Ethisch und rechtlich konformes Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern

Buch Ethisch und rechtlich konformes Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern

Ein Leitfaden mit Musterformularen und Beispielen

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Rezension

Kartellsünder, Schmiergeldzahler, Mi­tar­beit­erbe­spit­zler: Die Liste der Unternehmen, die in Skandale verstrickt sind, wird immer länger. Dirk Börnecke zeigt in seinem Buch, dass dies zumindest teilweise an der immer größeren Zahl von Gesetzen liegt, die jeder, der Geschäfte machen will, zu beachten hat. Das ist für Börnecke aber keine Entschuldigung für Fehltritte: Eine zu laxe Einstellung in den Unternehmen fördere ebenfalls das Fehlver­hal­ten Einzelner. Das Buch enthält zahlreiche Ratschläge zur Corporate Compliance, allerdings ist die dazugehörige Darstellung der einschlägigen Gesetze anhand von Beispielfällen leider nur teilweise gelungen. In dem präsentierten Geset­zes­d­schun­gel wird es dem einen oder anderen Leser so gehen wie manchem Klei­n­un­ternehmer: Er sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. BooksInShort empfiehlt das Buch Un­ternehmern als ju­ris­tis­ches Pflicht­en­heft, denn es sen­si­bil­isiert auf jeden Fall für die Komplexität und die Relevanz des Themas Corporate Compliance.

Take-aways

  • Einige Unternehmen haben sich in der Ver­gan­gen­heit eklatante Regelverstöße geleistet.
  • Die Öffentlichkeit betrachtet die Welt der Wirtschaft mit­tler­weile als Sündenpfuhl.
  • Vergessen Sie Grauzonen: Es gibt nur richtig oder falsch, legal oder illegal.
  • Die Zahl der Gesetze, die Unternehmen einhalten müssen, hat stark zugenommen.
  • Die Regeln tangieren das Wirtschaftsstrafrecht ebenso wie Wet­tbe­werb­sverstöße oder Konflikte in Sachen Political Correctness und Geschlechter­gle­ich­stel­lung.
  • Ak­tienge­sellschaften sind zum Risiko­man­age­ment verpflichtet.
  • Good-Gov­er­nance-Regeln sind für jedes Unternehmen sinnvoll.
  • Strafrechtlich auffällige Unternehmen werden von öffentlichen Aufträgen aus­geschlossen.
  • Die Aufklärungsquote bei Wirtschaftsstraftaten liegt bei 95 %.
  • Eine Man­ager­haftpflichtver­sicherung ist kein Freifahrtschein.
 

Zusammenfassung

Immer mehr Fehltritte im Wirtschaft­sleben

Die Weit­er­en­twick­lung von In­stru­menten, die der Be­herrschung der Risiken in den Unternehmen dienen, hat nicht Schritt gehalten mit dem Tempo, das die Glob­al­isierung vorlegt. In der Folge haben viele Unternehmen in den vergangenen Jahren Raubbau an ihrem Image betrieben: Ihr Fi­nanzge­baren war aben­teuer­lich, ihr Umgang mit den Mi­tar­beit­ern unanständig, ihr Geschäftsmodell riskant. Um die Rendite zu steigern, wurden Schmiergelder gezahlt oder Kartelle gebildet. Während in der Öffentlichkeit der Eindruck entstand, in der Welt der Wirtschaft gäbe es keine Gesetze, betrachten in den Unternehmen viele die Auswüchse noch immer als Kava­liers­de­likte.

„Im men­schlichen Verhalten, sei es beruflich oder privat, gibt es so gut wie keine Grauzonen.“

Was dabei gele­gentlich in den Hintergrund tritt: Für das Fehlver­hal­ten sind immer einzelne oder mehrere Mitarbeiter ve­r­ant­wortlich – vom Sach­bear­beiter bis hin zum Vorstand. Eine Kollek­tivschuld der Unternehmen oder der Wirtschaft gibt es genauso wenig wie eine Grauzone zwischen noch erlaubt und klar illegal.

Wirtschaften im Rahmen der Gesetze

Zwar ist Bestechung, die ein Unternehmen im Ausland betreibt, in Deutschland erst seit Kurzem strafbar. Der Eindruck, dass früher alles erlaubt war, was heute als Fehlver­hal­ten gilt, täuscht. Bereits in den Sozial­ge­boten früher Völker und religiöser Gemein­schaften gab es Regeln mit wirtschaftlichem Bezug. Beispiele dafür sind die biblischen Gebote: „Du sollst nicht stehlen“ und „Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen“ Im Laufe der Zeit wurden die Menschen nicht mehr nur Moral­ge­boten unterworfen, sondern staatlichen Gesetzen. Eine wahre Flut davon hat sich über die Unternehmen ergossen. Nicht ohne Grund: Unter den rund 87 000 Straftaten im deutschen Wirtschaft­sleben des Jahres 2007 waren Betrugsfälle am häufigsten vertreten. Übrigens wurden von diesen gemeldeten Straftaten 95 % aufgeklärt.

