Ein Manager und seine Ziele
Den Begriff des Managers gibt es etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als die ersten großen Industrieunternehmen entstanden. Doch die Tätigkeit selbst ist so alt wie die Menschheit. Schon die Baumeister und Feldherren der frühen Kulturen waren nichts anderes als Manager. Die Aufgabe eines Managers ist es, eine Organisation so zu steuern, dass sie ihre Ziele erreicht. Dazu braucht er nicht nur Fachwissen, sondern auch die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, Probleme zu lösen, mit Menschen umzugehen und erfolgreich zu kommunizieren. Auch wenn sich die Vorstellung, Führungsqualitäten seien angeboren, hartnäckig hält: Die Fertigkeiten eines Managers kann man erlangen. Eine wirkliche Ausbildung zum Manager gibt es allerdings nicht; ein betriebswirtschaftliches Studium vermittelt nur das Fachwissen.
„Gutes Management ist wirkungsvolles Management, denn es geht darum, Wirkung in der Organisation zu erzielen und Organisationsziele effektiv zu erreichen.“
Wenn Sie eine Organisation managen, müssen Sie wissen, was Sie erreichen wollen, d. h. Sie brauchen Ziele. Dabei sind vor allem die langfristigen, strategischen Ziele wichtig. Aus ihnen leiten sich die mittel- und kurzfristigen ab. Um Ziele zu erarbeiten, müssen Sie zunächst den Ist-Zustand analysieren: Wo steht Ihr Unternehmen, mit welchen Schwierigkeiten hat es zurzeit zu kämpfen? Überlegen Sie dann, wie die Zukunft aussehen soll. Erarbeiten Sie konkrete Schritte, mit denen Sie Ihre Ziele erreichen können. Überprüfen Sie nach einiger Zeit, was Sie bereits erreicht haben und wie der neue Ist-Zustand aussieht.
Unternehmen und ihre Kunden
In den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg kannten die meisten Unternehmen keine Absatzsorgen, doch seit dem Ende der 60er Jahre sind die Märkte zunehmend gesättigt. Entsprechend müssen sich die Unternehmen immer mehr um Kunden bemühen. Also versuchen sie, die Kundenzufriedenheit zu erfragen und zu erhöhen. Doch ob Kundenzufriedenheit allein tatsächlich ein Vorteil ist, lässt sich nur schwer nachweisen. Was dem Unternehmen ganz sicher nützt, sind loyale Kunden, die der Marke treu bleiben und sie weiterempfehlen. Deshalb ist es wichtig, sich vor allem mit der Kundenloyalität zu befassen.
„Der Mythos, dass Manager geboren werden, ist Unfug.“
Erfolg heißt auch, sich gegen Konkurrenten durchzusetzen. Es gibt verschiedene Strategien, wie sich ein Unternehmen von der Konkurrenz abheben kann: durch besonders niedrige Preise, durch ausgefallene Produkte oder durch Konzentration auf ein Marktsegment. Sie müssen sich entscheiden, welche Strategie Sie verfolgen möchten: Welche Kunden wollen Sie ansprechen, welche nicht? Was bieten Sie an, was nicht? Was erwarten Sie für die Zukunft, welche Werte sind Ihnen wichtig? Was sind Ihre Ziele, und was müssen Sie dafür tun? Aus den Antworten erarbeiten Sie die Strategie für Ihr Unternehmen.
Die Struktur des Unternehmens
Wenn die Strategie steht, stellt sich die Frage, wie das Unternehmen organisiert sein muss, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Ist eine zentrale oder eine dezentrale Organisation nützlich? In einem zentral gesteuerten Unternehmen werden Entscheidungen von oben nach unten weitergegeben. Ein dezentral geführtes Unternehmen, in dem die einzelnen Bereiche weitgehend selbstständig sind und nur die Grundsatzentscheidungen zentral getroffen werden, ist flexibler, muss aber mehr kommunizieren. Kleinere Unternehmen gliedern sich üblicherweise nach der Funktion der einzelnen Abteilungen, wie Produktion, Beschaffung oder Verwaltung. In größeren Firmen hat sich eher eine Untergliederung in einzelne Geschäftsbereiche bewährt, auch divisionale Gliederung genannt. In einer Matrixorganisation tragen mehrere Manager gemeinsam die Verantwortung und müssen deshalb eng zusammenarbeiten. Wenn diese Zusammenarbeit funktioniert, kann sich das sehr positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken. Kommt sie allerdings nicht richtig zustande, ist das Unternehmen bald blockiert.
Unternehmen verändern
Von Anfang an ist ein Unternehmen Veränderungen unterworfen – durch eigene Innovationen, durch Veränderungen auf dem Markt oder in der Gesellschaft. An kleinere Veränderungen kann man sich meist problemlos anpassen, bei größeren Umwälzungen hingegen werden die meisten Managementfehler gemacht. Manager neigen z. B. dazu, sich auf die strategische Umsetzung einer Restrukturierung zu konzentrieren und alle psychologischen Faktoren auszublenden.
