StÀrken ausbauen, SchwÀchen vermeiden
Jeder Mensch hat StĂ€rken und SchwĂ€chen. Wer beruflich erfolgreich sein will, glaubten bislang viele Psychologen, Firmenchefs und Angestellte, mĂŒsse seine SchwĂ€chen ausmerzen. Das ist falsch. Nur wer vor allem seine StĂ€rken im Job nutzt, bringen SpitzenÂleisÂtunÂgen. Finden Sie heraus, wo Ihre StĂ€rken liegen, und spielen Sie sie so oft wie möglich aus.
Mythen aufdecken
Menschen stehen sich oft selbst im Weg. Nicht der Chef oder das miese BeÂtriebÂsklima machen den Job unertrĂ€glich, sondern das, was in ihren Köpfen vorgeht. Falsche Meinungen fĂŒhren auf den falschen Weg. Es sind vor allem drei Mythen, die die Menschen daran hindern, ihre StĂ€rken ausbauen:
- Mythos Nr. 1: Die Persönlichkeit eines Menschen verĂ€ndert sich mit den Jahren. Die WertvorstelÂlunÂgen, das Verhalten und das SelbstverstĂ€ndnis des Menschen können sich im Laufe des Lebens verĂ€ndern, Aber die angeborene Persönlichkeit bleibt und prĂ€gt sich mit der Zeit immer stĂ€rker aus. Was Sie nicht mögen und können, werden Sie nie ĂŒberdurchÂschnitÂtlich gut beherrschen. Was macht die Persönlichkeit aus? Die eine HĂ€lfte ist angeboren. Die andere ist unabhĂ€ngig von der Abstammung. Der Zufall sowie Freunde und SpielkaÂmÂerÂaden bestimmen sie. Zwischen 14 und 16 Jahren ist die Persönlichkeit fertig ausgebildet.
- Mythos Nr. 2: Wo wir schwach sind, können wir am meisten wachsen. Genau das Gegenteil ist der Fall: In den StĂ€rken liegt das gröĂte WachÂsÂtumspotenÂzial. Was Sie gut können, das inÂterÂessiert Sie und es fĂ€llt Ihnen leicht, dazuzulerÂnen. Ein netter Nebeneffekt: ErÂfolÂgserÂlebÂnisse prĂ€gen die Persönlichkeit positiv. Kinder z. B. spielen ihre StĂ€rken gerne auĂerhalb der eigenen vier WĂ€nde aus und erfahren, wie GleÂichalÂtrige darauf reagieren. Wenn sie Erfolg haben, werden sie sich immer wieder so verhalten. Das fĂŒhrt dazu, dass bestimmte Synapsen im Gehirn sich verschalten und die Kleinen in dem, was sie gut können, immer besser werden.
- Mythos Nr. 3: Teamgeist hat, wer alles fĂŒr sein Team tut. Niemand kann alles. Der Einzelne unterstĂŒtzt sein Team am besten, indem er das, was er beherrscht, so oft wie möglich tut. Das ist nicht egoistisch, sondern fĂŒr alle sinnvoll.
âIn Ihren gröĂten StĂ€rken liegt das gröĂte WachÂsÂtumspotenÂzial.â
Beantworten Sie im Hinblick auf jeden dieser Mythen schriftlich die folgenden drei Fragen:
- Was nutzt Ihnen der Mythos im Alltag, wenn Sie an ihm festhalten?
- Was verlieren Sie, wenn Sie sich davon veÂrÂabÂschieden?
- Was gewinnen Sie, wenn Sie den Mythos aufgeben und sich auf Ihre StÀrken besinnen?
StÀrken finden
Vielen fĂ€llt es schwer, ihre StĂ€rken zu beschreiben. âIch kann gut mit Menschen umgehenâ, wird hĂ€ufig gesagt. Diese und Ă€hnliche Aussagen sind zu vage. Mit PersönlichkeitÂstests wie z. B. dem StrengthsÂFinder lassen sich ausgeprĂ€gte StĂ€rken finden. Die StĂ€rke an sich zeigt sich allerdings erst im Handeln, nĂ€mlich dann, wenn Personen bestimmte Aufgaben fast perfekt erledigen. Eine StĂ€rke ist die Summe aus drei Dingen:
- angeborenen, nicht erlernbaren Talenten,
- FerÂtigkeiten, die man sich angeeignet hat, und
- erworbenem Wissen.
âIm Laufe der Jahre prĂ€gt sich die von Anfang an vorhandene Persönlichkeit eines Menschen immer stĂ€rker aus.â
Woran erkennen Sie ĂŒberhaupt Ihre StĂ€rken? Die Zeichen dafĂŒr lassen sich mit SIGN leicht erkennen und behalten:
- S steht fĂŒr SpitzenÂleisÂtung,
- I fĂŒr Instinkt,
- G fĂŒr GlĂŒck und
- N fĂŒr Notwendigkeit.
