Die Aufzug-Situation
Kennen Sie das? Sie stehen mit einem interessanten Geschäftskontakt im Aufzug und wollen seine Visitenkarte bekommen, bevor er aussteigt. Was sagen Sie? Jemanden in 30 Sekunden auf die eigene Person und ein Angebot neugierig zu machen, das ist die hohe Kunst des Elevator-Pitching (engl. elevator = Aufzug).
„Der Elevator-Pitch ist ein Verkaufsgespräch in eigener Sache, für das Sie maximal 30 Sekunden Zeit haben.“
Nicht nur im Lift, sondern auch im täglichen Leben stehen uns kaum mehr als diese magischen 30 Sekunden zur Verfügung, um das Interesse eines Unbekannten zu wecken. Gelingt das nicht, blockt er ab – der alltägliche Informations-Overkill ist groß genug. Erst wenn Sie die Aufmerksamkeit Ihres Gesprächspartners mit einem gelungenen Elevator-Pitch geweckt haben, haben Sie die Chance auf ein ausführliches Verkaufsgespräch. Ein gelungener Elevator-Pitch ist sozusagen Ihre Eintrittskarte zum Kunden. Wie man zu dieser kommt, kann man lernen.
Schritt 1: Positionierung festlegen
Auf überfüllten Märkten kann man nur überleben, wenn man etwas bietet, was die Mitbewerber in dieser Form nicht haben. Sie müssen genau wissen, wie Sie sich auf dem Markt positionieren, denn nur so können Sie einen passgenauen Elevator-Pitch erarbeiten.
„Der beste Elevator-Pitch bleibt wirkungslos, wenn Sie ihn der falschen Kontaktperson vorstellen.“
Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die sich natürlich auch kombinieren lassen:
- Zielgruppenspezialisierung: Sie bieten Ihre Leistung nicht für alle, sondern nur für ganz bestimmte Gruppen von Kunden an. Diese Zielgruppen haben spezielle Probleme und Sie haben genau die richtige Lösung.
- Konzentration auf Marktnischen: Klein, aber mein, das könnte das Motto dieser Positionierung sein. Sie sind der absolute Spezialist für ein ganz bestimmtes, eng abgegrenztes Feld – den Massenmarkt überlassen Sie anderen.
- David gegen Goliath: Sie sind klein und profitieren davon, dass sich Ihre Geschäftspartner mit Ihnen solidarisieren. Trotz höherer Preise kauft man lieber beim kleinen, menschlichen Anbieter mit gutem Service als beim anonymen Großkonzern.
- Problemlöser sein: Ihre Kunden stehen vor einem Problem, und zwar vor einem, das sich direkt auf den Umsatz auswirkt. Sie haben die Lösung. Kein Wunder, dass kaum noch über den Preis diskutiert wird.
- Service: Bei der eigentlichen Leistung können Sie kaum punkten, wohl aber beim Drumherum. Sie übertreffen die Erwartungen immer wieder.
- Einsparpotenziale: Sparen müssen alle. Wenn Ihre Leistungen dem Kunden bei der Kostensenkung helfen, haben Sie schon fast gewonnen.
Schritt 2: Adressaten identifizieren
Der beste Elevator-Pitch nützt gar nichts, wenn Sie mit dem falschen Gesprächspartner reden. Überlegen Sie sich genau, wer erfolgsrelevant ist.
- Grobdefinition: Suchen Sie Investoren, Kunden oder Kooperationspartner? Sie müssen Ihren Elevator-Pitch je nach Gesprächspartner unterschiedlich ausgestalten. Kooperationspartner sollten Sie vom Nutzen einer Zusammenarbeit überzeugen, Investoren von Gewinnchancen und Kunden natürlich von Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung. Spezifizieren Sie dann weiter: Mittelständler ticken anders als Großunternehmen, die Geschäftsführung anders als Abteilungsleiter.
- Engere Auswahl: Nun geht es um die Identifikation der richtigen Person im Unternehmen. Überlegen Sie, wer für Sie genau der richtige Ansprechpartner ist und warum. Machen Sie sich klar, welche Kompetenzen und Aufgaben diese Person hat, und überlegen Sie, wie Ihre Leistung die Arbeit Ihrer Zielperson erleichtern kann. Bedenken Sie außerdem, wie Sie dafür sorgen können, dass Ihr Gesprächspartner Sie als Freund und nicht als Feind bzw. Konkurrenten betrachtet.
