Wachstum ohne Grenzen

Buch Wachstum ohne Grenzen

Globaler Wohlstand durch nachhaltiges Wirtschaften

Springer,


Rezension

Es ist relativ einfach, vom gemütlichen Sessel aus, umgeben mit allem Komfort, das Wirtschaftswach­s­tum zu verteufeln. Dabei brauchen wir ein globales Wachstum nicht, um diesen Planeten zu ruinieren, sondern im Gegenteil um künftigen Gen­er­a­tio­nen all das an die Hand zu geben, was sie für nach­haltiges Wirtschaften brauchen. Die Autoren analysieren den Zusam­men­hang zwischen Pro-Kopf-Wirtschaft­sleis­tung und gesellschaftlichen Rah­menbe­din­gun­gen. Sie belegen mit handfesten Argumenten, dass es diesem Planeten weit besser geht, wenn wir wirtschaftliches Wachstum zulassen, weil es nahezu alle Lebensumstände positiv beeinflusst. Trotz der Komplexität des Themas ist das Buch leicht verständlich geschrieben. Zahlreiche Tabellen ve­r­an­schaulichen, was im Text ausführlich erklärt wird. Das Buch ist eine gelungene Antwort auf alle pes­simistis­chen Zukun­ftsvi­sio­nen, ohne dass es kritiklos jegliches Wachstum gutheisst. BooksInShort empfiehlt dieses Buch jedem, dem die Zukunft der Menschen und dieser Erde am Herzen liegt. Für alle aber, die in die Wirtschaft involviert sind, ob Unternehmer, Wis­senschaftler oder Politiker, ist das Buch ein absolutes Muss!

Take-aways

  • Es gibt keinen Grund, nicht zu wachsen.
  • Wenn Brut­toin­land­spro­dukt (BIP) und Pro-Kopf-Wirtschaft­sleis­tung (SBIP) zunehmen, ist der Staat gesund.
  • Nur ein hohes SBIP gewährleistet auch eine hohe Leben­squalität.
  • Eine globale Governance muss dafür sorgen, dass arme Länder über den Wach­s­tums­buckel von 2130 $ hin­wegkom­men.
  • Niemand kann heute wirklich sicher sagen, was in 200 Jahren knapp sein wird
  • Erst der Wohlstand ermöglicht es uns, uns um andere Geschöpfe Gedanken zu machen.
  • Wir sind abhängig von einem steigenden Wirtschaftswach­s­tum.
  • Nahrung, Rohstoffe, Energie: wir haben alles im Überfluss, aber nichts ist gerecht verteilt.
  • Steigender Wohlstand belastet die Erde nur anfangs, um sie dann später zu schützen.
  • Reiche Länder sind durchaus bereit, ärmere zu unterstützen, damit jeder so leben kann, wie er es sich vorstellt.
 

Zusammenfassung

Volle Kraft voraus

Was passiert, wenn die Wirtschaft, statt zu wachsen, eine Voll­brem­sung macht? Die Arbeitsplätze werden knapp, die Gewalt­bere­itschaft nimmt zu, die Kluft zwischen Arm und Reich wird noch grösser. Gibt es einen Grund, nicht zu wachsen? Nein, es gibt genügend Rohstoffe, genügend land­wirtschaftliche Flächen, genügend Al­ter­na­tiven für fossile Energieträger. Und berechtigte Hoffnung, dass die Menschen inzwischen auch genügend Intelligenz entwickelt haben, die Umwelt zu schonen und Probleme unter globalen Aspekten zu lösen. Wie gut geht es uns? Das Brut­toin­land­spro­dukt (BIP) hat zwischen 1995 und 2000 global um etwa 20 % zugenommen, die Pro-Kopf-Wirtschaft­sleis­tung (SBIP) real um etwa 2,4 %. Die ve­r­ar­bei­t­ende Industrie/Bauin­dus­trie/Gewerbe/En­ergieerzeu­gung waren am BIP-Wach­s­tum mit 50 % beteiligt, Land­wirtschaft/Forstwirtschaft/Fischerei/Bergbau sowie Di­en­stleis­tun­gen/Handel teilten sich den Rest. Die wirtschaftliche Wet­tbe­werbsfähigkeit ist der Gradmesser für den Wohlstand der einzelnen Staaten. Schauen Sie sich die Ar­beit­slosen­zahlen eines Staates an, dann wissen Sie, wie gut es ihm geht. In China nimmt die Masse­nar­beit­slosigkeit zu, in den USA ist die Vollbeschäftigung praktisch erreicht. Wir haben noch nie so viel Energie und Nahrung verbraucht und so viel Bildung, Kom­mu­nika­tion, Verkehr und Un­ter­hal­tung beansprucht wie heute. Also leben die Menschen besser denn je? Ein Sechstel der Weltbevölkerung ja; der Rest aber, also 80 %, teilt sich, was übrig bleibt, und das sind 14 % aller Waren- und Di­en­stleis­tun­gen. Es war noch nie so ungerecht wie heute. Die meisten Menschen nehmen am globalen Wohlstand nicht teil. Neue Wach­s­tumsmod­elle müssen also auch für die Armen und die Umwelt einen Wert haben.

