagegen ist durchaus ein Kraut gewachsen, nämlich Kommunikation. Richtig eingesetzt, beruhigt sie nicht nur die Stakeholder, sondern erleichtert auch den Veränderungsprozess.
„Veränderungskommunikation ist integrierte Kommunikation und bezieht alle Kommunikationsfelder und Stakeholder des Unternehmens ein.“
Es reicht nicht, Mitarbeiter und Führungskräfte mittels interner Kommunikation auf das Change-Projekt einzuschwören, indem Sie dessen Notwendigkeit plausibel erläutern und Ziele, Strategien und Maßnahmen erklären. Ebenso müssen Öffentlichkeit und Politik überzeugt werden – das ist die externe Kommunikation.
„Die Aufgabe der Veränderungskommunikation liegt darin, die riskante Komplexität für die internen wie externen Stakeholder zu reduzieren und sie auf die Ziele des Change-Projekts zu orientieren.“
Auch Kunden und Lieferanten möchten wissen, was auf sie zukommt (Marketingkommunikation), Aktionäre und Banken ebenfalls (Finanzkommunikation). Damit Ihnen nicht plötzlich der Geldhahn zugedreht wird, müssen Sie aktiv kommunizieren und auch schlechte Nachrichten vollständig offen legen; so bleibt Ihnen außerdem ein kräftiges Brodeln in der Gerüchteküche erspart.
„Jedes Issue, jede Botschaft hat sein/ihr strategisches Zeitfenster, in dem es/sie platziert werden kann: den Issue- oder auch Messaging-Slot.“
Ehrlichkeit ist ein zentrales Element der Veränderungskommunikation. Verschanzen Sie sich nicht mit Kennzahlen und Projektstatistiken in der Chefetage, gehen Sie kommunikativ in die Offensive. Wenn die Botschaft, die Sie mitzuteilen haben, schlecht ist, lassen Sie sich nicht zu Beschönigungen und Floskeln hinreißen. Gut ist immer der Hinweis auf das, was unverändert bleibt – sonst sieht es so aus, als hätte sich in Ihrem Unternehmen nichts bewährt. Indem das Management Feedback-Möglichkeiten einräumt, zeigt es, dass es nichts zu verbergen hat.
Typische Veränderungsprojekte
Es gibt einige typische Veränderungsprojekte in Unternehmen, z. B. eine Fusion, ein Kauf oder Verkauf des Unternehmens, ein Spin-off (Ausgliederung eines Teilbereichs), eine neue Unternehmensstrategie, eine Internationalisierung oder Restrukturierung. Jedes Mal folgt die Kommunikation einer ganz bestimmten, auf den konkreten Fall abgestimmten Strategie.
„Ziel der Kommunikation muss es sein, die Meinungsbildung zum Veränderungsprojekt von Anfang an zu formen und zu lenken.“
Bei Mergers & Acquisitions gilt es zunächst, Gerüchte mithilfe gezielter Informationen auszuschalten und gleichzeitig im Verborgenen alles für den Day One, den Tag der Bekanntgabe des Deals, vorzubereiten: Pressemitteilungen, Infobriefe, Veranstaltungen, Informationsportale usw. Danach hat die Kommunikation die Aufgabe, alle Stakeholder zu Loyalität und Unterstützung aufzurufen.
„Das Medienportfolio muss sowohl Medien umfassen, die Informationen vermitteln, als auch solche, die zu Diskussion und Partizipation einladen.“
Kommunikationstechnisch unangenehmer gestaltet sich eine Restrukturierung, denn die gefällt selten allen. Die Kommunikation muss hier unbeliebte Maßnahmen sozusagen in rosa Watte packen, also Negatives mit attraktiven Aussichten verknüpfen und gleichzeitig Hintergründe und Entscheidungen ehrlich und offen darlegen.
Die Phasen der Veränderungskommunikation
Früher wurden Unternehmen schon mal willentlich in die Krise geschubst, damit die Mitarbeiter aufwachten und notwendige Veränderungen angingen. So macht man das heute nicht mehr. Trotzdem muss die Belegschaft für die Notwendigkeit von Veränderungen sensibilisiert werden. Ob das klappt, hängt stark davon ab, wie glaubwürdig Sie darstellen können, was bei Nichtveränderung passiert. Finden Sie heraus, wer die informellen Meinungsbildner im Unternehmen sind, wer von ihnen wahrscheinlich blockt und der Veränderung Steine in den Weg legt und wer hinter ihr steht.
