Ohne Chef ist auch keine Lösung

Buch Ohne Chef ist auch keine Lösung

Wie Sie endlich mit ihm klarkommen

Campus,


Rezension

Der Chef ist ein Sklaven­treiber und der Mitarbeiter ein fauler Hund. In unserem Ar­beit­sall­tag gehört es fast zum guten Ton, so voneinander zu denken. Angenehmer wird die Zusam­me­nar­beit dadurch nicht. Die Best­seller­autoren Volker Kitz und Manuel Tusch sind überzeugt, dass ein großer Teil der Un­zufrieden­heit auf Missverständnissen basiert. Diese aufzuklären, gelingt ihnen recht gut, zumal die Sichtweise beider Seiten, des Chefs und des Mi­tar­beit­ers, glaubwürdig aus­geleuchtet werden. Empathie ist der Schlüssel zur Zufrieden­heit am Ar­beit­splatz: Diese Einsicht vermittelt das Buch ohne Schul­meis­terei oder erhobenen Zeigefinger. Auch wenn einige Situationen maßlos überzeichnet werden, machen der frische Stil und die launige Wortwahl das Lesen zum Vergnügen. BooksInShort empfiehlt das Buch Vorge­set­zten wie Mi­tar­beit­ern, die wissen wollen, wie der andere tickt. So mancher wird erkennen, dass er selbst der Grund für den Wack­elkon­takt ist.

Take-aways

  • Sie können Ihren Chef nur zufrieden­stellen, wenn Sie sich völlig darüber im Klaren sind, was er von Ihnen erwartet.
  • Wenn der Chef Anweisungen gibt, die Sie nicht verstehen, fragen Sie nach.
  • Wer gerecht bezahlt werden will, muss auch gerechte Leistung bringen.
  • Nehmen Sie sich Ihren Feierabend und Ihren Urlaub, anstatt sich mit Unpünktlichkeit und Krankfeiern Pausen zu er­schle­ichen.
  • Als Chef sollten Sie Ihre Mitarbeiter in Entschei­dun­gen einbinden, klare Spielregeln definieren und Ihre Überlegungen erläutern.
  • Legen Sie die Gehälter Ihrer Mitarbeiter offen und begründen Sie sie.
  • Kapseln Sie sich nicht ab. Effizienz und Fre­undlichkeit schließen sich nicht aus.
  • Beide, Chefs und Mitarbeiter, sollten zu ihren Fehlern stehen. Ehrlichkeit ist die Basis von allem.
  • Loyalität bedeutet, den Mitarbeiter nicht bloßzustellen und den Chef nicht zu hintergehen.
  • Hören Sie auf, zu nörgeln. Glücklich ist nur, wer dankbar ist für das, was er hat.
 

Zusammenfassung

Der psy­chol­o­gis­che Ar­beitsver­trag

Bevor Sie an Ihrem neuen Ar­beit­splatz das erste Mal den Computer hochfahren, wissen Sie scheinbar alles, was künftig wichtig sein wird: wie viele Tage Sie urlaub­s­be­d­ingt die Beine hochlegen dürfen, welches Gehalt regelmäßig auf Ihr Konto überwiesen wird, welche Sekretärin Ihnen den Kaffee kocht und wie groß Ihr Büro sein wird. Was aber nirgends steht, sind die Erwartungen, die Sie an Ihren Chef haben, und jene, die er an Sie hat. Das ist brisant, denn: Wenn einer von ihnen diesen geheimen Wun­schkat­a­log, den so genannten psy­chol­o­gis­chen Ar­beitsver­trag, nicht erfüllt, wird der andere instinktiv nachziehen, und schon wabert Un­zufrieden­heit durch die Gänge. Der Ar­beit­sall­t­agsärger ist meist hausgemacht. Wo Chef und Mitarbeiter frustfrei miteinander klarkommen möchten, braucht es eine neue Sichtweise, und zwar die der jeweils anderen Position. Solange Ihnen egal ist, was der andere denkt oder erwartet und welche Motive es für sein Handeln gibt, bleibt die glückliche Chef-Mi­tar­beiter-Beziehung Utopie. Überlegen Sie mal: Sie verbringen eine Menge Zeit mit dem anderen. Da ist es doch von Vorteil, wenn die gegen­seit­i­gen Erwartungen kein Buch mit sieben Siegeln sind, sondern eine Ge­brauch­san­leitung für Friede, Freude und Gerechtigkeit. Ein Schritt in diese Richtung sind die folgenden zehn Gebote:

1. Gebot: Geben und nehmen

Viele fühlen sich im Ar­beit­sleben ungerecht behandelt. Die Mitarbeiter, weil ihr Chef nur mit Mehrarbeit, Kritik und Desin­ter­esse auf sie zukommt, nicht aber wegen Lob, fre­undlichem Small Talk oder einer Gehaltserhöhung. Und die Chefs, weil ihre Angestell­ten sich nie für ihr pünktliches Gehalt bedanken, weil sie Abteilungsziele ignorieren, den Fir­men­com­puter als privaten Chatroom nutzen und stapelweise Kopier­pa­pier mit nach Hause schleppen – ohne je einen Gedanken daran zu ver­schwen­den, wie der Chef das alles stemmen muss und unter welchem Druck er mit seiner Firma steht. Jeder empfindet die Situation als ungerecht. Seine eigene natürlich.