- Feintuning: Wie alle Menschen sind auch Ihre Gesprächspartner von unbewussten Motiven geleitet. Psychologen unterscheiden zwischen Plus- und Negativmotiven. Plusmotive sind solche, die die Vorteile im Erfolgsfall antizipieren, z. B. Anerkennung, Prestige, Sicherheit, Umsatz. Negativmotive sind Unannehmlichkeiten, die Ihr Gesprächspartner zu vermeiden trachtet, z. B. Kritik, Verlust, Stress oder Ärger. Da Sie nicht wissen, von welchen Motiven er getrieben wird, sollten Sie sich passende Argumente für beide Typen überlegen.
Schritt 3: Kontakte finden
Oft erfolgt die erste Kontaktaufnahme per Fax, Brief, Mail oder Telefon. Die dafür notwendigen Adressen können Sie bei entsprechend spezialisierten Anbietern kaufen. Ein Problem ist jedoch die Qualität und Aktualität solcher Daten. Innerhalb eines Jahres kann rund ein Drittel der Ansprechpartner wechseln. Entsprechend hoch ist die Fehlerquote bei geliefertem Adressmaterial. Wichtig ist, dass Sie Ihre Datenbank stets auf dem neuesten Stand halten.
„Es ist nicht so schwer, sich durch entsprechende Serviceangebote vom Wettbewerb abzuheben.“
Wichtig ist, dass Sie beim schriftlichen Elevator-Pitch auf eine fesselnde Überschrift und vor allem auf die persönliche Anrede achten. Stellen Sie das Problem des Adressaten kurz dar und präsentieren Sie anschließend Ihre Lösung. Referenzen erhöhen Ihre Glaubwürdigkeit. Fordern Sie zum Antworten auf und nutzen Sie die PS-Zeile, um eine Besonderheit hervorzuheben.
„Beginnen Sie mit dem schwächsten Argument und enden Sie mit dem stärksten.“
Der telefonische Elevator-Pitch wiederum funktioniert ähnlich wie der persönliche, nur hat die Stimme eine größere Bedeutung und die zur Verfügung stehende Zeit ist auf etwa 10– 15 Sekunden begrenzt. Am besten ist aber der persönliche Kontakt.
Dazu gibt es einige Gelegenheiten:
- Messen und Kongresse: Fachveranstaltungen sind eine erstklassige Kontaktbörse. Speziell die Kaffeepause ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, um mit einem Elevator-Pitch schnell und nachhaltig Kontakte zu knüpfen. Die Adressen und Termine solcher Veranstaltungen findet man beispielsweise in Fachzeitschriften, regionalen Tageszeitungen und im Internet, in erster Linie auf den Websites der Messegesellschaften. Auf Messen fragen Sie zunächst das Standpersonal nach einem geeigneten Ansprechpartner bzw. dessen Vertreter. Notieren Sie sich den genauen Namen des Gesprächspartners und beenden Sie die Unterhaltung mit einer konkreten Vereinbarung wie etwa „Ich rufe Sie am nächsten Montag an“.
- Verbände: Für praktisch jede Branche gibt es einen oder mehrere Verbände. Sie organisieren regelmäßige Treffen und Veranstaltungen. Durch Engagement und Mitarbeit in solchen Verbänden können Sie Ihre beruflichen Kontakte oft sehr schnell und effizient ausbauen. Auch Internet-Plattformen bieten interessante Kontaktmöglichkeiten.
- Businessplan-Wettbewerbe: In Wettbewerben für Start-ups liegen manchmal tolle Chancen auf Kontakte. Die Gewinner steigern ihren Bekanntheitsgrad und erhalten oft attraktive Preise.
Schritt 4: Elevator-Pitch formulieren
Einen guten Elevator-Pitch entwickeln Sie in vier Etappen:
- Kundennutzen betrachten: Natürlich wissen Sie, welche Pluspunkte Ihre Leistung hat, doch sind diese Vorteile auch für Ihr Gegenüber relevant? Betrachten Sie Ihr Angebot durch die Brille Ihres Gesprächspartners und überlegen Sie genau, welche Pluspunkte für ihn im Zentrum stehen. Aus Sicht Ihrer Kunden ist es beispielsweise interessanter, den Absatz um 30 % zu steigern als die technischen Finessen einer neuen Mobilfunklösung im Detail nachzuvollziehen.
