Von Private-Equity-Controllern lernen

Buch Von Private-Equity-Controllern lernen

Wie Controller und Manager mit Finanzinvestoren erfolgreich zusammenarbeiten

Wiley-VCH,


Rezension

Con­trol­ling-Guru Jürgen Weber und seine Koautoren packen ein heißes Eisen an: Es geht um den Einfluss, den Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften, ins­beson­dere deren Controller, auf die von ihnen in Beschlag genommenen Unternehmen ausüben. Im Zug der „Heuschrecken“-Debatte ist Private Equity in den letzten Jahren in Verruf geraten. Aber sehen sich die betroffenen Unternehmen wirklich als Opfer? Weber & Co. wollten es genauer wissen und befragten 20 In­vest­ment­ge­sellschaften und 18 Unternehmen ausführlich nach ihrer wech­sel­seit­i­gen Zusam­me­nar­beit. Die Antwort lautet, etwas vereinfacht gesagt: Nein, als Opfer fühlen sie sich nicht. Die un­ter­suchten Unternehmen prof­i­tierten mehrheitlich vom kritischen Blick der fremden Controller. Als Leser würde man gerne konkreter erfahren, welche Lehren die Firmen aus der Zusam­me­nar­beit zogen, aber Fehlanzeige: Das analytische Buch gibt zwar tiefe Einblicke in die Funk­tion­sweise von Private Equity, aber direkt umsetzbar sind diese Erken­nt­nisse kaum. Außerdem merkt man dem Buch an, dass ver­schiedene Autoren am Werk waren: Die Lesbarkeit der Beiträge ist sehr un­ter­schiedlich. BooksInShort empfiehlt die Lektüre allen Controllern und Managern, deren Unternehmen im Fokus von Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften stehen.

Take-aways

  • Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften kaufen im Auftrag von Investoren Un­ternehmen­san­teile, um diese nach angemessener Frist mit Gewinn zu verkaufen.
  • Ihre Ein­flussnahme auf Geschäftsstrate­gien hat ihnen den Ruf eingebracht, als „Heuschrecken“ über die Unternehmen herzufallen.
  • Viele Beteili­gungs­ge­sellschaften greifen jedoch gar nicht direkt ins operative Geschäft ein.
  • Die meisten betroffenen Zielun­ternehmen halten „ihre“ Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft für kompetent.
  • Deren Controller werden als part­ner­schaftliche Spar­ring­part­ner wahrgenom­men.
  • Der Einfluss der externen Controller führt zu einer Pro­fes­sion­al­isierung des Con­trol­lings im Zielun­ternehmen.
  • Die be­trieb­seige­nen Controller profitieren: Sie werden pro­fes­sioneller und ihr Stellenwert im Unternehmen steigt.
  • Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften agieren in un­ter­schiedlichen Leben­szyk­lus­phasen von Unternehmen: Gründung, Expansion, Buy-out, Turnaround.
  • Die Haupt­funk­tion des Pri­vate-Eq­uity-Con­trol­lings ist die Ermittlung von Wert­treibern, die optimiert werden müssen, damit die angestrebte Rendite erreicht wird.
  • Wichtigster Werttreiber ist die Auswahl des Managements und die Gestaltung des An­reizsys­tems.
 

Zusammenfassung

Controlling und Private Equity

Was haben Controller mit Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften zu tun? Lange Zeit ziemlich wenig. Hatten Controller bislang kaum etwas mit dem Kap­i­tal­markt zu schaffen, hat sich dies in den letzten Jahren zumindest ansatzweise gewandelt. Pri­vate-Eq­uity-Con­trol­ling gehört immer noch nicht zu den Ker­nauf­gaben der Controller, aber durch die Mitwirkung an Fusionen und Akqui­si­tio­nen einerseits und die vermehrte Un­ternehmens­be­w­er­tung anhand von Kap­i­tal­mark­tzie­len an­der­er­seits müssen sich Controller zukünftig stärker im Umfeld von Beteili­gungs­ge­sellschaften bewegen.

Heuschrecken …

Um die Aufgaben der Controller umschreiben zu können, muss zuerst geklärt werden, was Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften überhaupt machen: Sie investieren im Auftrag von Investoren Geld als Eigenkap­i­tal oder in eigenkap­i­talähnlicher Funktion für begrenzte Zeit in ein anderes Unternehmen. Die Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft fungiert also als Intermediär zwischen Un­ternehmen­seign­ern und Investoren, bei denen es sich um in­sti­tu­tionelle Anleger, aber auch um Pri­vat­in­ve­storen handeln kann.

„Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften nehmen aktiv Einfluss auf die Strategie der übernommenen Gesellschaften.“

Da Private Equity, also privates Eigenkap­i­tal, nicht am Kap­i­tal­markt gehandelt wird, können die Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften erheblichen Einfluss auf die Un­ternehmensen­twick­lung nehmen. Das ist der Grund für die in den letzten Jahren geführte „Heuschrecken“-Debatte. Dabei wurde ein Bild von Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften gezeichnet, die wie eine Plage über die Un­ternehmenswelt herfallen, ihre Opfer zurechtschrumpfen und sie dann teuer verkaufen. Der Vorwurf: reine Profitgier statt echten Interesses am dauerhaften Bestand und Erfolg des Un­ternehmens. Mitarbeiter und auch Manager sahen sich als Spielball der Eigen­in­ter­essen der mächtigen Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften.

… oder Wohltäter?

Es stimmt schon: Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften können Un­ternehmen­steile verkaufen, Mitarbeiter entlassen und die Strategie des Un­ternehmens bestimmen. Sie können aber auch kränkelnde Unternehmen sanieren, Portfolios optimieren und Zukun­ftspoten­zial freilegen.

„Die Ursprünge der Pri­vate-Eq­uity-In­dus­trie liegen in der Gründungs-, Start- und Wach­s­tums­fi­nanzierung junger Unternehmen.“

Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften agieren in un­ter­schiedlichen Leben­szyk­lus­phasen von Unternehmen: Gründung, Expansion, Buy-out, Turnaround. Wis­senschaftliche Studien haben in den letzten Jahren immer wieder bestätigt, dass die Port­fo­lioun­ternehmen, also die von Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften finanziell unterstützten Unternehmen, von den Beteili­gun­gen überwiegend prof­i­tierten. Allerdings kann man dieses Ergebnis nicht ve­r­all­ge­mein­ern: Die schwarzen Schafe, die es sicherlich gibt, lassen sich bei den meisten Erhebungen nicht her­aus­fil­tern.

Wie Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften investieren

Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften investieren in nur 3–6 % aller poten­ziellen Beteili­gung­spro­jekte. Mögliche Zielun­ternehmen werden fortwährend untersucht. Der Kontakt erfolgt häufig direkt oder über Banken. Hat die Gesellschaft einen vielver­sprechen­den Kandidaten im Fokus, wird das Zielun­ternehmen auf Herz und Nieren geprüft.

„Die Zeit schneller Deals mit nur wach zu küssenden Prinzessin­nen ist vorbei.“

Im Rahmen dieser Due Diligence werden bereits der mutmaßlich erzielbare Un­ternehmenswert und die mögliche Rendite auf das einge­brachte Kapital innerhalb der Beteili­gungsphase simuliert. Entsprechend fällt dann das Angebot aus.

Ist der Un­ternehmen­seigentümer damit ein­ver­standen, beginnt die Beteili­gungsphase. Dabei spielen die Beteili­gungs­ge­sellschaften die Rolle aktiver Investoren und versuchen das Unternehmen auf einen renditeträchtigen Kurs zu bringen. Das gelingt über Strategieänderungen, Anpassungen beim An­reizsys­tem für das Management oder über eine Neuaus­rich­tung der Fi­nanzstruk­tur.

„Die meisten Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften bestehen darauf, dass sich die Topmanager der aufgekauften Unternehmen in sig­nifikan­ter Höhe am Eigenkap­i­tal des Un­ternehmens beteiligen.“

Die meisten Port­fo­lioun­ternehmen sind mit ihren Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften zufrieden: 65 % der befragten Unternehmen empfinden die Kap­i­tal­ge­ber als „kompetente Diskus­sion­spart­ner“. Nach drei bis sieben Jahren findet üblicher­weise der Verkauf des Beteili­gung­sun­ternehmens, der so genannte Exit, statt. Das kann über die Börse (Go­ing-pub­lic), durch den Verkauf an einen strate­gis­chen Investor (Trade-Sale), an eine andere Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft (Secondary Purchase) oder durch den Rückverkauf an die ursprünglichen Un­ternehmen­seigner (Buy-back) erfolgen. Sollte sich kein Käufer finden, folgt eine Wartezeit oder eine Liq­ui­da­tion­sphase.

