Verkaufsgeschick für Grünschnäbel

Buch Verkaufsgeschick für Grünschnäbel

Wiley-VCH,


Rezension

Verkäufer sind vielerorts nicht wohl gelitten, sie stehen im Ruf, zögerliche Kunden zu ma­nip­ulieren und ihnen Dinge aufzuquatschen, die diese weder wollen noch brauchen. Wenn nun ein Profi wie Bob Etherington sogar Grünschnäbeln geschicktes Verkaufen beibringen will, könnte einem angst und bange werden. Zu Unrecht: Den Kunden unter Druck zu setzen, hält Etherington für einen groben Fehler. Egal wie gut das Produkt oder die Di­en­stleis­tung ist, entschei­dend ist, was der Kunde davon hat. Um das zu erfahren, gilt es zuzuhören und die richtigen Fragen zu stellen. Etherington komprimiert vier Jahrzehnte Verkauf­ser­fahrung in einem sehr lebendig und un­ter­halt­sam geschriebe­nen Büchlein, das nur vom Umfang her dünn ist. BooksInShort empfiehlt es allen Neulingen im Verkauf, aber auch alten Hasen, die ihre Methoden mal wieder hin­ter­fra­gen wollen. Kompakter, verständlicher und anregender ist nicht zu vermitteln, wie Verkaufen funk­tion­iert – und wie nicht.

Take-aways

  • Im Zentrum des Verkaufens steht nicht das Angebot, sondern der Kunde: Was will er, was braucht er?
  • Ein guter Verkäufer findet heraus, was sein Angebot dem Kunden nützt.
  • Er redet nicht, sondern fragt und hört zu.
  • So baut sich eine Beziehung auf – das Fundament für jeden er­fol­gre­ichen Verkauf.
  • Durch geschickte Fragen lenken gute Verkäufer Gespräche in die gewünschte Richtung.
  • Fragen gehen nicht dem Verkauf­s­ge­spräch voran – sie sind das Verkauf­s­ge­spräch.
  • Wer Druck aufbaut, hat vielleicht einmal Erfolg, aber danach nie wieder, zumindest nicht bei diesem Kunden.
  • Lassen Sie sich nicht auf Ra­battde­bat­ten ein: Der Preis ist nicht ver­han­del­bar, alles andere schon.
  • Kunden entscheiden sich selten von jetzt auf gleich. Deshalb arbeiten sich Verkäufer bei jedem Gespräch einen Schritt weiter an die Entschei­dung heran.
  • Die endgültige Entschei­dung fällt vielen Kunden schwer. Um sie ihnen leichter zu machen, bieten Sie ihnen zwei Wahlmöglichkeiten an.
 

Zusammenfassung

Nehmen Sie sich nicht so wichtig

Kein Unternehmen kann ohne Kunden existieren, ohne Menschen also, die bereit sind, für die Produkte oder Dienste zu zahlen. Und für das Verkaufen sind die Verkäufer zuständig, oder? Zu kurz gedacht: Jeder einzelne Mitarbeiter – ob er Buchhalter oder Ingenieur, Abteilungsleiter oder Pförtner ist – sollte sich als Verkäufer verstehen. Oder zumindest ein Grundverständnis dafür aufbringen, was das Verkaufen fördert und was den Erfolg untergräbt. Es gibt einen Typus von Manager, der sich für einen geborenen Verkäufer hält und deshalb ungeniert von Fettnapf zu Fettnapf stampft. Das muss nicht sein.

„Reden ist nicht verkaufen.“

Verkaufen beginnt mit einer simplen Erkenntnis: Druck baut Gegendruck auf. Wer das Gefühl hat, ihm werde etwas aufgenötigt, fängt an, sich zu wehren. So weit kommt es nicht, wenn der Verkäufer dem Kunden zuhört, auf dessen Probleme und die daraus entste­hen­den Fragen eingeht. Der Kunde will verstanden werden. Wer statt zuzuhören redet und redet und Angst vor jeder Pause hat, wird nichts verkaufen. Denn das A und O jedes Verkaufens ist die Beziehung zum Kunden, die man erst aufbauen muss. Wie das geht, hat Dale Carnegie schon vor 70 Jahren in zehn Regeln zusam­menge­fasst:

