Das Wichtigste: Ihre Zielsetzung
Der US-amerikanische Markt verfügt über eine riesige Kaufkraft und wächst schneller als der europäische. Viele Unternehmen, die sich dort positionieren wollen, streben eine Steigerung der Gewinne und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit an. Aber auch die Verteilung der Gemeinkosten, Glättung saisonaler Schwankungen oder Steuervorteile in den USA sind oft ausschlaggebende Argumente für den Markteinstieg. Wenn Sie Ihr Produkt am amerikanischen Markt positionieren und so Ihr Unternehmen stärken wollen, sollten Sie zunächst Ihre strategischen Ziele kennen. Streben Sie einen reinen Verkauf im ausländischen Markt an oder geht es Ihnen und Ihrem Unternehmen eher um eine ständige Präsens und eine Beeinflussung des Marktes? Ihre strategischen Überlegungen sind die Basis für alle folgenden Vorbereitungen. Beispiel Marketing: Für den reinen Verkauf im ausländischen Markt reichen Instrumente des Export-Marketings völlig aus. Eine langfristige Präsenz kann hingegen nur mit ausgeklügelten internationalen Marketing-Massnahmen erfolgreich sein. Auch die Wahl des richtigen Standortes richtet sich nach Ihren Zielen. Für viele Unternehmen ist die Zeitdifferenz zu Deutschland das ausschlaggebende Moment: Berücksichtigen Sie aber auch die Faktoren Logistik, Kundennähe, Erreichbarkeit von Deutschland aus und die finanzielle Unterstützung durch den jeweiligen Bundesstaat.
Wer sind die neuen Kunden und Wettbewerber?
Informieren Sie sich mithilfe von Marktforschungsprojekten detailliert über den neu zu erobernden Markt. Sammeln Sie Informationen über alle wichtigen Faktoren, wie Partner, Markt- und Preisentwicklungen und Wettbewerber. Analysieren Sie v. a. die Kundenerwartungen in den USA. Führen Sie Interviews mit potenziellen Kunden, aber auch mit eigenen sowie ehemaligen Mitarbeitern von Wettbewerbern, Konkurrenten, Lieferanten etc. Nutzen Sie Datenbanken, Veröffentlichungen u. a., um sich ein genaues Bild machen zu können. Stellen Sie die Frage nach den Schwächen und Stärken des eigenen Produktes. Eventuell wird es nötig sein, das Produkt den Kundenerwartungen in den USA anzupassen. Dies ist oft dann der Fall, wenn es Wettbewerber mit ähnlichen Produkten gibt. Prüfen Sie alle Argumente und nötigen Produktänderungen, mit denen Sie sich gegenüber Ihrem Wettbewerber durchsetzen können. Bedenken Sie bei all diesen Vorbereitungen, dass der US-Markt nicht homogen ist, und definieren Sie Ihre Zielgruppe genau.
Wettbewerb made in USA
Natürlich beobachten auch Ihre US-amerikanischen Wettbewerber Unternehmen, die sich neu am Markt positionieren wollen, und ergreifen im Vorfeld Massnahmen, um sie abzuschrecken. So ist die Einreichung von Klagen beliebt, um den Herausforderer finanziell zu schwächen. Seien Sie auf Preiszugeständnisse gegenüber Händlern und verstärktes Marketing (Position Defense), Stärkung von Randprodukten (Flanking Defense), die einen eventuellen Angriffspunkt darstellen könnten, oder eine direkte Gegenoffensive (Counteroffensive Defense), bei der der Wettbewerber beispielsweise aus dem Markt "hinausgepreist" wird, vorbereitet. Prüfen Sie im Gegenzug, wo Sie den Marktführer am besten treffen können. Fordern Sie den Marktführer direkt heraus (Frontal Attack), wenn Sie genügend Kapital haben. Konzentrieren Sie sich auf seine schwächeren Randprodukte oder gehen Sie - wenn Sie eine harte Auseinandersetzung nicht durchstehen würden - dem Kampf aus dem Weg. Machen Sie Ihrem Mitbewerber das Leben einfach dadurch schwer, indem Sie ähnliche, aber verbesserte Produkte auf den Markt bringen, statt ihn herauszufordern. Besetzen Sie Marktnischen und etablieren Sie von dort aus schrittweise das eigene Produkt.