„Der Erfolg eines Unternehmens wird von zwei Faktoren bestimmt: dem Kunden und dem Produkt. So einfach ist das und doch so schwer.“
Dabei sind gerade die besonders wichtig. Menschen halten gern an Gewohnheiten fest, jede Veränderung löst erst einmal Ängste und Widerstände aus, die den Veränderungsprozess blockieren können. Wenn Sie in Ihrem Unternehmen Umstrukturierungen planen, rechnen Sie mit solchen Reaktionen und gehen Sie darauf ein. Meist sind die Mitarbeiter nach einer Schockphase wieder bereit, sich auf Neues einzulassen. Wichtig ist, dass Ihre Leute den Sinn der Veränderung einsehen und Vertrauen in die Kompetenz der Unternehmensleitung haben. Auch die Unternehmenskultur spielt dabei eine Rolle: Was zur bestehenden Kultur passt, wird eher akzeptiert. Setzen Sie sich daher vor einer Umstrukturierung intensiv mit der Unternehmenskultur auseinander.
Der Umgang mit sich selbst
Gutes Management fängt damit an, dass man sich selbst gut managt. Die Basis des Selbstmanagements ist die Selbstreflexion, d. h. die Fähigkeit, das eigene Handeln zu reflektieren, sich immer wieder zu fragen, wie man sich verhält und warum. Fordern Sie von anderen Menschen Feedback ein und nehmen Sie es ernst. Legen Sie für Ihr eigenes Leben Ziele fest. Wie überall im Management ist hier nicht nur das Planen wichtig, sondern vor allem das Handeln, die Umsetzung.
„Märkte sind das Zusammentreffen von Menschen und Unternehmen auf Basis eines gemeinsamen Bedürfnisses.“
Der einschlägigen Ratgeberliteratur zum Trotz: Niemand kann Ihnen ein Patentrezept an die Hand geben, wie Sie Ihre Ziele erreichen. Sie müssen schon selbst einen individuellen Plan erarbeiten. Die Ziele müssen Ihnen wirklich wichtig sein, dann werden Sie auch die nötige Energie zur Umsetzung haben. Halten Sie schriftlich fest, was Sie konkret unternehmen wollen, um ein Ziel zu erreichen: Was müssen Sie verändern? Welche Gewohnheiten sollten Sie ablegen, weil sie hinderlich sein könnten? Oft sind Manager so in das Tagesgeschäft eingespannt, dass ihnen keine Zeit bleibt, für sich selbst langfristig zu planen. Versuchen Sie, sich Zeitfenster zu schaffen: feste Zeiten, in denen Sie möglichst ungestört und ohne Unterbrechungen arbeiten können.
Der Umgang mit anderen
Als Manager haben Sie in unterschiedlichsten Situationen Kontakt mit anderen Menschen: Mitarbeitern, Kunden, Vorgesetzten, der Öffentlichkeit. Darum brauchen Sie soziale Kompetenz und gute Kommunikationsfähigkeit. Sie müssen die Schwierigkeiten menschlicher Kommunikation kennen: Entscheidend ist nicht das, was gesagt wird, sondern das, was der andere aufnimmt. Dieselbe Botschaft kann bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich ankommen. Scheuen Sie sich nicht, nachzufragen und die Situation zu klären.
„Je mehr Sie hören, was wirklich gesagt wird, je kompetenter können Sie kommunizieren.“
Bei Verhandlungen ist eine gute Beziehung zu Ihrem Gegenüber das Wichtigste. Erst danach kann es um Sachfragen gehen. Achten Sie darauf, dass die Beziehungsebene immer stimmt, auch bei unterschiedlichen Ansichten in der Sache. Versuchen Sie, sich in die Perspektive und die Interessen Ihres Verhandlungspartners hineinzudenken. Erarbeiten Sie bei Entscheidungen gemeinsam möglichst viele Alternativen. Dann stehen die Chancen gut, dass Sie eine Lösung finden, mit der alle Beteiligten zufrieden sind. Diese Grundregeln gelten auch für Gespräche mit Mitarbeitern. Versuchen Sie nicht, Mitarbeiter durch Druck oder ausgeklügelte Belohnungssysteme zu motivieren; damit erreichen Sie langfristig eher das Gegenteil. Gehen Sie vielmehr davon aus, dass Mitarbeiter von sich aus Leistung bringen möchten, und bieten Sie ihnen dafür das passende Umfeld.
In Teams arbeiten
Team- und Projektarbeit haben in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Teams können sehr effizient arbeiten, sind aber auch anfällig für gruppendynamische Prozesse, die die Arbeitsabläufe stören. Der Erfolg eines Teams hängt stark von seiner Zusammensetzung ab. Gut stehen die Chancen, wenn unterschiedliche Menschen zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen, denn ein Team aus lauter „Machern“ ist ebenso ineffizient wie ein Team aus lauter Mitläufern.
