Professionelles E-Mail-Management

Buch Professionelles E-Mail-Management

Von der individuellen Nutzung zur unternehmensweiten Anwendung

Gabler,


Rezension

Wenn ein Autor zugleich Anbieter der Lösungen für die in seinem Buch genannten Probleme ist, drängt sich leicht der Verdacht auf Werbung auf. Lars Becker leitet in der Tat ein Unternehmen, das sich dem pro­fes­sionellen E-Mail-Man­age­ment ver­schrieben hat. Doch der Firmenname kommt im Text kaum vor, dafür gibt es umfassendes und her­vor­ra­gend auf­bere­it­etes Ex­perten­wis­sen aus erster Hand. Zudem vermittelt Becker dieses Wissen auf eine sehr verständliche und praxisnahe Art und Weise, sodass das Lesen Spaß macht und der Leser direkte Hand­lungsan­leitun­gen für den Ar­beit­sall­tag mitnehmen kann. Im zweiten Teil, der sich der un­ternehmerischen Praxis widmet, kommen weitere Experten und Lösungsan­bi­eter zu Wort, sodass auch die letzten Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Buches ausgeräumt werden. BooksInShort empfiehlt es allen Service-, Marketing- und Ver­trieb­sver­ant­wortlichen sowie IT-Managern.

Take-aways

  • Etwa 80 % aller Kontakte zwischen Unternehmen und Kunden werden heute über Internet und E-Mail geknüpft.
  • Kunden erwarten, dass eine Mail innerhalb von 24 Stunden beantwortet wird.
  • Lesen und beantworten Sie Mails immer im Block und nur dann, wenn es zeitlich passt.
  • Häufige Stan­dar­d­an­fra­gen können in In­ter­net­for­mu­la­ren beantwortet werden.
  • Ein E-Mail-Re­sponse-Man­age­ment-Sys­tem (ERMS) lohnt sich bereits ab einem stündlichen E-Mail-Aufkom­men von 15 Stück pro Mitarbeiter.
  • Ein ERMS-System erkennt Tex­tele­mente, leitet die E-Mail an den richtigen Mitarbeiter weiter und bietet vorge­fer­tigte Antwort­bausteine.
  • Außerdem lassen sich mit einem ERMS Kun­den­in­ter­essen erkennen und für maßgeschnei­derte Angebote nutzen.
  • Geschäftliche E-Mails unterliegen den gleichen ju­ris­tis­chen Bes­tim­mungen wie Brief, Fax oder Telefonat.
  • Je sorgfältiger die Verteilung der E-Mails im Unternehmen geplant und vorbereitet wird, desto niedriger ist die Fehlerquote.
  • Selbst bei einem au­toma­tisierten Antwort­sys­tem sollte das letzte Wort immer ein Mitarbeiter haben.
 

Zusammenfassung

E-Mail-Kom­mu­nika­tion im Unternehmen

Etwa 80 % aller Er­stkon­takte zwischen Unternehmen und ihren Kunden werden heute über Internet und E-Mail geknüpft. Kaum ein Kom­mu­nika­tion­s­medium ist so kostengünstig, zeitsparend und un­kom­pliziert – sofern es pro­fes­sionell gehandhabt wird. Diese Pro­fes­sion­alität entscheidet darüber, wie sehr sich ein Unternehmen positiv von der Konkurrenz abheben kann. Die Grundlage dafür bildet ein E-Mail-Re­sponse-Man­age­ment-Sys­tem (ERMS). Wo Produkte weitgehend aus­tauschbar geworden sind, po­si­tion­ieren sich Unternehmen über den Service, beispiel­sweise darüber, wie schnell und erschöpfend Anfragen beantwortet werden. Die Realität sieht häufig aber noch so aus, dass E-Mails unter „info@​unternehmen.​com“ landen und dann einzeln an die ve­r­ant­wortlichen Sach­bear­beiter weit­ergeleitet werden. Weil die Menge der eingehenden E-Mails rapide wächst, sind die Mitarbeiter zunehmend überfordert. Zudem mangelt es an Antwortvor­gaben auf Stan­dard­fra­gen, an der Vernetzung der einzelnen Servicekanäle des Un­ternehmens sowie an IT-Unterstützung. Die Folge: Weil die Kunden keine verbindlichen und be­friedi­gen­den Antworten erhalten, wenden sie sich vom Unternehmen ab. Ein EMRS befreit die Mitarbeiter von der manuellen Last des E-Mail-Beant­wortens, indem es die E-Mail-Kom­mu­nika­tion au­toma­tisiert und stan­dar­d­isiert.