Trauen Sie Ihrem GefĂŒhl! Wenn Sie etwas gut können und sich dabei wohl fĂŒhlen, ist Ihnen das S fĂŒr SpitzenÂleisÂtung sicher. Die instinktive Vorfreude auf eine Arbeit ist das I. Versinken Sie in der Arbeit und sind Sie glĂŒcklich dabei, ergibt es schon das G. Danach fĂŒhlen Sie sich lebendig, so als ob Sie etwas Notwendiges erledigt hĂ€tten: DafĂŒr steht das N.
âEchten Teamgeist zeigt, wer seine StĂ€rken bewusst, gezielt und so oft wie möglich zum Wohle des Teams einsetzt.â
Einen guten Ăberblick ĂŒber Ihre StĂ€rken bekommen Sie, wenn Sie sich eine Woche lang bei der Arbeit beobachten. Auf NotizblĂ€ttern mit den Kategorien âDas war tollâ und âDas war schrecklichâ beschreiben Sie die verÂschiedeÂnen TĂ€tigkeiten so genau wie möglich. Fragen Sie sich dann fĂŒr jede einzelne TĂ€tigkeit, ob es darauf ankommt, warum, mit wem (bzw. fĂŒr wen) und wann Sie diese TĂ€tigkeit ausĂŒben und worum es dabei geht. Das Ergebnis Ihrer Analysen ist zugleich die weitere MarschrichÂtung im Job: StĂ€rken werden weiter ausgebaut, indem Sie sich weitere FerÂtigkeiten und mehr Wissen aneignen.
StÀrken entfalten
âNichts wie weg hier!â, könnte man denken, wenn der Job einen anödet und das Ergebnis der StĂ€rkenanalyse auch noch zeigt, dass man seine StĂ€rken nur sehr begrenzt einsetzt. KĂŒndigen sollten Sie aber nur, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, Ihre Situation zu Ă€ndern. Genau dafĂŒr gibt es den âWochenplan der StĂ€rkenâ. Schreiben Sie vor und nach der ArÂbeitswoche auf, wie viel Prozent Ihrer Zeit in Ihre StĂ€rken geflossen sind und wie viel Sie in der kommenden Woche dafĂŒr einplanen. Eine ErÂste-Hilfe-MaĂnahme wĂ€re: Sie lassen sofort in jeder ArÂbeitswoche zwei unliebsame Jobs weg und bauen dafĂŒr zwei, die Ihren Talenten entsprechen, aus.
âEine StĂ€rke zeichnet sich durch bestĂ€ndige, beinahe perfekte Leistung bei der AusĂŒbung der TĂ€tigkeit aus.â
Mit dem FREE-InÂterÂview spĂŒren Sie die zwei TĂ€tigkeiten auf, die sich auszubauen lohnen. FREE setzt sich aus den AnÂfangsÂbuchÂstaben von Fokus, RetÂtungsakÂtion, Erlernen und Einbauen zusammen. Jedem dieser Bereiche lassen sich mehrere InÂterÂview-FraÂgen zuordnen:
- Fokus: Finden Sie heraus, was Ihnen eine StÀrke in Ihrer jetzigen Funktion bringt.
- RetÂtungsakÂtion: Finden Sie GeleÂgenÂheiten, die bislang nicht genutzt wurden.
- Erlernen: Durch das Erlernen von Techniken und FerÂtigkeiten wird die StĂ€rke ausgebaut.
- Einbauen: Sie integrieren die StÀrke in Ihre tÀgliche Arbeit.
âUm sich die UnterstĂŒtzung Ihres VorgeÂsetÂzten und Ihrer Kollegen zu sichern, mĂŒssen Sie lernen, Ihre StĂ€rken und SchwĂ€chen auf emotionale Weise verstĂ€ndlich zu machen, ohne gleÂichzeitig den Eindruck zu vermitteln, Sie stĂŒnden kurz vor einem unÂkonÂtrolÂlierÂbaren GefĂŒhlsausbruch.â
Ein Tipp: Lassen Sie sich von einer vertrauten Person interviewen. Sie holt bestimmt mehr aus Ihnen heraus, als wenn Sie sich die Fragen selber beantworten.
SchwÀchen vermeiden
Der StĂ€rkentest deckt StĂ€rken auf, der SchwĂ€chentest das Gegenteil. Es treten keine SIGN-MerkÂmale ein: Bei einer SchwĂ€che fehlen SpitzenÂleisÂtung, Instinkt, GlĂŒcksgefĂŒhl und Notwendigkeit. Die SchwĂ€chenbeschreiÂbung funkÂtionÂiert wie die der StĂ€rken, nur unter umgekehrten Vorzeichen. Dann heiĂt es z. B. nicht: Ich fĂŒhle mich toll, wenn ich Kunden anrufe, sondern: Ich fĂŒhle mich schrecklich dabei.
