E-Mail-Kommunikation im Unternehmen
Etwa 80 % aller Erstkontakte zwischen Unternehmen und ihren Kunden werden heute über Internet und E-Mail geknüpft. Kaum ein Kommunikationsmedium ist so kostengünstig, zeitsparend und unkompliziert – sofern es professionell gehandhabt wird. Diese Professionalität entscheidet darüber, wie sehr sich ein Unternehmen positiv von der Konkurrenz abheben kann. Die Grundlage dafür bildet ein E-Mail-Response-Management-System (ERMS). Wo Produkte weitgehend austauschbar geworden sind, positionieren sich Unternehmen über den Service, beispielsweise darüber, wie schnell und erschöpfend Anfragen beantwortet werden. Die Realität sieht häufig aber noch so aus, dass E-Mails unter „info@unternehmen.com“ landen und dann einzeln an die verantwortlichen Sachbearbeiter weitergeleitet werden. Weil die Menge der eingehenden E-Mails rapide wächst, sind die Mitarbeiter zunehmend überfordert. Zudem mangelt es an Antwortvorgaben auf Standardfragen, an der Vernetzung der einzelnen Servicekanäle des Unternehmens sowie an IT-Unterstützung. Die Folge: Weil die Kunden keine verbindlichen und befriedigenden Antworten erhalten, wenden sie sich vom Unternehmen ab. Ein EMRS befreit die Mitarbeiter von der manuellen Last des E-Mail-Beantwortens, indem es die E-Mail-Kommunikation automatisiert und standardisiert.
Beim Mitarbeiter fängt es an
Auch ohne ERMS lässt sich der E-Mail-Verkehr effizienter gestalten. Ein Mitarbeiter verschickt durchschnittlich 47 E-Mails pro Tag. Das frisst viel wertvolle Arbeitszeit. Etwas davon lässt sich bereits sparen, wenn Sie nicht ständig nach neuen E-Mails schauen. Stellen Sie das akustische Benachrichtigungssignal und auch die Funktion des automatischen Herunterladens ab. Lesen und beantworten Sie Mails am besten immer in einem Block und erst, wenn es zeitlich passt. Schließlich fragen Sie auch nicht mehrmals stündlich im Sekretariat nach Post und beantworten Sie nicht jeden Brief sofort. Hilfreich ist das Eisenhower-Prinzip, nach dem Dinge in die Kategorien „wichtig und dringend“, „wichtig und nicht dringend“, „unwichtig und dringend“ sowie „unwichtig und nicht dringend“ eingeordnet werden. Sortieren Sie Ihre E-Mails ebenfalls nach diesen Kriterien, am besten bereits in verschiedenen Ordnern im Posteingangsfach. Was unwichtig und nicht dringend ist, gehört in den Papierkorb.
Unternehmensweite Maßnahmen
Unternehmensweite Maßnahmen helfen, die Online-Kommunikation und -Nutzung sicherer und effizienter zu gestalten.
- Mit einer IT-Sicherheitsrichtlinie regeln Sie u. a., welcher Rechner auf welche Daten und auf welchen Server zugreifen darf oder welche Maßnahmen der Einzelne bei einem Virenbefall ergreifen muss.
- Eine E-Mail-Richtlinie gibt vor, wie das Kommunikationsmittel E-Mail im Unternehmen genutzt wird. So wird beispielsweise die Anwendung von Spam-Filtern (Spam-Mails sind unerwünschte Werbe-Mails) geregelt. Außerdem gehören dazu Vorschriften zur Archivierung der Mails, zum Umgang mit Anhängen sowie Text- und Formatvorgaben.
- Eine Richtlinie zur Internetnutzung regelt u. a., wie lange und zu welchen Zwecken die Mitarbeiter im Internet surfen dürfen.
„Unternehmen kommen um ein ERMS nicht herum, wenn sie die Kommunikation mit Interessenten und Kunden so ressourcen- und kostensparend wie möglich bewerkstelligen und dabei gleichzeitig den Kundeninteressen weitestmöglich entgegenkommen wollen.“
Für mehr Effizienz in der Kommunikation durchsuchen Sie am besten alle eingehenden Kundenanfragen auf sich häufig wiederholende Themen und richten dafür Internetformulare auf Ihrer Homepage oder spezielle E-Mail-Adressen ein. Damit werden Reklamationen, Rechnungen, Bestellungen usw. gleich an die richtige Stelle geleitet.
