Der effektive Strategieprozess

Buch Der effektive Strategieprozess

Erfolgreich mit dem 6-Phasen-System

Campus,


Rezension

Bei der Strategie, so Kaplan und Norton, bleiben viele Unternehmen auf halber Strecke stehen. Weil sie Initiativen anstoßen, bevor sie wissen, wohin sie strategisch wollen. Weil sie keine Anreize dafür schaffen, dass die Strategie tatsächlich umgesetzt wird. Weil ihnen die Kriterien für Zielvorgabe und Er­fol­gsmes­sung fehlen. Weil sie Geld und Zeit für die Strategie dem operativen Geschäft abknapsen. Oder weil ihnen eine große Zahl wenig durch­dachter Aktionen aus dem Ruder läuft. Es geht auch anders, meinen die Autoren – aber nur, wenn die Unternehmen ihre Strategie selbst als ernst zu nehmenden Prozess begreifen und or­gan­isieren. Wie das geht, wird in diesem Buch aufs Fundierteste erklärt. BooksInShort findet es in­spiri­erend und nützlich für Führungskräfte aller Hi­er­ar­chieebe­nen. Besonders den Anwendern der Balanced Scorecard – aber nicht nur diesen – wird es zu mehr Erfolg verhelfen.

Take-aways

  • Die Entwicklung und Umsetzung einer Strategie sollte nach einem festen Prozess ablaufen.
  • Ve­r­ant­wortlich muss eine Fach­abteilung mit eigenem Budget sein.
  • Die Strategie entwickeln Sie aufgrund Ihrer Mission, Ihrer Vision und Ihrer Werte.
  • Aus der Strategie leiten Sie Ziele, Er­fol­gskri­te­rien und Aktivitäten ab.
  • Nur in Zahlen ausgedrückte Ziele fordern wirksam zum Handeln auf.
  • Das gesamte Unternehmen mit allen Mi­tar­beit­ern muss Ihren Zielen zustreben.
  • Eine Strat­egy-Map weist den Weg und zeigt die Beziehungen der strate­gis­chen Themen zueinander.
  • Wie die Balanced Scorecard berücksichtigt die Strat­egy-Map vier Per­spek­tiven: Finanzen, Kunden, Prozesse und Mitarbeiter.
  • Operative und strate­gis­che Lagebe­sprechun­gen sollten Sie voneinander trennen.
  • Eine Strategie ist nicht für die Ewigkeit. Sie müssen sie immer wieder überprüfen und ggf. anpassen.
 

Zusammenfassung

Auch der Strate­gieprozess muss optimiert werden

Führen Ihre Strategien häufig nicht zum erhofften Erfolg? Mit diesem Problem stehen Sie nicht allein da. Knapp die Hälfte der im Jahr 2006 im Rahmen einer Studie befragten Manager erklärten, sie hätten kein System, nach dem sie ihre Strategie umsetzten. 73 % von ihnen hielten ihre strate­gis­che Leistung denn auch nur für maximal durch­schnit­tlich. Immerhin hat sich im Vergleich zu einer Vorläuferstudie zehn Jahre zuvor etwas verbessert: 54 % der Befragten folgten 2006 bei der Umsetzung ihrer Strategie nun wenigstens einem Prozess. Und von diesen wiederum gaben 70 % an, ihre Leistung liege über der ähnlicher Unternehmen. Im Klartext heißt das: Die Mehrheit derjenigen, die bei der Strate­gieum­set­zung einem Prozess folgen, sieht sich als Gewinner; wohingegen die Mehrheit derjenigen, die das nicht tun, sich als Verlierer sieht. Offenbar lohnt es sich also, bei der Umsetzung der Strategie nach festen Regeln vorzugehen. Schon der Entwicklung Ihrer Strategie sollten Sie den Raum geben, der ihr gebührt – in der Fir­men­struk­tur ebenso wie in der Fi­nanz­pla­nung und in den Prozessen.

Erste Phase: Die Strategie entwickeln

Wer nicht weiß, wohin er will, braucht sich nicht zu wundern, wenn er nirgends ankommt. Dieser bei Beratern und Coachs beliebte Satz gilt auch und gerade für die Strategie Ihres Un­ternehmens. Deren Fundament sind die Mission, die Vision und die Werte. Diese Aspekte geben die Richtung vor, in die Sie mit Ihrer Strategie stoßen wollen.

