Jede Marke kann wachsen!

Buch Jede Marke kann wachsen!

Wie Sie Wachstumsbarrieren systematisch durchbrechen

Gabler,


Rezension

Ganz schön mutig: „Jede Marke kann wachsen“, versprechen die Autoren. Wie das geht? Einfach die Barrieren im Kaufentschei­dung­sprozess einreißen, meinen sie. Und je höher diese Barrieren sind, d. h. je mehr potenzielle Kunden man an einer bestimmten Stelle im Kaufentschei­dung­sprozess verliert, desto besser, denn schließlich sei das Wach­s­tumspoten­zial, das in der Barriere schlummert, dann am höchsten. Diese Theorie legen die Autoren so überzeugend dar, dass der Leser es am Ende auch glaubt. Und nicht nur das: Der In­ter­essierte wird nicht allein gelassen, sondern bekommt neben den sieben Wach­s­tums­bar­ri­eren auch gleich die Werkzeuge, mit denen sie sich einreißen lassen. Die wichtigsten Fragen werden anhand konkreter Fall­beispiele beantwortet, Checklisten helfen den Un­struk­turi­erten. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Mar­ket­ing­fach­leuten und Un­ternehmensstrate­gen, die meinen: Nach oben ist noch Platz.

Take-aways

  • Mit den Strategien Penetration, Kon­vertierung, Loyalität und Frequenz generieren Sie Wachstum aus Bestehendem.
  • Wenn auf diese Weise kein weiteres Wachstum zu erwarten ist, setzen Sie auf die Strategien Neue Produkte, Neue Segmente, Neue Märkte und Neue Länder.
  • Wenn potenzielle Kunden nicht zu tatsächlichen Kunden werden, liegt das an Barrieren im Kaufentschei­dung­sprozess – die gilt es zu überwinden.
  • Bekan­ntheits­bar­riere: Die Zielgruppe hat noch nichts von Ihrer Marke gehört.
  • Marken­klarheits­bar­riere: Die Zielgruppe kennt die Marke, weiß aber nicht, wofür sie steht.
  • Rel­e­vanzbar­riere: Die Eigen­schaften bzw. Kriterien des Produkts sind für die Zielgruppe nicht von Bedeutung.
  • Er­ste-Wahl-Bar­riere: Die Marke ist zwar relevant für die poten­ziellen Kunden, aber leider nicht die erste Wahl.
  • Kauf­bar­riere: Die Marke wäre zwar erste Wahl, trotzdem kauft der Kunde ein Konkur­ren­zpro­dukt, das günstiger oder besser platziert ist.
  • Wiederkauf­bar­riere: Es bleibt beim einmaligen Kauf – beim nächsten Mal geht der Kunde zum Wet­tbe­wer­ber.
  • Empfehlungs­bar­riere: Die Marke wird nicht weit­eremp­fohlen.
 

Zusammenfassung

Zwei Wach­s­tum­squellen und acht Strategien

Manche Unternehmen kennen diese Situation: Sie haben alle Ausgaben auf das Minimum beschränkt und können den Gewinn auch mit Kostensenkung­spro­gram­men nicht mehr weiter steigern. Sie müssen also wachsen. Das kann z. B. mit einer starken Markenführung funk­tion­ieren, die nicht nur das Marketing, sondern auch den Vertrieb und die Forschungs- und En­twick­lungsabteilung mit einbezieht. Wachsen kann man einerseits mit Bestehendem, an­der­er­seits mit Neuem. Daraus leiten sich acht Wach­s­tumsstrate­gien ab, die Sie aber niemals alle gle­ichzeitig verfolgen sollten:

  1. Penetration: Es werden diejenigen poten­ziellen Kunden in den Fokus genommen, die das Produkt noch nicht verwenden – eine Strategie, die oft von Marktführern verfolgt wird.
  2. Kon­vertierung: Firmen mit geringem Marktanteil setzen eher darauf, den Mit­be­wer­bern die Kunden streitig zu machen.
  3. Loyalität: Machen Sie Ihre Kunden zu Fans, um dank ihnen den Umsatz zu steigern.
  4. Frequenz: Bieten Sie der Zielgruppe neue Ver­wen­dungsmöglichkeiten für Ihr Produkt oder zeigen Sie die Vorteile, die entstehen, wenn das Produkt öfter benutzt wird.
„Bleibt ein Großteil der Zielgruppe an einer bestimmten Barriere hängen, so bedeutet das nichts anderes, als dass an dieser Barriere besonders viel Wach­s­tumspoten­zial liegt.“

