Finanzierungstrend Private Equity
In den USA gehört Private Equity (PE) schon lange zum Wirtschaftsalltag. Auch in anderen Industrieländern nimmt diese Finanzierungsform deutlich zu, und sie wird zudem für viele Schwellenländer, die auf dem Sprung zur Industrienation sind, immer wichtiger.
„Ein Dutzend Dinge gleichzeitig angehen zu wollen, wird in der Regel zu Enttäuschungen führen.“
Im Zuge der Kreditkrise ist es für Unternehmen schwieriger geworden, Darlehen zu bekommen. Oft ist Private Equity eine sinnvolle Alternative. Die Geldgeber wollen das Beste aus einem Unternehmen herausholen und somit seinen Wert steigern – und das wiederum ist im Interesse des Inhabers und des Managements. Ein Beispiel: Frans Bonhomme, ein französischer Lieferant für Sanitär-, Elektroinstallations- und Heizungsbedarf, wurde in elf Jahren viermal verkauft, und jeder der PE-Investoren hat dabei Gewinn gemacht.
„Es stimmt zwar, dass PE-Unternehmen verkaufen, aber sie müssen schließlich verkaufen, weil sie ihren Anteilseignern Kapital auszahlen müssen – das ist ein Teil ihres Geschäftsmodells.“
Doch Private Equity ist nicht nur für Unternehmen interessant, die auf der Suche nach neuem Geld sind. Jede Firma kann von den Grundregeln der Branche profitieren – denn sie optimieren die Abläufe im Unternehmen. Ein gutes Beispiel dafür ist Nestlé: Peter Brabeck-Letmathe wurde 1997 CEO des Unternehmens. Er setzte Private-Equity-Strategien ein, um Nestlé fit für die Zukunft zu machen. In den vergangenen zehn Jahren hat der Nahrungsmittel- und Getränkehersteller seine Marktkapitalisierung auf mehr als 200 Milliarden Schweizer Franken erhöht. Das heißt, Brabeck hat sie mit PE-Strategien um das 3,5-Fache gesteigert. Wie hat er das gemacht?
Regel 1: Aus dem Vollen schöpfen
Wenn es darum geht, das volle Potenzial einer Firma auszuschöpfen, darf nicht in kurzfristigen Zeiträumen geplant werden. Vielmehr ist es wichtig, herauszufinden, an welchen Schrauben Sie drehen müssen, um langfristig den Gewinn zu steigern. Im Idealfall sind es drei Schrauben, höchstens fünf. Bei Nestlé konzentrierte sich Brabeck auf vier Initiativen: Das Produktportfolio wurde erneuert, der Vertrieb verbessert, der Dialog mit den Kunden gestärkt und auf operativer Ebene eine Leistungsverbesserung herbeigeführt.
„Es geht darum, wie innerhalb eines bestimmten Zeitraums aus einem Dollar mehrere Dollar werden.“
So könnte es auch bei Ihrem Unternehmen laufen: Finden Sie heraus, was Sie strategisch und operativ optimieren können, und erhöhen Sie dadurch den Unternehmensgewinn. Das ist leichter gesagt als getan? Natürlich: Sie müssen Ihre Firma schon ganz genau analysieren, um die passenden Stellschrauben zu finden.
„Die Bestimmung des vollen Potenzials des Unternehmens ist nur der Vorläufer der ,Nahkampf‘-Aktivitäten, die in der Phase der Entwicklung des Maßnahmenplans folgen.“
Achten Sie dabei auf die Kunden genauso wie auf Ihre Konkurrenz und das gesamte Umfeld. Stellen Sie sich die Frage, was die Marktteilnehmer antreibt. Etwa die Kunden: Wie werden sie sich künftig verhalten – insbesondere dann, wenn Sie alles beim Alten lassen? Oder die Konkurrenz: Was macht sie? Wie können Sie besser werden als sie? Betrachten Sie auch das Umfeld und die Infrastruktur: Wie lassen sich die Technik oder neue Trends nutzen? Welche Gesetze könnten Ihnen Schwierigkeiten oder Vorteile bringen?
„Es hält Sie nichts davon ab, Boni – beachtliche Boni – zu verwenden, um herausragende Leistungen innerhalb einer Schlüsselinitiative zu belohnen.“
Analysieren Sie auch, womit und wie Ihr Unternehmen tatsächlich Geld verdient. Vielleicht liegt die Quelle abseits von dem, was Sie bisher als Geschäftsmodell gesehen haben. Aber Achtung, verzetteln Sie sich nicht! Fragen Sie sich: Was sind die Kerninitiativen, die in wenigen Jahren die höchsten Auswirkungen haben werden? Was werden Sie jetzt nicht anpacken und aus welchem Grund?
„Machen Sie die aktiv Beteiligten zu Eigentümern.“
Die Menge der Fragen zur Überprüfung Ihres Unternehmens zeigt es: PE-Geber vertrauen keinen Analystenreports oder Marktforschungsberichten, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Sie stellen stattdessen scheinbar unendlich viele Fragen: Kunden, Lieferanten, möglicherweise sogar die Mitarbeiter der Konkurrenz werden um Antworten gebeten. Denn das Ziel ist es, niemals mehr für ein Unternehmen zu bezahlen, als notwendig ist.
