Life-Leadership

Buch Life-Leadership

Sinnvolles Selbstmanagement für ein Leben in Balance

Campus,


Rezension

Fast scheint es, als hätte Lothar Seiwert bei Michael Ende abgeschrieben. Denn das Märchen von Momo und den Grauen Herren, die den Menschen die Zeit stehlen, indem sie zum Sparen derselben auffordern, gab uns als Kindern die gleichen Erken­nt­nisse wie jetzt Zeit­man­age­ment-Guru Seiwert in seinem neuen Buch: Eile und Hast geben vielleicht Zeitgewinn, aber auch un­wieder­bringlichen Verlust an Leben­squalität. Und wer sich nicht im Klaren ist, was er vom Leben will, kommt nicht weit. Das alles liest sich locker und un­ter­halt­sam, und dank fre­undlicher kleiner Karikaturen gibt es auch auf jeder Seite was zu gucken. Doch Seiwert beschränkt sich nicht auf die Diagnose. Er entwickelt ein brauchbares Konzept, dessen Nutzen wie der vieler ver­gle­ich­barer Konzepte eher hinter einer Ecke liegt: Die Beschäftigung mit Life-Lead­er­ship führt zu gewissen Einsichten, die vielleicht zur Neuori­en­tierung im Leben führen. Es führen viele Wege nach Rom. Seiwert hat eine Schnell­strasse gewiesen. Deshalb empfiehlt BooksInShort dieses Buch allen, die mit ihrer Zeit ein Problem haben – also eigentlich jedem.

Take-aways

  • Die Zeitkrankheit unserer Gesellschaft liegt begründet in der zunehmenden Überforderung der Menschen. Immer mehr Dinge müssen gle­ichzeitig erledigt werden.
  • Die Non-Stop-Gesellschaft verändert sich rasend schnell und verlangt von allen, die mitkommen wollen, sich ebenso schnell anzupassen.
  • Viele Menschen versagen zunehmend an der Aufgabe, die vier Lebens­bere­iche Arbeit/Leistung, Körper/Gesundheit, Familie/Soziales und Sinn/Kultur zu ko­or­dinieren.
  • Erschwerend kommt hinzu, dass viele Tätigkeiten und Lebensziele kollidieren und ein Verzicht in unserer Alles-oder-nichts-Welt­sicht schwer möglich erscheint.
  • Er­fol­gre­iches Beziehungs­man­age­ment ist eine Ko­or­di­na­tion der vier Lebens­bere­iche.
  • Nahezu alle Ziele sind an Beziehungen zu anderen Personen gebunden. Auch diese Abhängkeit von der Gemein­schaft fällt vielen Menschen heute schwer.
  • Werden Sie sich Ihrer Lebensziele bewusst und konzen­tri­eren Sie sich auf das, was Ihnen wirklich wichtig ist.
  • Modernes Zeit­man­age­ment räumt dem Privatleben ebenso viel Spielraum ein wie dem Beruf.
  • Indem Sie sich Kompetenz und neues Wissen in jedem der vier Lebens­bere­iche aneignen, gelingt Ihnen der Ausgleich.
  • Verstehen Sie Ihre Abhängigkeit von anderen nicht als Fussfessel, sondern als Geflecht von Stützen und Streben zur Ver­wirk­lichung Ihrer Lebensziele.
 

Zusammenfassung

Zeit haben

Sie wollen ein erfülltes Leben leben, doch stattdessen ist es nur gefüllt: mit Terminen, Sitzungen, Dates und Stress. Ständig nehmen Sie sich viel vor und schaffen nur die Hälfte. Ihr Zeit­man­age­ment beherrscht Sie, nicht umgekehrt. Sie können sich auch nicht zurücklehnen und einfach mal re­flek­tieren – weil die Zeit rast, weil sich alles so schnell verändert, weil Sie immer auf dem Sprung sein müssen. Ein Phänomen unserer Non-Stop-Gesellschaft, die von Ihnen verlangt, ständig erreichbar, ansprechbar, mobil und veränderungswillig zu sein. Nicht nur Sie, immer mehr Menschen sind von diesen Ansprüchen überfordert; sie können die Balance zwischen den vier Lebens­bere­ichen Arbeit/Leistung, Körper/Gesundheit, Familie/Soziales und Sinn/Kultur nicht mehr halten. Der krampfhafte Versuch führt zu Sinnkrise, Burn-out, Herzinfarkt, Depression, permanenter Un­zufrieden­heit.

