Schluss mit dem Schmusekurs
Ihre Mitarbeiter lieben Sie? Im Büro herrscht so etwas wie Familienidylle? Dann ist es höchste Zeit, das zu ändern! Machen Sie Schluss mit dem Schmusekurs. Wenn Sie nämlich genau hinsehen, merken Sie wahrscheinlich, dass man Ihnen auf der Nase herumtanzt und die Ergebnisse alles andere als zufriedenstellend sind. Benehmen Sie sich also wie ein Chef, und das heißt: Kontrollieren Sie Ihre Untergebenen. Klar: Sie müssen nicht zur Stechuhr zurückkehren und Sie brauchen auch nicht alle Mitarbeiter gleich hart anzufassen. Sie müssen bloß jenen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, deren Verhalten geradezu nach strengerer Führung schreit. Das widerspricht allem, was Sie über Mitarbeiterführung gelernt haben? Zu allen nett sein, keinen bevorzugen und nur ja niemandem auf den Schlips treten? Genauso sollten Sie aber nicht führen. Ungleiche Behandlung ist angesagt. Ungleich bedeutet nicht unfair, sondern im Gegenteil gerecht und angemessen.
„Mit modernem Management und zeitgemäßer Unternehmenskultur hat die blümchenumkränzte Friede-Freude-Eierkuchen-Idylle nicht viel zu tun, eher etwas mit Führungsschwäche.“
Keine Sorge, Ihre Mitarbeiter zeigen Ihnen schon, ob sie die kurze oder die lange Leine brauchen. Führen Sie Einzelgespräche mit ihnen und beobachten Sie sie. Ein Beispiel: Sie haben am ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters keine Zeit, ihn einzuweisen. Der eine Typ wird brav auf dem Sessel vor Ihrem Büro auf Sie und Ihre Anweisungen warten – und den ganzen Tag nichts leisten. Der andere Typ aber setzt sich unaufgefordert an seinen Schreibtisch und verschafft sich erst Mal einen Überblick über das Firmen-Intranet. Typ Nummer eins braucht mehr Kontrolle, will an die Hand genommen werden. Typ Nummer zwei fühlt sich am wohlsten, wenn Sie ihn mal machen lassen. Er braucht die Herausforderung.
„Behandeln Sie Ihre Mitarbeiter ungleich. Ja, ungleich. Nur dann sind Sie gerecht.“
Damit Sie Ihre Mitarbeiter richtig führen, brauchen Sie vor allem eines: ein Ziel. Sie müssen genau wissen, wo Ihre Abteilung hin will. Ihre Aufgabe ist es, dem Team die Richtung vorzugeben, damit dieses Ziel erreicht werden kann.
Harter Hund, starkes Rudel
Auch als „High Potential“ sind Sie nicht vor der Kuschelfalle gefeit. Sie fahren vielleicht ein tolles Auto, haben eine tolle Wohnung, klettern die Karriereleiter immer höher – und erliegen schleichend der Ziel- und Willenlosigkeit. Dann droht auf einmal die Kürzung des Budgets und damit der Jobverlust. Zweifel, Leere und Perspektivlosigkeit können die Folge sein. Auf dem Kuschelkurs kommen Sie jetzt nicht mehr voran.
„Wenn eine Führungskraft ihre Mitarbeiter motivieren muss, damit die ihren Job tun, dann läuft etwas schief.“
Was tun? Sie müssen die bewusste Entscheidung treffen, Führungskraft zu sein. Sagen Sie es: „Ich will eine Führungskraft sein.“ Ein bisschen mehr Distanz zu den Mitarbeitern schadet nicht. Kommt wieder einmal jemand an, der die Zahl in der Spalte X der Zeile Y in einem Excel-Sheet erklärt haben möchte, schicken Sie ihn zu den Leuten, die dafür bezahlt werden, so etwas zu wissen.
„Mitarbeiterloyalität ist ein Mythos! Es gibt sie nicht!“
Sie sind für die strategischen Dinge verantwortlich und dafür, dass das Team gut zusammenarbeitet. Sie müssen nicht alles wissen. Sie müssen nur ein harter Hund werden. Harte Hunde sind diejenigen, die sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst sind, die ihre Ziele fest im Auge behalten und die ihrem Rudel zeigen, wie man Widerstände überwindet und wo es langgeht.
Kein Vertrauen ohne Verbindlichkeit
Stellen Sie sich vor, Sie bitten einen Mitarbeiter, eine Powerpoint-Präsentation für den nächsten Tag vorzubereiten. Aber zum vereinbarten Zeitpunkt steht er nicht einmal mit leeren Händen da, sondern ist „bei einem wichtigen Kundengespräch“ und für niemanden erreichbar. Sollen Sie solches Verhalten generös übersehen? Auf gar keinen Fall! Nur Kuschelchefs drücken sich vor einem unangenehmen Gespräch.