âSollten Sie wieder einmal von SelbÂstzweifeln geplagt werden und sich insgeheim denken ,Ich bin gar nicht so gut, ich weiĂ doch eigentlich gar nicht, was ich hier tueâ, erinnern Sie sich an das Gelernte und schöpfen Sie daraus Mut.â
Vier Strategien helfen Ihnen, weniger Zeit und Nerven mit Ihren SchwĂ€chen zu vergeuden. Ihre gröĂten SchwĂ€chen sind in der Regel genau die TĂ€tigkeiten, die Sie am meisten belasten. Und genau die werden von nun an eingeschrĂ€nkt oder gestrichen. Hier hilft das STOP-InÂterÂview. Das sind die AnÂfangsÂbuchÂstaben fĂŒr Stopp, Team, Optimieren und Perspektive (wieder gibt es fĂŒr jeden Bereich mehrere InÂterÂview-FraÂgen). Im Einzelnen:
- Stopp: Lassen Sie schwĂ€chende TĂ€tigkeiten ab sofort weg und warten Sie, ob das ĂŒberhaupt jemanden stört. Zur Not mĂŒssen Sie diesen Schritt nachtrĂ€glich von Ihrem Chef genehmigen lassen.
- Team: Ihr Kollege liebt TĂ€tigkeiten, die Sie hassen? Wunderbar, dann tauschen Sie. Nehmen Sie ihm im Gegenzug verhasste TĂ€tigkeiten ab.
- Optimieren: Hier geht es darum, eine Ihrer StĂ€rken zu optimieren und die Arbeit schritÂtweise daran auszurichten.
- Perspektive: Es hilft, die SchwÀche aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Vielleicht geht Ihnen die ungeliebte TÀtigkeit z. B. zu einer anderen Tageszeit besser von der Hand.
Offen sprechen
Nun muss Ihr Chef noch erfahren, welche Jobs Sie kĂŒnftig machen und welche Sie nicht erledigen wollen. Ein offenes, gut vorÂbereÂitÂetes GesprĂ€ch ist fĂ€llig. Vorher mĂŒssen Sie ĂŒben. Am besten bitten Sie einzeln mehrere gute Freunde, Ihnen je eine halbe Stunde zuzuhören, damit Sie ihnen Ihre StĂ€rken schildern können:
- Lesen Sie Ihre StĂ€rkenbeschreiÂbung vor.
- Geben Sie zwei Beispiele, wie Sie eine StÀrke in der vergangen Woche eingesetzt haben.
- ErklÀren Sie, wie dies Ihrem Chef die Arbeit erleichtert.
- Wiederholen Sie die drei Punkte fĂŒr zwei weitere StĂ€rken.
- Danken Sie Ihrem Zuhörer fĂŒr seine AufmerkÂsamkeit.
âVertrauen Sie auf Ihre StĂ€rken, seien Sie stolz auf sie, und beziehen Sie Stellung.â
Auf diese Weise ĂŒberzeugen Sie Ihren Chef, dass er davon profitiert, wenn Sie das tun dĂŒrfen, was Sie spitzenmĂ€Ăig können. Das Ganze sollte konÂtrolÂliert emotional rĂŒberkommen. Ihr GesprĂ€chspartner darf nicht das GefĂŒhl haben, dass gleich ein NerÂvenÂzusamÂmenÂbruch folgt.
Dasselbe Prozedere folgt dann einige Wochen spĂ€ter fĂŒr Ihre SchwĂ€chen. Wieder dĂŒrfen zuerst Freunde erfahren, warum Sie gewisse Dinge besser nicht mehr machen. Danach ist der Chef dran. Wichtig dabei: SchwĂ€chen dĂŒrfen nicht positiv rĂŒberkommen. Aussagen wie: âEs ist nicht gerade meine LieblingsarÂbeit, aber ...â sind tabu. Dieser Versuchung zu erliegen, ist verstĂ€ndlich. Wer möchte schon im Job als einseitig dastehen? Dennoch gilt: Standhaft bleiben! Diese Arbeiten sind nicht nur keine LieblingsarÂbeiten, sondern laugen aus und nerven. Am besten ĂŒberlegen Sie sich mithilfe des STOP-InÂterÂviews drei oder vier Möglichkeiten, wie sich diese Arbeiten einschrĂ€nken oder vermeiden lassen.
Starke GewohnÂheiten einfĂŒhren
FĂŒnf starke GewohnÂheiten garantieren Ihnen, dass Sie auch in der Hektik des Alltags Ihr Ziel im Blick behalten: viel Zeit in Ihre StĂ€rken investieren.
- Lesen Sie jeden Tag Ihre drei StĂ€rken- und SchwĂ€chenbeschreiÂbunÂgen durch.
- Planen Sie fĂŒr jede ArÂbeitswoche einen Wochenplan der StĂ€rken.
- Fordern Sie alle drei Monate ein QuarÂtalsÂgeÂsprĂ€ch mit Ihrem Chef, um mit ihm ĂŒber Ihre drei besten Leistungen zu reden. Das soll klĂ€ren, wie Sie Ihre StĂ€rken kĂŒnftig noch besser einbringen können.
- Jedes halbe Jahr beobachten, beschreiben und bestĂ€tigen Sie wĂ€hrend einer ArÂbeitswoche Ihre StĂ€rken. Selbst kleine VerĂ€nderungen in der ForÂmulierung von StĂ€rken zeigen, ob sich hier etwas verĂ€ndert hat.
- Einmal im Jahr fĂŒhren Sie einen kompletten StĂ€rkentest durch.