ERMS für besseren Service
Liegt das stündliche E-Mail-Aufkommen für einen Mitarbeiter über 15 Stück, lohnt sich bereits der Einsatz eines ERMS. Nur so können Unternehmen der Kundenerwartung entsprechen, dass eine E-Mail innerhalb von 24 Stunden beantwortet wird. Meist verwaltet das System Postfächer von servicerelevanten E-Mail-Adressen, wie info@..., service@... oder bestellung@... Dank Reporting und Monitoring geht keine E-Mail mehr verloren. Kunden erhalten ihre Antworten wesentlich schneller als bei der manuellen oder teilstandardisierten Bearbeitung. Die Servicequalität verbessert sich. Neben einem eigenen ERMS, das gekauft und für das Personal bereitgestellt werden muss, können Sie auch ein Application Service Providing (ASP) oder Outsourcing nutzen. Beim ASP mieten Sie das System, müssen aber selbst Personal dafür einsetzen. Wer weder eigene Mitarbeiter dafür binden will noch ein Budget für den Kauf der Technik hat, ist mit Outsourcing gut beraten.
„In der heutigen Zeit, in der traditionelle Differenzierungsfaktoren gegenüber dem Wettbewerb wegfallen, weil die Produkte vielfach austauschbar geworden sind, wird der Service häufig zum kritischen Erfolgsfaktor.“
Und so funktioniert das EMRS: Die eingehende E-Mail passiert die Spam- und Virenkontrolle, gelangt dann auf den E-Mail-Server des Unternehmens und wird in der ERMS-Datenbank abgespeichert. Für die weitere Bearbeitung wird sie kategorisiert, klassifiziert und mit einer Nummer versehen. Durch die automatische Texterkennung weiß das System, wohin die E-Mail geleitet werden muss. Das Texterkennungsmodell enthält sämtliche relevanten Fachausdrücke, Synonyme und auch Beziehungen zwischen Begriffen. So ist etwa das Wort „kostet“ bei „Preis“ angesiedelt. Beim anschließenden Routing leitet das System die Mail an die zuständige Stelle weiter. Neben der Kompetenz des Mitarbeiters wird dabei auch dessen Arbeitsvolumen berücksichtigt. Zur Bearbeitung der Mail stellt das System fertige Textbausteine zur Verfügung. Aber selbst bei einem derart automatisierten Vorgang kann der Mitarbeiter, wenn es nötig ist, manuell eingreifen und einen eigenen Text schreiben. Zum Schluss wird die Antwort versendet (Response). Klassifizierung, Routing und Response arbeiten auf Basis einer Wissensdatenbank, die auch mit anderen Unternehmenssystemen verbunden werden kann, etwa einem Warenwirtschafts- oder CRM-System.
E-Mail-Marketing mit ERMS verbinden
Während Marketing über E-Mail derzeit noch weniger genutzt wird als Werbebrief, Anzeige und Telefon, wird es laut Deutschem Direktmarketing Verband schon bald ganz vorne liegen. Schließlich ist diese Marketingform in Sachen Preis unschlagbar. Sein volles Potenzial entfaltet E-Mail-Marketing allerdings erst in Verbindung mit dem E-Mail-Response-Management-System. So lassen sich Informationen über Kundeninteressen gewinnen und erfassen, die eine Basis für maßgeschneiderte Angebote oder Newsletter bilden.
Rechtliche Bestimmungen
Eine E-Mail in der geschäftlichen Kommunikation wird juristisch wie ein Brief, ein Fax oder ein Telefonat behandelt. So können z. B. Verträge auch über diesen Weg abgeschlossen oder gekündigt werden. Ein Vertrag ist abgeschlossen, wenn die Annahme des Angebots beim Empfänger eingetroffen ist. Ist sie auf dem Server eingegangen, aber der Empfänger hat sie noch nicht gesehen, ist der Vertrag dennoch gültig. Wenn jemand seine E-Mail-Adresse zu Geschäftszwecken veröffentlicht, hat er die Verpflichtung, regelmäßig das Postfach zu überprüfen und auf Mails zu reagieren. Eine weitere rechtliche Vorschrift ist die Handelsregisterinformation, die seit 2007 jeder versandte Handelsbrief enthalten muss. In der E-Mail einer GmbH etwa muss demnach die Firmenbezeichnung, der Ort der Handelsniederlassung, das zuständige Registergericht, die Handelsregisternummer, der Familienname und mindestens ein ausgeschriebener Vorname jedes Geschäftsführers stehen. Auch hinsichtlich der Archivierung unterliegen E-Mails den gleichen Bestimmungen wie normale Geschäfts- und Handelsbriefe.
