Green-IT, Virtualisierung und Thin Clients

Buch Green-IT, Virtualisierung und Thin Clients

Mit neuen IT-Technologien Energieeffizienz erreichen, die Umwelt schonen und Kosten sparen

Vieweg + Teubner,


Rezension

PCs sind dicke Brummer. Sie verbrauchen jede Menge Strom, sind aufwändig in der Wartung und jeder für sich ist ein Sicher­heit­srisiko. Kein Wunder also, dass Frank Lampe und seine Mitautoren dafür plädieren, diese so genannten Fat Clients zu ersetzen. Das vorliegende Buch führt in das Konzept der Thin Clients, des Server-based Computing und der virtuellen Desktops ein und ar­gu­men­tiert für die Umstellung tra­di­tioneller Un­ternehmen­snet­zw­erke auf energie- und kostens­parende Al­ter­na­tiven. Das Schlüsselwort: Green IT. Auch Rechen­zen­tren, Kühlanlagen und Peripherie müssen auf den Energieprüfstand gestellt werden. Die Autoren machen keinen Hehl daraus, dass der Umweltschutzgedanke allein in den seltensten Fällen zu In­vesti­tio­nen in die Rechen­zen­trum­sar­chitek­tur führt. Sie betonen deshalb, dass sich Green IT auch aufgrund der Kosteneinsparun­gen in Sachen Energie, Ad­min­is­tra­tion, Virenschutz und Aus­fall­sicher­heit lohnt. BooksInShort empfiehlt das Buch allen IT-Ve­r­ant­wortlichen, Ad­min­is­tra­toren und Beratern.

Take-aways

  • Die Vorstellung einer sauberen In­for­ma­tion­stech­nolo­gie ist eine Illusion.
  • Der En­ergiehunger der IT in Deutschland hat sich zwischen 2000 und 2006 mehr als verdoppelt.
  • Großes Spar­poten­zial bietet die Kühlung: Je weniger Hardware, desto weniger Kühlleistung ist nötig.
  • Mithilfe der Vir­tu­al­isierung können auf einem Server mehrere virtuelle Serverin­stanzen laufen und die Ressourcen besser ausnutzen.
  • Virtuelle Maschinen lassen sich einfach warten, verwalten und falls nötig auf andere Server verschieben.
  • Die vollständigen Kosten eines Desktop-PCs können wegen des hohen Wartungsaufwan­des mehrere Tausend Euro im Jahr betragen.
  • Virtuelle Desktops verlagern die Rechen­leis­tung des lokalen PCs auf einen Server.
  • So genannte Thin Clients stellen als kompakte Endgeräte den Kontakt zum virtuellen Desktop auf dem Server her.
  • Die Be­trieb­skosten von Thin Clients sind bis zu 70 % geringer als die Kosten normaler Desktop-PCs.
  • Auch die Ökobilanz der Thin Clients ist besser: Ihre Kohlen­dioxid-Emis­sio­nen sind nur halb so groß wie die von Desktop-PCs.
 

Zusammenfassung

Heißhunger auf Energie

In­for­ma­tion­stech­nolo­gie ist sauber, könnte man denken. Wenn man einen Computer hochfährt, stinkt und lärmt es nicht. Man muss keinen schmutzigen Diesel tanken und belästigt seine Umgebung maximal mit einem leichten Lüfterbrummen. Wer aber die Ökobilanz von Großraumbüros und Rechen­zen­tren analysiert, kommt zum Schluss: Saubere IT ist eine Illusion, denn sie verlangt Strom in rauen Mengen.

„Der Saubermann IT erweist sich als veritabler Strom­fresser.“

Zwischen 2000 und 2006 hat sich der En­ergiehunger der IT in deutschen Unternehmen mehr als verdoppelt. Mit 8,67 Ter­awattstun­den verbuchten die deutschen Rechen­zen­tren 2006 rund 1,5 % des gesamten Stromver­brauchs in Deutschland für sich. Der Grund: Immer mehr IT-gestützte Geschäftsprozesse und so genannte Multi-Tier-An­wen­dun­gen (Ap­p­lika­tio­nen auf mehreren Serverin­stanzen gle­ichzeitig) verlangen nach immer mehr Spe­icher­platz, mehr Server-Rechen­power und höher getakteten Prozessoren.

