Nehmen Sie sich nicht so wichtig
Kein Unternehmen kann ohne Kunden existieren, ohne Menschen also, die bereit sind, für die Produkte oder Dienste zu zahlen. Und für das Verkaufen sind die Verkäufer zuständig, oder? Zu kurz gedacht: Jeder einzelne Mitarbeiter – ob er Buchhalter oder Ingenieur, Abteilungsleiter oder Pförtner ist – sollte sich als Verkäufer verstehen. Oder zumindest ein Grundverständnis dafür aufbringen, was das Verkaufen fördert und was den Erfolg untergräbt. Es gibt einen Typus von Manager, der sich für einen geborenen Verkäufer hält und deshalb ungeniert von Fettnapf zu Fettnapf stampft. Das muss nicht sein.
„Reden ist nicht verkaufen.“
Verkaufen beginnt mit einer simplen Erkenntnis: Druck baut Gegendruck auf. Wer das Gefühl hat, ihm werde etwas aufgenötigt, fängt an, sich zu wehren. So weit kommt es nicht, wenn der Verkäufer dem Kunden zuhört, auf dessen Probleme und die daraus entstehenden Fragen eingeht. Der Kunde will verstanden werden. Wer statt zuzuhören redet und redet und Angst vor jeder Pause hat, wird nichts verkaufen. Denn das A und O jedes Verkaufens ist die Beziehung zum Kunden, die man erst aufbauen muss. Wie das geht, hat Dale Carnegie schon vor 70 Jahren in zehn Regeln zusammengefasst:
- Stellen Sie Fragen statt Anweisungen zu geben.
- Seien Sie ein guter Zuhörer. Ermuntern Sie andere, über sich selbst zu sprechen.
- Überlassen Sie das Reden Ihrem Gegenüber.
- Reden Sie über die Interessen des anderen.
- Geben Sie dem anderen das Gefühl, wichtig zu sein.
- Lassen Sie den anderen denken, das Geschäft sei seine Idee.
- Respektieren Sie die Ansichten anderer. Sagen Sie nie, dass jemand sich irrt.
- Sprechen Sie zuerst über Ihre eigenen Fehler.
- Zeigen Sie Verständnis für den anderen.
- Beginnen Sie mit Fragen, die der andere mit Ja beantworten kann.
„In einer kommerziellen Organisation passiert nichts, bis irgendjemand irgendetwas verkauft.“
Wenn der Mensch das Gefühl hat, als Person und mit seinen Anliegen ernst genommen zu werden, wächst eine Beziehung heran und damit die Bereitschaft, Geschäfte zu machen. Das ist tausendmal wichtiger als sich endlos über das Produkt oder die Dienstleistung auszulassen, die man verkaufen will. Mag sein, dass Sie einen Kunden einmal mit einem flotten Mundwerk an die Wand reden können. Aber eben nur einmal. Danach wird er wissen, was ihm bei Ihnen droht – und Ihnen künftig tunlichst aus dem Weg gehen.
Wer fragt, führt
Durch Fragen kommen Sie ins Gespräch. Je mehr der Kunde zu Wort kommt, desto besser – für beide. Der Kunde kann sein Anliegen erläutern, der Verkäufer verstehen, was dem Kunden wichtig ist. Das ist der eine Teil der Wahrheit. Es gibt noch einen zweiten: Durch die geschickte Wahl der Fragen können Sie die Aufmerksamkeit des Kunden auf bestimmte Felder lenken und damit sein Denken beeinflussen. Fragen haben viele Vorteile:
- Sie wecken und erhalten die Aufmerksamkeit.
- Sie zwingen den Kunden, über vorgegebene Inhalte nachzudenken.
- Sie sorgen für unmittelbare Rückmeldungen über Körpersprache und Stimme.
- Sie vertiefen das Verständnis für die Situation des Kunden und demonstrieren Interesse.
- Sie bauen auf diese Weise ein Vertrauensverhältnis auf.
- Sie sorgen für Zeit zum Nachdenken (auf Verkäuferseite).
- Sie geben die Möglichkeit, das Gehörte – so wie es verstanden wurde – wiederzugeben.
- Sie verringern die Gefahr, selbst etwas Unsinniges von sich zu geben.
