Schnelligkeit durch Vertrauen

Buch Schnelligkeit durch Vertrauen

Die unterschätzte ökonomische Macht

Gabal,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Wirtschaft­sethik ist in aller Munde. Stephen M. R. Covey (der Sohn des Best­seller­autors Stephen R. Covey) nähert sich dem Thema nicht philosophisch, sondern sehr pragmatisch: Für ihn ist Vertrauen vor allem ein probates Mittel zur Ef­fizien­zsteigerung: Wenn man mit einem Geschäftspartner einen Deal auch ohne um­fan­gre­iches Para­grafen­werk per Handschlag besiegeln kann, spart das natürlich Zeit und Kosten. Auch die Zusam­me­nar­beit mit Mi­tar­beit­ern, Kunden und Lieferanten funk­tion­iert auf Ver­trauens­ba­sis rei­bungsloser, sagt Covey. Im Zentrum seines Buchs steht ein 13-Punkte-Plan ver­trauens­bilden­der Maßnahmen, für den er Episoden aus seiner Beratertätigkeit und seinem familiären Umfeld aufgreift. Oma, Opa, Onkel, Enkel, Frau und Kinder – niemand, der nicht ein gutes (oder schlechtes) Beispiel abgäbe. Noch zahlreicher als die Verwandten sind die Aus­rufeze­ichen in dem Buch. Diesen Predigerton hätte sich Covey sparen können, findet BooksInShort – sein Plädoyer ist inhaltlich überzeugend genug. Ein handfester Ethikrat­ge­ber für Manager und mittlere Kader.

Take-aways

  • Misstrauen sorgt für Bürokratie, Vertrauen macht alles schneller und leichter.
  • Vertrauen beruht auf Charakter und Kompetenz, also darauf, dass man tut, was man sagt, Versprechen einhält und für alle Seiten gute Ergebnisse erzielt.
  • Nichts motiviert so sehr wie Ve­r­ant­wor­tung.
  • Wer Vertrauen schenkt, kann andere in die Pflicht nehmen.
  • Vertrauen entsteht durch offenen und ehrlichen Umgang ohne geheime Absichten.
  • Anzeichen für grassieren­des Misstrauen sind die Antwort „Da muss ich erst den Chef fragen“, Intrigen, Bürokratie, hohe Fluktuation und „innere Kündigungen“.
  • Um einem Ver­trauensver­lust vorzubeugen, müssen Sie anderen zuhören und dann Ziele, Erwartungen und Ve­r­ant­wortlichkeiten klar definieren.
  • Geben Sie Fehler zu und machen Sie sie umgehend wieder gut, um den Ver­trauensver­lust zu begrenzen.
  • Lästern Sie nicht über andere. Stellen Sie, wenn Sie Kritik üben, das Positive heraus.
  • Auch Ihre Marke soll „halten, was sie verspricht“: Verbessern Sie Ihre Produkte laufend und pflegen Sie Ihre Kun­den­beziehun­gen wie private Ver­trauensverhältnisse.
 

Zusammenfassung

Vertrauen rechnet sich

Nach den Ter­ro­ran­schlägen vom 11. September 2001 war der Glaube an die Sicherheit des Flugverkehrs dahin. Sicher­heit­skon­trollen ver­schlin­gen seitdem Unmengen an Geld und Zeit.

Das Beispiel zeigt, wie viel Misstrauen kosten kann. Zum Glück gilt auch das Gegenteil: Vertrauen zahlt sich aus. So ist es Warren Buffett kürzlich gelungen, ein Dis­tri­b­u­tion­sun­ternehmen von Wal-Mart für 23 Milliarden Dollar zu kaufen, ohne Berater und Anwälte zu involvieren.

„Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Kunden sehen, wie hoch unsere Integrität ist.“

Der Deal kam so schnell und günstig zustande, weil Buffett auf die Seriosität seiner Geschäftspartner und ihre Angaben vertraute. Oder der kleine Imbissstand in New York, bei dem die Kunden seit Neuestem das Geld für Donuts und Kaffee einfach in ein Körbchen legen: Er verkauft jetzt doppelt so viel wie zuvor, und das zeitraubende Nachzählen und Wechseln fällt weg.