„Auch wenn das Geschäftsleben härter geworden ist, entschuldigt dies nicht die Fehlen­twick­lun­gen der letzten Jahre.“

Neben den explizit strafrechtlichen Normen müssen Sie als Unternehmer noch weitere Recht­snor­men beachten, z. B. Regelungen zum Umweltschutz und zur Pro­duk­thaf­tung. Auch bei Verstößen gegen das Kartell­recht drohen Sanktionen. Ebenso haben Sie im Ar­beit­sleben Regeln der An­tidiskri­m­inierung (Political Correctness) und der Geschlechter­gle­ich­stel­lung zu beachten. Halten Sie z. B. die Begründungen, mit denen Sie Bewerbern absagen, so knapp wie möglich. So bieten Sie wenig Angriffsfläche.

Pflicht zur Risikokon­trolle

Im Fall der Fälle haften Sie als Führungskraft nicht nur für Regelverstöße Ihrer Mitarbeiter, sondern auch dafür, dass Sie diese nicht ausreichend kon­trol­liert haben. Sie müssen also Ihrer Aufsichts- und Or­gan­i­sa­tion­spflicht nachkommen. Bei Versagen drohen Geldbußen und ein Eintrag ins Gewer­bezen­tral­reg­is­ter. Letzteres kann Sie öffentliche Aufträge kosten. Seit 1998 sind Ak­tienge­sellschaften in Deutschland verpflichtet, ein Risiko­man­age­mentsys­tem zu betreiben. Dadurch sollen sie Risiken für ihr Unternehmen frühzeitig erkennen und beherrschen. Sie sichern beispiel­sweise ihre IT-Systeme, schützen sich vor Ver­tragsprob­le­men und stellen die Liquidität sicher. Inzwischen haben viele Unternehmen, nicht nur AGs und Kap­i­talge­sellschaften, Risiko­man­age­mentsys­teme ein­gerichtet. Dafür haben auch die Richtlinien Basel I und Basel II gesorgt.

Gute Un­ternehmensführung

Unternehmer werden von der Öffentlichkeit – nicht erst seit den Skandalen der letzten Jahre – nach Maßstäben wie Ethik, Moral, Fairness und Gewissen beurteilt. Auch vor Gericht spielt es eine Rolle, ob eine bestimmte Handlung im Rahmen akzep­tierter Sitten und Gebräuche stattge­fun­den hat. Beispiel­sweise zielt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb darauf ab, die Ethik im Geschäftsleben aufrechtzuer­hal­ten. Unter Ethik lässt sich das Verhalten verstehen, das auch ohne schriftliche Fixierung allgemein als anständig gilt. Zur Corporate Governance oder Good Governance – also der ve­r­ant­wor­tungs­be­wussten Un­ternehmensführung – hat eine deutsche Regierungskom­mis­sion einen Kodex aus­gear­beitet. Dieser stärkt die Rechte von Aktionären sowie die Information der Aufsichtsräte und erhöht die Transparenz der Un­ternehmensführung. Für Firmen, die an US-Börsen notiert sind, ist die Einhaltung noch schärferer Gov­er­nance-Regeln Pflicht: Basierend auf dem Sar­banes-Ox­ley-Act aus dem Jahr 2002 haften Vor­stand­schef und Fi­nanzvor­stand z. B. persönlich für die Richtigkeit der Bilanz.

Keine Compliance ohne Or­gan­i­sa­tion

Der in der Wirtschaft verbreitete Begriff „Compliance“ stammt ursprünglich aus der Medizin. Ein Patient, der brav seine verordneten Medikamente schluckt, verhält sich kooperativ, also „compliant“. Für Ihr Unternehmen heißt das: Ihre Mitarbeiter halten sich sowohl an die staatlichen Gesetze als auch an die fir­menin­ter­nen Regelwerke. Compliance bedeutet ebenfalls, dass Sie die Einhaltung der Regeln überwachen. Die Stichworte dazu lauten: vorbeugen, erkennen, handeln, nachhalten. All dies dient der klaren Festlegung, was richtig und was falsch ist, was legal und was illegal ist.

