Controlling und Private Equity
Was haben Controller mit Private-Equity-Gesellschaften zu tun? Lange Zeit ziemlich wenig. Hatten Controller bislang kaum etwas mit dem Kapitalmarkt zu schaffen, hat sich dies in den letzten Jahren zumindest ansatzweise gewandelt. Private-Equity-Controlling gehört immer noch nicht zu den Kernaufgaben der Controller, aber durch die Mitwirkung an Fusionen und Akquisitionen einerseits und die vermehrte Unternehmensbewertung anhand von Kapitalmarktzielen andererseits müssen sich Controller zukünftig stärker im Umfeld von Beteiligungsgesellschaften bewegen.
Heuschrecken …
Um die Aufgaben der Controller umschreiben zu können, muss zuerst geklärt werden, was Private-Equity-Gesellschaften überhaupt machen: Sie investieren im Auftrag von Investoren Geld als Eigenkapital oder in eigenkapitalähnlicher Funktion für begrenzte Zeit in ein anderes Unternehmen. Die Private-Equity-Gesellschaft fungiert also als Intermediär zwischen Unternehmenseignern und Investoren, bei denen es sich um institutionelle Anleger, aber auch um Privatinvestoren handeln kann.
„Private-Equity-Gesellschaften nehmen aktiv Einfluss auf die Strategie der übernommenen Gesellschaften.“
Da Private Equity, also privates Eigenkapital, nicht am Kapitalmarkt gehandelt wird, können die Private-Equity-Gesellschaften erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung nehmen. Das ist der Grund für die in den letzten Jahren geführte „Heuschrecken“-Debatte. Dabei wurde ein Bild von Private-Equity-Gesellschaften gezeichnet, die wie eine Plage über die Unternehmenswelt herfallen, ihre Opfer zurechtschrumpfen und sie dann teuer verkaufen. Der Vorwurf: reine Profitgier statt echten Interesses am dauerhaften Bestand und Erfolg des Unternehmens. Mitarbeiter und auch Manager sahen sich als Spielball der Eigeninteressen der mächtigen Private-Equity-Gesellschaften.
… oder Wohltäter?
Es stimmt schon: Private-Equity-Gesellschaften können Unternehmensteile verkaufen, Mitarbeiter entlassen und die Strategie des Unternehmens bestimmen. Sie können aber auch kränkelnde Unternehmen sanieren, Portfolios optimieren und Zukunftspotenzial freilegen.
„Die Ursprünge der Private-Equity-Industrie liegen in der Gründungs-, Start- und Wachstumsfinanzierung junger Unternehmen.“
Private-Equity-Gesellschaften agieren in unterschiedlichen Lebenszyklusphasen von Unternehmen: Gründung, Expansion, Buy-out, Turnaround. Wissenschaftliche Studien haben in den letzten Jahren immer wieder bestätigt, dass die Portfoliounternehmen, also die von Private-Equity-Gesellschaften finanziell unterstützten Unternehmen, von den Beteiligungen überwiegend profitierten. Allerdings kann man dieses Ergebnis nicht verallgemeinern: Die schwarzen Schafe, die es sicherlich gibt, lassen sich bei den meisten Erhebungen nicht herausfiltern.
Wie Private-Equity-Gesellschaften investieren
Private-Equity-Gesellschaften investieren in nur 3–6 % aller potenziellen Beteiligungsprojekte. Mögliche Zielunternehmen werden fortwährend untersucht. Der Kontakt erfolgt häufig direkt oder über Banken. Hat die Gesellschaft einen vielversprechenden Kandidaten im Fokus, wird das Zielunternehmen auf Herz und Nieren geprüft.
„Die Zeit schneller Deals mit nur wach zu küssenden Prinzessinnen ist vorbei.“
Im Rahmen dieser Due Diligence werden bereits der mutmaßlich erzielbare Unternehmenswert und die mögliche Rendite auf das eingebrachte Kapital innerhalb der Beteiligungsphase simuliert. Entsprechend fällt dann das Angebot aus.
Ist der Unternehmenseigentümer damit einverstanden, beginnt die Beteiligungsphase. Dabei spielen die Beteiligungsgesellschaften die Rolle aktiver Investoren und versuchen das Unternehmen auf einen renditeträchtigen Kurs zu bringen. Das gelingt über Strategieänderungen, Anpassungen beim Anreizsystem für das Management oder über eine Neuausrichtung der Finanzstruktur.
