Auf einfachere Art

Buch Auf einfachere Art

Berrett-Koehler,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Dieses grossartige Buch spricht Ihre kreative und künstlerische Seite an; die Seite, die nach neuen Wegen sucht, die Welt zu betrachten. Margaret J. Wheatley und Myron Kell­ner-Rogers stellen kraftvoll dar, wie sich das Leben struk­turi­ert und sich selbst in all seiner Vielfalt aus dem Chaos erschafft. Das beein­druck­ende Buch kann zu einem Nach­schlagew­erk auf Ihrem Schreibtisch werden. Oder legen Sie es zu Hause auf Ihren Nachttisch, damit Sie sich immer wieder inspirieren lassen können. Der lockere und in sich geschlossene Inhalt erläutert gekonnt philosophis­che und wis­senschaftliche Ansichten über die Or­gan­i­sa­tion des Lebens. Das Buch ist gefühlsbetont, ohne sich in Gefühls­duse­leien zu verlieren. BooksInShort.​com empfiehlt es allen, die auf der Suche sind nach Kreativität und einem tieferen Sinn für sich selbst und ihre Or­gan­i­sa­tion.

Take-aways

  • Im Leben geht es nicht ums überleben, sondern ums Erfinden.
  • Das Leben schafft aus Chaos und Verwirrung ganz natürlich Ordnung.
  • Das Universum verändert sich ständig und sucht Wege, sich selbst zu or­gan­isieren.
  • Wir sind Teil des Lebens­flusses und passen uns dem Wandel an, um zu überleben.
  • Auch die besten Lösungen sind vergänglich.
  • Wir alle sind Teil dieses gemeinsamen Schöpfungs- und Evo­lu­tion­sprozesses, zusammen mit den anderen Lebewesen dieses Planeten.
  • Identität steht am Anfang allen Or­gan­isierens.
  • Herum­spin­nen oder spielerischer Umgang mit Ideen unterstützt den Lernprozess, auch wenn der Verstand dies für Zeitver­schwen­dung hält.
  • Emergenz findet immer dann statt, wenn das Leben über die alten Grenzen hinaus geht und daraus Neues und Grösseres wächst.
  • Oft machen wir den Fehler, uns losgelöst von anderen zu betrachten. Das Leben ist jedoch ein gemeinsamer En­twick­lung­sprozess, der sich niemals isoliert abspielt.
 

Zusammenfassung

Das Leben strebt nach Kreativität und Ordnung

Seit Darwin seine Theorien aufstellte, glaubt die Menschheit, dass das Leben "ein Kampf ums Dasein" sei. Wir sind überzeugt, dass in unserer feind­seli­gen Welt lauter Zufälle passieren und wir um unser überleben kämpfen müssen. Diese falsche überzeugung dominiert unser Leben und hindert uns daran, furchtlos zu forschen und Neues zu schaffen. Die Wahrheit ist aber, dass Leben mit Kreativität zu tun hat, nicht nur mit überleben. Lassen Sie Darwins Theorie einmal ausser Acht: Dann erkennen Sie eine Welt, in der, unendlich kreativ und verspielt, ständig neue Beziehungen entstehen, aus denen wiederum laufend neue Dinge erschaffen werden.

„Wenn man dem Leben einfach seinen Lauf lässt, hat es eine natürliche und spontane Tendenz, sich zu struk­turi­eren. Es strebt nach Ordnung.“

Sogar die exakten Natur­wis­senschaften, die sich so sehr auf Analyse und Logik stützen, arbeiten zur Darstellung der men­schlichen Erfahrungen mit Modellen. Wis­senschaftler verbinden aktuelle Erken­nt­nisse und formen daraus neue Ideen oder Einsichten. Die Wis­senschaft kann jedoch die Welt nie so objektiv darstellen, wie sie das eigentlich möchte. Wir können versuchen, die kreativen Prozesse des Lebens zu verstehen, indem wir die zugrunde liegenden Gesetzmässigkeiten untersuchen. Wis­senschaftler haben einige Prinzipien fest­ge­hal­ten:

  • Das Universum durchläuft ständig einen Prozess des Entdeckens und Erschaffens.
  • Alles und alle sind ständiger Veränderung unterworfen.
  • Jede Lebensform legt die Regeln auf ihre Art aus, weicht dann von der Norm ab und schafft sich eigene Regeln.
„Wir gehen von der folgenden Annahme aus: Wenn wir unsere überzeu­gun­gen kennen, können wir in Bezug auf unser Verhalten bewusster handeln.“

Das Leben struk­turi­ert sich selbst auf ver­schiedene Arten:

