Neuorientierung für Führungskräfte

Buch Neuorientierung für Führungskräfte

Berater in eigener Sache

Orell Füssli,


Rezension

Durch Fir­men­schließungen, Fusionen und Übernahmen verlieren vermehrt auch Führungskräfte ihren Job – mitunter sogar ziemlich unerwartet. Plötzlich müssen sie sich einer Tätigkeit widmen, mit der sie bis vor Kurzem nicht gerechnet hätten: der Jobsuche. Die Autoren Michael Lorenz und Uta Rohrschnei­der erläutern zu Beginn ihres Buches rechtliche und the­o­retis­che Grundlagen, die in den weiteren Kapiteln mit konkreten Hand­lungsvorschlägen an­gere­ichert werden: von der Krisenfrüherkennung über Abfind­ungsver­hand­lun­gen bis hin zur Stel­len­suche. Zahlreiche psy­chol­o­gis­che Tipps – etwa zur Eindämmung von Konflikten oder zur Anwendung von Men­tal­train­ing – ergänzen die Ausführungen. Manche Hinweise, beispiel­sweise zur Entspannung, zur gesunden Ernährung oder zum Zeit­man­age­ment, fallen eher unter die Sparte „allgemeine Lebenshilfe“ und könnten genauso gut in anderen Zusammenhängen aufgeführt werden – weshalb man sie hier auch nicht zum ersten Mal antrifft. BooksInShort empfiehlt diesen leicht lesbaren Ratgeber allen Führungskräften, in deren Unternehmen oder Sparten es kriselt – seien Sie gewappnet!

Take-aways

  • Auch Führungskräfte sind vor einer Kündigung nicht mehr sicher.
  • Achten Sie auf frühzeitige Signale, die auf Veränderungen in Ihrem Unternehmen hindeuten.
  • Fühlen Sie sich nicht als Opfer, sondern gehen Sie mit Veränderungen konstruktiv um.
  • Lassen Sie sich bei Abfind­ungsver­hand­lun­gen nicht unter Druck setzen und akzeptieren Sie keine schnellen Lösungen.
  • Un­ter­schei­den Sie zwischen der Sache, der Person und der Rolle Ihres Ver­hand­lungspart­ners.
  • Beanspruchen Sie einen Fachanwalt, Coach oder Mediator als pro­fes­sionelle Hilfe.
  • Betreiben Sie Selb­st­mar­ket­ing: Machen Sie Ihre besonderen Fähigkeiten bekannt, nutzen Sie Netzwerke und Messen und denken Sie an frühere Kontakte.
  • Wenn Sie wollen, dass ein Headhunter für Sie persönlich aktiv eine Stelle sucht, müssen Sie ihn bezahlen.
  • Nutzen Sie die Out­place­ment-Be­ratung, wenn sie Ihnen angeboten wird.
  • Analysieren Sie Ihre Ar­beits­marktfähigkeit und bügeln Sie Schwach­stellen durch Weit­er­bil­dung aus.
 

Zusammenfassung

Gefährliche Um­struk­turierun­gen

Achten Sie auf Signale, die auf Um­struk­turierun­gen in Ihrem Unternehmen hindeuten, und reagieren Sie so frühzeitig wie möglich darauf. Prüfen Sie, ob von den möglichen Veränderungen auch Ihre Abteilung betroffen sein könnte. Im Vorteil sind Sie, wenn Sie aufgrund Ihres Wissens und Ihrer Fähigkeiten vielseitig einsetzbar sind. Überlegen Sie, ob Sie nach dem Gesetz unter Schutz stehen, beispiel­sweise als Schwer­be­hin­derter, Elternteil, Mitglied eines be­trieb­sver­fas­sungsrechtlichen Organs oder auch als spezieller Know-how-Träger. Vorsicht: Unter kündi­gungsrechtlichen Gesicht­spunk­ten kann sich eine Beförderung als Fallstrick entpuppen. Denn als Geschäftsführer oder als Vorstand einer Ak­tienge­sellschaft verlieren Sie zahlreiche Ar­beit­nehmer­rechte. Seien Sie ebenfalls wachsam, wenn Ihnen plötzlich ein Headhunter eine neue Position anbietet – Ihr eigenes Unternehmen könnte dahin­ter­stecken, weil es Sie loswerden will. Wenn Sie neu in ein Unternehmen eintreten, vereinbaren Sie möglichst verlängerte Kündi­gungs­fris­ten, da Sie sonst während der Probezeit binnen vier Wochen entlassen werden können.