„In­ter­es­san­ter­weise haben Ver­w­er­fun­gen im Verhalten von Unternehmen stets eine sehr zeitnahe Reaktion der Gesetzgeber her­vorgerufen.“

Klas­sis­cher­weise regelt die Arbeits- oder Be­trieb­sor­d­nung eines Un­ternehmens bereits viele Pflichten der Mitarbeiter. Manche Unternehmen erlassen darüber hinaus einen Ver­hal­tenskodex, eine so genannte Business Conduct Guideline (BCG). Damit können Sie festlegen, wie sich Mitarbeiter gegenüber Geschäftspartnern korrekt verhalten oder bei In­ter­essenkon­flik­ten handeln sollen. Leider sind die BCG vieler Unternehmen nur Hand­lungsempfehlun­gen. Verankern Sie die BCG in Ihrer Firma in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter, z. B. mithilfe von In­for­ma­tion­skam­pag­nen. Eine BCG ist der erste Schritt zu rechtlich und ethisch korrektem Verhalten in Ihrem Unternehmen. Es ist nicht unbedingt notwendig, eine eigenständige Com­pli­ance-Abteilung zu gründen – ein Teil der Rechts- oder Re­vi­sion­s­abteilung genügt. Wichtiger ist es, dass Sie diesen Bereich direkt der Geschäftsleitung un­ter­stellen. Der Chief Compliance Officer soll an diese berichten, ansonsten aber weisungs­frei agieren. Ein Frage-Antwort-Kat­a­log skizziert typische Konfliktfälle. Aber Achtung: Er kann eine Schulung nicht ersetzen. Legen Sie außerdem eine For­mu­la­rsamm­lung an, die Muster für Verpflich­tungserklärungen, Genehmi­gun­gen und Voll­mach­tanträge enthält.

Konflikte beim In­for­man­ten­schutz

Sollte Ihr Frühwarnsystem, zu dem auch An­lauf­stellen wie Hotlines für „Whistle­blower“ (Hin­weis­ge­ber, Informanten) gehören, Fehlver­hal­ten an den Tag bringen, ist die angemessene Reaktion natürlich einzelfal­labhängig. Die Palette der Reaktionsmöglichkeiten reicht von einer Ermahnung über die Kündigung bis hin zur zivil­rechtlichen Klage auf Schaden­er­satz. Kon­se­quen­zen vonseiten der staatlichen Justiz können Sie dadurch allerdings nicht vermeiden.

„Es sei daran erinnert, dass Unternehmen, die strafrechtlich auffällig sind, von öffentlichen Aufträgen aus­geschlossen und ggf. Kernmärkte verloren werden können.“

Falls Mi­tar­beit­ern im Zuge eines von der Staat­san­waltschaft angestrengten Gerichtsver­fahrens Geldbußen auferlegt werden, hüten Sie sich davor, diese vom Unternehmen bezahlen zu lassen. Daraus könnte nämlich ein erheblicher Im­ageschaden resultieren. Wer eine Straftat nicht anzeigt, riskiert bis zu fünf Jahre Haft. Doch der Schutz von Informanten stellt eine Grat­wan­derung für die Unternehmen dar. Einerseits sind sie darauf angewiesen, Hinweise auf Fehlver­hal­ten zu bekommen. An­der­er­seits müssen sie ihre Mitarbeiter gegen Rufschädigung schützen. Die Bun­desregierung will den In­for­man­ten­schutz nun gesetzlich regeln, da rund 70 % aller Informanten aufgrund ihrer Anzeige den Ar­beit­splatz verlieren.

Heikler Datenschutz

Ar­beit­nehmer dürfen prinzipiell Di­en­st­tele­fon, -wagen oder Fir­men­com­puter nicht für private Zwecke verwenden – es sei denn, der Arbeitgeber gestattet die Pri­vat­nutzung in einem bestimmten Umfang. Spätestens seit den Daten­skan­dalen bei der Deutschen Bahn, der Telekom oder bei Lidl ist aber auch klar: Unternehmen dürfen bei der Überwachung ihrer Mitarbeiter nicht zu weit gehen. Das Recht auf in­for­ma­tionelle Selb­st­bes­tim­mung bleibt den Beschäftigten trotz Anstellung erhalten.

„Manager haben für vorsätzliches oder fahrlässiges Fehlver­hal­ten die Ve­r­ant­wor­tung zu übernehmen.“

Das heißt: Unternehmen dürfen in der Regel keine Mi­tar­bei­t­er­daten an Dritte weitergeben. Sie dürfen Gespräche nicht heimlich mitschnei­den oder ihre Beschäftigten in deren privatem Umfeld fo­tografieren. Sind digitale Daten durch Passwörter geschützt und somit nur persönlich zugänglich, dürfen Sie sich als Arbeitgeber nicht einfach über den Sys­temad­min­is­tra­tor Zugang verschaffen. Die inhaltliche Kontrolle ist Ihnen als Arbeitgeber zwar versagt, nicht aber die Verbindungs­datenkon­trolle zur Erfassung von Kosten und Arbeitszeit. Die Ken­nt­nis­nahme di­en­stlicher E-Mails ist im Übrigen – anders als der Inhalt di­en­stlicher Telefonate – für den Arbeitgeber zulässig. Nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Ar­beit­nehmer muss sich an Regeln zum Datenschutz halten. Er darf z. B. nicht über Geschäfts­ge­heimnisse oder das Einkommen seiner Kollegen plaudern.