„Die meisten Private-Equity-Gesellschaften bestehen darauf, dass sich die Topmanager der aufgekauften Unternehmen in signifikanter Höhe am Eigenkapital des Unternehmens beteiligen.“
Die meisten Portfoliounternehmen sind mit ihren Private-Equity-Gesellschaften zufrieden: 65 % der befragten Unternehmen empfinden die Kapitalgeber als „kompetente Diskussionspartner“. Nach drei bis sieben Jahren findet üblicherweise der Verkauf des Beteiligungsunternehmens, der so genannte Exit, statt. Das kann über die Börse (Going-public), durch den Verkauf an einen strategischen Investor (Trade-Sale), an eine andere Private-Equity-Gesellschaft (Secondary Purchase) oder durch den Rückverkauf an die ursprünglichen Unternehmenseigner (Buy-back) erfolgen. Sollte sich kein Käufer finden, folgt eine Wartezeit oder eine Liquidationsphase.
Klassische Controlling-Aufgaben
Controller erfüllen im Unternehmen vielfältige Aufgaben. Sie reichen von der Information des Managements, der operativen Planung und Kontrolle, der Kostenrechnung bis hin zu Prognose und Ergebniskontrolle.
„Der Management-Werttreiber ist mit einigem Abstand der wichtigste einzelne Faktor für den Erfolg eines Private-Equity-Investments.“
Besonders wichtig im Zusammenhang mit Private Equity sind die Teilbereiche wertorientiertes Controlling, Beteiligungs-, Risiko- und Finanzcontrolling:
- Beim wertorientierten Controlling geht es vor allem um die Steigerung des Unternehmenswertes, der mit unterschiedlichen Konzepten (z. B. CFROI oder EVA) gemessen wird.
- Finanzcontrolling stellt die Liquidität des Unternehmens sicher.
- Risikocontrolling identifiziert und bewertet potenzielle Risiken und achtet auf ein gesundes Rendite-Risiko-Verhältnis.
- Klassisches Beteiligungscontrolling, beispielsweise im Konzern oder in einer Finanzholding, weist mehrere Berührungspunkte zum Controlling einer Private-Equity-Gesellschaft auf, da es in beiden Fällen eine Akquisitions-, Beteiligungs- und Desinvestitionsphase gibt.
Private-Equity-Controlling
Die Controller innerhalb der Private-Equity-Gesellschaft finden ein dreiteiliges Aufgabenspektrum vor: Sie müssen sich um einzelne Beteiligungsunternehmen kümmern, aber auch um die Gesamtheit der Beteiligungen. Zudem haben sie die Identifizierung geeigneter neuer Portfoliounternehmen zu überwachen. Die Hauptfunktion des Controllings im operativen Prozess ist die Ermittlung von Werttreibern, die optimiert werden müssen, damit die Zielrendite der Beteiligung erreicht wird.
„Die Qualität des Managements ist ein Erfolgsfaktor von herausragender Wichtigkeit.“
In Interviews mit Private-Equity-Gesellschaften kristallisierte sich heraus, dass vor allem der Werttreiber „Management“ im Fokus der Optimierung steht: Viele Private-Equity-Gesellschaften versuchen erst gar nicht, sich in das operative Geschäft einzumischen. Stattdessen wollen sie sich der Mitarbeit der im Zielunternehmen vorhandenen Manager versichern oder über die Auswahl der Manager und über die Gestaltung des Anreizsystems Einfluss auf die Strategien nehmen.
„Konkrete operative Ziele – wie beispielsweise Benchmarks – werden den Portfoliounternehmen durch Private-Equity-Gesellschaften nur selten vorgegeben.“
Innerhalb der Private-Equity-Gesellschaft sind die Controller vor allem Ansprechpartner für das Management und erfüllen weitreichende Informationsaufgaben:
- In der Akquisitionsphase müssen die Controller der Private-Equity-Gesellschaft eine Vergleichsgrundlage für mögliche Beteiligungen erarbeiten und eine Entscheidungsgrundlage für das Management schaffen, aufgrund derer die mögliche Wertsteigerung vorstellbar wird. Anschließend kümmern sie sich um einen detaillierten Handlungsplan.
- In der Beteiligungsphase sorgen sie dafür, dass es passende Schnittstellen zwischen der Private-Equity-Gesellschaft und dem Portfoliounternehmen gibt. Falls es noch nicht vorhanden ist, bauen die Controller im Unternehmen ein Berichtswesen auf bzw. entwickeln die bestehenden Controllinginstrumente weiter. Nach einer Anfangsphase besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Ist-Zustand mit dem angestrebten Soll-Zustand des Unternehmens abzugleichen und die erforderlichen Maßnahmen mit dem Management abzustimmen.