Der Stärkere überlebt

Und weil wir möchten, dass auch künftige Gen­er­a­tio­nen überleben, muss unser Wohlstand wachsen. Je höher der SBIP, umso höher die Lebenser­wartung und die Leben­squalität. Und umso geringer das Bevölkerungswach­s­tum. Qualität vor Quantität, könnte man folgern. Allerdings geht die altersmässige Zusam­menset­zung der Bevölkerung mit steigendem SBIP auch Richtung Überalterung. Sind rückläufige Geburten­zahlen eine Gefahr für den Staat? Sie sind in jedem Fall ein Schreck­ge­spenst für die Al­tersver­sorgung. Wie sieht die Lösung aus? Das BIP muss ganz gewaltig steigen, kleine, reiche Länder (Schweiz, Singapore, Luxemburg) machen es ja schon vor. Wer sahnt ab? Momentan die reichen Länder. Hohe Löhne und dadurch ein hohes Steuer­aufkom­men führen zu steigendem Wohlstand. Niedriglohnländer haben ein Problem. Die Weltwirtschaft ist also instabil. Was braucht die Zukunft? Eine wachsende Wirtschaft. Ohne Schutz von Klima und Umwelt wird daraus allerdings ein Problem.

„Die Wirtschaft­sleis­tung hat in allen Ländern entschei­den­den Einfluss auf alle Lebens­be­din­gun­gen.“

Wirtschaftlich und welt­poli­tisch haben die USA die Nase vorne. Wie kann Europa mithalten? Indem es an einem Strang zieht. Deutschland, Frankreich und Gross­bri­tan­nien bleiben innerhalb der EU zwar die wirtschaftlichen Anführer, Irland und Spanien aber holen gewaltig auf und auch Italien hat zugelegt. Wo ist es kritisch? In Japan, dessen wirtschaftliche Aussichten noch im Nebel liegen, auch wenn sein BIP mit 40 000 $ zu den höchsten der Welt zählt. Zu den absolut Armen zählen Länder wie Albanien, Bangladesch, Nepal, Haiti, China, Indien und die meisten afrikanis­chen Staaten. Wie definiert sich hier die Aufgabe einer globalen Governance? Das SBIP dieser Länder auf das 2,5- bis 5fache hochpuschen, irgendwann müssen sie über den gefährlichen Wach­s­tums­buckel von 2130 $ hin­wegkom­men. Das geht nicht von heute auf morgen, aber es ist machbar. Und es sind die men­schlichen Fähigkeiten, die es ermöglichen, nicht materielle oder en­er­getis­che Ressourcen.

Wachsen oder wuchern?

Ob Organismus oder wirtschaftliches System, jedes Wachstum braucht bestimmte Umweltbe­din­gun­gen, sonst wird es ungesund. Wann macht es uns Angst? Wenn es exzessiv wird, wenn es wuchert. Und wenn es die Welt verändert. Aber genau das macht es immer! Kohlen­dioxid hat um 60 ppm (parts per million) in der Atmosphäre zugenommen. Das erschreckt uns. Verglichen mit dem Zustand vor 100 Millionen Jahren hat es aber um 650 ppm abgenommen. Wir messen mit men­schlichen Zeitmassstäben, das ist das Problem. Und viele düstere Prognosen waren falsch: Weder die Atmosphäre noch die Gewässer wurden vergiftet, lokale Schad­stof­fkonzen­tra­tio­nen sinken, ebenso die Zahl der Unfallopfer, Erdölvorräte und Gashydrate sind genügend vorhanden und die Lebenser­wartung steigt. Was wird in 200 Jahren knapp sein? Unsere Re­ich­weit­en­rech­nun­gen führen uns jedenfalls leicht in die Irre.