Machen Sie das Beste aus Ihrer Situation

Eine berufliche Veränderung beeinflusst nicht nur Ihre finanzielle, sondern auch Ihre familiäre und persönliche Situation. Listen Sie Ihre fi­nanziellen Verpflich­tun­gen und Ihre Ressourcen auf, damit Sie sich über Ihre fi­nanziellen Verhältnisse klar werden. Besprechen Sie Ihre neue Situation so früh wie möglich mit Ihrer Familie. Wahrschein­lich ändert sich die Rollen- und Auf­gaben­verteilung, weil Sie häufiger zu Hause sind. Auch wenn es schwerfällt: Schlüpfen Sie nicht in die Opferrolle, das bringt Sie keinen Meter weiter. Sehen Sie die Veränderung als Chance zu einem kon­struk­tiven Neubeginn. Setzen Sie sich lohnende Ziele und füllen Sie Ihre weniger ar­beitsin­ten­sive Zeit mit An­gele­gen­heiten, zu denen Sie vorher nicht gekommen sind.

Ver­hand­lungstipps

Bei Ver­hand­lun­gen müssen Sie die wirtschaftlichen und ju­ris­tis­chen Rah­menbe­din­gun­gen berücksichtigen. Analysieren Sie sowohl die Situation des Un­ternehmens – um die Strategien und Ver­hand­lungsziele Ihres Ar­beit­ge­bers abschätzen zu können –, als auch Ihre eigene Lage: Wie stehen aufgrund Ihres Alters und Ihrer Fähigkeiten die Chancen auf dem Ar­beits­markt? Sind Sie mobil oder wegen Ihrer Fam­i­lien­verhältnisse orts­ge­bun­den? Bestimmen Sie mithilfe dieser Grundlagen Ihre Ziele und Forderungen. Definieren Sie Max­i­malziele und Min­destanforderun­gen und ordnen Sie diese nach Priorität. Entwickeln Sie auch alternative Lösungsmöglichkeiten. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Bestehen Sie bei Lösungsvorschlägen auf Bedenkzeit, sodass Sie sie auch mit Beratern oder Ihrem Anwalt besprechen können. Verdeut­lichen Sie Ihre Ziele gegenüber Ihren pro­fes­sionellen Beratern, damit diese sich nicht nur auf die Höhe der Abfind­ungszahlung fokussieren – denn danach richtet sich das Honorar des Anwalts, wenn Sie nicht ein Zeit- oder Pauschal­hono­rar ausgemacht haben.

„Berufliche Veränderungen sind heute Alltag.“

Prinzipiell gibt es bei Ver­hand­lun­gen zwei Herange­hensweisen: Sie streben eine ein­vernehm­liche Lösung an oder Sie suchen die Kon­fronta­tion, um Ihre eigenen Interessen möglichst umfassend durchzuset­zen. Gerade wenn Sie härter verhandeln, ist es sinnvoll, Sach­prob­leme, Rollen und Personen zu un­ter­schei­den. Es kann sein, dass Ihr Ver­hand­lungspart­ner nicht unbedingt seine eigenen Position, sondern die des Un­ternehmens vertritt. Seien Sie sich auch bewusst, dass er Ihnen womöglich in einer anderen Rolle gegenübersitzt als zu der Zeit, als Sie noch Kollegen waren. Sehen Sie nicht nur die ver­meintlich starren Positionen des Ver­hand­lungspart­ners, sondern auch die dahin­ter­ste­hen­den Interessen; vielleicht kommen Sie auf dieser Ebene zu einer Übereinkunft. Betonen Sie Gemein­samkeiten in den Interessen und helfen Sie Ihrem Ver­hand­lungspart­ner, aus seiner Sicht gute Argumente für Ihre Ziele zu finden.

„Gerade Führungskräfte gelangen in ihrer Laufbahn in Phasen, wo Kon­stel­la­tio­nen nicht bee­in­fluss­bar sind und die Situation ohne Chancen auf Besserung ist.“

Fahren sich die Ver­hand­lun­gen fest, ist der Weg zu einem Fachanwalt oft un­ver­mei­dlich. Eine Chance, diesen zu umgehen, besteht noch darin, zunächst in Neben­punk­ten eine Einigung zu erzielen, um über diesen Umweg zum Hauptthema zurückzukehren. Artet die Verhandlung in einen Konflikt aus, muss dieser zuerst bereinigt werden, damit die sachliche Ar­gu­men­ta­tion nicht von emotionalen Reaktionen überlagert wird. Rekon­stru­ieren Sie, an welcher Stelle sich der Konflikt entfacht hat. Auch ein externer Moderator oder Mediator kann helfen, Es­kala­tio­nen zu vermeiden. Doku­men­tieren Sie alle Ergebnisse, zu denen Sie gelangt sind, schriftlich.

