Ganz oder gar nicht
So geht es den meisten Unternehmen: Auf eine unverbindliche Anfrage folgt ein erstes persönliches Gespräch über Ihr Angebot. Sie haben gute Ideen, Ihr Gegenüber klingt interessiert. Noch ist alles im grünen Bereich. Eine Woche später erhalten Sie eine Einladung zum Pitch, zur Verkaufspräsentation. Jetzt wird es ernst. Doch statt in Panik zu geraten, sollten Sie sich freuen: Lassen Sie sich die Gelegenheit, Ihre Ideen einem interessierten Publikum vorzustellen, auf keinen Fall entgehen. Konzentrieren Sie sich einzig auf die großartige Chance. Wenn Sie nicht mit ganzem Herzen und vollem Engagement dabei sind, brauchen Sie es gar nicht erst zu versuchen. Schließlich wollen Sie als Sieger nach Hause gehen und nicht als Zweiter auf dem Podest stehen. Zeigen Sie also, was in Ihnen steckt, und ziehen Sie den Auftrag an Land.
Gewinnen mit Soft Skills
Sobald der Termin vereinbart ist, hat der Pitch Priorität Nummer eins in Ihrem Geschäftsleben. Wahrscheinlich müssen Sie sich auch vorübergehend von Ihrem Privatleben verabschieden. Denn von jetzt an dreht sich alles um die optimale Vorbereitung auf den großen Auftritt. Sie haben sich für die letzte, alles entscheidende Runde qualifiziert. Im Finale wird sich zeigen, welcher Anbieter den Kunden am professionellsten überzeugen kann. Dafür müssen Sie alle erforderlichen Entscheidungskriterien erfüllen – dazu gehört auch eine Reihe von Soft Skills. Auf Folgendes legt Ihr potenzieller Auftraggeber besonderen Wert:
- Teamgeist,
- Verständnis für das Unternehmen,
- interessante Zusammenarbeit,
- gemeinsame Ziele,
- geldwerten Nutzen,
- kreative Problemlösungen.
„Wenn man den Sieg nicht hundertprozentig im Auge hat, sollte man darauf verzichten, überhaupt an einem Pitch teilzunehmen.“
Sie sehen: Mit tollen Lösungsvorschlägen allein gewinnen Sie noch lange keinen Kunden. Das ist nur eines von sechs Kriterien. Trotzdem wenden fast alle Unternehmen die meiste Zeit für die Ideenfindung auf. Diese ist natürlich der interessanteste Teil Ihrer Arbeit – doch keinesfalls der einzige, der zählt. Schließlich zeigt schon die Einladung zum Pitch, dass man Sie schätzt und Ihnen fachliches Know-how unterstellt. Gewinnen werden Sie jedoch nur, wenn Sie auch die geforderten Soft Skills mitbringen. Und wenn mal wieder die (schlechtere) Konkurrenz den Zuschlag bekommen hat: Hören Sie auf, sich Ausreden auszudenken oder dem Kunden die Schuld für Ihr Versagen zu geben. Arbeiten Sie stattdessen eisern daran, Ihre künftigen Auftritte zu verbessern. Nur eine Kombination aus überzeugendem Produkt und begeisternden Soft Skills ist unschlagbar.
Die Vorbereitung auf den Pitch
Sind Sie einmal als Pitch-Teilnehmer auserkoren, vergeuden Sie keine Zeit, sondern stellen Sie umgehend ein Topteam zusammen. Ideal ist ein Kern aus alten Hasen, denen Sie einen kreativen Neuling zur Seite stellen. Nicht fehlen dürfen ein analytischer Denker und ein tatkräftiger Antreiber. Natürlich muss die Chemie stimmen, sowohl bei den Kollegen untereinander als auch mit dem Gegenüber auf Kundenseite. Beginnen Sie innerhalb der ersten 24 Stunden mit einem Brainstorming für die Lösungsfindung. Kreative Ideen brauchen Zeit, um zu reifen – und die ist bekanntlich knapp. Das optimale Ergebnis werden Sie nicht gleich finden, aber wahrscheinlich ein einigermaßen passendes. An diesem können Sie noch bis zum Termin feilen, jedoch zu nicht mehr als zwei Drittel der verfügbaren Zeit. In der restlichen Zeit sollten Sie Ihren Kunden besser kennen lernen, das Team zusammenschweißen und die Präsentation einüben.