„Die Medien der Veränderungskommunikation konkurrieren mit Publikumsmedien, d. h. sie werden an journalistischen Standards gemessen, wie sie die Stakeholder im täglichen Umgang mit hochentwickelten Massenmedien gelernt haben.“
Im nächsten Schritt werden alle Stakeholder genau informiert. Präsentieren Sie dabei Ziele und Strategie in Bezug auf den angestrebten Wandel so attraktiv wie möglich. Es darf auch ausgiebig diskutiert werden, allerdings ohne die Vision selbst infrage zu stellen. Sollte die im Unternehmen übliche Kommunikation in dieser Zeit ein wenig ins Hintertreffen geraten, ist das gewollt: Die Veränderung muss als großes Thema allgegenwärtig sein. Das Management stellt sich demonstrativ hinter die Veränderung, lobt Innovations- und Effizienzpreise aus und ist stets ansprechbar für Aktionäre und Analysten. Die Presse bekommt Antworten, wenn sie Fragen hat; noch aber wird der Kontakt seitens des Unternehmens nicht aktiv gesucht.
„Zur Veränderungskommunikation gehört die Aufgabe, Führungskräfte (...) in ihrer Funktion als (Voran-)Treiber unternehmerischen Wandels zu unterstützen und zu einer effektiven und effizienten Kommunikation mit ihren Mitarbeitern zu befähigen.“
Bei Veränderungsprojekten läuft nie alles glatt, deshalb sind auch kleine Erfolge, so genannte „Short Term Wins“ gerade zu Beginn eine Würdigung wert. Die anfängliche Euphorie verfliegt nämlich rasch, wenn Sie mit Ihrer Veränderungskommunikation nicht ständig am Ball bleiben.
Verbalisieren Sie alles, was sich Ihnen anbietet und mit der Veränderung in Zusammenhang steht: immer wieder die Vision und die Strategie, aber auch auftauchende Probleme, Fortbildungskonzepte für die Personalentwicklung und neue Belohnungssysteme. Jeder Meilenstein, der erreicht wird, ist Anlass für eine Erfolgsbilanz, die der Öffentlichkeit – und jetzt auch verstärkt der Presse – entsprechend präsentiert wird.
„Das Controlling ermöglicht die optimale Allokation der für die Kommunikation eingesetzten Ressourcen, die Steuerung von Mitarbeitern und ggf. Agenturen, Budgets und Maßnahmen.“
Sobald das Veränderungsprojekt erfolgreich zu Ende gebracht wurde, nutzen Sie die Gunst der Stunde, um die Unternehmenskultur entsprechend zu prägen: Kommunizieren Sie den Unternehmenserfolg und stellen Sie heraus, wie sehr die Marktpartner davon profitieren.
Versuchen Sie so zu erreichen, dass die ständige Bereitschaft zu Veränderungen in Ihrem Unternehmen ganz selbstverständlich wird. Normen und Werte dafür formulieren Sie in Unternehmensleitsätzen. Wenn zum Schluss mit allen Beteiligten gefeiert wird, sorgen Sie für eine intensive Berichterstattung, damit dieses Projekt zum Ansporn für neue Veränderungen wird.
Die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt
Worte sind mächtig; wenn Sie sie falsch einsetzen, können sie eine Menge Scherben hinterlassen. Die Kommunikation des sensiblen Themas Veränderung müssen Sie darum strategisch planen, damit die richtige Botschaft im richtigen Moment am richtigen Ort ankommt. Man nennt das auch Issue- oder Themen-Management.
„Viele der typischen Issues bei Mergers & Acquisitions resultieren aus dem Machtgefälle, das bei einem Unternehmenskauf oder -verkauf wahrgenommen wird.“
Schauen Sie sich Ihre Stakeholder genau an und versuchen Sie, deren Verhalten einzuschätzen. Für jedes Thema gibt es ein bestimmtes Zeitfenster. Wenn etwa ein neuer Großaktionär die Bühne betritt und Sie das erst drei Monate später kommunizieren, ist es längst ein alter Hut. Senden Sie im richtigen Moment konkrete, eindeutige Botschaften, die aufzeigen, wie nützlich die Veränderung sein wird.
Die Wahl der richtigen Medien
Es ist keineswegs egal, ob Sie Informationen via Mitarbeiterzeitschrift, CEO-Brief, Intranet oder Workshop streuen. Jedes Medium hat seine eigene Effizienz und Effektivität, die Sie gezielt nutzen sollten. Um eine Medienportfolio-Analyse kommen Sie also nicht herum.
„Die Kommunikation muss die Unterstützung für unpopuläre Maßnahmen mobilisieren oder zumindest negative Reaktionen eindämmen.“
Damit vermeiden Sie, dass Sie durch die Wahl des falschen Mediums Inhalte zu sehr verkomplizieren oder zu sehr vereinfachen. Eine komplexe Botschaft etwa können Sie nicht über einen Aushang am Schwarzen Brett kommunizieren; da brauchen Sie eher einen Workshop oder persönliche Gespräche. Geht es dagegen um eine kurze Info, reicht der Aushang, die Mitarbeiterzeitschrift oder der Newsletter.