  1. Das Leben erschafft Ordnung aus dem Chaos. Das Leben selbst hat nicht den gleichen Hang zu Ordnung und Klas­si­fizierung wie wir Menschen. Es zieht Unschärfe und komplexe Ver­net­zun­gen vor und schafft über Versuch und Irrtum eine Art Ordnung. Es forscht, versucht neue Dinge und entwickelt so ein System kreativer Vielfalt. Wir Menschen streben nach einer Vielfalt poten­zieller Beziehungen und versuchen, daraus ein System zu kon­stru­ieren, das bis an unser Lebensende hält. Dieses System gibt uns die Stabilität, die wir im ständigen Wandel brauchen.
  2. Das Leben sucht das, was praktikabel, nicht das, was "richtig" ist. Weil wir ständig im Wandel und in Bewegung sind, bleibt auch die beste Lösung vergänglich. Antworten sind nicht für immer gültig. Als Teil des Lebens­flusses passen Sie sich an Veränderungen an, um zu überleben. Das Leben macht kreative Möglichkeiten zu neuen Chancen. Solche " Chan­cen-Fen­ster" ("windows of opportunity") tauchen nicht nur ein einziges Mal auf und ver­schwinden dann für immer und ewig. Endlose Möglichkeiten stehen Ihnen offen.
  3. Die Identität ist das ordnende Prinzip des Lebens. Lebewesen wollen das Leben schützen und erhalten. Die Identität ist das Werkzeug, mit dem Menschen das Leben verstehen. Ihre Selb­st­wahrnehmung erklärt Ihnen eingehende neue In­for­ma­tio­nen über Beziehungen oder Ihr Umfeld. Das Bedürfnis, sich selbst zu definieren, ist so gross, dass es die Menschen para­dox­er­weise dazu bringt, sich zu ändern, um ihre Identität zu wahren.
  4. Alle Lebewesen erschaffen sich miteinander und gegenseitig - es gibt keine Aussen­seiter. Kein Weg ist besser als der andere. Wir sind alle aufeinander angewiesen.

Parallele Ve­r­ar­beitung

Wenn ver­schiedene Menschen ähnliche Erlebnisse haben, nennen wir das ’parallele Ve­r­ar­beitung’. Dies geschieht beim Denkprozess des Menschen genauso wie in der Natur. Das damit verbundene System fürchtet sich nicht davor, Fehler zu machen. Ganz im Gegenteil: Es betrachtet sie als Möglichkeit, weitere In­for­ma­tio­nen zu generieren und Probleme zu lösen. Das System der parallelen Ve­r­ar­beitung versucht, wirkliche Lösungen zu finden, auch wenn dazu ein un­durch­sichtiger und ver­wirren­der Zustand durchlaufen werden muss.

Herum­spin­nen

Herum­spin­nen oder der spielerische Umgang mit Ideen unterstützt Ihren Lernprozess, auch wenn Ihr Verstand Ihnen vielleicht sagt, dass dies Zeitver­schwen­dung sei. Spielerisches Denken erfordert bewusstes Denken. Beim Spielen konzen­tri­eren Sie sich und lassen sich vollständig vom Spiel absorbieren. Sie bleiben aufmerksam, offen für neue In­for­ma­tio­nen und suchen nach mehr. Passen Sie aber auf, dass Sie sich nicht nur auf das beschränken, was Sie ohnehin schon wissen. Bereits Bekanntes hält Sie in der alten Denkart gefangen, und Sie bleiben blind für neue Möglichkeiten. Fragen Sie sich immer: Was gibt es noch zu lernen? So erweitern Sie Ihr Bewusstsein - und die damit verbundene Kreativität.

Or­gan­i­sa­tion

Alles Leben sehnt sich nach Ordnung. Die Wis­senschaft hat genügend Beweise dafür, dass das Leben auf unserem Planeten nicht nach Jahrmil­lio­nen rein zufällig entstanden ist. Das Leben ist zusammen mit der Erde aus einem kreativen Urknall her­vorge­gan­gen. Ver­stein­erte Bakterien, die in zwei bis drei Millionen Jahre alten Erd­schichten gefunden wurden, existieren heute noch auf Felsen in Norwegen. Solche Prozesse haben seit der Entstehung der Erde stattge­fun­den. So sind Lebens­for­men entstanden, die für ihre Existenz aufeinander angewiesen sind.