  1. Stellen Sie Fragen statt Anweisungen zu geben.
  2. Seien Sie ein guter Zuhörer. Ermuntern Sie andere, über sich selbst zu sprechen.
  3. Überlassen Sie das Reden Ihrem Gegenüber.
  4. Reden Sie über die Interessen des anderen.
  5. Geben Sie dem anderen das Gefühl, wichtig zu sein.
  6. Lassen Sie den anderen denken, das Geschäft sei seine Idee.
  7. Re­spek­tieren Sie die Ansichten anderer. Sagen Sie nie, dass jemand sich irrt.
  8. Sprechen Sie zuerst über Ihre eigenen Fehler.
  9. Zeigen Sie Verständnis für den anderen.
  10. Beginnen Sie mit Fragen, die der andere mit Ja beantworten kann.
„In einer kom­merziellen Or­gan­i­sa­tion passiert nichts, bis ir­gend­je­mand irgendetwas verkauft.“

Wenn der Mensch das Gefühl hat, als Person und mit seinen Anliegen ernst genommen zu werden, wächst eine Beziehung heran und damit die Bere­itschaft, Geschäfte zu machen. Das ist tausendmal wichtiger als sich endlos über das Produkt oder die Di­en­stleis­tung auszulassen, die man verkaufen will. Mag sein, dass Sie einen Kunden einmal mit einem flotten Mundwerk an die Wand reden können. Aber eben nur einmal. Danach wird er wissen, was ihm bei Ihnen droht – und Ihnen künftig tunlichst aus dem Weg gehen.

Wer fragt, führt

Durch Fragen kommen Sie ins Gespräch. Je mehr der Kunde zu Wort kommt, desto besser – für beide. Der Kunde kann sein Anliegen erläutern, der Verkäufer verstehen, was dem Kunden wichtig ist. Das ist der eine Teil der Wahrheit. Es gibt noch einen zweiten: Durch die geschickte Wahl der Fragen können Sie die Aufmerk­samkeit des Kunden auf bestimmte Felder lenken und damit sein Denken bee­in­flussen. Fragen haben viele Vorteile:

  • Sie wecken und erhalten die Aufmerk­samkeit.
  • Sie zwingen den Kunden, über vorgegebene Inhalte nachzu­denken.
  • Sie sorgen für un­mit­tel­bare Rückmeldungen über Körpersprache und Stimme.
  • Sie vertiefen das Verständnis für die Situation des Kunden und demon­stri­eren Interesse.
  • Sie bauen auf diese Weise ein Ver­trauensverhältnis auf.
  • Sie sorgen für Zeit zum Nachdenken (auf Verkäuferseite).
  • Sie geben die Möglichkeit, das Gehörte – so wie es verstanden wurde – wiederzugeben.
  • Sie verringern die Gefahr, selbst etwas Unsinniges von sich zu geben.
„Es besteht in­ter­na­tional ein Mangel an Leuten, die verkaufen können.“

Fragen dienen nicht bloß der Einleitung eines Verkauf­s­ge­sprächs – sie sind das Verkauf­s­ge­spräch. Das ist der Stan­dard­fehler vieler Verkäufer: Sie wechseln so schnell wie möglich zum „eigentlichen“ Inhalt. Wer aber durch Fragen ein Ver­trauensverhältnis aufbaut und die Bedürfnisse des Kunden versteht, braucht kein „eigentliches“ Verkauf­s­ge­spräch mehr. Es gilt also, zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen. Dabei gelten folgende Regeln:

  • Fassen Sie sich kurz.
  • Werfen Sie nicht mit Fach­be­grif­fen um sich, bleiben Sie verständlich.
  • Fragen Sie präzise, packen Sie nicht zu viele Aspekte in eine Frage.
  • Sagen Sie schon vorher, was kommt (nämlich eine Frage).
  • Bleiben Sie beharrlich.
  • Überfordern Sie Ihr Gegenüber nicht.
  • Reden Sie langsam: Sie wollen verstanden werden.
„Ihr Kunde will nicht, dass man ihn vol­lquatscht und unter Druck setzt.“

Kunden wollen nicht unbedingt das kaufen, was sie brauchen. Sie wollen das kaufen, was sie wollen. Es ist daher eine edle Aufgabe des Verkäufers, Kunden das wollen zu lassen, was sie brauchen.