Marketing in den USA
Egal, für welche Strategie Sie sich entscheiden: Stellen Sie immer den Kunden in das Zentrum Ihrer Aktionen! Fragen Sie sich, welchen Nutzen Sie ihm bieten, wie Sie das eigene Produkt so attraktiv gestalten können, dass die Konkurrenzprodukte uninteressant erscheinen. Treten Sie zuverlässig und sympathisch auf. Zeigen Sie sich von Ihrem eigenen Produkt überzeugt - nur so können Sie andere einnehmen. Bieten Sie unerwartete Dienstleistungen an, mit denen Sie die Kunden dauerhaft binden. Stellen Sie den Kunden auch bei der Preisgestaltung in den Mittelpunkt. Bieten Sie Servicegarantien, nutzenbezogene Preisgestaltung oder Pauschalangebote und bauen Sie so Verunsicherungen beim Kunden ab (Satisfaction-based Pricing). Binden Sie Kunden durch langfristige und für den Kunden vorteilhafte Verträge oder durch Price-Bundling an Ihr Unternehmen (Relationship Pricing).
Vorbereitungen für den Markteintritt
Bei der Frage nach den richtigen Instrumenten für den Markteintritt kann der "Incubator-Screen" hilfreich sein. Er untersucht in der ersten Phase das Produkt- und das Unternehmensprofil und analysiert die Marktfähigkeit des Produkts. Dabei berücksichtigt er den Zeitpunkt des Markteintritts und mögliche rechtliche Barrieren. Nun wird geklärt, wie und wann der Einstieg erfolgen soll und welche Risiken damit verbunden sind, bevor anschliessend die Verhandlungen mit den Partnern auf dem US-amerikanischen Markt vorbereitet und Verträge geschlossen werden. Beziehen Sie spätestens jetzt einen erfahrenen Consultant oder Rechtsanwalt vor Ort mit ein. Die Kenntnis der rechtlichen Hintergründe kann Sie vor Fehlern schützen.
„Ein Unternehmen, das Aktivitäten in den USA plant, muss sich zunächst seiner eigenen strategischen Zielsetzungen (strategic intent) bewusst werden.“
In welcher Form Ihr Unternehmen auf dem US-amerikanischen Markt vertreten sein wird, hängt von Ihren strategischen Zielen ab. Die Gründung einer Verkaufsniederlassung in den USA bietet die Möglichkeit, Beziehungen zu Kunden und Partnern schnell aufzubauen. Wie erfolgreich der Markteintritt sein wird, hängt in diesem Fall jedoch stark von Ihrem Ansprechpartner vor Ort ab. Suchen Sie ihn mit der entsprechenden Sorgfalt aus. Auch die Vergabe von Lizenzen oder Franchising sind Möglichkeiten, den Markt zu erobern, ebenso Joint Ventures, Strategische Allianzen, Management-Vereinbarungen, Export oder die Produktion im Ausland. Diese kann Ihnen Steuervorteile, den Zugang zu billigeren Arbeitskräften und logistische Vorteile bieten.
„Viele Unternehmen verhalten sich strategisch so, als würden sie im wirtschaftlichen Vakuum operieren.“
Sollten Sie sich für eine Vereinbarung mit einem Distributor vor Ort entscheiden, können Probleme durch die getrennte Eigentümerstruktur oder die kulturelle und geographische Distanz auftauchen. Treten Sie ihnen mit finanziellen Anreizen für Ihren Partner, persönlichem Kontakt und klaren rechtlichen Absprachen entgegen. Versuchen Sie, Ihren Partner langfristig an sich zu binden und Angebote anderer Wettbewerber uninteressant erscheinen zu lassen, indem Sie ihn beispielsweise durch Marketingaktionen effektiv unterstützen. Wenn Ihr Unternehmen sich für eine Zusammenarbeit mit Handelsvertretern oder Vertragshändlern in den USA entscheidet, sollten bei der Ausarbeitung der Verträge unterschiedliche rechtliche Strukturen zwischen USA und Deutschland beachtet werden. Legen Sie dabei besonderes Augenmerk auf die genaue Definition der Vertriebsrechte, Provisionsansprüche, Gewährleistungen und die Nutzung des Markennamens.
Der Faktor K(ultur)
Unterschätzen Sie bei der Vorbereitung Ihres Markteintritts nicht die kulturellen Unterschiede zwischen den USA und Deutschland. Ob Sie mit Ihrer Strategie und Ihrem Produkt erfolgreich sein werden, hängt stark vom Faktor K ab. Akzeptieren Sie dies und versuchen Sie, seinen Einfluss bei geschäftlichen Kontakten richtig einzuschätzen. Differenzen zeigen sich beispielsweise beim Führungsstil. Manager haben in den USA mehr Macht und nutzen sie. Schliesslich sind sie direkt für das Handeln ihrer Mitarbeiter verantwortlich. Sie scheuen sich allerdings auch nicht, Fehler zu machen, und gehen wagemutiger an ihre Aufgaben heran als z. B. ihre deutschen Kollegen. Die Beurteilung der Mitarbeiter orientiert sich an ihrem aktuellen Nutzen für das Unternehmen. Diese Einstellung beruht auf Gegenseitigkeit: Mitarbeiter sind gegenüber ihrem Arbeitgeber nicht loyal, sondern haben ihre eigene Karriere vor Augen. Sobald sich eine neue Chance für sie ergibt, wechseln sie den Arbeitsplatz.