„Die Bevölkerungszahl und ihre weitere Zunahme ist das eigentliche Wach­s­tum­sprob­lem.“

Welchem Gesetz unterliegt das Wachstum? Überall in der Natur, bei Unternehmen, bei der Bevölkerungszahl geht es zuerst langsam bergauf, dann immer rascher und dann wieder langsamer einem Endwert entgegen. Wo haben wir ein Wach­s­tum­sprob­lem? Allein bei der Zunahme der Weltbevölkerung. Grenzen setzen Nahrungsange­bot, Klima, Konkur­renten, Krankheit­ser­reger. Und zunehmender Wohlstand. Wenn das verfügbare Einkommen vergrössert wird, sinkt der Geburtenüberschuss. Warum also nicht wachsen? Warum das Angebot der Natur nicht nutzen? Nur wer im Wohlstand lebt, denkt an andere und an Nach­haltigkeit. Ausserdem haben wir ja unsere Wis­senschaft. Sie versorgt uns mit allem, was wir brauchen, nachhaltig und im Überfluss. Wir sollen unseren Planeten nicht ausbeuten, wir brauchen aber auch nicht in lähmender Angst zu leben. Wir werden es schon schaffen, künftigen Gen­er­a­tio­nen nicht nur ein Chaos zu hin­ter­lassen. Und Tatsache ist, dass heute die Staaten am meisten leiden, die nicht wachsen.

Was macht uns glücklich?

Ein hohes SBIP. Aber das geben Sie ungern zu, nicht wahr? Dabei spricht man sofort von Rezession, wenn das BIP nicht kon­tinuier­lich klettert. Ist es unmoralisch, Wirtschaftswach­s­tum zu wünschen? Und wer warnt eigentlich vor Wachstum? Die Beamten, weil sie glauben, davon nicht abhängig zu sein. Erinnern Sie sie mal daran, worauf ihre Pensionen beruhen ... Was, glauben Sie, bringt uns eine steigende Wirtschaft­sleis­tung?

  • Weniger Anal­pha­beten und dafür mehr Telefone, mehr PCs und Internetzugänge, mehr Fernse­hap­pa­rate, mehr Handys, mehr Zeitungen und mehr Fahrzeuge.
  • Eine veränderte Erwerbstätigkeit: Über 80 % der Bevölkerung sind bei hohem SBIP in der Di­en­stleis­tung tätig, nur 5 % in der Land­wirtschaft und nur 15 % in der Industrie.
  • Mehr En­ergie­ver­brauch. Aber die Bere­itschaft zu gewalttätigen Au­seinan­der­set­zun­gen nimmt ab. Wo 10 000 $ pro Kopf und Jahr erreicht werden, können wir friedlich leben.
  • Glücklichere Menschen. 32 % der Oberschicht, aber nur 19 % der Un­ter­schicht fühlen sich rundum wohl.
  • Die technische Evolution. Welcher Kulturschub uns bevorsteht, steht noch in den Sternen.

Wir haben von allem genug

Es ist nur leider nicht gleichmässig verteilt. Alle Menschen sollten das gleiche SBIP haben. Aber viele haben nicht genug zu essen. Daran ist nicht die Überbevölkerung schuld, sondern die Politik. Sie möchten, dass reiche Staaten Nahrungsmit­tel in arme Länder exportieren? So funk­tion­iert Ernährungspoli­tik nicht. Hilfe zur Selbsthilfe ist nach wie vor die beste Lösung. Und or­gan­isatorisch-lo­gis­tis­cher Wille. Dann braucht niemand auf der Welt zu hungern. Die Wis­senschaft zeigt uns immer wieder neue Wege, um die Erträge zu steigern.

„Die mit Abstand wichtigste Folge steigender Wirtschaft­sleis­tung ist der Rückgang des Bevölkerungswach­s­tums.“

Haben Sie Angst, dass die Rohstoffe sich erschöpfen? Auf der Erde geht nichts verloren, für alles gibt es entweder Kreisläufe, die die Rohstoffe immer wieder verwendbar machen, oder es gibt einen brauchbaren Ersatz. Ausserdem ist der Vorrat un­vorstell­bar gross. Und dort, wo der Vorrat kleiner wird, entdeckt die menschliche Erfind­ungskraft eine Alternative – oder neue Rohstof­fvorkom­men. Wenn die Grenzen des Wachstums erreicht wären, hätten wir Metalle wie Gold und Silber schon gar nicht mehr. In Wirk­lichkeit gibt es ein Überangebot davon! Und dann wären da ja auch noch die nachwach­senden Rohstoffe (NWR): 300 Mrd. Tonnen Biomasse produziert die Natur jährlich. Wir nutzen davon winzige 6 Mrd. Tonnen. Warum weichen wir nicht längst auf NWR aus? Weil Erdöl so billig ist.

„Wachstum verlagert sich von der Menge auf die Qualität.“

Ohne Energie läuft nichts. Im Jahr 2050 werden wir möglicher­weise dreimal so viel davon verbrauchen wie heute. Wir brauchen eine globale En­ergie-Gov­er­nance. Welches sind die wet­tbe­werbsfähigen Al­ter­na­tiven zu kon­ven­tionellen Energien? Energie- und Geopolitik müssen Hand in Hand arbeiten. Und weil in den Regionen um das Kaspische Meer die grössten Erdölvorräte schlummern, muss dort das Pro-Kopf-BIP steigen, denn nur das sichert den Frieden. Sie träumen von erneuer­barer Energie aus Wasser, Wind, Biomasse und anderen nachwach­senden Rohstoffen? Noch ist sie gegenüber fossiler Energie zu teuer, aber die EU, USA und Japan fördern ihre Herstellung. In 50 Jahren werden 6 % aller Erwerbstätigen mit der En­ergiegewin­nung beschäftigt sein. Warum sparen Sie Energie? Weil Energie künftig wohl mehr kosten wird. Nicht, weil es zu wenig davon gibt.