Software-Lösungen
ERMS-Systeme sind nur so gut, wie das Wissen, mit dem sie gespeist werden. Bewährt haben sich lernfähige Lösungen, die einen dualen Ansatz verfolgen: Sie kombinieren die standardisierte, automatisierte Bearbeitung mit der individuellen, kreativen Bearbeitung. Dabei kann der Mitarbeiter von Fall zu Fall entscheiden, ob die automatisierte Antwort ausreicht und ggf. selbst schreiben. Seine manuellen Korrekturen werden abgespeichert und für künftige Anfragen genutzt. Lernende Systeme können bis zu 95 % der eingehenden E-Mails dem richtigen Geschäftsvorfall zuordnen. Sie erkennen die Dringlichkeit und leiten die E-Mail zu dem Mitarbeiter, der als zuständig und kompetent ausgewiesen wird. Die von den Systemen selbst vorgeschlagenen Antworten sind in 70 % der Fälle richtig. Durch das Abspeichern manueller Korrekturen lernt das System laufend dazu und befreit den Mitarbeiter immer mehr von der Bearbeitung einfacher Sachverhalte. Die damit eingesparte Bearbeitungszeit schafft freie Kapazitäten für individuelle Beratungen, die das Neugeschäft ankurbeln.
„Welcher Kategorie eine Anfrage zugeordnet wird, ist nicht Sache des Kunden, sondern des Unternehmens.“
Bei über der Hälfte aller Kunden-Mails an Unternehmen geht es um Standardthemen wie Bestellungen oder Änderungen der Kontaktdaten. Was den Kunden beim Kontakt zu einem Unternehmen besonders wichtig ist, sind vor allem Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit, Freundlichkeit und Kompetenz. Basierend auf diesen Wünschen hat das Schweizer Unternehmen PIDAS ein Customer-Care-Concept entwickelt, das von vielen Unternehmen eingesetzt wird. Das Konzept umfasst alle Kommunikationskanäle eines Unternehmens und bündelt die eingehenden Anfragen, egal ob sie per Telefon, Mail oder Brief ankommen, an einem zentralen Single Point of Contact (SPOC). Wie die Anfragen weiter behandelt werden, hängt von ihrem Inhalt ab. Zunächst werden sie per ERMS kategorisiert und weitergeleitet. Bereits an dieser Stelle können automatische Antworten verschickt werden. Auf der nächsten Ebene beantworten Mitarbeiter die an sie weitergeleiteten Mails mithilfe von Antwortmodulen, sortieren aus, was sie nicht selbst beantworten können, und leiten diese Anfragen wiederum weiter. Auf der nächsten Ebene kümmern sich Produktmanager darum. Das ERMS routet hier direkt an den zuständigen Manager, kann aber bei der Beantwortung weniger helfen. Auf die dritte Ebene gelangen Anfragen, für deren Beantwortung spezifisches Fachwissen nötig ist, wenn beispielsweise technische Einzelheiten erläutert werden müssen.
Erfahrungen bei Tele2
Vor der Anschaffung eines ERMS wurden beim Telekommunikationsanbieter Tele2 Briefe, Faxe und E-Mails mit jeweils unterschiedlicher Software bearbeitet. Weder war die Qualität des Kundenservice messbar, noch existierte eine transparente Kundenhistorie. Auch stauten sich Anfragen bei Mitarbeitern, und die Beschwerdequote war hoch. Mit dem eingeführten ERMS sollten die Probleme behoben werden. Die Software berücksichtigte die Eingangskanäle E-Mail, Fax, Telefon und Brief. Ein firmenübergreifendes Team leitete die Implementierung. Besonders viel Mühe investierte das Unternehmen in die Regeln für das Routing. Denn: Je besser das Routing vorbereitet wird, desto weniger Probleme treten später auf.
„Bei aller Automatisierung, Optimierung und Effizienzsteigerung muss das ‚letzte Wort‘ bei der Kommunikation persönlich bleiben – also von einem Menschen gesprochen oder geschrieben werden.“
Schwierigkeiten mit dem neuen System gab es vor allem durch unsachgemäße Handhabung und auch aufgrund von Widerständen seitens der Mitarbeiter. Dennoch ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten: Die Ausgangspost wurde optisch vereinheitlicht, sich wiederholende Arbeitsschritte fielen weg, die Transparenz der Bearbeitungsstände ermöglichte ein besseres Controlling, die Beschwerderate pro Kunde sank um 45 % und Kosten wurden gespart. Zwar konnte die Antwortzahl pro Stunde nicht verbessert werden, dafür aber die Qualität der Antworten. Und weil die ohnehin im Vordergrund steht, gibt es bei Tele2 keine zeitlichen Vorgaben, sondern lediglich das Ziel, einfache Anfragen innerhalb von 24 Stunden und komplexe Anfragen innerhalb von 72 Stunden zu beantworten. Vollautomatische Antworten werden nicht versandt. Das letzte Wort darüber, ob der Antwortvorschlag des ERMS akzeptiert wird oder nicht, hat der Mitarbeiter.