Beim Mitarbeiter fängt es an

Auch ohne ERMS lässt sich der E-Mail-Verkehr effizienter gestalten. Ein Mitarbeiter verschickt durch­schnit­tlich 47 E-Mails pro Tag. Das frisst viel wertvolle Arbeitszeit. Etwas davon lässt sich bereits sparen, wenn Sie nicht ständig nach neuen E-Mails schauen. Stellen Sie das akustische Be­nachrich­ti­gungssig­nal und auch die Funktion des au­toma­tis­chen Herun­ter­ladens ab. Lesen und beantworten Sie Mails am besten immer in einem Block und erst, wenn es zeitlich passt. Schließlich fragen Sie auch nicht mehrmals stündlich im Sekretariat nach Post und beantworten Sie nicht jeden Brief sofort. Hilfreich ist das Eisen­hower-Prinzip, nach dem Dinge in die Kategorien „wichtig und dringend“, „wichtig und nicht dringend“, „unwichtig und dringend“ sowie „unwichtig und nicht dringend“ eingeordnet werden. Sortieren Sie Ihre E-Mails ebenfalls nach diesen Kriterien, am besten bereits in ver­schiede­nen Ordnern im Postein­gangs­fach. Was unwichtig und nicht dringend ist, gehört in den Papierkorb.

Un­ternehmensweite Maßnahmen

Un­ternehmensweite Maßnahmen helfen, die On­line-Kom­mu­nika­tion und -Nutzung sicherer und effizienter zu gestalten.

  • Mit einer IT-Sicher­heit­srichtlinie regeln Sie u. a., welcher Rechner auf welche Daten und auf welchen Server zugreifen darf oder welche Maßnahmen der Einzelne bei einem Virenbefall ergreifen muss.
  • Eine E-Mail-Richtlinie gibt vor, wie das Kom­mu­nika­tion­s­mit­tel E-Mail im Unternehmen genutzt wird. So wird beispiel­sweise die Anwendung von Spam-Fil­tern (Spam-Mails sind unerwünschte Werbe-Mails) geregelt. Außerdem gehören dazu Vorschriften zur Archivierung der Mails, zum Umgang mit Anhängen sowie Text- und For­matvor­gaben.
  • Eine Richtlinie zur In­ter­net­nutzung regelt u. a., wie lange und zu welchen Zwecken die Mitarbeiter im Internet surfen dürfen.
„Unternehmen kommen um ein ERMS nicht herum, wenn sie die Kom­mu­nika­tion mit In­ter­essen­ten und Kunden so ressourcen- und kostens­parend wie möglich be­w­erk­stel­li­gen und dabei gle­ichzeitig den Kun­den­in­ter­essen weitestmöglich ent­ge­genkom­men wollen.“

Für mehr Effizienz in der Kom­mu­nika­tion durchsuchen Sie am besten alle eingehenden Kun­de­nan­fra­gen auf sich häufig wieder­holende Themen und richten dafür In­ter­net­for­mu­lare auf Ihrer Homepage oder spezielle E-Mail-Adressen ein. Damit werden Rekla­ma­tio­nen, Rechnungen, Bestel­lun­gen usw. gleich an die richtige Stelle geleitet.

ERMS für besseren Service

Liegt das stündliche E-Mail-Aufkom­men für einen Mitarbeiter über 15 Stück, lohnt sich bereits der Einsatz eines ERMS. Nur so können Unternehmen der Kun­den­er­wartung entsprechen, dass eine E-Mail innerhalb von 24 Stunden beantwortet wird. Meist verwaltet das System Postfächer von ser­vicerel­e­van­ten E-Mail-Adressen, wie info@...​, service@...​ oder bestellung@...​ Dank Reporting und Monitoring geht keine E-Mail mehr verloren. Kunden erhalten ihre Antworten wesentlich schneller als bei der manuellen oder teil­stan­dar­d­isierten Bearbeitung. Die Ser­vice­qualität verbessert sich. Neben einem eigenen ERMS, das gekauft und für das Personal bere­it­gestellt werden muss, können Sie auch ein Application Service Providing (ASP) oder Outsourcing nutzen. Beim ASP mieten Sie das System, müssen aber selbst Personal dafür einsetzen. Wer weder eigene Mitarbeiter dafür binden will noch ein Budget für den Kauf der Technik hat, ist mit Outsourcing gut beraten.