- Aussage verdichten: Schön, wenn Sie viel zu bieten haben. Doch viel kann für die ersten 30 Sekunden schnell zu viel sein. Details können Sie hinterher im eigentlichen Verkaufsgespräch präsentieren. Konzentrieren Sie Ihre Argumente auf maximal drei Sätze, in denen Sie Ihre Leistungen zu einem unwiderstehlichen Angebot verdichten. Empfehlenswert ist es, nicht mehr als 15 Wörter pro Satz zu verwenden.
- Sprache optimieren: Je weniger Zeit Sie haben, desto wichtiger ist es, dass Ihr Gesprächspartner auch wirklich begreift, wovon Sie reden. Es bringt wenig, wenn Sie mit Fachbegriffen um sich werfen und Ihr Gegenüber nur Bahnhof versteht. Besser, Sie bleiben allgemein verständlich und verwenden griffige Beispiele oder anschauliche Bilder, um Ihre Leistung richtig rüberzubringen.
- Praxistest machen: Testen Sie Ihren Elevator-Pitch sowohl an Experten als auch an Laien und feilen Sie so lange an den Formulierungen, bis alles stimmt. Schnappen Sie sich Freunde, Bekannte oder Kollegen und holen Sie sich ehrliches Feedback.
Schritt 5: Die Umsetzung
Der Ton macht bekanntlich die Musik, und das gilt natürlich auch für den Elevator-Pitch. Achten Sie deshalb auf einen stimmigen Auftritt:
- angemessene Kleidung,
- einen stabilen Stand, bei dem das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine verteilt ist,
- eine positive Grundhaltung (denken Sie an etwas Schönes, so lächeln Sie automatisch),
- einen festen Händedruck,
- Begeisterung für Ihre Leistung und
- eine ausdrucksstarke Stimme (das kann man trainieren).
Der Einstieg
Nehmen Sie Blickkontakt auf und versuchen Sie herauszufinden, in welcher Situation sich Ihr Gesprächspartner befindet: Ist er relaxt oder gestresst, muffig oder gut gelaunt? Auch wenn Ihr Gegenüber offensichtlich nicht in bester Stimmung ist, können Sie Ihren Elevator-Pitch starten. Wenn es Ihnen gelingt, die Laune Ihres Gesprächspartners zu heben, hinterlassen Sie mit Sicherheit einen positiven Eindruck.
„Für den Abschluss des Elevator-Pitchs ist es wichtig, dass Sie sich vor Augen führen, welches Ihr konkretes Ziel ist.“
Als Einstieg empfiehlt sich eine lockere Bemerkung oder ein Scherz, der Ihr Gegenüber zum Lächeln bringt. Andere Möglichkeiten des Einstiegs sind eine persönliche Vorstellung mit Ihrem Namen und dem Ihrer Firma oder aber eine Frage („Sind Sie für Personalfragen zuständig?“). Bei Fragen sollten Sie Formulierungen bevorzugen, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann (geschlossene Fragen). Offene Fragen, auf die ihr Gegenüber frei antworten kann, kosten Sie zu viel Zeit.
„Ein Elevator-Pitch lässt sich auch per E-Mail, Fax, Brief oder per Telefon darstellen.“
Vorsicht bei Suggestivfragen, bei denen man die Antwort quasi schon mitliefert („Finden Sie nicht auch, dass die Messe dieses Jahr sehr schlecht besucht ist?“). Sie können manchmal hilfreich sein, u. U. aber auch etwas banal wirken.
Nutzen aufzeigen
Jetzt kommen Sie zum Kern Ihres Elevator-Pitchs. Tragen Sie die vorher erarbeiteten Pluspunkte Ihrer Dienstleistung vor. Sprechen Sie bildhaft, formulieren Sie kurze Sätze. Starten Sie mit dem schwächsten Argument, bringen Sie das gewichtigste zum Schluss.
Der Abschluss
Überlegen Sie sich vorher, was Sie erreichen möchten: Wollen Sie einen weiteren Gesprächstermin vereinbaren oder sofort in das Verkaufsgespräch einsteigen? Bleiben Sie konkret und sorgen Sie dafür, dass Ihr Elevator-Pitch ein greifbares Ergebnis hervorbringt, z. B.: „Ich sende Ihnen am Mittwoch Informationsmaterial.“ Wenn Sie Ihre 30 Sekunden gut genutzt haben, steht einem erfolgreichen weiteren Geschäftskontakt nichts mehr im Weg.