Klassische Con­trol­ling-Auf­gaben

Controller erfüllen im Unternehmen vielfältige Aufgaben. Sie reichen von der Information des Managements, der operativen Planung und Kontrolle, der Kosten­rech­nung bis hin zu Prognose und Ergeb­niskon­trolle.

„Der Man­age­ment-Wert­treiber ist mit einigem Abstand der wichtigste einzelne Faktor für den Erfolg eines Pri­vate-Eq­uity-In­vest­ments.“

Besonders wichtig im Zusam­men­hang mit Private Equity sind die Teil­bere­iche wer­to­ri­en­tiertes Controlling, Beteili­gungs-, Risiko- und Fi­nanz­con­trol­ling:

  • Beim wer­to­ri­en­tierten Controlling geht es vor allem um die Steigerung des Un­ternehmenswertes, der mit un­ter­schiedlichen Konzepten (z. B. CFROI oder EVA) gemessen wird.
  • Fi­nanz­con­trol­ling stellt die Liquidität des Un­ternehmens sicher.
  • Risiko­con­trol­ling iden­ti­fiziert und bewertet potenzielle Risiken und achtet auf ein gesundes Ren­dite-Risiko-Verhältnis.
  • Klassisches Beteili­gungscon­trol­ling, beispiel­sweise im Konzern oder in einer Fi­nanzhold­ing, weist mehrere Berührungspunkte zum Controlling einer Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft auf, da es in beiden Fällen eine Akqui­si­tions-, Beteili­gungs- und Desin­vesti­tion­sphase gibt.

Pri­vate-Eq­uity-Con­trol­ling

Die Controller innerhalb der Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft finden ein dre­it­eiliges Auf­gaben­spek­trum vor: Sie müssen sich um einzelne Beteili­gung­sun­ternehmen kümmern, aber auch um die Gesamtheit der Beteili­gun­gen. Zudem haben sie die Iden­ti­fizierung geeigneter neuer Port­fo­lioun­ternehmen zu überwachen. Die Haupt­funk­tion des Con­trol­lings im operativen Prozess ist die Ermittlung von Wert­treibern, die optimiert werden müssen, damit die Zielrendite der Beteiligung erreicht wird.

„Die Qualität des Managements ist ein Er­fol­gs­fak­tor von her­aus­ra­gen­der Wichtigkeit.“

In Interviews mit Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften kristallisierte sich heraus, dass vor allem der Werttreiber „Management“ im Fokus der Optimierung steht: Viele Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften versuchen erst gar nicht, sich in das operative Geschäft einzu­mis­chen. Stattdessen wollen sie sich der Mitarbeit der im Zielun­ternehmen vorhandenen Manager versichern oder über die Auswahl der Manager und über die Gestaltung des An­reizsys­tems Einfluss auf die Strategien nehmen.

„Konkrete operative Ziele – wie beispiel­sweise Benchmarks – werden den Port­fo­lioun­ternehmen durch Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften nur selten vorgegeben.“

Innerhalb der Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft sind die Controller vor allem Ansprech­part­ner für das Management und erfüllen weitre­ichende In­for­ma­tion­sauf­gaben:

  • In der Akqui­si­tion­sphase müssen die Controller der Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft eine Ver­gle­ichs­grund­lage für mögliche Beteili­gun­gen erarbeiten und eine Entschei­dungs­grund­lage für das Management schaffen, aufgrund derer die mögliche Wert­steigerung vorstellbar wird. Anschließend kümmern sie sich um einen de­tail­lierten Hand­lungs­plan.
  • In der Beteili­gungsphase sorgen sie dafür, dass es passende Schnittstellen zwischen der Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft und dem Port­fo­lioun­ternehmen gibt. Falls es noch nicht vorhanden ist, bauen die Controller im Unternehmen ein Berichtswe­sen auf bzw. entwickeln die bestehenden Con­trol­lin­gin­stru­mente weiter. Nach einer An­fangsphase besteht ihre Haup­tauf­gabe darin, den Ist-Zustand mit dem angestrebten Soll-Zu­s­tand des Un­ternehmens abzu­gle­ichen und die er­forder­lichen Maßnahmen mit dem Management abzustimmen.
  • In der Exit-Phase informieren die Controller darüber, ob das angestrebte Ergebnis tatsächlich erreicht wurde.
„Die Aufgaben des Beteili­gungscon­trol­lings werden in der Akqui­si­tion­sphase maßgeblich vom In­vest­ment­team wahrgenom­men.“