„Sie müssen Menschen finden, die sich mehr für Chancen interessieren als für Garantien.“
Nach einer solchen Analyse legt eine PE-Firma fest, wie hoch der Zielwert für das Eigenkapital in drei bis fünf Jahren sein soll. Natürlich beruht dies auf der Annahme, dass das Management der Firma bereit für Veränderungen und für eine neue Unternehmenskultur ist. Sie sollten genauso vorgehen – ggf. mithilfe externer Dienstleister. Ganz wichtig: Dieser Prozess wird nicht einmalig durchgeführt, sondern immer wieder, alle zwei bis drei Jahre. Nur so können Sie trotz aller neuen Entwicklungen immer vorne mit dabei sein.
Regel 2: Veränderungen planen
Zur Umsetzung der nötigen Verbesserungen brauchen Sie eine so genannte Roadmap. Mit ihr legen Sie fest, wann und wo was von wem gemacht werden muss, damit es zu einer Leistungssteigerung kommt. Dieser strategische Geschäftsplan hilft Ihnen dabei, Ihre Kerninitiativen umzusetzen und damit das volle Potenzial Ihres Unternehmens auszuschöpfen.
„Suchen Sie nach Menschen, die noch nicht von der ,Beamten‘-Mentalität angesteckt worden sind.“
Beispiel Korea First Bank: Vor der Wirtschaftskrise 1997 war sie die angesehenste Geschäftsbank des Landes. 2000 war das Unternehmen jedoch so angeschlagen, dass es vom Insolvenzverwalter an Newbridge Capital übergeben wurde. Der PE-Investor änderte das Filialsystem, entwickelte einen besseren Kundenservice und gestaltete den Vertrieb um. Das führte zu einer Verbesserung des Ergebnisses um 50 Millionen Dollar in nur einem Jahr. Zwar waren dafür 800 Mitarbeiter entlassen worden, doch es gab auch neu geschaffene Stellen, um die sich die Entlassenen bewerben konnten. 2005 kaufte die Bankengruppe Standard Chartered die Korea First für 3,25 Milliarden Dollar. Das war fast das Vierfache dessen, was Newbridge investiert hatte.
Regel 3: Leistung erhöhen
Um die Unternehmensleistung zu erhöhen, brauchen Sie die richtigen Leute. Die Besten von ihnen müssen sich für die wichtigsten Initiativen verantwortlich fühlen. Das bedeutet auch, dass sie Entscheidungen treffen und diese so schnell und so gut wie möglich umsetzen. Schaffen sie das, ist das Unternehmen auf einem guten Weg.
„Gewinnen, halten und motivieren Sie ergebnisorientierte Menschen. Beteiligen Sie Schlüsselpersonen am Aktienkapital.“
Um ihn einzuschlagen, müssen Sie die Verantwortung verteilen. Wenn Sie feststellen, dass es für manche Aufgaben keine ideale Besetzung gibt, sollten Sie nach neuen Talenten suchen. Anreize können beispielsweise Boni sein: Wer seinen Job besonders gut macht, bekommt zusätzliches Gehalt. Führt das zu Ärger in der Belegschaft, weil andere, die keine verantwortungsvolle Aufgabe haben, keinen Bonus bekommen, müssen Sie sie überzeugen, z. B. so: Die Initiativen, die im Erfolgsfall jetzt belohnt werden, führen zu weiteren Sonderaufgaben, an denen dann noch mehr Mitarbeiter beteiligt sein werden. Dadurch können sich auch die Übrigen künftig Boni erarbeiten. Außerdem kommt es durch die Veränderungen wahrscheinlich auch zu Beförderungen, die mehr Mitarbeiter betreffen als in der ersten Runde.
„Cash ist König.“
Und schließlich befinden Sie sich in einem Kreislauf: Von jetzt an wird immer wieder an den Schrauben gedreht – das nächste Mal möglicherweise in der Abteilung, in der sich die Mitarbeiter beschweren.
Regel 4: Mitarbeiter richtig einsetzen
Manchmal ist es sinnvoll, außerhalb der eigenen Branche nach den passenden Leuten zu suchen. Der Sportschuhhersteller Converse beispielsweise wurde, nachdem er 2001 Insolvenz angemeldet hatte, von der PE-Firma Perseus übernommen. Sie holte Jack Boys an Bord, der zuvor den Outdoorausrüster The North Face am Markt etabliert hatte. Mit ihm kamen einige weitere Leute von The North Face zu Converse. Auf ihren bisherigen Erfahrungen aufbauend, verlagerten sie die Produktion nach China. Zwei Jahre später kaufte Nike Converse für 305 Millionen Dollar. Perseus bekam damit das Sechsfache seiner Investition zurück.