„Ihnen ist bewusst: Selbst wenn ich meine Zeit effektiv nutze und mein Leben intensiv plane, werde ich all den An­forderun­gen, die an mich gestellt werden, nicht gerecht. Ich hetze von einem Termin zum nächsten, aber trotzdem kommt stets etwas zu kurz.“

Diese Brüche zu verkraften – sowohl beruflich durch Ar­beit­splatzwech­sel als auch privat durch Trennungen -, bedarf es einer Gegen­mass­nahme: Sie müssen eine klare Vision entwickeln, nach der Sie Ihr Leben zielstrebig gestalten können. Sie hilft Ihnen dann, bei Konflikten den richtigen Weg einzuschla­gen. Eine Vision macht es auch leichter, die emotionale Abhängigkeit von Bezugsper­so­nen schätzen zu lernen und Gewinn daraus zu ziehen. Das Konzept zur Life-Lead­er­ship (Lebens-Be­herrschung) soll helfen, diese Vision zu entwickeln und mit ihr eine Balance zu finden zwischen den vier Lebens­bere­ichen.

Vorsätze

Je mehr gute Vorsätze Sie fassen, desto undurchführbarer wird jeder Einzelne davon, denn er liegt unter einem Berg von anderen Zielset­zun­gen. Tragen Sie in eine Tabelle Ihre guten Vorsätze ein – und was Sie an der Umsetzung hindert: „Eigentlich würde ich gern … – aber leider …“ Ziehen Sie nun Bilanz: Was ist die Haup­tur­sache dessen, dass Sie Ihre Vorsätze nicht realisieren? Meist enden alle Ideen mit den Worten: „Aber leider habe ich keine Zeit.“ Irgendwann sind Ihre Rück­en­schmerzen chronisch und Ihre Kinder erwachsen; dann brauchen Sie keine Zeit mehr für Sport oder Familie. Die wichtigen Dinge im Leben sind nicht dringend. Sie werden es höchstens, wenn wir sie vernachlässigen. Die Gefahr, Wichtiges aufzuschieben, wird leider grösser, denn in unserer Gesellschaft werden immer mehr und immer neue An­forderun­gen an jeden von uns gestellt. Je grösser aber der An­forderungs­druck ist, desto wahrschein­licher ist es, dass wichtige Dinge dafür auf der Strecke bleiben. Sie sollten sich regelmässig fragen: Was ist mir wirklich wichtig? Was muss ich tun, um mein Lebensziel, ein erfülltes Leben zu führen, zu erreichen?

„Wenn wir am Abend, am Wochenende oder während des Urlaubs endlich etwas Zeit für uns haben: Stellt sich dann zuweilen auch bei Ihnen die diffuse Ahnung ein: Irgendetwas läuft falsch. Früher war ich ein kreativer Mensch, doch heute funk­tion­iere ich nur noch?“

Viele Menschen tun das, aber nur in ihrem Job. Sie setzen sich Kar­ri­ereziele und arbeiten verbissen darauf zu. Privat sind solche „Leader of his/her Life“ aber meist Versager. Ihre Lebens­bal­ance können Sie nur halten, wenn Sie jeden der vier Lebens­bere­iche gle­icher­massen zu seinem Recht kommen lassen. Das bedeutet let­z­tendlich ein Managen von Beziehungen der Lebens­bere­iche un­tere­inan­der und zu Ihrer Umwelt. Daraus ergeben sich natürliche Konflikte: Ihr Anspruch auf gesundes Leben kollidiert mit Ihrem Anspruch, schnell zur Arbeit zu kommen – also mit dem Auto …

Trends

Wir bewegen uns immer schneller auf eine „Non-Stop-Gesellschaft“ zu. Sie sind anwesend und abwesend zugleich – immer im Dienst, immer privat, ständig auf allen Sin­nesor­ga­nen für alles empfänglich. Immer mehr Tätigkeiten werden parallel erledigt. Während Sie tele­fonieren, fahren Sie Auto, essen, lesen, nehmen an einer Konferenz teil. In absehbarer Zeit wird die ungeteilte Aufmerk­samkeit eines Menschen das Wertvollste sein, nach dem wir streben können. Ebenso das Privileg, sich zurückziehen zu können und abschalten zu dürfen.