„Heute gehen die Leute davon aus, das FedEx pünktlich liefern wird – weil FedEx schon immer pünktlich geliefert hat.“

Vertrauen lohnt sich – nicht nur Kunden gegenüber, sondern auch im Umgang mit Ihren Mi­tar­beit­ern. Angestellte, denen eine Aufgabe anvertraut und ein Ziel gesetzt worden ist, arbeiten viel motivierter. Das können Sie schon bei Kindern beobachten: Sie sind eifrig und zuverlässig bei der Sache, wenn sie die Ve­r­ant­wor­tung für kleine Haushal­tar­beiten übernehmen dürfen.

Die vier Grun­dele­mente der Glaubwürdigkeit

Glaubwürdigkeit beruht auf vier Elementen, die wie die Teile eines Baums aneinan­dergekop­pelt sind:

  • Die persönliche Integrität entspricht den Wurzeln des Baumes. Es ist eine Charak­ter­frage, dass Sie tun, was Sie sagen, dass Sie halten, was Sie versprochen haben, und dass Sie so handeln, wie Sie denken. Ehrliches, faires Verhalten hilft, Vertrauen aufzubauen, gerade dann, wenn es einmal zum eigenen Nachteil ist. Auch wer bereit ist, seine Einstellung überlegt zu ändern, gewinnt Vertrauen. Ein gutes Beispiel dafür ist Michail Gorbatschow.
  • Die Absichten, die aus dieser festen Charak­ter­grund­lage erwachsen, bilden den Stamm. Handeln Sie zum Besten Ihrer Mitarbeiter, Ihrer Kunden und Ihrer Firma. Fürsorge und Anteilnahme sind her­vor­ra­gende Absichten, um Vertrauen zu gewinnen. Misstrauen hingegen entsteht, wenn rein egoistische Absichten verfolgt werden.
  • Die Fähigkeiten, die Sie entfalten, sind die Äste und Zweige des Baumes. Wichtig ist die Bere­itschaft, die eigenen Talente zu entwickeln, aber auch der Wille, Neues dazuzuler­nen. Fähigkeiten münden in Kompetenz, und diese macht Sie glaubwürdig.
  • Die Ergebnisse – sozusagen die Früchte Ihres Handelns – sind das Resultat richtig einge­set­zter Kompetenzen. Sie bestätigen das Vertrauen, das man in Sie gesetzt hat, und stärken es: Nichts macht glaubwürdiger als be­friedi­gende Problemlösungen.
„Auch wenn Sie jemanden für aufrichtig halten, sogar für ehrlich, werden Sie ihm noch lange nicht uneingeschränkt vertrauen, wenn er keine entsprechen­den Ergebnisse und Erfolge vorweisen kann.“

Mit einem anderen Bild lässt sich sagen: Vertrauen wirft Wellen. Aus einem inneren Kreis – dem Selb­stver­trauen – ergibt sich das Beziehungsver­trauen, daraus das Or­gan­i­sa­tionsver­trauen, das Mark­tver­trauen und schließlich das Gesellschaftsver­trauen.

Vertrauen in Beziehung zu anderen

Vertrauen ist keine abstrakte Größe, sondern zeigt sich konkret im Verhalten anderen gegenüber, im Umgang mit Geschäftspartnern, Mi­tar­beit­ern, Kunden und Lieferanten, aber auch innerhalb der eigenen Familie und im Fre­un­deskreis. Vertrauen ist universell, und daher sind auch die Grundsätze für Ver­trauen­shan­deln allgemeingültig.

„Die Agenda, die besonders viel Vertrauen hervorruft, ist das ehrliche Streben nach dem bei­der­seit­i­gen Vorteil, nach dem, was für alle Beteiligten das Beste ist.“

Es gibt 13 Regeln, wie man Vertrauen aufbauen kann. Die ersten fünf betreffen den Charakter:

  • Seien Sie ehrlich und offen, auch wenn das Aussprechen einer Wahrheit manchmal wehtut. Fak­ten­ma­nip­u­la­tion, Halb­wahrheiten und Missverständnisse machen argwöhnisch, Lügen und Täuschungen zerstören Vertrauen. Natürlich soll die Offenheit kein Freipass für Tak­t­losigkeiten sein.
  • Zeigen Sie Respekt und Anerkennung, auch für Kleinigkeiten. Respekt ist nicht nur eine Sache der guten Kinderstube, sondern ein Führungsin­stru­ment par excellence –eine positive Investition in jede Art von men­schlicher Beziehung. Schließlich trägt jeder Mitarbeiter zum Ergebnis bei, und Anerkennung ist die beste Motivation.
  • Stellen Sie Transparenz her. Das bedeutet, Entschei­dun­gen und Entschei­dungsmo­tive of­fen­zule­gen und damit anderen das Herumrätseln zu ersparen. Die berühmte Besprechung nach der Besprechung ist eine unnötige Zeit- und En­ergiev­er­schwen­dung. Hegen Sie keine geheimen Absichten und enthalten Sie anderen keine In­for­ma­tio­nen vor.
  • Geben Sie Fehler zu. Machen Sie ein Malheur so schnell wie möglich wieder gut, um den Ver­trauenss­chaden zu reparieren. Eine Entschuldigung ist das Mindeste. Kunden können Sie mit einer neuen, fehler­freien Lieferung zufrieden­stellen, evtl. verbunden mit einem Gutschein für spätere Leistungen. Fehler nicht zuzugeben oder vertuschen zu wollen, zerstört das Vertrauen. Auf der politischen Ebene zeigte der Wa­ter­gate-Skan­dal im Großformat, wohin das führt.
  • Seien Sie loyal gegenüber Ihren Mi­tar­beit­ern. Auch das drückt sich in Lob und Anerkennung aus. Verzichten Sie darauf, über andere in deren Abwesenheit herzuziehen. Das würde Ihr Vertrauen untergraben. Müssen Sie in Konfliktfällen Kritik üben, stellen Sie das Positive heraus, nicht das Negative.
„Wer seine Fähigkeiten gewissenlos einsetzt, ergeht sich in Korruption und Ma­nip­u­la­tion. Er baut keine Glaubwürdigkeit auf, sondern zerstört jedes Vertrauen.“

Fünf weitere Ver­hal­tensregeln betreffen Ihre Kompetenzen, Fähigkeiten und Ergebnisse:

  • Definieren Sie Ihre Erwartungen klar. Auf die Ergebnisse kommt es an, nicht bloß auf Aktivitäten und Bemühungen. Hüten Sie sich davor, zu viel zu versprechen; sobald Sie etwas nicht einhalten können, verlieren Sie Vertrauen. Sie müssen sich auch bemühen, Mi­tar­beit­er­erwartun­gen und Kundenwünsche zu erkennen, um stillschweigende Hoffnungen nicht zu enttäuschen.
  • Lernen Sie aus Fehlern. Sie sollten sich nicht zu schade sein, Feedback einzuholen, dazuzuler­nen und sich laufend zu verbessern. In der dynamischen Wirtschaftswelt ist Stillstand gleich Rückschritt. Bedanken Sie sich für kon­struk­tive Kritik: Das schafft Vertrauen.
  • Stellen Sie sich der Realität. Sie dürfen nicht erwarten, dass Probleme sich von selbst lösen. Jede Art von Konflikt oder Schwierigkeit zehrt am Vertrauen, wenn man das Problem schönredet oder feige zu umgehen versucht.
  • Zeigen Sie Ve­r­ant­wor­tungs­be­wusst­sein. Klar formulierte Erwartungen ziehen Pflichten nach sich. Wenn Sie Erwartungen nicht erfüllen, führt dies zu Ver­trauensver­lust.
  • Nehmen Sie andere in die Pflicht und übertragen Sie ihnen die dafür nötige Ve­r­ant­wor­tung. Indem Sie selbst Ve­r­ant­wor­tung übernehmen, sind Sie das beste Vorbild in Sachen Pflichterfüllung.
„Nicht erfüllte Erwartungen werden fast immer als Ver­trauen­sprob­lem ausgelegt.“

Die drei letzten Ver­hal­tensregeln betreffen sowohl den Charakter wie auch die Kompetenzen:

  • Hören Sie anderen zu. Damit schaffen Sie eine Ver­trauens­ba­sis. Sie vermeiden Missverständnisse und falsche Erwartungen und fördern den gegen­seit­i­gen Respekt. Vor allem aber erfahren Sie, was Ihre Kunden wollen. Achten Sie auf die Körpersprache – die sagt oft ebenso viel wie die Worte.
  • Geben Sie Versprechen ab. Mit nichts können Sie Vertrauen schneller aufbauen als mit Versprechen, die Sie einhalten. Ebenso schnell können Sie es zerstören, wenn Sie wortbrüchig werden. Versprechen Sie deshalb nur das Machbare. Wenn sich Schwierigkeiten abzeichnen, reagieren Sie sofort. Geraten zwei Versprechen in Konflikt, halten Sie dasjenige ein, das langfristig die be­deu­ten­deren Auswirkun­gen hat.
  • Schenken Sie anderen Vertrauen. Das ist eine Führungsqualität, die sich in jeder Hinsicht auszahlt. Argwohn, Misstrauen und der daraus re­sul­tierende Kon­troll­druck verursachen immense Kosten.

Effekte von Vertrauen und Misstrauen

Misstrauen verlangsamt Abläufe im Unternehmen und macht alle unzufrieden. Untrügliche Anzeichen von Misstrauen sind die Antwort „Da muss ich erst den Chef fragen“, Intrigen, bürokratische Auswüchse, die „innere Kündigung“ von Mi­tar­beit­ern, hohe Fluktuation und fehlende Kun­den­empfehlun­gen.

„‚Wenn wir ein Versprechen geben, bauen wir Hoffnung auf. Wenn wir es halten, bauen wir Vertrauen auf.“

Vertrauen hingegen zeitigt eine Reihe von Effekten, die sich gegenseitig verstärken: Loyalität, gute Umsetzung der gegebenen Versprechen, rei­bungslose interne und externe Zusam­me­nar­beit, erhöhtem In­for­ma­tion­saus­tausch, Innovation und damit Wachstum.

Das Vertrauen des Marktes und der Gesellschaft

Wie eine Person, die einen guten Ruf genießt, hält auch eine gute Marke, was sie verspricht, und kom­mu­niziert ihre Werte offen und ehrlich. Gut gepflegte Marken können sich jahrzehn­te­lang halten, aber auch vertrauenswürdige Newcomer haben jede Chance, wie das Beispiel Google beweist.

„Or­gan­i­sa­tio­nen, in denen wenig Vertrauen herrscht, erkennt man daran, dass hier die Bürokratie ausgeprägt ist.“

Personen oder Firmen, die ihre soziale und gesellschaftliche Ve­r­ant­wor­tung wahrnehmen, genießen weit über ihren Markt hinaus Vertrauen und Anerkennung. Das gilt ins­beson­dere in den USA mit ihrem ausgeprägten Wohltätigkeits- und Stiftungswe­sen. Es gibt sogar Rankings für staatsbürgerliches und soziales Engagement. Engagierte Unternehmen können so eine wichtige Leit­funk­tion für ganze Wirtschaft­szweige übernehmen.

„Vertrauen darf man nicht einfach als selbstverständlich vo­raus­set­zen: Man muss es aufbauen, schätzen, schützen, pflegen und mit großer Sorgfalt erhalten.“

Umgekehrt schlägt sich öffentliches Misstrauen sehr konkret in schlechten Un­ternehmen­szahlen nieder. Beargwöhnte Firmen haben nicht nur mit Kun­den­ver­lus­ten zu kämpfen, ihre schlechte Reputation wirkt sich auch auf die Steuern aus: So zahlen amerikanis­che Marken wie McDonald’s oder UPS in Europa deutlich höhere Steuern als in ihrem Herkun­ft­s­land.

„Behandeln Sie die Verpflich­tun­gen an sich selbst mit dem gleichen Respekt wie Versprechen, die Sie anderen geben.“

Gesundes Vertrauen ist ein Balanceakt zwischen Leichtgläubigkeit und Argwohn. Der Leichtgläubige übt zu wenig Kontrolle aus und sieht sich einem entsprechend hohen Risiko ausgesetzt; der Argwöhnische will zu viel kon­trol­lieren, vertraut niemandem und kann deswegen nichts bewegen und nichts erreichen. Erst wenn hohe Ver­trauens­bere­itschaft und eine gesunde Analyse der Risiken zusam­menkom­men, handeln Sie mit klugem Urteilsvermögen und erzeugen Synergien.

Über den Autor

Stephen M. R. Covey ist Mitbegründer und CEO von CoveyLink Worldwide und leitet den Bereich „Speed of Trust“ beim Un­ternehmens­ber­ater Franklin­Covey.