„Die Kommunikation demonstriert Kontinuität, stellt Vorteile für beide Unternehmen dar und schafft bei Mitarbeitern und Kunden Transparenz bezüglich weiterer Schritte.“
Für die Veränderungskommunikation sind die Social-Software-Anwendungen des Web 2.0 eine hervorragende Plattform, vor allem bei internationalen Projekten. Wikis z. B. eignen sich ideal zur Dokumentation von Arbeitsprozessen, Weblogs können speziell für Führungskräfte oder für externe Stakeholder eingerichtet werden, und in einem Social Network finden sich die Experten eines Projekts online zusammen. Denken Sie aber daran, dass die offenen Strukturen dieser Anwendungen das Risiko des Mitlesens beinhalten.
„Im Verlauf eines Mergers & Acquisitions-Prozesses steigt die Frequenz der weltweiten Kommunikationsaktivitäten wie auch die Zahl der involvierten Personen deutlich an.“
Wie Sie die Medien einsetzen, richtet sich nach der augenblicklichen Phase, in der sich der Veränderungsprozess befindet. Während der Initialisierung z. B. können Sie gut eine Stakeholder-Befragung durchführen. Während der Planungsphase überlegen Sie, ob die Medien der üblichen Kommunikation ausreichen oder ob evtl. Sondermedien nötig sind. Die Phase der Durchführung verlangt nach Feedback-Analysen und nach der Überwachung der Web-2.0-Medien. In der Endphase des Veränderungsprozesses schließlich zielt der Medieneinsatz darauf ab, Nutzerzahlen zu analysieren und Nutzerbefragungen auszuwerten.
Führungskräfte unterstützen
Als ob er nicht schon genug um die Ohren hätte, muss ein Manager im Veränderungsprozess auch noch Kommunikationsaufgaben übernehmen. Die Führungskräfte sind diejenigen, die Veränderungen im Unternehmen wirklich voranbringen, indem sie in geeigneter Weise mit den Mitarbeitern kommunizieren. Storytelling z. B. ist gut geeignet, um Emotionen zu wecken und so die Belegschaft zu motivieren.
Die Führungskräfte sollten auf entsprechende Kommunikationstools (Hintergrundinformationen, Präsentationen, FAQ etc.) zurückgreifen können, und zu Beginn des Veränderungsprozesses kann ein Coaching nicht schaden. Bieten Sie den Mitarbeitern außerdem Workshops für den Best-Practice-Austausch und ein eigenes Info-Portal, wo Informationen und Neuigkeiten abrufbar sind.
Kommunikations-Controlling
Alles Reden nützt wenig, wenn es sein Ziel nicht erreicht. Eben dies muss ständig kontrolliert werden, und zwar in allen Bereichen, in der internen, externen, Marketing- und Finanzkommunikation. Nur so erfahren Sie, ob Ihre Veränderungskommunikation tatsächlich effektiv und effizient ist.
Je nachdem können Sie die Kommunikationsmaßnahmen steuern und optimieren. Die Balanced Scorecard der Veränderungskommunikation spielt im Kommunikations-Controlling eine entscheidende Rolle. Es macht Sinn, alle an der Kommunikation Beteiligten in die Erarbeitung der Scorecards mit einzubeziehen und diese dann mit den Leitern der Veränderungsprojekte zu besprechen.
Beispiel BASF
Die Integration der Degussa Bauchemie war ein Milliarden-Deal der BASF. In der Kommunikation konzentrierte man sich zunächst auf den Finanz-, später auf den internen Bereich. Das internationale Kommunikationsteam hatte die Aufgabe, die Mitarbeiter für die Integration positiv zu stimmen, alle Schritte für die Stakeholder transparent zu machen und die Identifikation der Mitarbeiter der Bauchemie mit der BASF zu garantieren.
Die Integrationsphase war das Kernstück der Kommunikation. Der Day One wurde mit zahlreichen Events gefeiert, die neuen Mitarbeiter in 58 Ländern der Welt erhielten Willkommenspakete, in denen die BASF sich vorstellte. Mehr als 3000 Mitarbeiter an den wichtigsten Standorten wurden im Laufe der folgenden vier Wochen persönlich angesprochen. Bewusst nutzte man bestehende und damit vertraute Mitarbeitermedien, um Informationen über das laufende Geschäft zu vermitteln und verpackte darin Themen der Integration.
Wichtige Veränderungen überbrachten die Führungskräfte – vorbereitet durch das Kommunikationsteam – persönlich, damit Fragen direkt beantwortet werden konnten. Es erstaunt nicht, dass die spätere weltweite Mitarbeiterbefragung hervorragende Werte lieferte. Die gewählte Strategie der Veränderungskommunikation war voll aufgegangen.