„Auffallend ist, dass häufig diejenigen, die sich am in­ten­sivsten mit der Frage nach dem Sinn befassen, an ihrer Beant­wor­tung scheitern. Wie zum Beispiel derjenige, der von einem Therapeuten zum anderen zieht. Viele finden kaum Antworten, weil sie die Sinnfrage von den anderen Lebens­bere­ichen abkoppeln.“

Im Berufsleben gehört Linearität der Ver­gan­gen­heit an – die Kar­ri­ereleiter wird vom Kar­ri­ereschlüssel abgelöst. Statt einer Spezial­isierung müssen Sie nun möglichst viele Qual­i­fika­tio­nen sammeln. Immer wieder springen Sie in eine neue Thematik, fangen wieder neu an. Unternehmen erwarten in Zukunft, dass ihre Mitarbeiter Selbst-Un­ternehmer sind. Sie sollen mehr Flexibilität, Risikobere­itschaft und Eigen­ver­ant­wor­tung – auch in der eigenen Weit­er­bil­dung – zeigen. Verstehen Sie diesen Anspruch zum Selbst-Un­ternehmer­tum universell: Gestalten Sie all Ihre Lebens­bere­iche eigen­ver­ant­wortlich und selbst-un­ternehmerisch. Nur so kann Ihnen die Balance gelingen. Soziale Beziehungen sind heute vom Kar­ri­er­e­streben bedroht wie nie. Bedenken Sie jedoch, dass ein erfülltes Leben nur in der Gemein­schaft möglich ist. Sie erreichen Ihr Lebensziel nur in Kooperation mit anderen. Entsprechend sollten Sie den Lebens­bere­ich „Familie/Kontakt“ betonen.

Zeit­man­age­ment

Modernes Zeit­man­age­ment teilt Tätigkeiten nach Prioritäten („wichtig“ – „dringlich“) ein und macht dabei keinen Unterschied zwischen Privat- und Berufsleben.

  • Dringliche Aufgaben sind Verpflich­tun­gen im Büro oder zu Hause, ohne die es nicht weitergeht – beispiel­sweise Ko­r­re­spon­denz mit einem Kunden oder Lebens­mit­teleinkauf.
  • Wichtige Aufgaben sind Verpflich­tun­gen, die in Zukunft dringlich werden können – das Einarbeiten eines neuen Kollegen etwa oder eine Vor­sorge­un­ter­suchung beim Zahnarzt.
  • Notieren Sie, welche Ihrer beruflichen und privaten Aufgaben Sie jeweils als „wichtig“ bzw. „dringlich“ erachten – den Rest delegieren Sie oder schaffen ihn ganz ab.

Ent-Schle­u­ni­gung

Neuerdings ziehen Manager sich in die Abgeschieden­heit eines Tagung­sho­tels oder gar Klosters zurück, wenn sie neue Strategien für ihr Unternehmen entwickeln möchten. Eingebunden in den All­t­agsstress zwischen klingelnden Telefonen und Un­ter­schriften­map­pen sind kreative Lösungen, neue Denkansätze nur schwer möglich. Das beste Zeit­man­age­ment kann nur klappen, wenn Sie Ihren Lebens- und Ar­beit­srhyth­mus regelmässig gezielt ent-schle­u­ni­gen. Zum Jasagen gehört auch das Neinsagen – anhalten und re­flek­tieren bedeutet auch, dass Sie sich auf wenige Ziele konzen­tri­eren und sich von anderen, weniger wichtigen ve­r­ab­schieden. Auf immer mehr An­forderun­gen können Sie oft nur noch reagieren – dann setzen Sie sich eine Maske oder einen „Lebenshut“ auf, die gar nicht zu Ihrem wahren Gesicht passen. Fatal wird es dann, wenn Sie nicht mehr un­ter­schei­den können zwischen dem, was Sie sind (Ihr „wahres Ich“), und dem, was Sie nach aussen zeigen. Dann haben Sie das Bewusstsein verloren für das, was Ihnen wirklich wichtig ist.

Abhängigkeit

Manche Menschen schämen sich inzwischen geradezu, wenn sie Abhängigkeiten eingehen müssen. Ohne Abhängigkeit ist kein gemein­schaftliches Leben und kein erfülltes Leben möglich. Notieren Sie in einer Liste: Von welchen Personen sind Sie abhängig? Wie sind Sie von der be­tr­e­f­fenden Person abhängig, z. B. emotional, finanziell, beruflich, privat usw.? Welche Personen dagegen sind von Ihnen abhängig? In welcher Weise? Vergleichen Sie jetzt, bei welchen Personen die Abhängigkeit einseitig und bei welchen sie wech­sel­seitig ist. Überlegen Sie sich dann, zu welchen Abhängigkeiten Sie Ja sagen können und welche Sie lösen möchten.