„Es besteht international ein Mangel an Leuten, die verkaufen können.“
Fragen dienen nicht bloß der Einleitung eines Verkaufsgesprächs – sie sind das Verkaufsgespräch. Das ist der Standardfehler vieler Verkäufer: Sie wechseln so schnell wie möglich zum „eigentlichen“ Inhalt. Wer aber durch Fragen ein Vertrauensverhältnis aufbaut und die Bedürfnisse des Kunden versteht, braucht kein „eigentliches“ Verkaufsgespräch mehr. Es gilt also, zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen. Dabei gelten folgende Regeln:
- Fassen Sie sich kurz.
- Werfen Sie nicht mit Fachbegriffen um sich, bleiben Sie verständlich.
- Fragen Sie präzise, packen Sie nicht zu viele Aspekte in eine Frage.
- Sagen Sie schon vorher, was kommt (nämlich eine Frage).
- Bleiben Sie beharrlich.
- Überfordern Sie Ihr Gegenüber nicht.
- Reden Sie langsam: Sie wollen verstanden werden.
„Ihr Kunde will nicht, dass man ihn vollquatscht und unter Druck setzt.“
Kunden wollen nicht unbedingt das kaufen, was sie brauchen. Sie wollen das kaufen, was sie wollen. Es ist daher eine edle Aufgabe des Verkäufers, Kunden das wollen zu lassen, was sie brauchen.
Nicht verkaufen, sondern Probleme lösen
Ein guter Verkäufer stellt nie Fragen, auf die er keine Antwort hat. Die Kunst besteht darin, den Kunden dahin zu bringen, die „richtige“, also die erwünschte Antwort zu geben. Dabei hilft das SWOT-Prinzip (das nichts mit dem gleichnamigen Prinzip aus der Managementlehre zu tun hat). SWOT steht für:
- Statusfragen,
- Wurmfragen,
- Opferfragen,
- Tauwetterfragen.
„Verpassen Sie nie eine günstige Gelegenheit, die Klappe zu halten.“
Beginnen Sie mit Statusfragen. Dabei werden Fakten abgefragt (Mitarbeiterzahl, Standorte, Marktposition usw.). Ein guter Verkäufer nutzt diesen Teil zum Aufwärmen des Gesprächspartners. Im Vorfeld hat er sich bereits so gut mit dem Kunden beschäftigt, dass er die meisten Fakten schon kennt. Werden nämlich zu viele Statusfragen gestellt, fühlt der Kunde sich ausgefragt.
„Je mehr Ihr Kunde über seine Schwierigkeiten spricht (in Bereichen, in denen sie Lösungen bereithalten), desto stärker werden sie ihm bewusst. Und je bewusster sie ihm werden, desto näher kommen Sie Ihrem Verkaufsabschluss.“
Mit den Wurmfragen finden Sie heraus, worin der Kunde sein Problem sieht und was seine Anliegen sind. Diese Fragen drehen sich um Sorgen und Schwierigkeiten des Kunden; nur wenn Sie diese kennen, lässt sich anschließend eine passende Lösung erarbeiten. Je bewusster dem Kunden dabei wird, wie dringlich sein Problem ist, desto interessierter wird er an einer Lösung sein.
„Je länger Sie den Kunden nach Ihrer Lösung hungern lassen können, umso größer wird sein Wollen und Brauchen.“
Grünschnäbel würden, wenn der Kunde seine Probleme dargelegt und aufgetürmt hat, mit der Lösung herausplatzen. Falsch! Jetzt sind die Opferfragen an der Reihe. Darin werden Fakten (ja, in Frageform) präsentiert, die zeigen, was alles an Ärgernissen auf den Kunden zurollen kann, wenn er sich nicht umgehend um sein Problem kümmert. Dabei wird der Kunde aber nicht zugetextet, sondern Sie geben ihm den Anstoß, sich vorzustellen, wie welche großen Probleme auf ihn zukommen könnten.
„Um Ihr Produkt zu verkaufen, müssen Sie Ihren potenziellen Kunden über Probleme nachdenken lassen, bevor Sie ihm eine Lösung zeigen.“
Jetzt die Lösung präsentieren? Nein, immer noch nicht. Stattdessen kommt jetzt der Umschwung, von betroffen mitleidend zu zuversichtlich. Tauwetterfragen ermuntern den Kunden, über Auswege aus der Misere zu reden, über ideale Lösungen nachzusinnen. Und weil der Verkäufer seine Fragen ja bewusst gestellt hat, sinnt der Kunde über Lösungen nach, die der Verkäufer im Angebot hat. Bingo! Der einzige Wert, den jedes Produkt und jede Dienstleistung hat, ist die Fähigkeit, das Problem eines Kunden zu lösen. Darum geht es. Nur dieser Nutzen ist relevant. Alles was der Verkäufer sonst noch im Köcher hat, bleibt gefälligst dort.
