Die Porsche-Methode

Buch Die Porsche-Methode

Die 10 Erfolgsgeheimnisse des unkonventionellen Sportwagenchefs Wendelin Wiedeking

Ueberreuter,


Rezension

Er ist ganz und gar un­kon­ven­tionell und sein Charisma lässt zu wünschen übrig. Aber er hat geschafft, was vor ihm schon viele versucht haben: den Turnaround bei Porsche, ohne den das Zuf­fen­hausener Sport­wa­gen-Un­ternehmen heute nicht da wäre, wo es ist, nämlich mit an der Spitze der deutschen Au­to­mo­bil­her­steller. Stefanie Winter zeichnet das Porträt eines Mannes, der für viele Unternehmer ein Vorbild sein kann, weil er das hat, was alle wollen: Erfolg. Mit welchen Methoden er das erreicht hat, was ihm so recht eigentlich niemand zugetraut hat, verrät die Autorin in ihrem Buch. Auch wenn es streck­en­weise wie ein akribisch recher­chierter Zi­taten­schatz wirkt, ist das Bild am Ende doch homogen und eigenständig. Ausserdem schreibt Stefanie Winter mit so viel jour­nal­is­tis­chem Esprit, dass allein das Lesen ein Genuss ist. BooksInShort empfiehlt das Buch jedem Vor­standsvor­sitzen­den, Topmanager, Firmenchef und Geschäftsführer, für den der Turnaround in seinem Unternehmen nicht bloss ein Lip­pen­beken­nt­nis bleiben soll.

Take-aways

  • Wenn Sie Ihr Unternehmen aus der Krise führen möchten, dürfen Sie nicht zimperlich sein.
  • Ve­r­ab­schieden Sie sich von Notlösungen – was notwendig ist, muss getan werden.
  • In der Ver­gan­gen­heit wurden Fehler gemacht? Haken Sie es ab, blicken Sie in die Zukunft!
  • Es ist kein Rückschritt, wenn Sie sich auf die Wurzeln Ihres Un­ternehmens besinnen.
  • Bilden Sie Teams: innerhalb Ihres Un­ternehmens und nach aussen, mit Ihren Zulieferern.
  • Schaffen Sie Anreize für Ihre Mitarbeiter, den Verbesserung­sprozess am Laufen zu halten.
  • Lean Production beinhaltet die passenden Strategien, um Ihr Unternehmen fit für die Zukunft zu machen.
  • Der Standort Deutschland hat durchaus Vorteile – v. a. wenn Sie sich trotzdem neue Märkte er­schliessen.
  • Glaubwürdigkeit ist die Basis für das Image Ihres Un­ternehmens.
  • Geben Sie Ihrem Unternehmen eine Identität und schaffen Sie für Ihre Mitarbeiter eine Vision.
 

Zusammenfassung

Mit eisernem Besen fegen

Wie macht man sich als Vor­stand­schef unbeliebt? Indem man erst mal 1850 Arbeitsplätze abbaut. Wendelin Wiedeking hat nicht nur das getan, sondern auch gleich noch zwei Man­age­mentebe­nen eliminiert. Auch wenn seine Methoden 1992 noch eher revolutionär waren, hat er mit Change-Man­age­ment und Lean Production Erfolg. Porsches Turnaround unter Wiedekings straffer Führung bescherte dem Unternehmen eine Kostensenkung von einem Drittel innerhalb von drei Jahren.

„Ich gönne mir keine Ruhe, und ich gönne sie anderen auch nicht. Wen ich beim Zurücklehnen erwische, den mische ich auf.“

Wiedeking ist gnadenlos, das Wohl des Einzelnen zählt für ihn kaum. Was macht ihn zum Gewinner? Er erkennt die Notwendigkeiten, versteht es zu kom­mu­nizieren, fällt Entschei­dun­gen, die er dann auch konsequent durchsetzt. Er hat ein Gesamtkonzept. Mit Notlösungen, die das Prinzip Hoffnung am Leben erhalten, gibt er sich nicht zufrieden. Er orientiert sich an den modernen Man­age­ment-Strate­gien, deren Inhalte (Kom­mu­nika­tion, Visionen, Führungsqualitäten, Kun­de­nori­en­tierung, Prozes­sori­en­tierung, Just-in-time-Pro­duk­tion, radikale Entschei­dun­gen, Delegation von Ve­r­ant­wor­tung, Dif­feren­zierung des Angebots) sich in Wiedekings Kampfplan wiederfinden. Das ist die Basis seiner zehn Gebote:

  1. Zielbewusst handeln
  2. Sich auf das Wesentliche konzen­tri­eren
  3. Stillstand bedeutet Rückschritt
  4. Klartext reden
  5. Glob­al­isierung ist keine Falle
  6. Sich selbst treu bleiben
  7. Image pflegen
  8. Lei­den­schaft wecken
  9. Bo­den­haf­tung nicht verlieren
  10. Alles ist Chefsache

Nicht reden, handeln

Gibt es einen wichtigen Aspekt für den Beginn? Stellen Sie fest, wo Ihr Unternehmen überhaupt steht, verzichten Sie auf Traumtänzereien, richten Sie den Blick in die Zukunft und hören Sie auf, die Schuld in der Ver­gan­gen­heit zu suchen. Vor lauter Suchen kommen Sie wahrschein­lich ewig nicht in die Gänge. Verkürzen Sie Ihre Konferenzen, leiten Sie den Prozess ein und halten Sie ihn dann auch am Laufen! Man kann sich auch dort informieren, wo es funk­tion­iert.

„Wiedeking (...) achtet sehr genau darauf, mit wem er wann über welches Thema spricht. Aber: Er kom­mu­niziert alles - Stand der Dinge, nahe und ferne Ziele, Strategie.“

In Wiedekings Fall war das Japan. Er hat sich mit Porsche-Meis­tern in den Flieger gesetzt und dort bei Toyota sehr genau hingesehen. Lean Production war für die Japaner damals bereits selbstverständlich. Und Wiedeking schaffte es, Toy­ota-Ex­perten als Berater nach Zuf­fen­hausen zu locken. Grund zum Jubeln für den Porsche-Chef? Er bleibt zurückhaltend. Aber ihm entgeht nichts. Wiedeking besann sich auf die Wurzeln tra­di­tioneller Technik - und hatte Erfolg. Verwechseln Sie das nicht mit altbacken oder Rückschritt. Die Entwicklung muss schon weitergehen.

Verzetteln Sie sich nicht!

Wie sichern Sie Ihr Unternehmen ab? Stellen Sie es auf mehrere Beine. Bei Porsche baut man schon immer Sportwagen, hat aber auch immer schon in das En­twick­lungszen­trum in Weissach investiert. Heute mischt Porsche auch bei „Er­leb­nis­pro­duk­ten“ mit und ab Herbst 2002 steht ein Off-Road-Fahrzeug beim Händler. Dabei liegt Porsche seit 1992 mit einer Fer­ti­gungstiefe von 20 % so tief wie niemand sonst in der Branche.

„Sämtliche Führungskräfte bei Porsche müssen sich neu orientieren; die Möglichkeit, auf ruhigem Posten abzuwarten, bis Wiedeking sich ausgetobt hat, gibt es für das Management nicht.“

Muss man vielleicht gar nicht alles selbst machen? Lean Production ist die ausgeklügeltste Form von Teamarbeit. Wie rekrutieren Sie Ihre Teams innerhalb des Un­ternehmens? Holen Sie für jedes Projekt die Mitarbeiter aus den jeweiligen Fach­abteilun­gen. Extern suchen Sie sich Zulieferer, die Ihnen einen Teil Ihres Jobs abnehmen. Auch so funk­tion­iert Teamarbeit. Dann haben Sie nicht mehr 25 Klein­teile-Zulief­erer für Ihre Autositze, die Sie dann doch selbst zusam­men­schrauben müssen, sondern einen Partner, der gleich den ganzen Sitz mitbringt.

„Ich stehe hinter jeder Entschei­dung, und das merken die Kollegen schnell.“

Und schaffen Sie Stapel, Regale und lange Wege ab. Ein Einkauf­swa­gen, in dem genau die Teile ans Band geschoben werden, die der Monteur dort braucht - das ist „just in time“.

Volle Kraft voraus!

Was machen Sie jetzt mit den Zielen, die Sie sich gesteckt haben? Sie lassen sie nicht mehr aus den Augen. Beteiligen Sie Ihre Mitarbeiter am kon­tinuier­lichen Verbesserung­sprozess. Wenn eine Idee umgesetzt werden kann, gibt es eine Prämie. Wiedeking hat dem Jahres­besten eine Weltreise in Aussicht gestellt, oder eine Harley-David­son. Und er hat überall in der Firma rote Schilder aufgehängt mit den vere­in­barten Un­ternehmen­szie­len. Damit das ja keiner vergisst. Auch wenn das Stress bedeutet: Geschlafen wird nur zu Hause.

„Nicht hohe In­vesti­tio­nen, sondern veränderte Prozesse sind der Schlüssel zum Erfolg.“

Wie erfahren Ihre Mitarbeiter, was Ihr Unternehmen plant? Sie sagen es ihnen, ganz einfach. Ohne Schönfärberei. Machen Sie die Kom­mu­nika­tion transparent. Das wird dann Ihre neue Un­ternehmen­skul­tur. Jeder weiss, was Sache ist; Prob­le­mur­sachen oder Fehlerquellen, nichts ist tabu. Und am aller­wenig­sten die Strategie Ihres Un­ternehmens.

