Wagnis Führung

Buch Wagnis Führung

365 Tage aus dem Leben eines Change-Managers

Hanser,


Rezension

Dieses Buch besteht aus zwei Teilen, wobei das fiktive Tagebuch eines Change-Man­agers, der Nachfolger eines in Rente gehenden Geschäftsgründers werden soll, den grössten Raum einnimmt. In diesem "Er­fahrungs­bericht" wird der Leser mit beruflichen und privaten Problemen des Change-Man­agers kon­fron­tiert. Für Neue­in­steiger kann dieses Tagebuch wertvolle Hinweise auf die unbekannte Situation in einer ver­gle­ich­baren Position geben. Bereits mit diesem Metier vertraute Führungskräfte werden sicherlich viele Situationen und Konflikte aus ihrem beruflichen Alltag wiederfinden. Die ab­schliessende Checkliste zeigt prax­isori­en­tierte, sofort umsetzbare Schritte zur Lösung der im Buch ange­sproch­enen Probleme. Zwar sind die dargestell­ten Inhalte nicht wirklich neu, aber die Umsetzung ist originell. BooksInShort.​com empfiehlt dieses Buch ins­beson­dere allen Change-Man­agern in spe.

Take-aways

  • Stellen Sie die Weichen für den Erfolg in den ersten 100 Tagen im neuen Unternehmen.
  • Analysieren Sie die Un­ternehmen­skul­tur und die Un­ternehmenssi­t­u­a­tion.
  • Wie pro­fes­sionell sind Sie als Führungskraft? Ziehen Sie eine kurze Persönlichkeits­bi­lanz.
  • Starten Sie schnell, konkret und glaubwürdig mit Ihren Veränderung­sprozessen.
  • Entwickeln Sie ein schlagkräftiges Mar­ket­ingkonzept.
  • Finden Sie die entschei­den­den Con­trol­ling-Pa­ra­me­ter in der Krise.
  • Schaffen Sie den richtigen Rahmen für Teamarbeit.
  • Coaching ist eine entschei­dende Ressource bei der modernen Per­son­alen­twick­lung.
  • Die ersten Schritte auf dem Weg zu einer Com­mit­ment-Kul­tur - entwickeln Sie mit Coaching sich selbst und Ihre Mitarbeiter weiter.
  • Fähigkeiten und Potenziale der Top-Manager sind genauso wichtig wie die Zielgruppen und Kunden des Un­ternehmens.
 

Zusammenfassung

Das 100-Tage-Konzept

Sie sind als Change-Man­ager in einem krisengeschüttelten Unternehmen eingestellt worden und haben etwa 100 Tage Zeit, die Weichen auf Erfolg zu stellen. Nach dieser Zeitspanne benötigen Sie viel mehr Zeit und Kraft, um Ihre Ideen umzusetzen. Die ersten 100 Tage sind also Ihre be­deu­tend­ste Ressource. In dieser Periode müssen Sie erste Akzente setzen. Verschenken Sie diese wertvolle Chance also nicht. Handeln Sie deshalb schnell und konsequent. Das ist für Ihre Mitarbeiter wichtig, damit sie wissen, wo sie stehen und was sie konkret erwartet. Und Sie wollen schliesslich auch Ihre eigenen Er­fol­gsaus­sichten abschätzen.

„Die wirklichen Machtverhältnisse, die Strukturen und Prozesse sind meist völlig anders als offiziell doku­men­tiert.“

Dazu brauchen Sie zunächst eine Stan­dort-Bes­tim­mung. Stellen Sie fest, welche grauen Eminenzen und geheimen Schlüsselper­so­nen es in Ihrem neuen Unternehmen gibt. Das sichert Ihr Überleben. Im nächsten Schritt stehen viele Gespräche mit Mi­tar­beit­ern auf Ihrer Agenda. Achten Sie darauf, dass Sie aktiv zuhören. Geben Sie an­schliessend ein kurzes Feedback. Damit setzen Sie wichtige Signale. Erstellen Sie eine kompakte Ist-Analyse. Bilden Sie dazu einen kleinen, gut zusam­menge­set­zten Ar­beit­skreis. Integrieren Sie bewusst Querdenker. Dadurch erhalten Sie In­for­ma­tio­nen aus erster Hand. Setzen Sie notwendige So­fort-Mass­nah­men, z. B. die überfällige Erneuerung von Anlagen und Ein­rich­tun­gen, direkt und pragmatisch um. Das setzt konkrete Zeichen Ihrer Ern­sthaftigkeit und ist wichtiger, als viele annehmen. Sie werden von den Mi­tar­beit­ern nicht zuletzt nach Ihrer Glaubwürdigkeit beurteilt.