Wachstum heisst Ausdehnung

Und wohin, bitte schön? Es gibt genug Platz auf diesem Planeten. Die Land­wirtschaftsfläche könnte um das Dreifache ausgedehnt werden. Muss sie aber nicht, weil die Hektar-Erträge ansteigen. Die Verkehrsfläche dagegen muss wachsen, weil wir mit zunehmender Wirtschaft­sleis­tung mobiler werden. Das erhöht zwar die lokale Umwelt­be­las­tung, aber eben dank steigender Wirtschaft­sleis­tung werden wir auch in der Lage sein, Wasser und Luft sauber zu halten und den Müll umwelt­gerecht zu entsorgen. Wenn das globale BIP steigt, verändert sich die Atmosphäre. Warum? Weil FCKW, CO2 und Methan ihr gewaltig zusetzen. Er­freulicher­weise aber haben wir bereits angefangen, diese Gase zu reduzieren. Wann werden wir kein CO2 mehr freisetzen? Wenn wir Tech­nolo­gien sichergestellt haben, die uns mit Energie aus nach­halti­gen Quellen beliefert.

Die In­dus­tri­al­isierung ist schuld

Weil sie gle­ichzuset­zen ist mit der Erhöhung des Brut­toin­land­spro­duk­tes pro Kopf und Jahr auf ein Mehrfaches. Möchten Sie so leben wie die Amish-Peo­ple? Zweifellos machen die In­dus­trien­atio­nen viele Fehler, und es gibt eine Menge Verbesserungsmöglichkeiten. Aber wir haben mehr Fortschritt, mehr Frieden, mehr Freiheit. Und Wettbewerb an jeder Ecke. Es gibt Arme und Reiche – aber vorher gab es v. a. Arme – und wenn wir neue Arbeitsplätze schaffen wollen, dann brauchen wir neue Produkte und Di­en­stleis­tun­gen. Wachstum ist notwendig, sonst kann das SBIP nicht steigen. Aber Wohlstand macht nicht nur glücklich, er verbessert auch das Leben auf diesem Planeten. Nur wo kein Wohlstand herrscht, explodiert das Bevölkerungswach­s­tum. Und das ist unser grösstes Problem, nicht Energie und materielle Ressourcen. Wie bekommen wir all das in den Griff? Mit steigendem SBIP!

„Mit aus­re­ichen­dem Einkommen der Bevölkerungs­grup­pen und mit De­visenein­nah­men aus wirtschaftlicher Tätigkeit kann auch das Problem der Bezahlung von global vorhandenen Nahrungsmit­teln gelöst werden.“

Wohlstand heisst auch, Raum für andere Arten zu lassen und diese zu schützen, denn wir haben erkannt, dass es wichtig ist, den Genpool zu erhalten. Wir haben auch erkannt, wie wichtig der Erhalt ethischer Werte ist. Wann sind Sie am ehesten geneigt, mit anderen zu teilen? Wenn Sie viel besitzen. Was würde aus den armen Ländern ohne die Hilfe der reichen? Die Erweiterung der EU beweist, dass reiche Länder bereit sind, die ärmeren zu unterstützen. Jeder soll nach seinen Vorstel­lun­gen leben können. Erst das SBIP hat die ethische Revolution in Gang gesetzt. Und dadurch un­ter­schei­den wir uns von anderen bi­ol­o­gis­chen Arten: Wir sorgen uns um Mensch und Natur und wir gehen nicht auf jeden Fremden mit gefletschten Zähnen los. Wir begegnen ihm freundlich. Wir brauchen ihn. Schliesslich betreiben wir Mark­twirtschaft.

Über die Autoren

Erich Becker-Boost ist freier Berater für Wet­tbe­werb­s­analyse und Pri­vatisierung. Er war in leitender Tätigkeit für Unternehmen des Anlagebaus, des Bergbaus, der Chemie und des Umweltschutzbere­iches tätig, bevor er für in­ter­na­tionale En­twick­lungs- und Fi­nanzierung­sor­gan­i­sa­tio­nen arbeitete. Ernst Fiala ist derzeit als Hon­o­rarpro­fes­sor an der TU Wien tätig. Er ist zudem Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG. Beide sind Mitglieder des Club of Rome.