„Viel Energie verschlingt auch der Bereich der Daten­spe­icherung, da sich die Datenbestände in den Unternehmen dramatisch aufgebläht haben.“

Die Hitze, die solche Systeme erzeugen, muss mit ebenfalls strom­fressenden Kühlsystemen aus den Rechen­zen­tren hinausbefördert werden. In­ter­es­san­ter­weise laufen viele der Rechen­maschi­nen mit einer Auslastung von bloß 15–30 %, verbrauchen dabei aber fast ebenso viel Strom wie unter Volllast. Deshalb ist Green IT überfällig – ein Schlagwort, das spätestens seit der Com­put­er­messe CeBit 2008 Einzug in den Sprachge­brauch der Hersteller und Sys­temad­min­is­tra­toren gehalten hat. Wie aber lässt sich die Strom­fresser-IT am besten und ef­fek­tivsten an die Leine legen?

Stromsparen im Rechen­zen­trum

Die IT in den Rechen­zen­tren ist nur für die Hälfte des gesamten IT-Stromver­brauchs ve­r­ant­wortlich. Die andere Hälfte wird von der Kli­ma­tisierung­stech­nik und weiteren Zusatzgeräten verbraucht, etwa jenen für die un­ter­brechungs­freie Stromver­sorgung. Deshalb sollten Op­ti­mierungsmaßnahmen nicht die reine IT, sondern auch die gesamte damit verbundene In­fra­struk­tur einschließen. Um überhaupt Maßnahmen ergreifen zu können, muss zunächst gemessen werden. Das ist ein wichtiger Knackpunkt, weil die En­ergiekosten meist weder Sache des IT-Managers sind noch in sein Budget fallen. Strom­fressende Server verdoppeln mitunter ihre An­schaf­fungskosten im En­ergie­ver­brauch – aber diese Kosten werden ihnen gar nicht zugewiesen, sondern als Gemeinkosten abgerechnet.

„Was nicht gemessen wird, kann nicht optimiert werden.“

Green IT lohnt sich vor allem da, wo auf Euro und Cent nachgerech­net werden kann, welche Einsparun­gen möglich sind. Eine wichtige Kenngröße ist die Data Center In­fra­struc­ture Efficiency (DCIE), die den En­ergie­ver­brauch der IT ins Verhältnis zum Gesamtver­brauch des Rechen­zen­trums setzt. Ein DCIE-Wert von 50 % würde bedeuten, dass die IT die Hälfte der En­ergiekosten für sich verbucht und die andere Hälfte in Neben­funk­tio­nen wie die Kli­ma­tisierung fließt. Ist der DCIE gering, verpulvern Sie zu viel Energie, die bei der eigentlichen Rechen­leis­tung gar keine Rolle spielt. Einspar­poten­ziale finden Sie hier:

  • Jedes eingesparte Watt bei der Hardware muss weder gekühlt noch abgesichert werden: Deshalb sparen Sie hier doppelt.
  • Setzen Sie auf neue, en­ergies­parende CPUs, kleine Festplatten mit geringerer Drehgeschwindigkeit und en­ergies­parende Netzteile.
  • Server-Gestelle sollten so po­si­tion­iert werden, dass sie auf breiter Front Frischluft ansaugen können und damit geringere Lüfter­drehzahlen nötig sind.
  • Überprüfen Sie Ihre Server. Wenn Sie z. B. vier Systeme nur zu 10 % auslasten, sollten die Aufgaben der Server zusammengeführt oder in ein virtuelles System überführt werden, dessen Gesamten­ergiebe­darf erheblich geringer ist.
  • Setzen Sie auf moderne Klimageräte mit einer Präzi­sion­ss­teuerung, die auch eine optimale Luft­feuchtigkeit gewährleisten. Das ist vor allem zur Vermeidung von statischer Elektrizität wichtig.
  • Wasserkühlung ist effizienter als Systeme mit künstlichen Kühlmitteln. Wasser als Kühlmittel ist mithilfe moderner Anlagen auch im Rechen­zen­trum sicher anwendbar.
  • Nutzen Sie für die Stromver­sorgung schaltbare Strom­leis­ten, die Sie z. B. über Ethernet an- und ausschalten können, oder sogar Strom­leis­ten, die über eine Mess­funk­tion verfügen und Ihnen so bei der Ermittlung der En­ergiekosten eine große Hilfe sein können.

Vir­tu­al­isierung

In manchen Unternehmen stehen mehrere Hundert Server in so genannten Racks, mannshohen Gestellen für Server­mod­ule, und laufen nur mit einer minimalen Belastung. Der Grund: Jeder Server stellt nor­maler­weise nur einen Dienst (z. B. die Au­then­tifizierung von Nutzern oder das Verwalten von Mails) zur Verfügung und hat bei fehlenden Anfragen nichts zu tun. Leider ist der Stromver­brauch in solchen Fällen nicht so gering wie die Server­aus­las­tung, sodass eine Menge Strom ungenutzt verpulvert wird.