„Verlassen Sie sich nie auf bereits vorhandene strate­gis­che Papiere in den Unternehmen.“

Nach der einführenden Analyse müssen kurzfristige Un­ternehmen­sziele für die nächsten ein bis zwei Jahre erarbeitet werden. Legen Sie Ihre strate­gis­che Vorge­hensweise in den nächsten Monaten schriftlich fest. Ganz wichtig dabei ist: Sorgen Sie für Klarheit in Ihren Zielvor­gaben. Leiten Sie so viele konkrete Massnahmen wie möglich aus den Zield­e­f­i­n­i­tio­nen ab. Erstellen Sie einen Mass­nah­me­plan. Richten Sie Ihre Aufmerk­samkeit nicht nur darauf, was in den ersten 100 Tagen getan wird, sondern auch darauf, wie es getan wird.

Die Un­ternehmen­skul­tur

Analysieren Sie die zentrale Frage: Was prägt die Un­ternehmen­skul­tur? Berücksichtigen Sie dabei optische Signale wie etwa Kleidung, Büro-Ausstat­tung in der Chefetage, Zustand der Sozialräume und der Toiletten. Stellen Sie auch be­trieb­styp­is­che Sta­tussym­bole fest. Dazu gehören nicht zuletzt Be­loh­nungssys­teme, Kar­riere-Mech­a­nis­men, Firmenwitze, in­di­vidu­elle Schreibtis­chgrössen, Parkplätze und PKWs. Nach der Analyse gilt: Passen Sie sich dieser Un­ternehmen­skul­tur an. Das beginnt beim Outfit. Wenn alle sportlich locker gekleidet sind, dann lassen Sie Ihren Boss-Anzug mit farblich abges­timmten Socken zu Hause. Definieren Sie die er­forder­liche Soll-Kultur über Visionen, Un­ternehmen­sziele und die Mark­t­po­si­tion des Un­ternehmens. Iden­ti­fizieren Sie Kul­tur-Risiken und entwickeln Sie daraus auch einen Mass­nah­me­plan. Kultur-Veränderung findet durch das Vorleben von Werten, Symbolen und Ritualen statt. Setzen Sie Mut machende Symbole. Lassen Sie beispiel­sweise Ihre Bürotür stets offen oder hängen Sie sie gleich ganz aus.

Die Un­ternehmenssi­t­u­a­tion

Gewinnen Sie einen Überblick über die Fir­men­si­t­u­a­tion. Zu dieser Analyse müssen Sie ver­schiedene Analyse-Felder bearbeiten. Ihr erster Blick gilt dem Dreieck Finanzen - Markt/Vertrieb - Produkte/Leistungen. Ihr Markt gibt das Tempo und die Richtung für Ihr Unternehmen vor. Für den nötigen fi­nanziellen Check-up brauchen Sie die Kosten- und Leis­tungsrech­nung, die Bi­lanzstruk­tur, die Gewinn-und-Ver­lust-Rech­nung, die Liquidität des Un­ternehmens sowie eine ABC-Analyse. Die Un­ternehmenskenn­zahlen sind ein entschei­den­der Indikator für die Situation. Denken Sie dabei aber auch an die Ressource Mensch, denn sie wird oft übersehen. Denn Kapital ist oft leichter zu beschaffen als Spitzenkräfte. Die Fähigkeiten und Potenziale des Top-Man­age­ments sind genauso wichtig wie die Zielgruppen und Kunden des Un­ternehmens.

Höchstleis­tun­gen durch Fordern und Führen

Machen Sie sich den ko­op­er­a­tiven Führungsstil zu Eigen. Achtung - Mi­tar­beit­eror­i­en­tierung ist wichtig, sollte sich aber nicht im Lais­sez-faire-Stil wider­spiegeln. Sie offenbaren entschei­dende Führungsqualitäten, wenn Sie aktiv zuhören können. Sprechen Sie ruhig und konzen­tri­ert mit Ihren Mi­tar­beit­ern. Trennen Sie die Sachebene von der persönlichen Ebene. Das Ar­tikulieren von Gefühlen ist wichtig. Lassen Sie sich aber nicht zu vorschnellen negativen persönlichen Urteilen verleiten. Geben Sie jedem Mitarbeiter eine echte Chance. Denken Sie nach jedem Gespräch an ein Feedback. Als kooperative Führungskraft behalten Sie die Entwicklung Ihrer Mitarbeiter ständig im Auge. Fördern Sie diese individuell. Sie fordern Ihre Mitarbeiter durch "sportlichen" Leis­tungs­druck. Dafür müssen Sie sich mit jedem Mitarbeiter persönlich beschäftigen, um bei jedem das richtige Mass zu finden. Kommt der Mitarbeiter Ihren An­forderun­gen nicht nach, fragen Sie sich: "Kann er nicht oder will er nicht?" Daraus ergeben sich für Sie un­ter­schiedliche Möglichkeiten der Führungsin­ter­ven­tion.