  • Die Mission zeigt, wozu es Ihr Unternehmen überhaupt gibt. Etwa „um die In­for­ma­tio­nen der Welt zu or­gan­isieren und allgemein zugänglich und nutzbar zu machen“, so das Leitbild von Google.
  • Mit der Vision legen Sie mittel- bis langfristige Un­ternehmen­sziele fest und sagen, in welcher Zeit Sie diese erreichen wollen, wie z. B. US-Präsident John F. Kennedy 1961: Wir wollen „vor dem Ende dieses Jahrzehnts einen Mann auf den Mond und wieder sicher zurück zur Erde bringen“.
  • Die Werte teilen Mi­tar­beit­ern, Kunden und Lieferanten mit, was dem Unternehmen wichtig ist und welches Verhalten sie von ihm erwarten können. Die kanadische Buch­hand­lungs­kette Indigo erklärt beispiel­sweise, sie wolle Freude in das Leben ihrer Kunden bringen und deren Bedürfnisse voraussehen. Zudem wolle sie her­vor­ra­gende Leistung bringen und für ihre Mitarbeiter ein Ar­beit­sum­feld schaffen, das Wissen und Wachstum bietet.
„Mit einem förmlichen System zur Strate­gieum­set­zung ist die Er­fol­gswahrschein­lichkeit zwei- bis dreimal höher als ohne ein solches System.“

Sie kennen nun die Richtung. Als Nächstes bestimmen Sie, welche Strategie daraus konkret hervorgeht. Eine Strat­egy-Map hilft Ihnen, wie auf einer Landkarte mit einem Blick zu erfassen, welche Ziele und Strategien Ihr Unternehmen verfolgt und auf welchen Werten, Visionen oder Selb­stverpflich­tun­gen diese beruhen. Analog zur Balanced Scorecard berücksichtigt auch die Strat­egy-Map vier Per­spek­tiven:

  1. Die Fi­nanzper­spek­tive zeigt anhand von Kennziffern wie Kap­i­tal­rentabilität, Be­trieb­sergeb­nis, Einnahmen pro Kunde oder Stückkosten das materielle Ergebnis.
  2. Die Kun­den­per­spek­tive beruht auf Messgrößen wie Zufrieden­heit, Kun­den­bindung oder auch dem Wertver­sprechen gegenüber ausgewählten Kun­den­grup­pen.
  3. Die Prozessper­spek­tive zeigt, welche Geschäftsprozesse maßgeblich dafür ve­r­ant­wortlich sind, dass Sie Ihre Kunden- und Finanzziele erreichen.
  4. Die Mi­tar­beit­er­per­spek­tive macht deutlich, welche Mitarbeiter und welches Know-how am meisten Wert schöpfen.
„Was man nicht messen kann, kann man nicht verbessern.“

Um Ihre Strate­gieland­karte zu füllen, müssen Sie einiges an an­a­lytis­cher Arbeit leisten – immer mit Blick auf die Faktoren, die den Erfolg Ihres Un­ternehmens bee­in­flussen: politische, wirtschaftliche, rechtliche, soziale und tech­nol­o­gis­che.

Zweite Phase: Die Strategie übersetzen

Die zweite Phase des Strate­gieprozesses besteht darin, die strate­gis­chen Themen aufzuschreiben und mithilfe der Strat­egy-Map grafisch abzugrenzen. Mögliche Themen sind etwa Verbesserung der Produktivität oder Wachstum durch Innovation. Fertigen Sie für wichtige Strategien ruhig eigene Strat­egy-Maps an. Nun werden Sie auch konkret: Sie bestimmen die strate­gis­chen Ziele inkl. aller Messgrößen und Zielwerte sowie die dafür nötigen Initiativen und Budgets.

„Die Festlegung bestimmter Zielwerte für die strate­gis­chen Ziele ist eine Er­messensentschei­dung, ins­beson­dere wenn sie zum ersten Mal vorgenommen wird.“

Damit die Ziele Wirk­lichkeit werden können, müssen Sie festlegen, wann das überhaupt der Fall ist. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Definieren Sie, was genau Sie in den nächsten drei bis fünf Jahren erreichen wollen. Vergleichen Sie die derzeitige Lage mit Ihrer Vision, den Ist- mit dem Sollzustand. Aus den Strat­egy-Maps leiten Sie handfeste Vorgaben ab und erstellen entsprechende Balanced Scorecards – für Abteilungen oder auch, im Fall strategisch wichtiger Funktionen, für einzelne Mitarbeiter.