Symbiose und Or­gan­i­sa­tion­sstruk­tur

Das Leben verbindet alles un­tere­inan­der, und zwar mit Symbiosen, dem am häufigsten vork­om­menden Phänomen in natürlichen Systemen. Das Entstehen von Nischen ist ein gutes Beispiel für diesen Prozess. In einer Welt, die sich auf miteinander verbundene Systeme verlässt, passt sich das Leben an, indem es Nischen schafft oder kleine Gruppen, die sich auf ein ganz spezielles Gebiet beschränken. Or­gan­i­sa­tion­sstruk­turen fördern eine solche Spezial­isierung und betonen die Un­ter­schiede, um daraus einen Wet­tbe­werb­svorteil zu ziehen. Und doch sind auch Nischen verbunden und symbiotisch.

Natürlich or­gan­isierte Systeme

Wir Menschen entwickeln Systeme des Zusam­men­lebens, als Individuen und in den Nischen unserer Gruppe. über unsere Beziehungen zu anderen formen wir eigenständige Einheiten, die wirkungsvoller und stabiler sind, als wir es alleine wären. Diese Or­gan­i­sa­tion schützt uns und ermöglicht uns ein relativ stabiles und friedliches Leben. Doch hier liegt das Paradoxe: Die Stabilität der Gruppe hängt von der Identität der in­di­vidu­ellen Mitglieder ab. Bewegungen und Veränderungen müssen sein, damit der Mensch lernfähig bleibt und Neues erforscht. Wenn Sie auf Veränderungen nicht reagieren, leidet die gesamte Gruppe. Dies löst vielleicht sogar einen selbstzerstörerischen Prozess aus, wenn Sie nicht schnell genug reagieren. Das Leben braucht den Wandel, um sich selbst immer wieder neu zu schaffen. Die Stabilität unseres Systems stützt diese Struktur oder dieses ökosystem, in dem Wandel möglich ist.

„Im Leben geht es ums Erfinden, nicht ums überleben.“

Betrachten Sie Ihre Or­gan­i­sa­tion­sstruk­tur nicht als Maschine oder als Einheit, die in viele kleine, abgetrennte Schubladen unterteilt ist. So trennen Sie Menschen voneinander. Die Gesellschaft hat uns so weit gebracht, dass wir den natürlichen Or­gan­i­sa­tion­sprinzip­ien des Lebens nicht mehr trauen. Wir sind unglücklich in den Or­gan­i­sa­tion­sstruk­turen, die wir selber geschaffen haben. Wir denken so logisch und werden von unserer linken Gehirnhälfte so stark dominiert, dass wir die gegen­seit­i­gen Abhängigkeiten innerhalb unserer Struktur nicht mehr erkennen.

„Niemand strebt alleine vorwärts und passt die Welt dem eigenen Selbst an, während der Rest der Welt voller Bewunderung hin­ter­her­hinkt. Wir schaffen ganz spielerisch unsere eigene Existenz, und zwar durch un­beobachtete In­ter­ak­tio­nen mit Mitspielern, denen wir begegnen.“

Sie können dies ändern, indem Sie Ihr Lebenssys­tem ändern. Hören Sie auf, alles zu struk­turi­eren und zu klas­si­fizieren. Lassen Sie den Dingen ihren Lauf. Arbeiten Sie mit dem, was Sie haben. Gehen Sie spielerisch damit um, erforschen Sie die Dinge, stellen Sie Verbindun­gen her und suchen Sie nach mehr In­for­ma­tio­nen. Lassen Sie sich davon überzeugen, dass alles zu einer ganz natürlichen Ordnung finden wird. So können Strukturen langsam und ungezwungen wachsen. Sie entstehen durch Ihre Handlungen. Stellen Sie Verbindun­gen her und lassen Sie sich durch den natürlichen Prozess der Entstehung von Mustern und Strukturen führen.

Selb­stor­gan­i­sa­tion und Selbstbezug

Selb­stor­gan­i­sa­tion ist die Fähigkeit des Lebens, sich selbst zu schaffen, ohne Einflüsse oder überwachung von aussen. Dieser Prozess beruht auf der Identität jedes Einzelnen. Das Selbst organisiert sich, um sich darzustellen. Jede Lebensform kann sich selbst re­pro­duzieren, sonst ist sie gestorben. All dem liegt die Entschei­dungs­frei­heit zugrunde.