Erst wenn diese vier Strategien erfolglos bleiben, sollten Sie sich an die weiteren Strategien wagen – die sind nämlich aufwändiger:

  1. Neue Produkte/Di­en­stleis­tun­gen: Diese Strategie setzt auf In­no­va­tio­nen, was Zeit und Geld kostet.
  2. Neue Segmente: Wenn Ihre Marke bereits gut po­si­tion­iert ist, können Sie sie auf benachbarte Segmente ausdehnen.
  3. Neue Märkte: Seine Marke in einem neuen Markt einzusetzen, muss glaubhaft sein. Wer z. B. Babynahrung anbietet, dem wird auch die Kompetenz für Babypflege­pro­dukte zugetraut.
  4. Neue Länder: In neue Länder zu expandieren, kann neue Probleme aufwerfen. IKEA musste das erfahren: In den USA hielt man die schwedis­chen Vasen nämlich erst mal für Trinkgläser.

Wach­s­tums­bar­ri­eren iden­ti­fizieren

Die poten­ziellen Käufer Ihres Produkts oder Ihrer Di­en­stleis­tung durchlaufen einen Kaufentschei­dung­sprozess, der in den meisten Fällen in nur wenigen Sekunden abläuft. Innerhalb dieses Prozesses trifft der potenzielle Kunde auf Barrieren, an denen Sie ihn verlieren können – und er wird nie zu einem tatsächlichen Kunden. Genau an diesen Barrieren müssen Sie ansetzen, um zu wachsen. Stellen Sie sich folgende Fragen, um die Hindernisse zu iden­ti­fizieren:

  • Bekan­ntheits­bar­riere: Kennt meine Zielgruppe meine Marke überhaupt?
  • Marken­klarheits­bar­riere: Weiß meine Zielgruppe, wofür die Marke steht?
  • Rel­e­vanzbar­riere: Weiß meine Zielgruppe zwar, wofür die Marke steht, aber kommt sie dennoch nicht für sie in Betracht?
  • Er­ste-Wahl-Bar­riere: Zieht meine Zielgruppe die Marke in Erwägung, doch ist sie leider nicht die erste Wahl?
  • Kauf­bar­riere: Kauft die Zielgruppe dann doch eine andere Marke, obwohl meine die erste Wahl war?
  • Wiederkauf­bar­riere: Kauft meine Zielgruppe meine Marke nur ein einziges Mal, wählt bei weiteren Käufen aber lieber die Konkur­renz­marken?
  • Empfehlungs­bar­riere: Empfiehlt meine Zielgruppe meine Marke weiter?
„Exzellente Markenführung ist ein Wach­s­tum­sturbo.“

Nun müssen Sie Ihre „großen Baustellen“ her­aus­finden, also die Barrieren, bei denen übermäßig viele Kunden verloren gehen. Dazu brauchen Sie Mark­forschungs­daten, die auf den oben gestellten Fragen basieren. Sie müssen wissen, bei welchen Barrieren Sie die meisten Kunden verlieren und bei welchen Barrieren Ihre Wet­tbe­wer­ber deutlich besser abschneiden. Genau dort setzen Sie Ihre Maßnahmen an. Definieren Sie spezifische, messbare und erreichbare Wach­s­tum­sziele. Die Zielgruppen für Ihre Maßnahmen ergeben sich aus den zuvor be­sproch­enen Wach­s­tumsstrate­gien.

„Die Kunst besteht darin, sich auf zwei bis drei ,große‘ Baustellen zu konzen­tri­eren, die einen wirklichen Unterschied machen.“