Das Leben als Film

Schreiben Sie ein Lebens­drehbuch. Gehen Sie dabei wie folgt vor:

  • Entwickeln Sie eine Vision von Ihrem Leben. Stellen Sie sich vor, Sie feiern Ihren 75. Geburtstag. Wer wird kommen und was wird gesagt werden? Wie werden Sie selbst aussehen – ein jammernder Greis oder ein zufriedener Pensionär? Machen Sie eine Liste der Festredner: Was sollte her­vorge­hoben werden aus Ihrem Leben, was besser nicht? Sie werden sich auf diese Weise schnell im Klaren sein, was in Ihrem Leben wichtig ist.
  • Halten Sie schriftlich fest, was Ihnen wirklich wichtig ist im Leben: Arbeiten Sie dabei sys­tem­a­tisch die The­men­bere­iche Familie/Kontakt, Arbeit/Leistung, Körper/Gesundheit und Sinn/Kultur durch. Woran erkennen Sie, dass Sie ein bestimmtes Lebensziel jeweils erreicht haben?
  • Streichen Sie: Wenn Sie zu viele Ziele auf einmal erreichen und zu viele Rollen auf einmal übernehmen wollen, werden Sie scheitern – Sie werden ein Zeitproblem haben und unter erheblichem Stress leiden. Weniger ist also mehr.
  • Schreiben Sie Ihr Lebens­drehbuch: Charak­ter­isieren Sie Ihr Leben samt Vision, wie Sie es sich wünschen, so als wollten Sie einem Fremden davon erzählen. Vermeiden Sie den Konjunktiv, da dieser Ihnen den Glauben an die Re­al­isier­barkeit des Drehbuches nimmt.
  • Formulieren Sie nun Gefahren, die das Lebens­drehbuch bedrohen. Gehen Sie wieder die vier The­men­bere­iche durch und nennen Sie scho­nungs­los potenzielle Hindernisse. Berücksichtigen Sie dabei auch mögliche Veränderungen, die Sie in den nächsten fünf Jahren am Erreichen Ihrer Lebensziele hindern könnten.
  • Schreiben Sie nun Aktionen und Schritte auf, die Sie Ihren Leben­szie­len näher bringen. Was können Sie tun, damit dieser und jener Vorsatz wahr wird?
  • Zählen Sie all jene Personen auf, die Ihnen Halt und Unterstützung geben – jeweils für die vier The­menge­bi­ete und Lebensziele.
  • Notieren Sie sich, welche dieser Beziehungen Sie weiter ausbauen möchten und wie.
  • Welche Lebensziele haben Ihre Bezugsper­so­nen? Wo zeigen sich Gegensätze – welche Ihrer Lebensziele lassen sich am schwersten mit denen Ihrer wichtigsten Bezugsper­so­nen vereinbaren? Warum kollidieren Ihre Visionen miteinander?
  • Zu welchen Kom­pro­mis­sen sind Sie bereit, damit Ihre Beziehung zu den jeweiligen Menschen nicht gestört wird? Notieren Sie sich die Lebensziele und entsprechende Konflikte, in denen Sie zu keinem Kompromiss bereit sind. Ist Ihr Lebens­drehbuch mit den Leben­szie­len Ihrer wichtigsten Bezugsper­so­nen vereinbar? Wenn nicht, nennen Sie die Gründe!
  • Formulieren Sie auf Basis der neuen Erken­nt­nisse nun Ihre Lebensziele und Ihr Lebens­drehbuch neu – sofern nötig.
  • Mit welchen Bezugsper­so­nen wollen Sie über Ihre Ziele sprechen und eine wech­sel­seit­ige Vere­in­barung treffen?
  • Gehen Sie schrit­tweise vor: Welche Teilziele in den vier Lebens­bere­ichen wollen Sie in einem Jahr, welche in fünf Jahren erreichen? Leiten Sie daraus die nächsten Teilziele ab.
  • Sie werden sich immer auf einige wenige Dinge konzen­tri­eren müssen und weniger wichtige abstossen – welche Dinge sind verzichtbar?
  • Leiten Sie aus allen Teilzielen einen Mass­nah­men­plan für den kommenden Monat ab und setzen Sie diesen mit den In­stru­menten des klassischen Zeit-/Selb­st­man­age­ments um.
  • Bestimmen Sie jetzt schon in Ihrem Kalender den Zeitpunkt, wann Sie sich das nächste Mal zurückziehen und Ihre bisherige Bilanz analysieren werden.
  • Resümieren Sie: Was haben Sie geändert, seit Sie zum ersten Mal Ihre Vision bzw. Ihr Lebens­drehbuch doku­men­tiert haben? Welche Erfolge haben Sie in den vier Teil­bere­ichen erzielt?
  • Gestehen Sie sich Misserfolge ein: Welche Teilziele konnten Sie nicht erreichen, obwohl Sie es versucht haben?

Über den Autor

Lothar J. Seiwert ist anerkannter Experte für Zeit­man­age­ment und plädiert seit Jahrzehnten in zahlreichen Büchern für eine harmonische Lebensführung.