„Es wird das gemacht, was Sie wollen, und fertig.“
Ein Fehlverhalten muss sofort angesprochen werden. Warten Sie nicht einen Tag damit. Sonst wundert sich der Mitarbeiter beim nächsten Fehler über Ihren dann vermeintlich spontanen Wutausbruch und verbündet sich mit seinen Kollegen gegen Sie. Was man sofort bespricht, bleibt eher auf der Sachebene, weil der Konflikt noch nicht emotional aufgeladen ist. Zudem signalisieren Sie Ihrem Mitarbeiter, dass Sie ihn genau beobachten und Drückebergern keine Chance geben. Natürlich ist Vertrauen wichtig. Doch dazu müssen verbindliche Absprachen getroffen werden, die dann von allen Parteien auch verlässlich eingehalten werden.
Qualifikation ist nicht alles
Gegen Akademiker ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wenn Ihr Mitarbeiter seinen Titel aber gleichsam als Entschuldigung heranzieht, um sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen und sich feiern zu lassen, dann haben Sie ein schlechtes Geschäft gemacht. Viele Akademiker verlangen ein hohes Gehalt, Privilegien, prestigeträchtige Projekte, haben aber kein Praxiswissen vorzuweisen. Dazu glauben sie obendrein, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, und sind sich für „niedere Tätigkeiten“ zu schade. Im Endeffekt bezahlen Sie viel zu viel für die schwache Leistung, die Sie erhalten.
„Kuschlern geht es immer nur um sich selbst.“
Sie sind nicht dazu da, Ihre Mitarbeiter zu motivieren. Zeigt jemand keine Lust, seine Arbeit zu verrichten, dann kürzen Sie ihm in einem ersten Schritt das Gehalt. Ja, richtig gelesen. Machen Sie ihm klar, dass es hier um einen Tauschhandel geht und er freiwillig auf einen Teil seines Gehalts verzichten darf, wenn er weniger Leistung bringen will. Und für den erwähnten, altklugen Akademiker gibt es ein bewährtes Rezept: Konfrontieren Sie ihn mit einer Situation, die entweder zeigt, welch großartiges Talent wirklich in ihm steckt, oder die ihn scheitern lässt. Ist er uneinsichtig und sich zu schade für diese Aufgabe, haben Sie einen guten Grund, ihn zu entlassen.
Kuscheln: Ansteckungsgefahr
Ein hoch motivierter neuer Mitarbeiter tritt in ein bestehendes Team ein, in dem sich alle lieb haben. Anfangs macht er Überstunden, ist wissbegierig und übertrifft seine Vorgaben. Doch nach ein paar Monaten merkt er, dass die Idylle im Team ganz schön gemütlich sein kann. Wenn er mal die Füße hochlegt und pünktlich Feierabend macht, erreicht er seine niedrig gesteckten Ziele trotzdem. Willkommen im „Paradies der Mittelmäßigkeit“! Diese Geschichte ist ein Musterbeispiel dafür, was passiert, wenn im Team zu viel gekuschelt wird. Spätestens nach zwei bis drei Jahren ist der ans Kuscheln gewöhnte Mitarbeiter auf eine der folgenden drei Rollen festgelegt:
- Der loyale Depp, der aus schlechtem Gewissen seine Leistungsbereitschaft wieder etwas hochfährt, ohne jedoch sein Potenzial voll auszuschöpfen.
- Der Unterforderte, der das Unternehmen, den Bereich oder die Position verlässt, um sich spannenderen Aufgaben zu widmen.
- Der Realist, der auf seiner faulen Haut liegen bleibt.
Eigenverantwortung fördern
Ihren Kindern laufen Sie sicher nicht ständig hinterher, um sie vor dem großen Monster der Selbstständigkeit zu schützen. Bei Ihren Mitarbeitern dürfen Sie das auch nicht: Jeder soll die Suppe, die er sich eingebrockt hat, selber auslöffeln. Lehren Sie Ihre Untergebenen, Fehler einzugestehen. Helfen Sie Ihnen, ihre Aufgaben zu erledigen, indem Sie sich hinter sie stellen – und nicht selbst einspringen, um alles wieder geradezubiegen. Sonst beginnen sie ganz schnell, Ihr Helfersyndrom auszunutzen. Ihre Mitarbeiter müssen lernen, Verantwortung zu übernehmen. Stoßen Sie sie dabei ruhig ins kalte Wasser, doch passen Sie vom Beckenrand aus auf sie auf.