„Image aufzubauen oder zu verteidigen wird daher zu einer der zentralen Aufgabe eines jeden Un­ternehmens werden.“

Und dann setzen Sie durch, was Sie planen. Ihre Belegschaft braucht ein Wir-Gefühl und Engagement. Wenn der Porsche-Chef eine Vorgabe macht, dann erwartet er, dass seine Mitarbeiter Zeiträume und Ziel akzeptieren. Mit „wahrschein­lich“ geht bei ihm gar nichts. Wie kommen Sie bei Ihren Arbeitern trotzdem an? Kümmern Sie sich nicht nur um den Profit, kümmern Sie sich auch um die soziale Sicherheit Ihrer Mitarbeiter.

Bleiben Sie sich treu

Fällt Ihnen etwas Positives zum Standort Deutschland ein? „Made in Germany“ ist überteuert. Sehr gut, wenn das alles ist, dürfen Sie aber nicht böse sein, wenn der Rest der Welt lieber woanders einkauft. Wiedeking sind gleich mehrere brauchbare Faktoren eingefallen, die für Deutschland sprechen:

  • qual­i­fizierte Fachar­beiter
  • kreative Ingenieure
  • her­vor­ra­gende Grund­la­gen­forschung
  • Fleiss
  • Lieferpünktlichkeit
  • Man­age­men­tqualität
  • En­twick­lungsfähigkeit
  • Lernfähigkeit
„Wiedeking ist davon überzeugt, dass man mit den Leuten über alles reden und alles Mögliche erreichen kann, wenn man ehrlich ist und klare Ansagen macht.“

Warum hat Porsche dennoch einen Teil der Boxster-Pro­duk­tion nach Finnland verlegt? Das wichtigste Argument für Wendelin Wiedeking in kritischen Kom­mu­nika­tion­sphasen: „Es geht nicht anders.“ Dafür baut Porsche jetzt ein neues Werk in Leipzig, ohne Sub­ven­tio­nen übrigens, und dort wird dann das geplante Geländefahrzeug produziert. Bekennen Sie sich ruhig zum Pro­duk­tion­s­stan­dort Deutschland - das hindert Sie ja nicht an Ihrer in­ter­na­tionalen Ausrichtung.

„Für Wiedeking ist nach eigenem Bekunden die Weisheit ‚Aus Fehlern wird man klug’ die entschei­dende Überleben­se­in­stel­lung.“

Er­schliessen Sie sich neue Märkte. Und sichern Sie damit die inländischen Arbeitsplätze. Die Glob­al­isierung braucht Sie nicht zu erschrecken. Wissen Sie, wer Sie sind? Bauen Sie sich eine Identität auf. Porsche beweist, dass man dazu kein Goliath sein muss. Klein und fein und überaus effektiv, und das gelingt auch oder gerade wegen der kleinen Pro­duk­t­palette. Wie sieht es mit Ihren Fremdaufträgen aus? Wenn der Laden läuft, haben Sie dann genügend Leute zur Hand. Und wenn es weniger zu tun gibt, können Sie verstärkt Fremdaufträge anwerben. Die En­twick­lungsabteilung bei Porsche ist ein Beispiel für diese Denkweise. Der Dop­pel­nutzen: Weil man sich En­twick­lungsaufträge der Konkurrenz ins Haus holt, ist man in Weissach stets auf dem Laufenden. Clever, die Schwaben!

Spieglein, Spieglein an der Wand ...

Dass Sie schön sind, ist nicht wichtig, Sie müssen gut sein. Das stärkt Ihr Image. Porsche steht da in Deutschland auf dem Treppchen ganz oben. Dabei, so Wendelin Wiedeking, sei so ein Porsche völlig nutzlos. Aber das Image stimmt und das ist die Basis für den Erfolg. Ist Ihr Unternehmen glaubwürdig? Machen Sie Freiheit, Ehrlichkeit und Fortschritt zu Ihren Kernkom­pe­ten­zen. Eine starke glaubwürdige Persönlichkeit an der Spitze, das hat schon was. Können die Kunden sich mit Ihrem Produkt iden­ti­fizieren? Machen Sie mal einen Blindtest: Wenn Sie dabei Ihr eigenes Erzeugnis nicht mehr wiederfinden, sollten Sie drüber nachdenken.