„Glauben Sie nie den Ver­trieb­sleuten, dass diese sowieso schon wissen, was die Kunden denken.“

Eine weitere Qualität einer Führungskraft liegt in der Fähigkeit zur Selb­stre­flex­ion. Sie müssen Ihr Verhalten kritisch hin­ter­fra­gen können. Bitten Sie andere um ein ehrliches Feedback. Auch Sie können aus Ihren Fehlern lernen. Ziehen Sie für sich selbst kurze Ar­beits­bi­lanzen. Wo stehen Sie? Po­si­tion­ieren Sie sich da, wo Sie stehen wollten? Analysieren Sie die Gründe für Ab­we­ichun­gen kritisch. Zentrale Fragen in diesem Zusam­men­hang sind: Können Sie andere für Ihre Ideen begeistern und mitreissen? Haben Sie eine gute Antenne für andere Menschen? Sind Sie für Ihre Mitarbeiter berechenbar? Kennen Ihre Mitarbeiter den Rahmen, in dem sie sich bewegen können? Haben Sie ein positives Men­schen­bild? Setzen Sie klare Ziele und kon­trol­lieren deren Erreichung? Können Sie eigene Fehler vor anderen eingestehen?

Veränderung­sprozesse

Sie müssen Veränderung­sprozesse überzeugend initiieren und vo­rantreiben. Lernen Sie, mit Skepsis und brüsker Ablehnung Ihrer Mitarbeiter klarzukom­men. Bedenken Sie: Veränderung­sprozesse folgen bestimmten Naturge­set­zen. Es gibt immer wiederkehrende Phasen, in denen Sie ganz besonders gefordert sind. In einer längeren Stag­na­tions-Phase neigt Ihr Unternehmen zu Trägheit und Verkrustung. Dies hat eine abnehmende Wet­tbe­werbsfähigkeit zur Folge. In dieser Situation müssen Sie die Mitarbeiter wach und aufmerksam halten. Bereiten Sie in dieser Phase kommende Veränderungen vor. Rütteln Sie Ihre Mitarbeiter immer wieder auf. Verwenden Sie dazu Ve­r­anstal­tun­gen, Train­ing­sein­heiten oder Seminare.

„Der kooperative Führungsstil ist der einzige Weg, das Potenzial der Mitarbeiter wirklich auszuschöpfen und das Prinzip der Selb­stver­ant­wor­tung und der Eigen­dy­namik im Unternehmen zu verankern.“

Nun sind die erwarteten oder befürchteten Störungen eingetreten. Beispiel­sweise verändern neue Tech­nolo­gien massiv den Markt. Das wohl geordnete Weltbild Ihres Un­ternehmens gerät in dieser Phase in Unordnung. Versuchen Sie in dieser Ir­ri­ta­tion­sphase, schneller als Wet­tbe­wer­ber zu reagieren. Vorsicht - Ihr Unternehmen kann sehr leicht in die Phase der Krise stürzen. Dosieren Sie Ihre Gegen­mass­nah­men massiv genug. Spätestens jetzt kommt es darauf an, schnell und konsequent zu handeln. Bewahren Sie sich Ihren positiven Glauben an die Wende. Dann vermeiden Sie eine verhängnisvolle Neg­a­tivspi­rale.

„Die Balance zwischen Familie und Business ist für viele Manager ein zentrales Thema, das für mein Gefühl viel zu oft tabuisiert oder verdrängt wird.“

Setzen Sie durch den Lei­dens­druck Energie für den schnellen Aufschwung frei. Verankern Sie jetzt die Lern­er­fahrun­gen aus der Un­ternehmen­skrise. Bei der nächsten Krise agiert Ihre Company dank dieser "Schutz­imp­fung" gelassener. Wenn Sie alle Phasen hinter sich haben, beginnt der Kreislauf der Veränderung von vorn, bestenfalls auf einem höheren Niveau. In gesunden Abständen müssen Ihre Mitarbeiter aber auch Luft holen können. Beachten Sie diese wichtigen Kon­so­li­dierungsphasen. Sehen Sie den Veränderung­sprozess als Normalfall. Widerstände gehören dabei zu Ihrem Alltag. Beobachten Sie das Unternehmen mittels der sys­temis­chen Be­tra­ch­tungsweise. Dann erhalten Sie Klarheit. Und oft ist ein Querulant nur Ausdruck des Prob­lem­symp­toms. Gehen Sie nach der folgenden Strategie mit Blockaden um: Reden Sie offen mit allen Betroffenen. Diskutieren Sie gemeinsam. Sprechen Sie offen über zugrunde liegende Gefühle. Prüfen Sie, ob das "wirkliche" Problem sich mit den Veränderungszie­len verträgt.