Betreiben Sie Selb­st­mar­ket­ing

Wenn es darum geht, eine neue Stelle zu finden, müssen Sie Ihre Fähigkeiten bekannt machen. Analysieren Sie, welche Ihrer Leistungs- und Persönlichkeitsmerk­male auf dem Ar­beits­markt besonders gefragt sind und wodurch Sie sich am meisten von Mit­be­wer­bern abheben. Greifen Sie beim Selb­st­mar­ket­ing auf Ihr Netzwerk zurück. Nehmen Sie nicht nur Kontakt zu Ihren ehemaligen Mi­tar­beit­ern und Vorge­set­zten auf, sondern auch zu früheren Kunden und Partnern. Suchen Sie aktiv das Gespräch auf Messen und Ve­r­anstal­tun­gen, bei Vorträgen und Workshops und tauschen Sie Vis­itenkarten aus. Bringen Sie sich bei in­ter­es­san­ten Kontakten etwa 14 Tage später nochmals in Erinnerung. Über Netzwerke finden Sie neben personellen Kontakten auch wertvolle In­for­ma­tio­nen über Branchen und Unternehmen. Denken Sie über Ihr eigenes Netzwerk hinaus auch an das Ihrer bereits bestehenden Kontakte. Halten Sie sich unbedingt an die Regel des Ausgleichs zwischen Geben und Nehmen.

„In einer Tren­nungssi­t­u­a­tion wird schnell deutlich, dass Sie sich über Ihre Stellung im Unternehmen Klarheit verschaffen müssen.“

Wenn Sie zu Per­son­al­ber­atern oder Headhuntern Verbindung aufnehmen, müssen Sie meist Geduld mitbringen. Diese Di­en­stleis­ter fühlen sich in der Regel den Unternehmen verpflichtet, für die sie vermitteln – es sei denn, Sie beauftragen sie unmittelbar und damit kostenpflichtig, für Sie eine Stelle zu suchen. Auch für eigene Stel­lenge­suche, die Sie im Internet, in regionalen oder überre­gionalen Zeitungen oder in Fachzeitschriften platzieren, benötigen Sie heutzutage Geduld.

Out­place­ment

Unternehmen können scheidenden Mi­tar­beit­ern eine Out­place­ment-Be­ratung anbieten, um Rest­laufzeiten zu verkürzen und um die Mitarbeiter in ihrer weiteren Karriere zu unterstützen. Die Out­place­ment-Be­ratung wird meist von Fachkräften durchgeführt, die eigens für diesen Zweck ausgebildet wurden. Sie arbeiten auf mehreren Ebenen: Neben psy­chol­o­gis­cher Betreuung, die negative Emotionen abfedern und das Selb­st­wert­gefühl festigen soll, geht es um die in­di­vidu­elle Entwicklung von Per­spek­tiven und Strategien, die Begleitung bei der Jobsuche und die Einar­beitung im neuen Unternehmen. Entlässt eine Firma mehrere Führungskräfte, so bietet sie mitunter eine Grup­pen­ber­atung an, die jedoch auch in­di­vidu­elle Unterstützung beinhaltet. Besser ist zweifellos die komplett auf Sie zugeschnit­tene Beratung. Davon gibt es zwei Unterformen: zum einen die nach mehreren Phasen der Unterstützung zeitlich begrenzte Beratung, zum anderen die unbegrenzte, die Sie bis zum neuen Ar­beit­splatz begleitet – und darüber hinaus, sofern Sie die Probezeit nicht bestehen.

Gehen Sie konstruktiv mit Misserfolg um

Wundern Sie sich nicht, wenn es mit der neuen Stellung nicht so recht klappen will – das ist angesichts der anges­pan­nten Wirtschaft­slage nicht ungewöhnlich. Nehmen Sie eine Ablehnung Ihrer Bewerbung nicht persönlich. Sie bedeutet nur, dass sich der Per­son­alleiter für einen anderen entschieden hat, den er entweder für besser hält oder der besser zum Unternehmen passt. Lernen Sie für Ihre weiteren Bewerbungen dazu, indem Sie den Per­son­alver­ant­wortlichen nach seinen Ablehnungsgründen fragen.

Managen Sie sich selbst

Finden Sie Ihr eigenes Kom­pe­ten­zpro­fil anhand von Tabellen, in die Sie Ihre persönlichen, fachlichen und überfach­lichen Fähigkeiten sowie deren Ausprägung eintragen. Bitten Sie auch Freunde und Verwandte um eine Einschätzung Ihrer Fähigkeiten und vergleichen Sie dieses Fremdbild mit Ihrem eigenen. Stellen Sie die Kom­pe­ten­zan­forderun­gen von Unternehmen Ihrem Profil gegenüber. Bedenken Sie, dass Qualitäten, für die Sie bisher gelobt wurden, in einem anderen Unternehmen eine un­ter­ge­ord­nete Rolle spielen könnten und dass stattdessen vielleicht andere Kompetenzen gefragt sind. Verfügen Sie über eine allgemeine Ar­beits­marktfähigkeit? Diese so genannte Em­ploy­a­bil­ity umfasst vor allem überfach­liche Qualitäten wie Selb­stre­flex­ion, Eigen­ver­ant­wor­tung, Be­last­barkeit, Flexibilität, Konflikt- und Kom­mu­nika­tionsfähigkeit sowie die selbstständige Weit­er­en­twick­lung Ihrer Kompetenzen. Falls Sie im Vergleich mit häufig erwünschten Kompetenzen in Ihrem eigenen Profil Lücken entdecken, füllen Sie diese durch ziel­gerichtetes Training mithilfe eines Coachs oder durch Weit­er­bil­dung.