Nicht verkaufen, sondern Probleme lösen

Ein guter Verkäufer stellt nie Fragen, auf die er keine Antwort hat. Die Kunst besteht darin, den Kunden dahin zu bringen, die „richtige“, also die erwünschte Antwort zu geben. Dabei hilft das SWOT-Prinzip (das nichts mit dem gle­ich­nami­gen Prinzip aus der Man­age­mentlehre zu tun hat). SWOT steht für:

  • Sta­tus­fra­gen,
  • Wurmfragen,
  • Opferfragen,
  • Tauwet­ter­fra­gen.
„Verpassen Sie nie eine günstige Gelegenheit, die Klappe zu halten.“

Beginnen Sie mit Sta­tus­fra­gen. Dabei werden Fakten abgefragt (Mi­tar­beit­erzahl, Standorte, Mark­t­po­si­tion usw.). Ein guter Verkäufer nutzt diesen Teil zum Aufwärmen des Gesprächspartners. Im Vorfeld hat er sich bereits so gut mit dem Kunden beschäftigt, dass er die meisten Fakten schon kennt. Werden nämlich zu viele Sta­tus­fra­gen gestellt, fühlt der Kunde sich ausgefragt.

„Je mehr Ihr Kunde über seine Schwierigkeiten spricht (in Bereichen, in denen sie Lösungen bere­i­thal­ten), desto stärker werden sie ihm bewusst. Und je bewusster sie ihm werden, desto näher kommen Sie Ihrem Verkauf­s­ab­schluss.“

Mit den Wurmfragen finden Sie heraus, worin der Kunde sein Problem sieht und was seine Anliegen sind. Diese Fragen drehen sich um Sorgen und Schwierigkeiten des Kunden; nur wenn Sie diese kennen, lässt sich anschließend eine passende Lösung erarbeiten. Je bewusster dem Kunden dabei wird, wie dringlich sein Problem ist, desto in­ter­essierter wird er an einer Lösung sein.

„Je länger Sie den Kunden nach Ihrer Lösung hungern lassen können, umso größer wird sein Wollen und Brauchen.“

Grünschnäbel würden, wenn der Kunde seine Probleme dargelegt und aufgetürmt hat, mit der Lösung her­aus­platzen. Falsch! Jetzt sind die Opferfragen an der Reihe. Darin werden Fakten (ja, in Frageform) präsentiert, die zeigen, was alles an Ärgernissen auf den Kunden zurollen kann, wenn er sich nicht umgehend um sein Problem kümmert. Dabei wird der Kunde aber nicht zugetextet, sondern Sie geben ihm den Anstoß, sich vorzustellen, wie welche großen Probleme auf ihn zukommen könnten.

„Um Ihr Produkt zu verkaufen, müssen Sie Ihren poten­ziellen Kunden über Probleme nachdenken lassen, bevor Sie ihm eine Lösung zeigen.“

Jetzt die Lösung präsentieren? Nein, immer noch nicht. Stattdessen kommt jetzt der Umschwung, von betroffen mitleidend zu zu­ver­sichtlich. Tauwet­ter­fra­gen ermuntern den Kunden, über Auswege aus der Misere zu reden, über ideale Lösungen nachzusin­nen. Und weil der Verkäufer seine Fragen ja bewusst gestellt hat, sinnt der Kunde über Lösungen nach, die der Verkäufer im Angebot hat. Bingo! Der einzige Wert, den jedes Produkt und jede Di­en­stleis­tung hat, ist die Fähigkeit, das Problem eines Kunden zu lösen. Darum geht es. Nur dieser Nutzen ist relevant. Alles was der Verkäufer sonst noch im Köcher hat, bleibt gefälligst dort.