„Die gegen­seit­i­gen Erwartungen hängen einfach lautlos im Raum.“

Der Knackpunkt schlechthin ist das Gehalt. Dem Mitarbeiter ist es zu wenig, dem Chef zu viel. Die Ar­beit­nehmer halten sich in der Regel für unglaublich un­ent­behrlich, wogegen den meisten Chefs nur die „High Potentials“ ihr Geld wert sind. Gerechtigkeit sieht anders aus, und zwar auf beiden Seiten. Es wäre nur fair, die Gehälter of­fen­zule­gen und entsprechend zu in­ter­pretieren: „A kriegt mehr als B, weil …“ Eine gerechte Bezahlung durch den Brötchengeber bedingt aber auch eine gerechte Ar­beit­sleis­tung seitens der Beschäftigten: Während der Arbeit wird gearbeitet – nicht gesurft, nicht privat telefoniert, nicht gebummelt. Gegen­seit­ige Gerechtigkeit ist das erste der zehn Gebote für den Joballtag.

2. Gebot: Teilen und herrschen

Das zweite ist, dass Sie als Chef Ihre Schäflein in relevante Entschei­dun­gen einbinden sollen, anstatt immer raushängen zu lassen, wie klug und toll Sie selber sind. Allerdings müssen sich diese Schäflein auch in die Herde einfügen und nicht immer mähen, sobald etwas nicht nach ihrem Kopf geht. Wenn jemand das Gefühl hat, nicht mitspielen zu dürfen, ist er nicht nur beleidigt, er kündigt auch schnell, zumindest innerlich. Aber natürlich sind Sie nicht der einzige Mitarbeiter Ihres Chefs, auch der Kollege hat manchmal gute Ideen und will genau wie Sie ebenfalls mitreden und mitbes­tim­men dürfen. Sie sind nun mal Teil des Ganzen und das bedeutet: Selb­st­diszi­plin üben und die Egozentrik in die Wüste schicken.

3. Gebot: Klartext reden

Sie kennen vermutlich diese kurzen, knappen und überaus aussagekräftigen Anweisungen von oben im Stil von: „Stellen Sie mir noch die Zahlen zusammen!“ Prompt geht das Rätselraten los, und Sie können drauf wetten, dass Sie dem Chef die falschen Zahlen liefern, denn Zahlen gibt es in Ihrem Unternehmen jede Menge – welche genau er haben will, bleibt sein Geheimnis. Der Chef denkt, Sie werden es schon wissen, sonst würden Sie fragen. Und Sie denken, es ist nicht so wichtig, sonst würde der Chef es Ihnen schon sagen. Das Orakel von Delphi hätte seine helle Freude an der Situation, im Ar­beit­sall­tag aber führt sie zu nichts, weil keiner weiß, was der andere will.

„Sie machen sich keine Vorstellung davon, wie es jeden Funken Antrieb im Keim erstickt, wenn Ihre Mitarbeiter den Eindruck haben, ungerecht bezahlt zu werden.“

Das lässt sich vermeiden, wenn Sie als Chef erst mal überlegen, was Ihr Mitarbeiter Ihnen genau liefern soll. Das sagen Sie ihm dann auch, mit allen notwendigen In­for­ma­tio­nen, und lassen sich Ihre Anweisung von ihm kurz wiederholen. So merken Sie, ob er alles richtig verstanden hat, und können ggf. gleich nachbessern. Das kostet weniger Zeit, als hinterher die Marschrich­tung um 180 Grad zu korrigieren. Und als Mitarbeiter sollten Sie sich angewöhnen, Fragen zu stellen, wenn Ihnen etwas nicht klar ist. Mitunter ist allerdings Eigenini­tia­tive angesagt, denn auch Ihr Chef ist nicht allwissend.

4. Gebot: Berechenbar sein

Gebot Nummer vier verlangt von Chefs wie von Mi­tar­beit­ern, sich nicht un­berechen­bar wie eine Lottokugel zu zeigen. Ihre Launen dürfen Sie zu Hause ausleben, im Ar­beit­sall­tag möchte man sich auf Sie verlassen und es Ihnen auch mal recht machen können. Gute Chefs halten sich an die drei „E“: Engagement (Mitarbeiter in Entschei­dun­gen einbinden), Expectation Clarity (klare Spielregeln) und Explanation (nachvol­lziehbare Entschei­dun­gen). Und Mitarbeiter zeigen Zuverlässigkeit, sonst kann der Chef die drei „E“ nämlich gar nicht anwenden.