„Aufgrund ihres kulturellen Kontextes betrachten sich viele Juristen in den USA nicht nur als Beantworter juristischer Fragen, sondern auch als ‚business problem solvers’.“
Bieten Sie Ihren US-amerikanischen und deutschen Mitarbeitern Seminare über die kulturellen Unterschiede an und checken Sie die kulturelle Akzeptanz Ihrer Firmenkultur und Ihres Images in den USA. Berücksichtigen Sie im Umgang mit den US-amerikanischen Mitarbeitern die kulturellen Unterschiede: Zeigen Sie Interesse an dem Einzelnen, ohne zu viel Solidarität und Loyalität zu erwarten. Integrieren Sie die amerikanischen Mitarbeiter früh in alle wichtigen strategischen Prozesse der Niederlassung.
Amerikanische Mitarbeiter
Amerikaner schätzen sich selbst und ihr Gegenüber nach ihrem beruflichen Erfolg ein. Während für Deutsche die Sicherheitsfaktoren oft eine ausschlaggebende Rolle spielen, stehen bei Amerikanern Erfolg und materielle Belohnung im Vordergrund. Firmen, die Eigeninitiative, Eigenverantwortung und Risikobereitschaft fördern, werden von Amerikanern geschätzt. Auf der anderen Seite werden Amerikaner schnell die Firma wechseln, wenn beispielsweise ihre Leistungen nicht mit Beförderungen belohnt werden. Auch bei den Wertvorstellungen gibt es zwischen Amerikanern und Deutschen viele Unterschiede. So ist für Amerikaner der materielle Besitz der absolute Massstab für das eigene Selbstbild, ähnlich wie die berufliche Tätigkeit und der Erfolg. Auf der anderen Seite sind Amerikaner sehr veränderungsfreudig und risikobereit. Es gibt beispielsweise keine Arbeitsverträge im deutschen Sinn und damit keine Arbeitsplatzsicherung. Amerikanische Mitarbeiter managen dieses Risiko und lernen schon früh, sich auf sich selbst zu verlassen.
Kommunikationsprobleme
Auch die Kommunikation mit US-Amerikanern birgt Stolpersteine. Amerikaner neigen dazu, Informationen unter strategischen und persönlichen Aspekten weiterzugeben bzw. zurückzuhalten. Sie bevorzugen ein informelles Verhalten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. Rangunterschiede spielen in Gesprächen kaum eine Rolle. Auf der anderen Seite ist der Zugang zu Informationen sehr wichtig. Dabei geht es v. a. um Autorität und Prestige. Auch die Kommunikationsart spielt eine grosse Rolle. Bevor Sie zu Papier greifen, sollten Sie Bedenken, dass der Inhalt von Briefen für Amerikaner viel verbindlicher ist als für Deutsche. Beim Verhandeln sind Amerikaner oft weitaus besser geschult als ihre deutschen Kollegen. Bereiten Sie sich deshalb gut auf die Termine vor. Beschaffen Sie sich alle relevanten Informationen und bauen Sie eine kontinuierliche Kommunikation auf. Achten Sie auf sympathisches Auftreten und konzentrieren Sie sich während des Gesprächs auf den entscheidenden Gesprächspartner.
Das Rechtssystem der USA
Wesentlichen Einfluss auf Ihren wirtschaftlichen Erfolg hat auch das Rechtssystem der USA. Der entscheidende Unterschied zum deutschen Rechtssystem liegt darin, das jeder der 50 US-Bundesstaaten und der District of Columbia über ein eigenes Rechtssystem verfügt. Darüber hinaus ist das US-Bundesrechtssystem für juristische Fragen zuständig. Bedenken Sie bei der Standortwahl neben steuerlichen auch alle juristischen Aspekte für Ihr Unternehmen. Lassen Sie sich bei allen Aktivitäten auf dem US-amerikanischen Markt deshalb von einem amerikanischen Anwalt beraten, der die Eigenschaften des Systems kennt. Nutzen Sie diesen Vorteil von Anfang an - also schon bei Ihren ersten Überlegungen zum Markteintritt. Im Gegensatz zu deutschen Rechtsanwälten sind ihre amerikanischen Kollegen oft auch als eine Art Wirtschaftsberater tätig.