„In der heutigen Zeit, in der tra­di­tionelle Dif­feren­zierungs­fak­toren gegenüber dem Wettbewerb wegfallen, weil die Produkte vielfach aus­tauschbar geworden sind, wird der Service häufig zum kritischen Er­fol­gs­fak­tor.“

Und so funk­tion­iert das EMRS: Die eingehende E-Mail passiert die Spam- und Virenkon­trolle, gelangt dann auf den E-Mail-Server des Un­ternehmens und wird in der ERMS-Daten­bank abge­spe­ichert. Für die weitere Bearbeitung wird sie kat­e­gorisiert, klas­si­fiziert und mit einer Nummer versehen. Durch die au­toma­tis­che Tex­terken­nung weiß das System, wohin die E-Mail geleitet werden muss. Das Tex­terken­nungsmod­ell enthält sämtliche relevanten Fachausdrücke, Synonyme und auch Beziehungen zwischen Begriffen. So ist etwa das Wort „kostet“ bei „Preis“ angesiedelt. Beim anschließenden Routing leitet das System die Mail an die zuständige Stelle weiter. Neben der Kompetenz des Mi­tar­beit­ers wird dabei auch dessen Ar­beitsvol­u­men berücksichtigt. Zur Bearbeitung der Mail stellt das System fertige Textbausteine zur Verfügung. Aber selbst bei einem derart au­toma­tisierten Vorgang kann der Mitarbeiter, wenn es nötig ist, manuell eingreifen und einen eigenen Text schreiben. Zum Schluss wird die Antwort versendet (Response). Klas­si­fizierung, Routing und Response arbeiten auf Basis einer Wis­sens­daten­bank, die auch mit anderen Un­ternehmenssys­te­men verbunden werden kann, etwa einem Waren­wirtschafts- oder CRM-System.

E-Mail-Mar­ket­ing mit ERMS verbinden

Während Marketing über E-Mail derzeit noch weniger genutzt wird als Werbebrief, Anzeige und Telefon, wird es laut Deutschem Di­rek­t­mar­ket­ing Verband schon bald ganz vorne liegen. Schließlich ist diese Mar­ket­ing­form in Sachen Preis unschlagbar. Sein volles Potenzial entfaltet E-Mail-Mar­ket­ing allerdings erst in Verbindung mit dem E-Mail-Re­sponse-Man­age­ment-Sys­tem. So lassen sich In­for­ma­tio­nen über Kun­den­in­ter­essen gewinnen und erfassen, die eine Basis für maßgeschnei­derte Angebote oder Newsletter bilden.

Rechtliche Bes­tim­mungen

Eine E-Mail in der geschäftlichen Kom­mu­nika­tion wird juristisch wie ein Brief, ein Fax oder ein Telefonat behandelt. So können z. B. Verträge auch über diesen Weg abgeschlossen oder gekündigt werden. Ein Vertrag ist abgeschlossen, wenn die Annahme des Angebots beim Empfänger eingetrof­fen ist. Ist sie auf dem Server eingegangen, aber der Empfänger hat sie noch nicht gesehen, ist der Vertrag dennoch gültig. Wenn jemand seine E-Mail-Adresse zu Geschäftszwecken veröffentlicht, hat er die Verpflich­tung, regelmäßig das Postfach zu überprüfen und auf Mails zu reagieren. Eine weitere rechtliche Vorschrift ist die Han­del­sreg­is­ter­in­for­ma­tion, die seit 2007 jeder versandte Han­dels­brief enthalten muss. In der E-Mail einer GmbH etwa muss demnach die Fir­men­beze­ich­nung, der Ort der Han­del­snieder­las­sung, das zuständige Reg­is­terg­ericht, die Han­del­sreg­is­ter­num­mer, der Fam­i­li­en­name und mindestens ein aus­geschriebener Vorname jedes Geschäftsführers stehen. Auch hin­sichtlich der Archivierung unterliegen E-Mails den gleichen Bes­tim­mungen wie normale Geschäfts- und Han­dels­briefe.

Software-Lösungen

ERMS-Sys­teme sind nur so gut, wie das Wissen, mit dem sie gespeist werden. Bewährt haben sich lernfähige Lösungen, die einen dualen Ansatz verfolgen: Sie kombinieren die stan­dar­d­isierte, au­toma­tisierte Bearbeitung mit der in­di­vidu­ellen, kreativen Bearbeitung. Dabei kann der Mitarbeiter von Fall zu Fall entscheiden, ob die au­toma­tisierte Antwort ausreicht und ggf. selbst schreiben. Seine manuellen Korrekturen werden abge­spe­ichert und für künftige Anfragen genutzt. Lernende Systeme können bis zu 95 % der eingehenden E-Mails dem richtigen Geschäftsvorfall zuordnen. Sie erkennen die Dringlichkeit und leiten die E-Mail zu dem Mitarbeiter, der als zuständig und kompetent ausgewiesen wird. Die von den Systemen selbst vorgeschla­ge­nen Antworten sind in 70 % der Fälle richtig. Durch das Abspeichern manueller Korrekturen lernt das System laufend dazu und befreit den Mitarbeiter immer mehr von der Bearbeitung einfacher Sachver­halte. Die damit eingesparte Bear­beitungszeit schafft freie Kapazitäten für in­di­vidu­elle Beratungen, die das Neugeschäft ankurbeln.