Das schlagkräftige Mar­ket­ingkonzept

Analysieren Sie die Un­ternehmen­spo­si­tion am Markt. Mit welchen Schlüssel-Ziel­grup­pen macht Ihr Unternehmen jetzt die Geschäfte? Welche Haupt-Kun­denkreise werden es in der Zukunft sein? Welche Erwartungen und Bedürfnisse haben Ihre aktuell wichtigsten Klienten, welche die zukünftigen? Analysieren Sie, welche Wet­tbe­wer­ber es für diese Zielgruppen gibt. Wie ist die Strategie und Position der Konkur­renten? Muss die Zielgruppe für Ihr Unternehmen evtl. neu definiert werden? Legen Sie die Soll-Po­si­tion­ierung Ihrer Firma fest. Entwickeln Sie auf dieser Basis den gesamten Mar­ket­ing­plan. Setzen Sie Schw­er­punkte bei Pro­duk­ten­twick­lung, Preis­poli­tik, Ver­trieb­sstrate­gie, Dis­tri­b­u­tion, Werbung und PR.

Coaching - Hilfe zur Selbsthilfe

Coaching ist Ihre Ressource bei der modernen Per­son­alen­twick­lung. Verschenken Sie dieses Instrument nicht. Bedenken Sie aber: Ein Chef sollte nie gle­ichzeitig der Coach sein. Ein Coach muss entweder ein neutraler Externer sein oder mindestens aus einem anderen Un­ternehmens­bere­ich kommen. Nutzen auch Sie die Hilfe eines pro­fes­sionellen Coaches bei schwierigen Veränderung­sprozessen. Ihre Initiative bringt erst ein Coaching zustande. Sie schliessen mit Ihrem Coach einen entsprechen­den Vertrag ab. Darin vereinbaren Sie die Spielregeln: Ziele, Erwartungen und Grenzen. Ihr Coach arbeitet nach Ihren Zielen und ist absolut ver­schwiegen

Die Com­mit­ment-Kul­tur

Schaffen Sie Selb­stver­ant­wor­tung und Eigen­dy­namik. Denken Sie daran: Alle in Ihrem Unternehmen arbeiten für den Kunden. Der Geschäftsführer genau wie der "einfache" Mitarbeiter. Dieses Di­en­stleis­tungsmod­ell heisst für Sie, dass Sie sich auf das Führen konzen­tri­eren. Nutzen Sie die Com­mit­ment-Kul­tur dazu, nicht länger Feuerwehr spielen zu müssen. Die ersten Schritte zu einer Com­mit­ment-Kul­tur sind:

  • Schaffen Sie ein begeis­tern­des, er­re­ich­bares Ziel für Ihr Unternehmen.
  • Geben Sie Ihren Produkten Eigen­schaften, mit denen sich Ihre Mitarbeiter iden­ti­fizieren können.
  • Schaffen Sie klare Spielregeln.
  • Lassen Sie Ihren Teams möglichst viel Spielraum und Autarkie.
  • Geben Sie allen Teams die zur Selb­st­s­teuerung nötigen In­for­ma­tio­nen.
  • Greifen Sie nur ein, wenn die Spielregeln verletzt werden.
  • Erkennen Sie erste Erfolge der Teams an.

Ihr Pro­jek­t­man­age­ment

Zentrale Kon­troll­fra­gen für entsprechen­des Pro­jek­t­man­age­ment sind: Ist das Projektziel wirklich klar? Welche Priorität geniesst das Projekt im Unternehmen? Welche Bereiche werden von dem Projekt tangiert? Gibt es einen definierten Soll-Zu­s­tand nach er­fol­gre­ichem Pro­jek­tab­schluss? Wer ist der Pro­jek­tleiter? Welche Kompetenzen und Aufgaben hat er? Gibt es einen eindeutigen Stel­lvertreter? Wer gehört zum Projektteam? Sind alle direkt und indirekt Betroffenen auch am Projekt beteiligt? Existiert ein klar definiertes Pro­jek­t­bud­get? Ist der Termin des Pro­jek­tab­schlusses klar? Gibt es für dieses Projekt stan­dar­d­isierte Ar­beitswerkzeuge? Welche zentralen Meilen­steine beschreiben das Projekt? Sind mögliche Engpässe und Prob­lem­felder iden­ti­fiziert? Ist das Projekt intern klar und offen kom­mu­niziert? Gibt es klar erkennbare Gegner des Projektes? Wie soll mit ihnen umgegangen werden?

Über den Autor

Gerhard Nagel, Jahrgang 1954, ist Be­trieb­swirt und war Führungskraft im Bereich Marketing in der Industrie und Kun­den­ber­ater einer führenden Wer­beagen­tur. Seit 1981 ist er selbstständiger Un­ternehmens­ber­ater mit den Schw­er­punk­ten Un­ternehmensstrate­gie, Führung und Tea­men­twick­lung.