Der Preis ist immer zu hoch

Kunden haben häufig Einwände. Der Preis etwa ist per se zu hoch, das gehört bei diesem Spielchen dazu. Anders als viele Grünschn­abelverkäufer glauben, sind Einwände aber keine „verkappten Verkauf­sar­gu­mente“. Je weniger Einwände, desto eher gelingt der Verkauf. Bei Einwänden darf man sich nicht auf die Diskussion „Wer hat Recht?“ einzulassen. Da gibt es bessere Methoden, gerade beim Thema Preis. Fünf haben sich bewährt:

  1. Ja: Souverän bestätigen, dass der Preis angemessen ist, gekoppelt mit einer Wieder­hol­ung der Vorteile.
  2. Schock: Der Verkäufer zeigt sich überrascht über den Einwand des Kunden. Der muss sich erklären, woraufhin der Verkäufer die Vorteile nochmals aufzählt.
  3. Billig: Wenn der Verkäufer dezent un­ter­schei­det zwischen dem eigenen und einem „billigen“ Angebot, darf er damit rechnen, dass der Kunde ungern als „Bil­ligheimer“ angesehen werden möchte.
  4. Vergleich: Der Kunde wird aufge­fordert, zu sagen, was und wen er als Vergleich für seine Aussage „zu teuer“ heranzieht.
  5. Häppchen: Der Verkäufer bricht den Preis herunter. Vor allem bei Di­en­stleis­tun­gen ein guter Trick: Statt Jahres- werden Monats-, Wochen- oder Tageskosten berechnet.
„Das Einzige, was Ihren Käufer in­ter­essiert, ist: Was nutzt mir das?“

Wenn der Markt brummt, lässt sich leichter verkaufen, schon klar. Aber warum kommt alle Welt auf die Idee, in brenzligen Zeiten zuerst die Preise zu senken und mit Rabatten um sich zu werfen? Noch einmal: Produkte und Di­en­stleis­tun­gen werden nicht wegen des Preises gekauft, sondern wegen ihres Nutzens. Und der ist seinen Preis wert. Mehr noch: Qualität vermittelt Sicherheit, gerade in unsicheren Zeiten. Ein Wort noch an die Verkauf­sleiter: Wegen ein­brechen­der Umsätze die Verkäufer anzutreiben, sie sollten öfter mal das Telefon in die Hand nehmen und mehr Kunden besuchen – das zieht nicht. Es geht um „wie gut“, nicht um „wie viele“.

Der Weg zum Ja

Bis zum Ja ist es ein weiter Weg. Die meisten Verkäufer warten gottergeben, bis dieser Moment kommt – falls er kommt. Wenn er nicht kommt, sind diese Grünschnäbel selbst schuld, denn Warten ist keine gute Idee.

„Üben Sie nie, niemals vor einem Kunden Kritik an einem Wet­tbe­wer­ber.“

Auch wenn der Weg zum Ja weit ist, muss der Verkäufer vor jedem Kundengespräch wissen, in welche Richtung und wie weit er auf diesem Weg weitergehen will. Solange der Kunde nicht das Gefühl hat, zu einem Abschluss gedrängt zu werden, wird er sich darauf einlassen. Und so Schritt für Schritt zum Ja geführt werden.

„Wenn der Kunde still wird, sagen Sie nichts.“

Dann ist er da, der Moment der Entschei­dung. Damit nun nicht im letzten Moment etwas schief geht, ist der Verkäufer gefordert. Zunächst, indem er das Schweigen des Gegenübers nicht bricht – wenn es der Kunde tut, dann meist, um sich zum Ja durchzurin­gen. Um ihn dorthin zu bringen, offerieren gute Verkäufer einen Al­ter­na­tivvorschlag: Der Kunde hat die Auswahl zwischen zwei Möglichkeiten (die durchaus einen vernachlässi­genswerten Nebenaspekt betreffen können). Das schränkt die Entschei­dungsmöglichkeiten ein und überdeckt, dass in beiden Fällen die Entschei­dung dieselbe ist, nämlich Ja.

Über den Autor

Bob Etherington arbeitet seit vier Jahrzehnten als Verkäufer. Früher war er für Konzerne wie Rank Xerox oder Reuters tätig, hat er heute sein eigenes Unternehmen namens SpokenWord, das Schulungen und Trainings für Verkäufer anbietet. Er ist auch Autor des Buches Kaltakquise für Angsthasen.