„Viele Unternehmen weisen darauf hin, dass es bei ihnen bereits zu viele Initiativen gibt und dass sie nicht über die Fi­nanzmit­tel oder Mitarbeiter verfügen, um noch zusätzliche Initiativen in Angriff zu nehmen. Genau dies ist der Grund, warum Unternehmen erst ihre Strategie entwickeln sollten, ehe sie Entschei­dun­gen über Initiativen treffen.“

Bei der fiktiven Consumer Bank soll beispiel­sweise eine Wertlücke zwischen Ist- und Sollzustand geschlossen werden, indem man hochwertige Kunden akquiriert und bindet, die Kun­den­beziehung besser pflegt und Produktivität und Kundentreue durch her­vor­ra­gende Leistungen erhöht. Als Kennziffern legt die Bank neben der Zahl der wertvollen Kunden auch die jährlichen Kosten und Einnahmen pro Kunde fest. Ein anderes Beispiel: Der Bürokom­mu­nika­tion­sh­er­steller Ricoh legt für das Thema Kun­den­di­enst neben einer 50%igen Verbesserung der Net­toein­nah­men als fi­nanzielles Unterziel fest, dass die Einnahmen pro Kunde um 20 % steigen sollen. Nur mit solch konkreten Vorgaben wissen Sie, wo es hingehen soll, und können den Erfolg prüfen.

„Die Themen bieten eine Struktur, durch die sich die Strategie innerhalb und außerhalb des Un­ternehmens leicht kom­mu­nizieren lässt und die bei der Entwicklung von Messgrößen, Zielwerten und Initiativen hilft, welche Leistung und Ve­r­ant­wor­tung fördern.“

Nun überlegen Sie, was Sie tun müssen, um Ihre Strategie umzusetzen. Achtung: Viele Unternehmen machen den Fehler, die ersten Initiativen schon anzustoßen, bevor die Strategie fertig aus­gear­beitet ist – am Ende haben sie dann zu viele offene Baustellen. Erledigen Sie eins nach dem anderen. Schließlich müssen Sie Ihre Ak­tion­spro­gramme ja auch finanzieren – das sollten Sie ebenfalls vorher planen. Jetzt ist es außerdem an der Zeit, Ve­r­ant­wortliche für die ver­schiede­nen strate­gis­chen Themen zu bestimmen. Denen können Sie nun auch konkrete Ziele an die Hand geben.

„Strat­egy-Maps und die Balanced Scorecard sind her­vor­ra­gende Instrumente, um einer Un­ternehmen­szen­trale zu helfen, viele Or­gan­i­sa­tion­sein­heiten an der Strategie auszurichten, um eine her­aus­ra­gende Wertschöpfung zu erzielen.“

Die Frage, wer ve­r­ant­wortlich ist, ist alles andere als gleichgültig für den Erfolg Ihrer Strategie. Natürlich gibt es in jedem Unternehmen Ve­r­ant­wortliche, die dafür sorgen, dass die Prozesse in ihrem Bereich laufen und den gewünschten Erfolg bringen. Damit aber Ihre Strategie wirklich aufgeht, sollten Sie eine eigene Fach­abteilung für den Strate­gieprozess einrichten. Machen Sie fortan das Büro für Strate­gie­m­an­age­ment dafür ve­r­ant­wortlich, die übergreifenden Strategien Ihrer Strat­egy-Map vo­ranzubrin­gen. Statten Sie sie dafür mit ausreichend fi­nanziellen Mitteln aus.

Dritte Phase: Die Or­gan­i­sa­tion ausrichten

Nun besteht ein Unternehmen bekanntlich nicht nur aus Führungskräften. Vielmehr müssen sich alle Mitarbeiter dafür einsetzen, dass ein Plan Wirk­lichkeit wird. Die Or­gan­i­sa­tion als Ganzes und die einzelnen Einheiten müssen dem gleichen Ziel zustreben. Es gibt hier ver­schiedene Herange­hensweisen: Tata aus Indien etwa gewährt Firmen der Holding weitgehend Autonomie bei deren Strategie. Ihre Strat­egy-Maps können un­ter­schiedlich aussehen. Dem stehen Unternehmen gegenüber, die ihren Filialen kaum Spielraum lassen, weil bei ihnen eine starke Marke im Vordergrund steht, die sich den Kunden bei jedem Kontakt neu einprägen soll. Die Strat­egy-Maps dürfen sich in diesem Fall nicht un­ter­schei­den. In den meisten Unternehmen gibt es aber beides: Konz­ern­strate­gien, die alle Gesellschaften befolgen, sowie Strategien für die Geschäftsbereiche. Aufgabe des Büros für Strate­gie­m­an­age­ment ist es, dafür zu sorgen, dass Linien- wie Stab­sabteilun­gen die strate­gis­chen Ziele verfolgen.