„Welcher Kategorie eine Anfrage zugeordnet wird, ist nicht Sache des Kunden, sondern des Un­ternehmens.“

Bei über der Hälfte aller Kun­den-Mails an Unternehmen geht es um Stan­dard­the­men wie Bestel­lun­gen oder Änderungen der Kon­tak­t­daten. Was den Kunden beim Kontakt zu einem Unternehmen besonders wichtig ist, sind vor allem Zuverlässigkeit, Er­re­ich­barkeit, Fre­undlichkeit und Kompetenz. Basierend auf diesen Wünschen hat das Schweizer Unternehmen PIDAS ein Cus­tomer-Care-Con­cept entwickelt, das von vielen Unternehmen eingesetzt wird. Das Konzept umfasst alle Kom­mu­nika­tion­skanäle eines Un­ternehmens und bündelt die eingehenden Anfragen, egal ob sie per Telefon, Mail oder Brief ankommen, an einem zentralen Single Point of Contact (SPOC). Wie die Anfragen weiter behandelt werden, hängt von ihrem Inhalt ab. Zunächst werden sie per ERMS kat­e­gorisiert und weit­ergeleitet. Bereits an dieser Stelle können au­toma­tis­che Antworten verschickt werden. Auf der nächsten Ebene beantworten Mitarbeiter die an sie weit­ergeleit­eten Mails mithilfe von Antwort­mod­ulen, sortieren aus, was sie nicht selbst beantworten können, und leiten diese Anfragen wiederum weiter. Auf der nächsten Ebene kümmern sich Pro­duk­t­man­ager darum. Das ERMS routet hier direkt an den zuständigen Manager, kann aber bei der Beant­wor­tung weniger helfen. Auf die dritte Ebene gelangen Anfragen, für deren Beant­wor­tung spez­i­fis­ches Fachwissen nötig ist, wenn beispiel­sweise technische Einzel­heiten erläutert werden müssen.

Erfahrungen bei Tele2

Vor der Anschaffung eines ERMS wurden beim Telekom­mu­nika­tion­san­bi­eter Tele2 Briefe, Faxe und E-Mails mit jeweils un­ter­schiedlicher Software bearbeitet. Weder war die Qualität des Kun­denser­vice messbar, noch existierte eine trans­par­ente Kun­den­his­to­rie. Auch stauten sich Anfragen bei Mi­tar­beit­ern, und die Beschw­erd­e­quote war hoch. Mit dem eingeführten ERMS sollten die Probleme behoben werden. Die Software berücksichtigte die Eingangskanäle E-Mail, Fax, Telefon und Brief. Ein firmenübergreifendes Team leitete die Im­ple­men­tierung. Besonders viel Mühe investierte das Unternehmen in die Regeln für das Routing. Denn: Je besser das Routing vorbereitet wird, desto weniger Probleme treten später auf.

„Bei aller Au­toma­tisierung, Optimierung und Ef­fizien­zsteigerung muss das ‚letzte Wort‘ bei der Kom­mu­nika­tion persönlich bleiben – also von einem Menschen gesprochen oder geschrieben werden.“

Schwierigkeiten mit dem neuen System gab es vor allem durch unsachgemäße Handhabung und auch aufgrund von Widerständen seitens der Mitarbeiter. Dennoch ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten: Die Aus­gangspost wurde optisch vere­in­heitlicht, sich wieder­holende Ar­beitss­chritte fielen weg, die Transparenz der Bear­beitungsstände ermöglichte ein besseres Controlling, die Beschw­erder­ate pro Kunde sank um 45 % und Kosten wurden gespart. Zwar konnte die Antwortzahl pro Stunde nicht verbessert werden, dafür aber die Qualität der Antworten. Und weil die ohnehin im Vordergrund steht, gibt es bei Tele2 keine zeitlichen Vorgaben, sondern lediglich das Ziel, einfache Anfragen innerhalb von 24 Stunden und komplexe Anfragen innerhalb von 72 Stunden zu beantworten. Vol­lau­toma­tis­che Antworten werden nicht versandt. Das letzte Wort darüber, ob der Antwortvorschlag des ERMS akzeptiert wird oder nicht, hat der Mitarbeiter.

Über den Autor

Lars Becker studierte Wirtschaftswis­senschaften und gründete 1999 das Unternehmen terramail GmbH, das sich auf Di­en­stleis­tun­gen auf dem Gebiet des E-Mail-Man­age­ments spezial­isiert hat und u. a. Outsourcing und Mi­et­struk­turen anbietet.