- In der Exit-Phase informieren die Controller darüber, ob das angestrebte Ergebnis tatsächlich erreicht wurde.
„Die Aufgaben des Beteiligungscontrollings werden in der Akquisitionsphase maßgeblich vom Investmentteam wahrgenommen.“
Über alle Phasen hinweg erfüllt das Controlling wichtige Querschnittaufgaben. Hierzu gehören das Berichtswesen, die Planung und Kontrolle des Gesamtportfolios und das Risikocontrolling. Letzteres ist für Private-Equity-Gesellschaften sozusagen das tägliche Brot – schließlich fußt ihr Geschäftsmodell darauf, dass sie Risiken eingehen und steuern. Die Praxis zeigt aber, dass viele dieser Aufgaben nicht unbedingt von typischen Controllern, sondern oft vom eigentlichen Team der Investmentmanager oder einem entsprechenden Investmentkomitee wahrgenommen werden. Die „echten“ Controller decken selbst also nur einen Teil der beschriebenen Aufgaben ab.
Controller als Sparringpartner
Wenn man den Medienberichten traut, hassen sich die Manager von Portfoliounternehmen und die Mitarbeiter der Private-Equity-Gesellschaften wie die Pest. Doch das entspricht nicht der Realität: Die meisten Manager erleben die Controller „ihrer“ Private-Equity-Gesellschaft als Sparringpartner, die die Entscheidungen des Managements fortwährend hinterfragen und immer wieder neue Herausforderungen für das Unternehmen bereithalten. Das gemeinsame Ziel ist es, das Unternehmen besser zu machen oder gar es aus einer Schieflage zu befreien.
„Für den Erfolg der strategischen Planung sind eine bessere Verzahnung der verschiedenen Planungsebenen und die zügige Umsetzung des Vereinbarten entscheidend.“
Viele Manager geben an, dass die Kommunikation mit den Private-Equity-Gesellschaften vor allem in der Anfangsphase sehr informell und partnerschaftlich erfolgt. Je gefestigter die Beziehungen werden, desto stärker werden sie formalisiert. Private-Equity-Gesellschaften könnten zwar das komplette Managementteam auflösen. Sie tun das aber nur im äußersten Notfall, da vor allem bei kleineren Unternehmen das Risiko enorm ansteigt, wenn ein bestehendes Team ersetzt wird.
Wie Beteiligungsgesellschaften das Controlling verändern
Unübersehbar üben Private-Equity-Gesellschaften starken Einfluss auf ihre Portfoliounternehmen aus. Dieser Einfluss wird meist als positiv und nutzbringend angesehen. Auch für das Controlling im Portfoliounternehmen selbst hat dies meist weitreichende Auswirkungen: Es wird tiefer und umfangreicher geplant, die Strategie stärker hervorgehoben, die operative Planung wird verbindlicher vorgenommen und häufiger um Abweichungsanalysen ergänzt.
„Die von den Private-Equity-Gesellschaften erstellten Informationsanforderungen stoßen anfangs teilweise auf Unverständnis, im Nachhinein werden jedoch positive Lerneffekte festgestellt.“
Oft führt der Einfluss von außen zu einem marktgerechten, radikalen Neuanfang. Das Berichtswesen wird stark professionalisiert und schließt beispielsweise Berichte an das Topmanagement auf monatlicher Basis ein. Auch Risiko- und Finanzcontrolling werden professioneller. Das liegt vor allem am hohen Verschuldungsgrad vieler Unternehmen, bei denen erst ein Bewusstsein für Finanzcontrollingmaßnahmen etabliert werden muss. Für die betriebsinternen Controller sind diese Veränderungen in der Regel positiv: Bei den meisten untersuchten Unternehmen zeigte sich, dass sich ihr Stellenwert im Lauf der Beteilung verbesserte.
Prof. Dr. Jürgen Weber ist Direktor des Instituts für Management und Controlling an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter Die neue Rolle des Controllers und Von Top-Controllern lernen. Oliver Eitelwein ist Projektleiter der Unternehmensberatung CTcon. Martina Bender ist Unternehmensberaterin bei McKinsey. Dr. Pascal Nevries leitet das Center für Controlling and Management an der WHU.