„Wenn wir unsere Or­gan­i­sa­tio­nen in Anlehnung an die Effizienz von Maschinen gestalten, müssen wir Mengen reduzieren, Abfall eliminieren, bis auf 0 und 1 zurück­buch­sta­bieren. Eine emergente Welt braucht jedoch die Unordnung der Vielheit.“

Dieses Or­gan­isieren von stabilen Strukturen in jedem Leben basiert auf einem paradoxen Prinzip: Das Leben struk­turi­ert sich in definierten Mustern und Nischen und schafft damit früher oder später Grenzen, die eine weitere Selb­stent­fal­tung verhindern können. Dies ist die so genannte Selb­stre­f­erenz. Dieser Teufel­skreis findet sich auf allen Ebenen des Lebens. C.G. Jung sym­bol­isierte ihn als Schlange, die den eigenen Schwanz frisst. Ihre Selb­stre­f­erenz bestimmt die Art und Weise, wie Sie die Welt betrachten. Seien Sie vorsichtig: Die Selb­stre­f­erenz kann Ihre Wahrnehmung einschränken, sodass Sie nur noch sehen, was Sie sehen wollen.

„Die Bewegung des Lebens in Richtung Kohärenz ist leicht zu erkennen, wenn wir die riesigen Energien beobachten, mit denen Individuen von Systemen angezogen werden.“

Sie können sich nur ändern, wenn Sie erkennen, wer Sie in Zukunft sein werden. Wenn Sie das zukünftige Selbst mit dem jetzigen Selbst in Verbindung bringen, erzeugen Sie Veränderungen. Wis­senschaftler und spirituelle Führer auf der ganzen Welt haben diesen Prozess der Schaffung des Selbst genau beobachtet. Einer von ihnen, der weise Chuang Tzu, sagte: "Wenn es kein Anderes gibt, gibt es auch kein Selbst."

Emergenz

Im En­twick­lung­sprozess von Systemen entstehen laufend neue Möglichkeiten, bis die Systeme durch den Prozess der Evolution über ihre ursprünglichen Grenzen hin­auswach­sen. Diese Tran­szen­denz über das Selbst hinaus wird Emergenz genannt. Wenn Sie das Leben so weit erforschen, dass Sie einen Sprung in neue und aussergewöhnliche Gefilde wagen, können Sie mehr sein, als Sie sich je vorgestellt haben.

„Das Leben vollendet sich in Individuen und Systemen. In diesen grossar­ti­gen Ver­schmelzun­gen zeigt das Leben eine poetische Schöpfungskraft.“

Zum Beispiel hinterlässt eine einzelne afrikanis­che Termite kaum Spuren. In grossen Gruppen können solche Termiten jedoch ar­chitek­tonis­che Wunder vollbringen. Was aussieht wie eine un­ko­or­dinierte und chaotische Masse, ist ein System mit einer perfekten inneren Ordnung. Termiten or­gan­isieren sich ohne Führer; sie erkennen, was zu tun ist, und tun es dann, indem sie Gruppen bilden und so das ganze Projekt ko­or­dinieren und fertig stellen.

Kohärenz

Alles im Leben strebt nach Vollständigkeit, nach Kohärenz. Das Paradoxe liegt darin, dass ein Individuum Teil einer vollständigen Gesamtheit ist. Der Mensch strebt, genau wie alle anderen Lebewesen, nach Zugehörigkeit, indem er Teil eines ein­heitlichen Systems wird. Ganz gleich, welche Hindernisse sich auftürmen: Das Leben geht seinen Gang. Wir versuchen, Bakterien mit Antibiotika zu bekämpfen, was diese immer resistenter macht. Wir sprühen Pestizide auf unsere Ge­trei­de­felder, doch die Schädlinge gedeihen prächtig. Um zu verstehen, was mit uns passiert, erfinden wir Strukturen und Systeme und schaffen uns Sicherheit. Wir haben das Gefühl, dass wir unser Schicksal kon­trol­lieren können. Die Grund­prinzip­ien des Lebens deuten jedoch in eine andere Richtung. Die Welt verändert sich ganz natürlich, entwickelt sich ständig weiter und betrachtet uns als Partner in diesem kreativen und vielfältigen Prozess.

Über die Autoren

Margaret J. Wheatley besuchte die University of Rochester, das University College in London, die New York University und Harvard, wo sie in Verwaltung, Planung und Sozialpoli­tik abschloss. Sie schrieb den Bestseller Leadership and the New Science. Myron Kell­ner-Rogers und Margaret J. Wheatley führen Kell­ner-Rogers & Wheatley Inc., eine Be­ratungs­firma, sowie das Berkana Institute, eine gemeinnützige Stiftung, die sich für die Schaffung von sol­i­darischen Gemein­schaften einsetzt. Kell­ner-Rogers arbeitete als Senior Executive im Marketing, im Einzel­han­del und in der Fer­ti­gungsin­dus­trie.