„Wasser ist heute das sicherere Kühlmedium im Rechen­zen­trum im Vergleich zu Kältemitteln.“

Vir­tu­al­isierung kann eine Lösung sein, um mit weniger Servern auszukommen. Dabei laufen auf einem physikalis­chen Server mehrere virtuelle Maschinen (VM), die sich soft­ware­seitig wie einzelne Server verhalten. Statt also vier Server zu jeweils nur 20 % auszulasten, könnte man drei davon abschalten und einen mit 80%-iger Auslastung und vier virtuellen Maschinen laufen lassen. Der En­ergie­ver­brauch kann damit im günstigsten Fall auf ein Viertel reduziert werden.

„Die Stromver­sorgung hat einen Anteil von ca. 10–15 % am Stromver­brauch eines Rechen­zen­trums.“

Auf Un­ternehmensebene hochgerech­net, ergeben sich höchst in­ter­es­sante Einspar­poten­ziale. Das deutsche Mark­t­forschung­sun­ternehmen Experton Group hat nachgewiesen, dass in einem mittelständischen Unternehmen mit 150 Servern die Vir­tu­al­isierung und Umrüstung 82 300 € Stromkosten im Jahr sparen würde. Verrechnet man Vir­tu­al­isierungskosten und Einsparun­gen, wäre die Investition bereits nach 32 Monaten amortisiert, bei einer Strompreis­steigerung von 20 % sogar schon nach 18 Monaten.

„In der Fachwelt weitgehend akzeptiert ist eine Rechen­zen­trums-Ken­ngröße, die als Data Center In­fra­struc­ture Efficiency bezeichnet wird.“

Virtuelle Server haben aber neben dem En­ergies­par­poten­zial auch handfeste ad­min­is­tra­tive Vorteile. So können virtuelle Maschinen einfach verwaltet und von einem Server zum anderen verschoben werden. Fällt eine VM aus, kann sofort ein anderer Server einspringen. Verfügbarkeit und Aus­fall­sicher­heit von Daten sind gewährleistet.

Virtuelle Desktops

Desk­top-Com­puter stellen derzeit noch die Standardlösung für Com­put­er­ar­beit­splätze dar. Jeder Anwender hat seinen eigenen PC, der mit allen gängigen Anwendungen bestückt werden muss. Überdies muss das Be­trieb­ssys­tem auf dem aktuellen Stand gehalten werden, müssen Updates und Patches eingespielt und Virenschutz, Spamfilter und Firewalls ak­tu­al­isiert werden.

„Mittels Kon­so­li­dierung und Vir­tu­al­isierung lässt sich die Server­an­zahl von einigen Hundert auf wenige Dutzend reduzieren.“

Jeder Nutzer richtet sich den PC nach eigenem Gusto ein, was den Ad­min­is­tra­tionsaufwand für die IT-Fach­leute immens erhöht. Alle paar Jahre muss die Hardware komplett aus­ge­tauscht werden. Die vollständigen Kosten (Total Cost of Ownership, TCO) für die Nutzung eines Desktops können vor allem wegen des großen Wartungsaufwan­des mehrere Tausend Euro im Jahr betragen.

„Solange das Haup­tar­gu­ment für Green IT der Umweltschutz bleibt, wird sie keiner haben wollen.“

Das so genannte Server-based Computing (SBC) setzt auf virtuelle Desktops und trennt den lokalen PC und die auf dem Server laufenden Anwendungen. Der Rechner selbst läuft nur noch mit einer minimalen Kon­fig­u­ra­tion, alle Anwendungen – in manchen Fällen sogar das Be­trieb­ssys­tem – laufen auf einer virtuellen Maschine, die per Netzwerk an den PC angebunden ist. Der Vorteil: Es gibt keinen lokalen Wartungsaufwand und keine lokale Daten­spe­icherung mehr. Die Hard­ware-Aus­tausch-Zyklen werden länger, weil der PC selbst nicht mehr die Haup­trechen­leis­tung erbringen muss.

„Eine Alternative zum Fat-Client-Com­put­ing ist das Server-based Computing mit sparsameren Endgeräten.“

Zu den Her­aus­forderun­gen der Vir­tu­al­isierung zählt, dem Nutzer die gleiche Geschwindigkeit und den gleichen Komfort wie bei einem echten Desktop bieten zu können. Lösungen wie XenDesktop des Herstellers Citrix bieten eine schnelle Anbindung der lokalen Computer an den Desk­top-Server, der entweder Stan­dard-Desk­tops, in­di­vidu­elle Desktops oder Hochleis­tungs-Desk­tops für Kon­struk­teure oder Soft­wa­reen­twick­ler bere­it­stellen kann.