„Eine ergebnisorientierte Denkweise zu fördern bedeutet, einen wiederholbaren, nachhaltigen Prozess in Ihrem Unternehmen zu schaffen, der immer wieder zu Leistungsverbesserungen anspornen wird.“
Auf der Suche nach den passenden Mitarbeitern sollten Sie um Menschen mit einer Beamtenmentalität einen großen Bogen machen. Suchen Sie lieber mutige Leute, die etwas erreichen wollen. Fündig werden Sie möglicherweise in Branchen, die schlechter zahlen als Ihre eigene. Bieten Sie großzügige Gehälter, anspruchsvolle Aufgaben und die Unterstützung, die nötig ist, um ans Ziel zu kommen. Haben Sie die besten Leute an Bord, müssen diese in die richtige Richtung gelenkt werden. Dazu müssen Sie sie motivieren. Boni für besonders gute Mitarbeiter sind eine Sache. Ihre Topleute im Management ködern Sie aber am besten mit Eigenkapitalanteilen. Oft gehört dem Managementteam ein großer Teil des Eigenkapitals. Die Folge: Die Manager denken nicht nur unternehmerisch, sie sind Unternehmer. Werden die Ziele erreicht, steigt auch der Wert des Anteils – die beste Motivation, alles zu geben.
Regel 5: Eigenkapital optimal nutzen
Wollen Sie größere Investitionen tätigen, beispielsweise ein anderes Unternehmen aufkaufen, müssen Sie wissen, wie liquide Sie sind. Ziehen Sie auch in Betracht, Fremdkapital aufzunehmen, also Schulden zu machen. Es ist nicht immer sinnvoll, alles aus der eigenen Kasse bezahlen zu wollen und darum nur kleine Brötchen zu backen. Allerdings müssen Sie sich fragen, ob sich eine Investition wirklich lohnt. Rechnen Sie genau nach. Wenn Sie einen Euro investieren, wie viele werden Sie dafür zurückbekommen? Schulden sind eine gute Form der Finanzierung, aber nur, wenn Sie Ihr Betriebsvermögen im Griff haben.
„Wenn wir einen Weg sehen, von einer Eins zu einer Eins plus zu gelangen, gehen wir ihn.“
Denken Sie alternativ auch darüber nach, Ihr Eigenkapital zu erhöhen. Stellen Sie Ihre bereits getätigten Investitionen infrage und legen Sie neues Kapital sinnvoll und mit Umsicht an. Das bedeutet, dass Sie immer von realistischen Erwartungen ausgehen sollten; egal ob Sie Fremdkapital oder Ihr eigenes einsetzen. Arbeiten Sie hart daran, Ihre Bilanz mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden legalen Mitteln zu verbessern. Dazu kann auch gehören, dass Sie unproduktive Standorte oder Teile der Geschäftsausstattung verkaufen, wenn sie nicht gebraucht werden.
Regel 6: Ergebnisorientiert denken und handeln
Es ist wichtig, dass Ihre Mitarbeiter unternehmerisch denken. Nur so wird der Fokus auf den Gewinn gelegt. Sind Ihre Mitarbeiter dazu in der Lage, wird Ihre Firma zur lernenden Organisation: Sie können immer wieder eine Roadmap entwerfen, schauen, wie weit diese Sie bringt, sie überarbeiten und weiter testen – so lange, bis Sie ein nahezu tadellos funktionierendes Unternehmen haben, aus dem Sie das volle Potenzial herausholen.
Ein schönes Beispiel für ein sich stetig weiterentwickelndes Unternehmen ist Nike, dessen Ursprungsprodukt Basketballschuhe waren. Dazu kamen im Lauf der Zeit u. a. Tennis-, Fußball und Golfschuhe. Dann wurden eine Bekleidungsreihe und Golfutensilien auf den Markt gebracht. Nike stellte sich international auf und deckt heute eine große Bandbreite an Sportartikeln ab.
Um einen Erfolg wie Nike zu erzielen, brauchen Sie Mitarbeiter, die mitziehen, und eine Managementebene, die führen und unternehmerisch denken kann. Bringen Sie sie dazu, kritische Fragen möglichst früh zu stellen. Nur so wird Ihr Unternehmen effizienter. Verdeutlichen Sie Ihrer Managementtruppe, dass sie kommunizieren muss, warum es welche Veränderungen geben wird. Sie muss den Mitarbeitern deren Sinn erklären. Erläutern Sie den Verantwortlichen darum ausführlich, welche Chancen für alle in der Veränderung stecken.
Kommunizieren Sie und Ihre Manager im Veränderungsprozess auf allen Ihnen zur Verfügung stehenden Kanälen. Nutzen Sie das Intranet genauso wie einen Newsletter. Ganz wichtig: Der CEO muss mit gutem Beispiel vorangehen. Zeigen Sie, dass frischer Wind Einzug hält. Schaffen Sie unnötige Konferenzen ab und machen Sie die notwendigen kürzer. Möglicherweise behindern Türen die Kommunikation untereinander – weg damit! Bewegen Sie sich aus Ihrem Büro hinaus ins Unternehmen, zu den Mitarbeitern. Zeigen Sie Präsenz. Wenn Sie mit gutem Beispiel vorangehen, werden Ihre Manager und Mitarbeiter Ihnen folgen.