„Die Bere­itschaft, Strategien aufgrund von Fakten zu hin­ter­fra­gen und Debatten darüber zu begrüßen, ist das Marken­ze­ichen er­fol­gre­icher Führung.“

Vergessen Sie keinesfalls die einzelnen Mitarbeiter. Jedem von ihnen muss klar sein, welche Strategie für Ihr Unternehmen Vorrang hat und was das für seinen Bereich bedeutet. Dafür zu sorgen, ist Aufgabe der Vorge­set­zten. Diese müssen ihr Wissen effektiv weitergeben. Ein ehemaliger stel­lvertre­tender Geschäftsführer von Mellon Investment Manager Solutions in London blieb beim Besuch einer regionalen Filiale stets willkürlich am Schreibtisch irgendeines Mi­tar­beit­ers stehen, zog die Strat­egy-Map aus der Tasche und stellte drei Fragen: ob der Mitarbeiter wisse, was das sei, ob er es erklären könne und welche Auswirkun­gen das, was er gerade tue, auf eines oder mehrere der Ziele der Liste habe. Binnen Kurzem hatten die Mitarbeiter die Un­ternehmensstrate­gie verin­ner­licht. Die Ziele und Prämien der einzelnen Mitarbeiter müssen Sie ggf. anpassen. Das An­reizsys­tem sollte an die persönliche Leistung wie auch an die Erfolge des Geschäftsbereichs sowie des Konzerns gebunden sein.

Vierte Phase: Operative Tätigkeit planen

Die für Ihre Strategie wichtigen Prozesse müssen Sie optimieren. Ihre Strat­egy-Map hilft Ihnen, bestehende Prozesse zu verbessern und neue zu schaffen. Bei einem Bau­un­ternehmen etwa, das sein Ziel der operativen Exzellenz und Kosten­ef­fizienz zugunsten von Dif­feren­zierung und größerer Kundennähe aufgab, wurde ein neuer Prozess nötig: die enge Zusam­me­nar­beit mit den Kunden, um deren Bedürfnisse vo­rauszuse­hen.

„Strategien sind üblicher­weise drei bis fünf Jahre lang brauchbar.“

In dieser Phase des Strate­gieprozesses prog­nos­tizieren Sie auch Umsatz und Verkauf­szahlen und leiten Verkaufs- und operative Pläne ab. Kalkulieren Sie, welche Ressourcen Sie benötigen, um Ihre Kapazität rechtzeitig anpassen zu können. Aufgrund dieser Prognose planen Sie auch Ihr Budget. Aber Achtung: Verwechseln Sie Budgets nicht mit Zielen. Viele Unternehmen benutzen Budgets zur Zielvorgabe. Das ist grundfalsch: Ziele sollen her­aus­fordernd sein, während Budgets realistisch sein müssen, um die Ausgaben kalkulier­bar zu machen.

„Unternehmen können eine grundsätzliche Strategieänderung entweder regelmäßig und planvoll vornehmen oder dann, wenn dem Führungsteam bewusst wird, dass die bestehende Strategie nicht länger brauchbar und ein neuer Ansatz er­forder­lich ist.“

Bei der Überwachung der Qualität Ihrer Prozesse helfen Ihnen so genannte Dashboards, die Schlüsselindika­toren des operativen Geschäfts darstellen. Diese messen ausdrücklich die Leistung der operativen Prozesse und ermöglichen Ihren Mi­tar­beit­ern durch die zeitnahe Kontrolle, aus Erfahrungen unmittelbar zu lernen.

Fünfte Phase: Kon­trol­lieren und lernen

Behalten Sie im Auge, welche Ergebnisse Sie erzielen. Bei den operativen Be­sprechun­gen geht es um die vergangenen Leistungen und um auftretende Schwierigkeiten. Die Häufigkeit solcher Treffen hängt davon ab, wie rasch Ihnen die nötigen Daten zur Verfügung stehen. In den monatlich oder vierteljährlich stat­tfind­en­den strate­gis­chen Be­sprechun­gen prüfen Sie, wie die Umsetzung der Strategie vo­ran­schre­itet, und schlagen nötigenfalls Korrekturen vor. Trennen Sie auf jeden Fall strate­gis­che von operativen Lagebe­sprechun­gen! Sonst werden operative Schwierigkeiten Sie von strate­gis­chen Fragen abhalten.

Sechste Phase: Strategie testen und anpassen

Von Zeit zu Zeit sollten Sie zusätzlich besprechen, ob Ihre grundle­gen­den strate­gis­chen Annahmen noch gelten. Sie wissen nun, welche Teile der Strategie funk­tion­ieren und welche nicht und ob z. B. die angenomme­nen Kausalitäten tatsächlich bestehen. Falls nicht, ändern Sie Ihre Strategie – und beginnen Sie den Prozess von Neuem.

Über die Autoren

Robert S. Kaplan und David P. Norton haben gemeinsam die Balanced Scorecard erfunden und kon­tinuier­lich weit­er­en­twick­elt. Außerdem haben sie zusammen bereits mehrere Bücher verfasst: Balanced Scorecard, Strategy Maps, Die strate­giefokussierte Or­gan­i­sa­tion und Alignment.