„Letztlich braucht ein schlankes Unternehmen ein Management, das tatsächlich führt und seinen Führungsanspruch deutlich geltend macht.“

Es macht nichts, wenn Ihr Produkt ein bisschen teurer ist. Solange der Kunde sicher sein kann, dass er damit auch hochwertige Qualität und Leistung kauft, können Sie ruhig für die Elite produzieren. Welchen Mar­ket­ing-Code hat Ihr Produkt? Er muss auf allen Ebenen, also verbal, akustisch, visuell usw. stimmig sein. Bei Porsche passt sogar der satte Sound der tele­fonis­chen Warteschleife zum Image.

Reden ist Silber, Handeln ist Gold

Beispiel Umweltschutz. Bei Porsche setzt man ihn um, konsequent, aber ohne das an die grosse Glocke zu hängen. Haben Sie schon mal einen Porsche mit einem grünen Öko-Label getroffen? Wiedeking weiss, wo er Pluspunkte sammeln kann, und dass das mit der Umweltverträglichkeit eines Porsche in die Hose gehen würde, weil er auch weiss, dass seine Kunden mit einem umwelt­fre­undlichen Auto weniger Leistung verbinden würden.

„Ohne motivierte Mitarbeiter, das weiss auch Wiedeking, nützt das beste Image nichts.“

Also: Erst denken, dann kom­mu­nizieren. Und handeln statt reden. Nicht nur die Kunden, auch die Mitarbeiter müssen motiviert werden. Wie Sie das machen? Geben Sie ihnen eine Antwort auf die Frage, warum sie jeden Morgen in diese Firma kommen. Wie vermitteln Sie eine Idee? Indem Sie sie vorleben. Ihre Mitarbeiter sind nur so lange auf Sinnsuche, solange Ihrem Unternehmen die Identität fehlt.

Klare Linie und Liebe zum Detail

Wem vertrauen Sie? Jemandem, der eine klare Linie vertritt. Tun Sie das in und mit Ihrem Unternehmen, Ihr Image profitiert davon. Und dann schaffen Sie eine Vision. Ohne die kann Ihr Unternehmen sich nicht entwickeln. Sie brauchen die Ziele ja nicht zu hoch zu stecken. Hauptsache, Sie stecken sich überhaupt welche. Und bitte möglichst konkret, ohne Hintertürchen. Stochern Sie nicht im Nebel, formulieren Sie präzise. Das geht nur, wenn Sie exakt wissen, was Sie wollen.

„,Das haben wir immer schon so gemacht’ war eine Einstellung, gegen die auch Wiedeking bei Porsche besonders hart angehen musste.“

Wiedeking hat das immer gewusst. Wollen Sie Ihre Kunden langweilen? Wenn nicht, dann lassen Sie sich etwas einfallen. Aber jetzt nicht das bestehende Produkt mit un­ter­schiedlichen Schnörkeln ausstatten. Entwickeln Sie ein neues Modell, das eine andere Käuferschicht anspricht. Die Merkmale Ihres Un­ternehmens müssen in allen Subbrands erkennbar bleiben. Porsche macht auch das erfolgreich, nicht nur mit dem Boxster und dem geplanten Off-Road-Mod­ell. Da gehören auch die Lifestyle-Pro­dukte dazu, vom Schlüsselanhänger über die exklusive Lederjacke bis zum Bike für 10 000 Mark.

Wer hat’s erfunden?

Ohne Ihre motivierten Mitarbeiter können Sie einpacken. Das ist ja vielleicht eine Bin­sen­wahrheit, aber gerade die Mitarbeiter an der Basis, die Leute, die wirklich etwas produzieren, sind das tragende Gerüst Ihres Un­ternehmens. Gehen Sie mit diesen Leuten Kaffee trinken, dann erfahren Sie tatsächlich, was in Ihrem Haus passiert. Und wo die Lösungen für Probleme sind.

„Für Wiedeking stellt Vertrauen sowieso keinen Anfang dar, sondern ein Ergebnis - das Resultat harter Arbeit nämlich.“

Wenn Sie nämlich den Dienstweg einhalten, bleiben die besten Ideen in der Mittelstufe der Hierarchie stecken. Der japanische Berater Minoru Tominage nennt diese Mittelstufe „Lähmschicht“. Wiedeking springt gerne einfach über sie hinweg. Wo beginnt das Streben nach Qualität? In Ihrem Kopf. Qualität ist Chefsache. Und das gilt nicht nur für Wendelin Wiedeking.

Über die Autorin

Stefanie Winter hat den Jour­nal­is­mus als Redakteurin der taz in Hamburg erlernt. Sie ist Gründungsmit­glied des Pressebüros Hamburg und seit 1997 selbstständige Autorin und Redakteurin für ver­schiedene Magazine. Ihre The­men­schw­er­punkte sind Business und Karriere.