Der Preis ist immer zu hoch
Kunden haben häufig Einwände. Der Preis etwa ist per se zu hoch, das gehört bei diesem Spielchen dazu. Anders als viele Grünschnabelverkäufer glauben, sind Einwände aber keine „verkappten Verkaufsargumente“. Je weniger Einwände, desto eher gelingt der Verkauf. Bei Einwänden darf man sich nicht auf die Diskussion „Wer hat Recht?“ einzulassen. Da gibt es bessere Methoden, gerade beim Thema Preis. Fünf haben sich bewährt:
- Ja: Souverän bestätigen, dass der Preis angemessen ist, gekoppelt mit einer Wiederholung der Vorteile.
- Schock: Der Verkäufer zeigt sich überrascht über den Einwand des Kunden. Der muss sich erklären, woraufhin der Verkäufer die Vorteile nochmals aufzählt.
- Billig: Wenn der Verkäufer dezent unterscheidet zwischen dem eigenen und einem „billigen“ Angebot, darf er damit rechnen, dass der Kunde ungern als „Billigheimer“ angesehen werden möchte.
- Vergleich: Der Kunde wird aufgefordert, zu sagen, was und wen er als Vergleich für seine Aussage „zu teuer“ heranzieht.
- Häppchen: Der Verkäufer bricht den Preis herunter. Vor allem bei Dienstleistungen ein guter Trick: Statt Jahres- werden Monats-, Wochen- oder Tageskosten berechnet.
„Das Einzige, was Ihren Käufer interessiert, ist: Was nutzt mir das?“
Wenn der Markt brummt, lässt sich leichter verkaufen, schon klar. Aber warum kommt alle Welt auf die Idee, in brenzligen Zeiten zuerst die Preise zu senken und mit Rabatten um sich zu werfen? Noch einmal: Produkte und Dienstleistungen werden nicht wegen des Preises gekauft, sondern wegen ihres Nutzens. Und der ist seinen Preis wert. Mehr noch: Qualität vermittelt Sicherheit, gerade in unsicheren Zeiten. Ein Wort noch an die Verkaufsleiter: Wegen einbrechender Umsätze die Verkäufer anzutreiben, sie sollten öfter mal das Telefon in die Hand nehmen und mehr Kunden besuchen – das zieht nicht. Es geht um „wie gut“, nicht um „wie viele“.
Der Weg zum Ja
Bis zum Ja ist es ein weiter Weg. Die meisten Verkäufer warten gottergeben, bis dieser Moment kommt – falls er kommt. Wenn er nicht kommt, sind diese Grünschnäbel selbst schuld, denn Warten ist keine gute Idee.
„Üben Sie nie, niemals vor einem Kunden Kritik an einem Wettbewerber.“
Auch wenn der Weg zum Ja weit ist, muss der Verkäufer vor jedem Kundengespräch wissen, in welche Richtung und wie weit er auf diesem Weg weitergehen will. Solange der Kunde nicht das Gefühl hat, zu einem Abschluss gedrängt zu werden, wird er sich darauf einlassen. Und so Schritt für Schritt zum Ja geführt werden.
„Wenn der Kunde still wird, sagen Sie nichts.“
Dann ist er da, der Moment der Entscheidung. Damit nun nicht im letzten Moment etwas schief geht, ist der Verkäufer gefordert. Zunächst, indem er das Schweigen des Gegenübers nicht bricht – wenn es der Kunde tut, dann meist, um sich zum Ja durchzuringen. Um ihn dorthin zu bringen, offerieren gute Verkäufer einen Alternativvorschlag: Der Kunde hat die Auswahl zwischen zwei Möglichkeiten (die durchaus einen vernachlässigenswerten Nebenaspekt betreffen können). Das schränkt die Entscheidungsmöglichkeiten ein und überdeckt, dass in beiden Fällen die Entscheidung dieselbe ist, nämlich Ja.