„Führung bedeutet immer weniger die mit Macht verbundene Herrschaft, sondern immer mehr die Kunst, Menschen dazu zu bringen, dass sie für ein gemeinsames Ziel handeln.“
Bevor die eigentliche Teamarbeit beginnen kann, müssen sich die Mitglieder erst zusammenfinden. Dabei durchläuft ein Team fünf Phasen: Auf die Formierungsphase, in der die Mitglieder sich untereinander und mit der Aufgabenstellung vertraut machen, folgt die Sturmphase, in der die unterschiedlichen Meinungen aufeinanderprallen und es leicht zu Konflikten kommt. In der folgenden Normierungsphase legt das Team Regeln für die Zusammenarbeit fest und führt dann in der Arbeitsphase die Aufgabe durch, ehe die Mitglieder in der Abschlussphase Bilanz ziehen und sich dann neu orientieren.
Ein Team leiten
Wenn kein Teamleiter von außen bestimmt wird, übernehmen früher oder später ein oder zwei Teammitglieder die Führungsrolle. Wenn Sie Teamleiter sind, sorgen Sie dafür, dass sich das Team vor allem in der Formierungsphase häufig trifft. In der Sturmphase kehren Sie aufkommende Konflikte nicht unter den Teppich, sondern wirken darauf hin, dass sie bearbeitet werden. In der Normierungsphase arbeiten Sie aktiv an der Ausprägung von Normen mit, in der Arbeitsphase und beim Abschluss ist es Ihre Aufgabe, Feedback zu geben.
„Die Teamleistung wird maßgeblich und nachhaltig durch die Zusammensetzung des Teams geprägt.“
Dass im Team Konflikte auftreten, ist völlig normal und keine Katastrophe. Wenn sie rechtzeitig angesprochen und konstruktiv ausgetragen werden, ist das eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung für alle Beteiligten und für das Team als Ganzes. Wenden Sie gerade auch in Konfliktsituationen die Grundregeln für gute Verhandlungen an und versuchen Sie, die Position aller Beteiligten nachzuempfinden.
Entscheidungen treffen und überprüfen
Manager fällen jeden Tag viele Entscheidungen. Meist muss das schnell gehen, deshalb entscheiden sie oft spontan aus dem Bauch heraus. Doch wenn Sie gut entscheiden wollen, müssen Sie gezielt vorgehen. Sehen Sie sich zunächst einmal das Problem genau an: Worum geht es eigentlich? Welchen Anforderungen muss die Lösung genügen? Welche Alternativen gibt es? Wo liegen die Risiken und welche sind noch akzeptabel? Aufgrund dieser Daten treffen Sie die Entscheidung. Legen Sie danach fest, wie sie umgesetzt werden soll, und überprüfen Sie nach einiger Zeit die Ergebnisse. Am besten, Sie schauen nicht nur im Nachhinein, sondern auch zwischendurch immer wieder, ob das Unternehmen auf dem richtigen Weg ist – aber auch, ob das Ziel überhaupt noch passt oder ob sich die Voraussetzungen längst geändert haben. Zur Kontrolle stützen sich Manager gerne auf Zahlen und Fakten. Doch Daten sind an sich noch keine Information; erst wenn sie jemand interpretiert, kann er daraus Informationen ableiten. Deshalb können Menschen aus denselben Daten ganz unterschiedliche Schlüsse ziehen.
Die Auswirkungen einer Entscheidung abschätzen
Entscheidungen werden immer innerhalb eines größeren Systems getroffen, und neben den erwünschten Folgen haben sie oft auch andere Wirkungen auf das System, die weniger erwünscht sind und die Sie evtl. auf den ersten Blick nicht abschätzen können. Solche möglichen Auswirkungen können Sie sichtbar machen, indem Sie mit der Netzwerktechnik ein Diagramm erstellen: Versuchen Sie zunächst, per Brainstorming alle möglichen Einflussfaktoren zu sammeln. Anschließend stellen Sie die Faktoren in einem Diagramm dar; Pfeile zeigen an, wie die Faktoren aufeinander wirken. Wie groß diese Auswirkungen sein können, zeigt Ihnen ein so genannter Papiercomputer. Das ist eine Matrix, in der Sie nicht nur die Einflussfaktoren eintragen, sondern auch mit Zahlenwerten angeben, wie stark diese Faktoren einander voraussichtlich beeinflussen. Auf diese Weise können Sie mögliche Probleme rasch erkennen und ihnen rechtzeitig entgegenwirken.
Prof. Dr. Christian Bleis lehrt an der FHW Berlin und ist Geschäftsführer von Shared Knowledge. Prof. Dr. Antje Helpup lehrt an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel und ist Unternehmensberaterin sowie Aufsichtsrätin.