Beispiele aus der Praxis

Die Liste möglicher Rechtsverstöße, die in einem Unternehmen begangen werden können, ist sehr lang. Entsprechend sensibel muss Ihr Com­pli­ance-Sys­tem sein. Zum Beispiel sollten Sie in Ihrer Firma gegen Mobbing vorgehen – das Allgemeine Gle­ich­be­hand­lungs­ge­setz definiert dieses nämlich als Belästigung. Fordern Sie in Stel­lenauss­chrei­bun­gen keine Dokumente an, deren Übersendung im Nachhinein als Diskri­m­inierung ausgelegt werden könnte. Verlangen Sie schlicht „aussagekräftige Unterlagen“. Wer Ihnen daraufhin Fotos, Lebenslauf und private Details schickt, wird später kaum klagen können.

„Wendet man den Leitsatz der Compliance ,Vorbeugen – Erkennen – Handeln – Nachhalten‘ im Unternehmen mit dem nötigen Fin­ger­spitzengefühl an und sorgt man für eine offene, klare Kom­mu­nika­tion, so wird dies die erwarteten Erfolge bringen.“

Verletzt Ihr Dienstplan die Höchstar­beit­szeiten, drohen laut Ar­beit­szeit­ge­setz Bußgelder bis zu 15 000 €. Bis zu 500 000 € kann es Ihr Unternehmen kosten, wenn es sich nicht an die in Ihrer Branche gültigen Min­dest­lohn­vorschriften hält. 300 000 € können bei Schwarzarbeit fällig werden. Wer als Unternehmer Be­trieb­sratswahlen behindert, kann sogar mit einer Frei­heitsstrafe bestraft werden.

Reizthema Man­ager­haf­tung

Unternehmen als juristische Personen können für das Fehlver­hal­ten einzelner Mitarbeiter in Haftung genommen werden. Dennoch gilt der Grundsatz: Der Verursacher haftet. Das heißt, das Unternehmen kann vom Mitarbeiter Schaden­er­satz verlangen – und sei es der Geschäftsführer, Vorstands- oder Auf­sicht­sratsvor­sitzende. Allerdings fällt bei Weitem nicht jeder Man­ager­fehler, der das Firmenvermögen schmälert, unter den Straftatbe­stand der Untreue. Dafür wäre es nötig, dass die Schädigung vorsätzlich erfolgt ist. Selbst wenn Schmiergeldsys­teme, Kred­itrisiken und andere Probleme im Einzelfall nicht strafrechtlich verfolgt werden können, bleibt in solchen Fällen doch die Haftung für die Vernachlässigung der Auf­sicht­spflicht bestehen. Viele Manager haben eine Beruf­shaftpflichtver­sicherung abgeschlossen, die sie vor Ansprüchen, die aus Sorgfalt­spflichtver­let­zun­gen rühren, schützt. Da aber die Ver­sicherungssumme in der Regel nach oben begrenzt ist und bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit nichts gezahlt wird, sollten Sie so eine Ver­sicherung nicht als Freifahrtschein auffassen.

Beziehungspflege: Was dürfen Sie schenken?

Unter Geschäftspartnern ist es üblich, sich gegenseitig kleine Aufmerk­samkeiten zukommen zu lassen. Wo aber liegt die Grenze zur Bestechung? Weil diese Frage schwer zu beantworten ist, verzichten einige Firmen ganz auf diese kleinen Zuwendungen. Bei Bewirtungen, Einladungen, Spenden, Sponsoring, der Übernahme von Übernach­tungskosten oder Preisnachlässen kommt es aber durchaus auf den Einzelfall an. So verbieten viele Firmen Ver­mit­tlung­spro­vi­sio­nen, die eine Auf­trags­beschaf­fung belohnen, während ar­beit­srechtliche Provisionen in Ordnung sind. Als Faustregel beachten Sie die Maßgabe, dass die Aufmerk­samkeiten keinem unlauteren Zweck dienen dürfen und im Rahmen des sozial Üblichen bleiben müssen.

Über den Autor

Dirk Börnecke ist Recht­san­walt mit dem Schwerpunkt Ar­beit­srecht. Er war über 20 Jahre im HR-Man­age­ment der Siemens AG beschäftigt.