„Ein Pitch auf internationalem Parkett erfordert mehr, als jemanden zu beauftragen, Ihre Power-Point-Diagramme in der jeweiligen Landessprache zu erklären.“
Halten Sie täglich eine Teambesprechung ab, deren Inhalt ein Teammitglied protokolliert. Mindestens einmal in der Woche sollten Sie sich mit Entscheidungsträgern des Kunden treffen, um eine intensive Beziehung aufzubauen. Zapfen Sie Ihr Netzwerk an und befreunden Sie sich wenn möglich mit der rechten Hand des Chefs im Kundenunternehmen. Diese Person kann Ihnen wertvolle Informationen geben, beispielsweise über Mitglieder des Entscheidungsgremiums. Erstellen Sie in einer SWOT-Analyse alle Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Kundenunternehmens. Schließlich überreichen Sie Ihrem Team eine Präsentationsbibel mit wichtigen Kundeninformationen.
Der Kunde, das unbekannte Wesen
Meistens verlieren Pitch-Teilnehmer dann, wenn sie die falsche Zielgruppe ansprechen. Sie denken zu sehr an die Kunden des ausschreibenden Unternehmens: die Hausfrau, den Mittelständler, die Studentin usw. Um zu gewinnen, müssen Sie aber das ausschreibende Unternehmen selbst überzeugen. Und zwar mit einer Präsentation, die sowohl rational als auch emotional restlos begeistert. Doch wie holen Sie die Entscheidungsträger im Gremium auf Ihre Seite? Der Schlüssel zum Geheimnis erfolgreicher Präsentationen liegt in der exakten Kundenkenntnis. Ein pitchendes Unternehmen sucht einen Partner, der seine Ziele teilt und seine Sprache spricht. Damit eine erfolgreiche Zusammenarbeit gewährleistet ist, müssen Sie mit dem Unternehmen auf einer gemeinsamen Wellenlänge liegen. Nutzen Sie die Zeit bis zur Präsentation, um herauszufinden, wie Ihr Kunde tickt. Informieren Sie sich umfassend, indem Sie ihm Fragen wie die folgenden stellen: Mit welchen Schlüsselthemen beschäftigen Sie sich? Was macht Ihr Angebot für Ihre Kunden einzigartig? Welche Erwartungen und Bedenken haben Sie in Bezug auf unser Unternehmen?
Kundenprofiling
Ein Kundenprofiling liefert Ihnen wichtige Informationen darüber, wie Sie Ihre Präsentation am besten ausarbeiten, um zu siegen. Kundenkenntnis bedeutet nicht nur profundes Wissen über das Kundenunternehmen und seine Produkte, sondern auch Verständnis der einzelnen Mitarbeiter. Jeder Mensch ist eine individuelle Persönlichkeit. Trotzdem gibt es bestimmte Profile, anhand derer Sie den vorherrschenden Persönlichkeitstyp ermitteln können. Diese psychologische Methode funktioniert für einen einzelnen Menschen, für komplette Teams und sogar für das ganze Unternehmen. Psychologen gehen davon aus, dass es menschenorientierte und aufgabenorientierte Persönlichkeitstypen gibt. Weiterhin unterscheiden sie jene, die schnell reagieren und handeln, von solchen, die langsamer und in ihrem eigenen Tempo vorangehen. Daraus resultieren vier Persönlichkeitstypen. So erkennen Sie die verschiedenen Typen und sprechen sie optimal an:
- Expressive: Dieser menschenorientierte Typ kann schnell reagieren und sieht sich als energiegeladen. Er steht gerne im Rampenlicht und findet sich optimistisch. Auf andere wirkt er oft übertreibend, oberflächlich und selbstüberschätzend. Analytiker sind von seiner Emotionalität abgeschreckt. Ausgefallene Ideen und Kreativität machen Expressive zu den wahren Unternehmern und Innovatoren. Überschütten Sie den Expressiven niemals mit Details, er hasst Bürokratie.
- Kooperative: Dieser Typ ist ebenfalls menschenorientiert, benötigt aber mehr Zeit und Small Talk, bevor er loslegt. Kooperative sind geduldige und harmoniebedachte Teamplayer. Sie handeln auf lange Sicht und verstehen es hervorragend, Beziehungen zu knüpfen. Konflikte und Egoisten sind Ihnen zuwider. Pragmatiker vermissen an ihnen die Zielorientierung. Überfallen Sie den Kooperativen nicht, sondern lassen Sie ihm genug Zeit, Sie ausreichend kennenzulernen.