Wach­s­tums­bar­ri­eren verstehen

  • Die Bekan­ntheits­bar­riere kann nicht einfach dadurch überwunden werden, dass Sie das Werbebudget erhöhen. Vergessen Sie nicht: Ihre Markenführung soll wirtschaftlich sein. Überlegen Sie lieber, ob die Marke einprägsam und aufmerk­samkeitsstark ist, ob der Markenname in jeder Kom­mu­nika­tion Ihres Un­ternehmens auftaucht und ob man Ihre Anzeigen auch dann noch mit Ihrer Marke in Verbindung bringen würde, wenn man das Logo und den Markennamen striche.
  • Die Marken­klarheits­bar­riere ist von Bedeutung, weil Käufer eher zu Marken greifen, von denen sie wissen, wofür sie stehen. Es ist daher wichtig, dass sich von der Verpackung des Produkts bis zur Hotline alles an die Marken­po­si­tion­ierung hält.
  • Eine Marke muss bestimmte Ba­siskri­te­rien erfüllen, damit sie von der Zielgruppe überhaupt in Erwägung gezogen wird. Das können im Fall von Getränken z. B. die Kriterien „durstlöschend“ und „lecker“ sein. Wenn Ihre Marken­po­si­tion­ierung auf „durstlöschend“ aus­gerichtet ist, muss dieser Nutzen in den Augen der Zielgruppe höher sein als bei einem anderen Getränk. Ihre Po­si­tion­ierung muss für die Zielgruppe relevant sein, damit Ihre Marke die Rel­e­vanzbar­riere überspringt.
  • Die Er­ste-Wahl-Bar­riere ist dann hinderlich, wenn der potenzielle Kunden den ange­priese­nen Nutzen entweder nicht braucht, den Nutzen von einem anderen Produkt schon bekommt oder Ihnen ganz einfach nicht abnimmt, dass Ihre Marke den Nutzen wirklich bietet.
  • Die Kauf­bar­riere liegt meist am Point of Sale oder beim Preis. Eine schlechte Platzierung des Produkts im Geschäft oder ein Verkäufer, der sich mehr für das Konkur­ren­zpro­dukt begeistert als für das Ihre, sind oft entschei­dende Gründe.
  • Damit Ihr Produkt kein One-Hit-Won­der bleibt, gilt es, die Wiederkauf­bar­riere zu überwinden. Doch wenn sich ein Kunde etwas von Ihrem Produkt erhofft, das er dann ganz anders erlebt, wird er enttäuscht sein und Ihr Produkt nicht wieder kaufen – auch dann nicht, wenn das Produkt selbst vollkommen in Ordnung ist.
  • Fragen Sie, was die Kunden erwarten, halten Sie die Augen und Ohren für Angebote von Mit­be­wer­bern offen und starten Sie ein Kun­den­bindung­spro­gramm. Schließlich wollen Sie Ihre Kunden auch über die Empfehlungs­bar­riere hieven. Dazu muss der potenzielle Empfehlende der Meinung sein, dass das Produkt den Erwartungen des anderen entspricht und es ihm nicht schadet.

Wach­s­tums­bar­ri­eren überwinden

Alle genannten Barrieren lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: reale Barrieren, wie z. B. eine schlechte Dis­tri­b­u­tion oder ein Pro­duk­t­fehler, und wahrgenommene Barrieren, wie etwa ein schlechtes Image.

„Daneben gibt es Barrieren, die nur in den Köpfen der Zielgruppe existieren: die so genannten wahrgenom­men Barrieren wie etwa ein schwaches Image oder ein unklares Markenbild.“

Die zweite Kategorie von Barrieren findet sich nur in den Köpfen der Zielgruppe.