„Stre­it­igkeiten bewirken oft eine Verzögerung des Neubeginns, auch weil Sie Ihre Kräfte immer wieder in die Ver­hand­lun­gen mit Ihrem bisherigen Arbeitgeber investieren müssen, anstatt sie auf Ihre Zukunft zu konzen­tri­eren.“

Oft ist es hilfreich, neue Pfade zu beschreiten: Denken Sie branchenübergreifend. Vielleicht können Sie Ihre Qualitäten in einem anderen Bereich einsetzen und als Branchen­fremder sogar neue und kreative Impulse geben. Wenn Sie über eine gute Geschäftsidee, genügend Fachwissen und ein Fi­nanzierungskonzept verfügen, können Sie auch den Aufbruch in die Selbstständigkeit erwägen.

„Em­ploy­a­bil­ity ist die Fähigkeit jedes Einzelnen, auch unter sich ändernden Gegeben­heiten seine fachlichen, persönlichen und sozialen Kompetenzen eigen­ver­ant­wortlich und ziel­gerichtet weit­erzuen­twick­eln und zu nutzen.“

Unterstützen Sie Ihre Aktivitäten mental. Gehen Sie Be­wer­bungs­ge­spräche immer wieder in der Vorstellung durch. Prüfen Sie Ihren Veränderungswun­sch, indem Sie sich die folgenden vier Aspekte vergegenwärtigen:

  1. Ziele und Visionen: Malen Sie sich deren positive Facetten detailliert aus.
  2. Lei­dens­druck: Indem Sie re­flek­tieren, wie stark Sie unter Ihrem derzeitigen Zustand leiden, können Sie abschätzen, ob sich eine Veränderung lohnt.
  3. Erste Schritte: Konzipieren Sie die ersten Schritte, die Sie zu einer Veränderung führen.
  4. Nachteile: Nehmen Sie in Ihre Bilanz auch die Kosten und weniger er­freulichen Kon­se­quen­zen Ihrer anvisierten Veränderung auf, z. B. einen Ortswechsel.

Der Neustart

Haben Sie es geschafft und sind in einem neuen Unternehmen gestartet, werden Sie in den ersten Wochen kaum um die gegen­seit­ige Beobach­tungsphase herumkommen. Studieren Sie die internen Regeln und Rituale Ihrer neuen Arbeitsstätte. Als Führungskraft sollten Sie allerdings nicht zu zurückhaltend sein. Kom­mu­nizieren Sie mit Ihren Mi­tar­beit­ern und Vorge­set­zten, werten Sie aber nicht vorschnell. Würdigen und nutzen Sie die langjährige Erfahrung Ihrer neuen Mitarbeiter. Sicher bringen Sie selbst zahlreiche neue Ideen mit. Halten Sie diese schriftlich fest, aber kon­fron­tieren Sie Ihre Mitarbeiter nicht zu früh damit. Klären Sie mit Ihrem Vorge­set­zten ab, welche Ziele, Entschei­dungss­pan­nen und In­for­ma­tion­spflichten Sie haben und woran Ihr Erfolg gemessen wird.

„Je ehrgeiziger Ihre Ziele sind, desto mehr müssen Sie innerlich akzeptieren, dass zur Ziel­er­re­ichung enorme Anstren­gun­gen notwendig sind.“

Ziehen Sie nach drei Monaten Bilanz: Überschauen Sie Ihre positiven und negativen Erfahrungen. Inwieweit haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? Auf der Sollseite Ihrer Bilanz erkennen Sie Verbesserungs­be­darf – auf dass Sie im neuen Unternehmen zu einer festen Größe werden.

Über die Autoren

Michael Lorenz arbeitet als Berater, Trainer und Coach in der Man­age­ment­ber­atungs­firma grow.​up in Gummersbach. Außerdem ist er Lehrbeauf­tragter für Man­age­men­taus­bil­dung an der Stein­beis-Hochschule in Berlin. Uta Rohrschnei­der ist Geschäftsführerin der Be­ratungs­firma grow.​up.