Über alle Phasen hinweg erfüllt das Controlling wichtige Quer­schnit­tauf­gaben. Hierzu gehören das Berichtswe­sen, die Planung und Kontrolle des Gesamt­port­fo­lios und das Risiko­con­trol­ling. Letzteres ist für Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften sozusagen das tägliche Brot – schließlich fußt ihr Geschäftsmodell darauf, dass sie Risiken eingehen und steuern. Die Praxis zeigt aber, dass viele dieser Aufgaben nicht unbedingt von typischen Controllern, sondern oft vom eigentlichen Team der In­vest­ment­man­ager oder einem entsprechen­den In­vest­men­tkomi­tee wahrgenom­men werden. Die „echten“ Controller decken selbst also nur einen Teil der beschriebe­nen Aufgaben ab.

Controller als Spar­ring­part­ner

Wenn man den Me­di­en­berichten traut, hassen sich die Manager von Port­fo­lioun­ternehmen und die Mitarbeiter der Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften wie die Pest. Doch das entspricht nicht der Realität: Die meisten Manager erleben die Controller „ihrer“ Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaft als Spar­ring­part­ner, die die Entschei­dun­gen des Managements fortwährend hin­ter­fra­gen und immer wieder neue Her­aus­forderun­gen für das Unternehmen bere­i­thal­ten. Das gemeinsame Ziel ist es, das Unternehmen besser zu machen oder gar es aus einer Schieflage zu befreien.

„Für den Erfolg der strate­gis­chen Planung sind eine bessere Verzahnung der ver­schiede­nen Pla­nungsebe­nen und die zügige Umsetzung des Vere­in­barten entschei­dend.“

Viele Manager geben an, dass die Kom­mu­nika­tion mit den Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften vor allem in der An­fangsphase sehr informell und part­ner­schaftlich erfolgt. Je gefestigter die Beziehungen werden, desto stärker werden sie for­mal­isiert. Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften könnten zwar das komplette Man­age­ment­team auflösen. Sie tun das aber nur im äußersten Notfall, da vor allem bei kleineren Unternehmen das Risiko enorm ansteigt, wenn ein bestehendes Team ersetzt wird.

Wie Beteili­gungs­ge­sellschaften das Controlling verändern

Unübersehbar üben Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften starken Einfluss auf ihre Port­fo­lioun­ternehmen aus. Dieser Einfluss wird meist als positiv und nutzbrin­gend angesehen. Auch für das Controlling im Port­fo­lioun­ternehmen selbst hat dies meist weitre­ichende Auswirkun­gen: Es wird tiefer und um­fan­gre­icher geplant, die Strategie stärker her­vorge­hoben, die operative Planung wird verbindlicher vorgenommen und häufiger um Ab­we­ichungs­analy­sen ergänzt.

„Die von den Pri­vate-Eq­uity-Gesellschaften erstellten In­for­ma­tion­san­forderun­gen stoßen anfangs teilweise auf Unverständnis, im Nachhinein werden jedoch positive Lerneffekte fest­gestellt.“

Oft führt der Einfluss von außen zu einem mark­t­gerechten, radikalen Neuanfang. Das Berichtswe­sen wird stark pro­fes­sion­al­isiert und schließt beispiel­sweise Berichte an das Top­man­age­ment auf monatlicher Basis ein. Auch Risiko- und Fi­nanz­con­trol­ling werden pro­fes­sioneller. Das liegt vor allem am hohen Ver­schul­dungs­grad vieler Unternehmen, bei denen erst ein Bewusstsein für Fi­nanz­con­trol­lingmaßnahmen etabliert werden muss. Für die be­trieb­sin­ter­nen Controller sind diese Veränderungen in der Regel positiv: Bei den meisten un­ter­suchten Unternehmen zeigte sich, dass sich ihr Stellenwert im Lauf der Beteilung verbesserte.

Über die Autoren

Prof. Dr. Jürgen Weber ist Direktor des Instituts für Management und Controlling an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter Die neue Rolle des Controllers und Von Top-Con­trollern lernen. Oliver Eitelwein ist Pro­jek­tleiter der Un­ternehmens­ber­atung CTcon. Martina Bender ist Un­ternehmens­ber­a­terin bei McKinsey. Dr. Pascal Nevries leitet das Center für Controlling and Management an der WHU.