- Pragmatiker: Der pragmatische Typ liebt seine Aufgaben, er arbeitet effektiv, rasch und entschlossen. Er hasst endlose Diskussionen und will schnell zu Ergebnissen kommen. Andere sehen ihn oft als autokratisch und dominierend, während er selbst denkt, dass ohne ihn nichts läuft. Er ist der Macher im Unternehmen. Chaos auf dem Schreibtisch und unstrukturiertes Vorgehen schrecken ihn ab. Gehen Sie in seiner Gegenwart strikt nach Tagesordnung vor.
- Analytiker: Dieser Typ ist ebenfalls aufgabenorientiert, reagiert jedoch langsamer und bedächtiger als der Pragmatiker. Die Logik ist sein Metier, er entscheidet streng nach Faktenlage und personenunabhängig. Auf andere wirkt er manchmal gefühllos, kleinlich und perfektionistisch. Er verzeiht keinen argumentativen Fehler und findet zu viel Kreativität unheimlich. Sie dürfen ihn keinesfalls mit einer Show blenden, sondern müssen handfeste Beweise und Zahlen liefern. Oft entspricht der Typ des Analytikers einem scharf kalkulierenden Einkäufer oder einem beratenden Experten. Sie überzeugen ihn z. B. mit einer Kosten-Nutzen-Analyse, die Ihr angestrebtes Vorgehen faktisch beweist. Um an seinen Budgettopf zu gelangen, schicken Sie ihm vorab eine Tagesordnung und listen Sie Vor- und Nachteile Ihrer Lösung auf. Nehmen Sie sich viel Zeit und bleiben Sie immer sachlich, organisiert und präzise.
Halten Sie an Ihrem Preis fest
Wenn Sie gut sind, sind Sie wahrscheinlich teurer als die Konkurrenz. Natürlich leisten Sie auch mehr. Sorgen Sie also dafür, dass der Preis bei der Entscheidung des Kunden eine untergeordnete Rolle spielt. Zeigen Sie, dass Ihre Lösung ihr Geld wert ist, und überzeugen Sie mit dem gebotenen Nutzen und dem Mehrwert, den Ihre Lösung dem Auftragnehmer bietet. Bei der Preisgestaltung zählen nicht die investierten Stunden, sondern allein Ihre Erfahrung und Ihr Wissen.
Übung macht den Meister
Proben Sie Ihre Präsentation mindestens dreimal. Beim ersten Durchlauf geht es um die Grobstruktur und die Aufgabenverteilung. Beim zweiten kennt jeder seine Rolle und seinen Einsatz. Aber erst beim dritten Mal entwickelt sich ein eingespieltes Team, das den Kunden begeistert und mit dem eine Zusammenarbeit Spaß macht. Bestimmen Sie einen Supervisor, der Sie unvoreingenommenen beurteilt. Tipp: Zur Besinnung auf die Schlüsselbotschaft sollte jedes Präsentationsmitglied seine Kernaussage auf die Rückseite einer Postkarte schreiben können. Und natürlich auch eine Antwort auf die schlimmste mögliche Frage des Kunden bereithalten.
Interkulturelles Terrain
Wenn Sie international tätig sind, kann es leicht passieren, dass Ihre Präsentation vor einem Publikum aus einem anderen Kulturkreis stattfindet. Oder dass Ihr Team sich aus Mitarbeitern zusammensetzt, die aus verschiedenen Ländern stammen und vielleicht unterschiedliche Sprachen sprechen. Im Umgang mit anderen Kulturen ist es am wichtigsten, aufmerksam zu sein und sich auf andere Menschen und deren Weltsicht einzustellen. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um sich mit diesem Aspekt Ihrer Präsentation zu befassen. Tipp: Wenn Sie mit interkulturellen Teams arbeiten, sorgen Sie unbedingt dafür, dass sich die Mitglieder untereinander privat kennenlernen. Denn nur wer sich kennt und den anderen schätzt, hilft sich gegenseitig weiter.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Zeigen Sie nach der Präsentation Initiative und liefern Sie innerhalb von zwölf Stunden detaillierte Antworten auf offengebliebene Fragen. Wenn Sie eine Absage bekommen, haken Sie nach und finden Sie heraus warum. Stimmte die Chemie im Team nicht? Oder haben wichtige Inhalte gefehlt? Was hätten Sie besser bleiben lassen sollen? Bitten Sie um einen Termin für eine Nachbesprechung einen Monat später. Und verbessern Sie Ihr Angebot, um einen Alternativplan vorzulegen. Vielleicht bekommen Sie überraschend doch noch eine zweite Chance.