„Wessen beste Mitarbeiter nach drei Jahren nicht kündigen, der ist ein schlechter Chef.“
Als Chef haben Sie unzählige Aufgaben: Sie sind Beichtvater und Pädagoge, sollen Motivationstrainer und Richter spielen und dabei noch hellsehen. Gerne wird der Chef auch als wandelnde „Wikipedia“ betrachtet: Sein Kopf voller Details soll allen zur Verfügung stehen, damit man ja nicht selber nachdenken muss. Diese Rollen sind alle Quatsch. In Wahrheit müssen Sie nur eines sein: der Aufklärer. Sie sind dazu da, Irrtümer aufzuklären – z. B. jenen, dass Ihre Mitarbeiter ihre Arbeit an Sie abschieben können und nicht ihr Bestes geben müssen.
Rechtzeitig reagieren
Wie erreichen Sie aber, dass Ihre Angestellten das tun, was Sie wollen? Vergessen Sie Autorität, Manipulation oder gar Nachsicht. Reaktion heißt das Zauberwort: Zeigen Sie sofort eine Reaktion, sobald ein Mitarbeiter seiner Aufgabe nicht nachkommt oder seine Arbeit schlecht erledigt. Nur so kann er lernen. Wenn Sie zu nachsichtig sind und die Arbeit immer wieder nachkontrollieren müssen, ist es zu spät: Dann sind Sie zu einer überbezahlten Qualitätssicherung geworden und verschwenden das Geld Ihres Unternehmens. Vergessen Sie aber trotzdem nicht: Menschen sind keine Maschinen. Ein Mindestmaß an sozialer Kompetenz darf man von Ihnen erwarten. Reaktion auf das Fehlverhalten eines Mitarbeiters bedeutet nicht Peitschenhiebe oder Urlaubssperre. Die Reaktion muss immer angemessen sein. Zeigen Sie Respekt Ihren Mitmenschen gegenüber und vermischen Sie die Sachebene nicht mit der Beziehungsebene.
Scheinsolidarität als Wachstumskiller
Was passiert, wenn im Team irgendwann nur noch das Wir-Gefühl zählt? Die Gruppe wird eine Scheinsolidarität aufbauen und sich dabei immer am Schwächsten im Team orientieren. Mitglieder, die sich verbessern, werden unterdrückt, damit man selbst ja nicht in einem schlechten Licht dasteht. Wachstum ist unter solchen Bedingungen nicht möglich. Echte Solidarität hingegen entsteht dann, wenn alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Die Daseinsberechtigung des Teams wird umgedeutet von „Wir haben uns alle gern“ zu „Wir haben ein Ziel, das wir nur gemeinsam erreichen können“.
Konsequenz ist wichtiger als Kreativität
Balanced Scorecard, Kaizen, Six Sigma, Business Process Reengineering – alles Managementmethoden, die ein Unternehmen vorwärts bringen sollen. Doch wie oft stellt sich die Einführung solcher Instrumente als Flop heraus? Die Schuld liegt nicht bei den Methoden, sondern bei der Inkonsequenz der Manager. Jeder neue Oberboss will sich mit anderen Instrumenten beweisen, während der kürzlich gestartete Implementierungsprozess des Vorgängers noch am Laufen ist. Das Gleiche gilt für PR-trächtige Unternehmensleitbilder, die sich zwar gut anhören, in der Praxis aber ignoriert werden.
„Wo Schwäche, Inkonsequenz und Abhängigkeit regieren, da ist sie nicht weit: Leistungsfeindlichkeit.“
Führungskräfte brauchen Selbstdisziplin und Beharrlichkeit – viel mehr als Kreativität. Binden Sie Ihre Mitarbeiter bei der Einführung eines neuen Managementinstruments ein. Und kontrollieren Sie auch hier wieder diejenigen Mitarbeiter, die sich klammheimlich ausklinken wollen. Sie müssen aktive Überzeugungsarbeit im Unternehmen leisten und Angestellte aller Ebenen schulen.
Mit dem richtigen Team ist jede Strategie die richtige
Es hat keinen Sinn, sich vor seinen Mitarbeitern zu verstecken. Gehen Sie offen auf sie zu und lernen Sie von ihrem Know-how und ihren Ideen. Es ist vollkommen egal, welchen Strategieweg Sie einschlagen: Mit den richtigen Mitarbeitern, dem richtigen Team funktioniert alles.
„Wenn Sie am Ende ein Team aus unternehmerisch denkenden Mitarbeitern haben – und genau solche brauchen Sie! –, sind Sie fein raus.“
Wenn Sie einmal eine schwierige Phase durchlaufen, beziehen Sie die Angestellten in den Umgestaltungsprozess mit ein. Ihre hoffentlich unternehmerisch denkenden Mitarbeiter werden einsehen, warum manch unpopuläre Entscheidung gefällt werden muss. Übertreiben Sie es mit der Partizipation aber nicht, sonst geraten Besprechungen zu Laberrunden. Klare Ziele und Vorgaben müssen bestehen bleiben.