  • Bekan­ntheits­bar­riere: Ist die Barriere aufgrund Ihres zu kleinen Budgets real? Dann holen Sie mehr heraus, indem Sie die Maßnahmen auf die Kernziel­gruppe ausrichten und den Kontakt zeitlich und räumlich nahe an die Kaufentschei­dung der Zielgruppe verlegen. Für das Branding gilt: Markenname und Logo müssen sich in die Köpfe der poten­ziellen Kunden einprägen. Hüten Sie sich daher vor dem Fehler, einer bestehenden Marke Ihren eigenen Stempel aufzudrücken (oder eine Agentur dies tun zu lassen), sondern setzen Sie sie mindestens fünf Jahre konsequent und im Kern unverändert ein.
  • Marken­klarheits­bar­riere: Der Fokus und die Po­si­tion­ierung der Marke müssen klar sein; beschränken Sie sich auf ein oder zwei wichtige Kriterien. Die Eier legende Wollmilch­sau ist nicht gefragt.
  • Rel­e­vanzbar­riere: Oftmals scheitern Marken an dieser Barriere, weil ein Ba­siskri­terium nicht erfüllt ist oder die Zielgruppe die Marken­po­si­tion­ierung nicht annimmt. Fragen Sie sich: Wird das Ba­siskri­terium tatsächlich nicht erfüllt oder liegt es nur an der Wahrnehmung der Kunden? Braucht Ihre Marke vielleicht nach einigen Jährchen eine Überholung? Überlegen Sie sich eine neue „Story“ rund um die Po­si­tion­ierung.
  • Er­ste-Wahl-Bar­riere: Setzen Sie sich gegen die Wet­tbe­wer­ber durch, indem Sie ein Kriterium finden, mit dem Sie sich von ihnen absetzen. Wenn Sie nirgends besser sind als die anderen, bleibt Ihnen immer noch die Strategie „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold“: Reden Sie über das Kriterium Ihrer Wahl, vielleicht sind Sie der Erste. So macht es eine deutsche Brauerei, indem sie es sich auf die Fahnen schreibt, eine Biersorte nach dem deutschen Rein­heits­ge­bot zu brauen. Das ist zwar nichts Besonderes, da alle deutschen Biere so gebraut werden müssen. Doch dieses Unternehmen spricht darüber und hebt sich damit von der Konkurrenz ab. Heben Sie das Positive im Hinblick auf die In­haltsstoffe, den Umgang mit dem Produkt oder die Her­stel­lungsart hervor. Zeigen Sie die Schwächen der Wet­tbe­wer­ber und die Kon­se­quen­zen, falls man Ihr Produkt nicht benutzt. Wenn Sie sich damit beschäftigen, finden Sie die Schlüsse­largu­mente z. B. im Produkt, in der Situation der Zielgruppe oder beim Nutzen, den das Produkt dem Kunden liefert. Sie können auch emotional getriebene Schlüsse­largu­mente einsetzen. Etwa: „Behindern Sie Ihre Ver­dau­ungs­beschw­er­den nicht beim Spielen mit Ihren Kindern?“
  • Kauf­bar­riere: Ein Blick auf Pre­mi­um­marken zeigt, dass der Preis nur selten eine reale Barriere darstellt, die Platzierung im Geschäft dagegen öfter. Informieren Sie den Händler über Ihre Maßnahmen, um die Nachfrage zu steigern, und recht­fer­ti­gen Sie damit eine bessere Platzierung Ihres Produkts. Sagen Sie Ihrer Zielgruppe, wo es das Produkt zu kaufen gibt. Um wahrgenomme­nen Schwächen des Produkts ent­ge­gen­zus­teuern, zeigen Sie die Folgen auf, falls der Kunde ein billigeres Produkt kauft – das im Endeffekt teurer ist, weil es schneller kaputtgeht oder der Preis pro Nutzung beim Konkur­ren­zpro­dukt höher ist.
  • Wiederkauf­bar­riere: Hat das Produkt die Erwartungen enttäuscht? Ergründen Sie die Erwartungen. Vielleicht hat der Kunde das Produkt falsch verwendet? Ist der Kunde vergesslich, helfen Sie ihm dabei, sich Ihr Produkt zu merken – wie die Hersteller von Haarfärbemitteln, die auf ihre Packungen Laschen zum Abreißen und Mitnehmen drucken, mit der Farbnuance und der Marke. Halten Sie die Kunden außerdem mit Promotionen und Kun­den­bindung­spro­gram­men bei der Stange.
  • Empfehlungs­bar­riere: Überraschen Sie Ihre Kunden positiv, z. B. mit besonders hil­fs­bere­iten Hot­line-Mi­tar­beit­ern. Steht Ihr Produkt fälschlicher­weise im Verdacht, schädlich zu sein, fragen Sie sich, wer solche Un­wahrheiten streut. Animieren Sie Ihre Kunden aktiv, Sie weit­erzuempfehlen. Bieten Sie etwa Geschenke für Empfehlun­gen an. Ent­tabuisieren Sie heikle Produkte, indem Sie zeigen, dass ganz normale Menschen von bestimmten Problemen, die sich mit Ihren Produkten lösen lassen, betroffen sind. Richten Sie ein In­ter­net-Fo­rum ein, in dem sich Betroffene austauschen können.

Wachstum planen und kon­trol­lieren

In einem nachvol­lziehbaren Modell zur wach­s­tum­sori­en­tierten Markenführung darf ein Marketing- und Ver­trieb­s­plan nicht fehlen. Bauen Sie diesen auf den Barrieren und den Schlüsse­largu­menten auf.

„Geben Sie sich nie wieder mit Marketing- und Kom­mu­nika­tion­smaßnahmen zufrieden, die keine konkrete Wach­s­tums­bar­riere überwinden!“

Der Plan sollte aufzeigen, wie welche Maßnahmen auf welche Barrieren wirken, d. h. wie viele Kunden Sie durch die Maßnahme zusätzlich über die Barriere bringen können. Wie verändern sich etwa Umsatz und Deck­ungs­beitrag durch die Maßnahmen? Vergessen Sie schließlich nicht, die Planung mit den tatsächlichen Erfolgen zu vergleichen.

Über die Autoren

Ralph Krüger und Andreas Stumpf gründeten 1999 gemeinsam das Be­ratung­sun­ternehmen Advanced Marketing Consulting in Frankfurt. Davor waren sie einige Jahre lang Kollegen im Brand Management von Procter & Gamble.