Thin Clients

Thin Clients sind eine energie- und kostens­parende Alternative zu normalen Desktop-PCs. Es sind Endgeräte, mit denen virtuelle Desktops abgerufen werden können. Üblicher­weise arbeiten Anwender auf ihrem lokalen Rechner und greifen von hier aus auf das Un­ternehmen­snet­zw­erk zu. Das führt dazu, dass viele Dateien auf un­ter­schiedlichen Geräten (PC, Net­zw­erk-Server, externe Spe­icher­me­dien) verstreut werden.

„Als typische Ar­beit­splatz- bzw. Endgeräte bieten Thin Clients eine sehr attraktive Alternative zu PC-Umge­bun­gen.“

Thin Clients sind, wie der Name schon sagt, kompakte Endgeräte ohne eigene Festplatte. Das Be­trieb­ssys­tem, die Ap­p­lika­tio­nen und der Daten­spe­icher befinden sich ausschließlich auf einem zentralen Server. Die Anwender nutzen virtuelle Desktops und merken im Grunde genommen gar nicht, dass alle Programme, mit denen sie arbeiten, nicht auf dem Thin Client selbst, sondern auf einer virtuellen Maschine laufen.

„Die Serverfarm im Rechen­zen­trum wird von den An­wen­derin­nen und Anwendern quasi als ein riesiger PC genutzt.“

Die gesamten Be­trieb­skosten von Thin Clients sind bis zu 70 % tiefer als bei normalen PCs. Sie verbrauchen weniger Strom, verursachen weniger Ad­min­is­tra­tionsaufwand und lassen sich besser vor Viren schützen. Sofern nur im Netzwerk gearbeitet wird, sind Thin Clients also die erste Wahl. Wer offline arbeiten will oder muss, ist weiterhin auf Notebooks, Netbooks oder PCs angewiesen.

Positive Wirtschafts- und Ökobilanz

Thin Clients lohnen sich, weil ihre Anschaffung und Wartung gegenüber PCs erheblich geringer ist. Gängige Wirtschaftlichkeit­srech­nun­gen gehen von einer Einspar­quote von 31–42 % im Vergleich zu PCs aus. Wenn parallel ein Er­satzsys­tem vorgehalten wird, das beim Ausfall des Servers dessen Funktion übernimmt, reduziert sich die Einsparung auf immer noch ansehnliche 23–29 %.

„Der Markt für die Desk­top-Vir­tu­al­isierung wächst rasant und ist stark umkämpft.“

Das Einspar­poten­zial wird von der Anzahl der Clients beeinflusst, da die Fixkosten für die Server­ar­chitek­tur auf die einzelnen Thin Clients verteilt werden müssen. Eine bestimmte Anzahl von Servern kann nur eine bestimmte Anzahl von Clients bedienen, sodass man es hierbei mit sprungfixen Kosten zu tun hat: Ist die Kapazitätsgrenze erreicht, bedingt ein weiteres Terminal einen neuen Server, sodass der Fixkosten­block in diesem Fall sprunghaft ansteigt.

Die Ökobilanz von Thin Clients kann sich ebenfalls sehen lassen, wie eine Studie des Fraun­hofer-In­sti­tuts für Umwelt-, Sicher­heits- und En­ergi­etech­nik ergeben hat. Die Experten verglichen u. a. das Treib­haus­gaspoten­zial von PCs und Thin Clients. Das Ergebnis: Bei Thin Clients und dem auf sie ent­fal­l­en­den Anteil eines Ter­mi­nal-Servers sinken die Kohlen­dioxid-Emis­sio­nen um über 54 %.

Fall­beispiel MediMax

Wie Server-based Computing und Thin Clients die IT verändern können, zeigt das Beispiel der Elek­tron­ikkette MediMax. Vor der Einführung von SBC verfügte jede Filiale über durch­schnit­tlich neun Desktop-PCs und einen lokalen Server, der das Waren­wirtschaftssys­tem sowie Textver­ar­beitungs- und E-Mail-Soft­ware zur Verfügung stellte. Die Ad­min­is­tra­tion war schwierig, da alle Filialen von einem zentralen IT-Service betreut wurden, dessen Ressourcen fast ständig ausgelastet waren.

Die testweise Umstellung auf Thin Clients verlief reibungslos und entlastete nicht nur die Strom­rech­nung der Test­fil­ialen, sondern auch den Support: Die Ad­min­is­tra­tion konnte fast vollständig über das zentrale System und ohne zeitaufwändige Fahrten erledigt werden. Hochrech­nun­gen ergaben, dass die Kette bei Umrüstung aller 1500 PCs eine En­ergieeinsparung von 45 % realisieren könnte.

Über den Autor

Frank Lampe ist Marketing Director bei Igel Technology und betreut IT- und Ökolo­giepro­jekte im gleichen Unternehmen. Er ist Autor mehrerer Fachbücher.