5. Gebot: Feierabend und Urlaub

Ihr Leben gehört weder Ihrem Chef noch Ihrer Firma, sondern nur Ihnen. So banal diese Erkenntnis ist, wird sie doch ständig missachtet. Vorgesetzte nageln ihre Mitarbeiter mit Blicken an die Wand, wenn diese sich erdreisten, schon um 21 Uhr das Büro verlassen zu wollen, sie rufen hemmungslos auch am Wochenende oder nach 22 Uhr aufs Handy an und empfinden es als persönliche Beleidigung, Überstunden auch noch bezahlen zu müssen. Wen wundert’s, dass die Brötchennehmer sich holen, was ihnen nach ihrem Dafürhalten zusteht: Sie erscheinen morgens zu spät, schieben Entschuldigun­gen vor und feiern krank. Dazwischen toben sich die Workaholics aus und irgendwann treffen sich alle auf der In­ten­sivs­ta­tion oder beim Psychiater. Das fünfte Gebot lautet darum: Feierabend und Urlaub sind heilig; Ihre Arbeit ist nicht Ihr Lebensin­halt, sondern nur ein Job.

6. Gebot: Anerkennung und Lob

Nur ein Job – aber der kann durchaus Spaß machen, dann nämlich, wenn hin und wieder ein kleines Lob für die geleistete Arbeit her­ausspringt. Ein ehrliches Lob schmeckt wie ein süßes Karamell­bon­bon. Der gebauch­pin­selte Angestellte will mehr davon und tut natürlich genau das immer wieder, wofür es das Bonbon gibt. Psychologen nennen diesen Vorgang Kon­di­tion­ierung, eine sehr einfache, aber hochef­fiziente Art der Leis­tungssteigerung. Die Sache hat nur einen Haken: In einem Betrieb mit z. B. 300 Mi­tar­beit­ern kann der Chef nicht jeden Tag jedem persönlich die Hand schütteln und ihm für seinen tollen Beitrag danken. Und abgesehen davon: Wann haben Sie zuletzt Ihren Chef gelobt? Er braucht nämlich ebenfalls Anerkennung, und sei es nur dafür, dass er Ihnen jahrelang regelmäßig und pünktlich Ihr Gehalt überweist.

„Der Chef hat keinen Freibrief, alle immer platt zu walzen, alle Ideen abzubügeln und über alle Köpfe hinweg alles im Alleingang zu entscheiden.“

Gebot Nummer sechs lautet also für den Chef: Loben ist Pflicht. Für eine Drei-Sekun­den-E-Mail als Rückmeldung und Anerkennung ist immer Zeit. Als Mitarbeiter erwarten Sie aber bitte nicht für jeden Handgriff eine Be­lo­bi­gung­surkunde samt Ansprache – und bedanken Sie sich ruhig auch mal bei Ihrem Chef.

7. Gebot: Ehrlichkeit ist die Basis

Manchmal ist es aus­ge­sprochen praktisch, die Dinge ein wenig umzu­for­mulieren. Dem Mitarbeiter, der kündigen will, wird eine attraktive Beförderung in Aussicht gestellt, und wenn er er­wartungs­froh dem Unternehmen treu bleibt, weiß der Chef bald nichts mehr vom schönen neuen Posten. Lügen ist schlimmer als gar nichts zu sagen, denn damit miss­brauchen Sie das Vertrauen Ihres Gegenübers. Die scho­nungslose Wahrheit verträgt allerdings auch nicht jeder. Es gibt durchaus Situationen, in denen es besser ist, ein wenig zu schummeln – man nennt das dann soziale Lüge –, um jemandem nicht unnötig wehzutun. Das gilt aber nur bei eher unwichtigen Dingen. Was anderen schadet, fällt nicht unter die soziale Lüge.

„Die allen anderen überge­ord­nete Regel ist, sich empathisch in die ‚Gegen‘-Seite hineinzu­denken und zu -fühlen, ‚in den Schuhen des anderen zu gehen‘.“

Ganz ohne Flunkerei kommt kein Mensch durchs Leben, weder Chef noch Mitarbeiter. Es ist einfach unangenehm, Fehler zu machen und die dann auch noch zugeben zu müssen. Da redet man lieber haarscharf an der Wahrheit vorbei. Trotzdem: Versuchen Sie es mit Ehrlichkeit. Wenn Sie einen Bock geschossen haben, dann stehen Sie dazu; so schnell wird Ihnen der Kopf schon nicht abgehauen. Im Gegenteil, Sie verschaffen sich wahrschein­lich höchsten Respekt von Ihrem Vorge­set­zten, wenn Sie Ihre Schuld offen eingestehen.

„Teamplayer zu sein heißt nicht, dass Sie als Mitarbeiter zum ‚Chefver­ste­her‘ mutieren und als Chef nun Ihren Mi­tar­beit­ern ständig das Köpfchen kraulen müssen.“

Ehrlichkeit auf beiden Seiten, so lautet demnach das siebte Gebot, und weil Ehrlichkeit auch in alle anderen Gebote hinein­spielt, ist sie der Schlüssel zu einer angenehmen Ar­beit­sat­mo­sphäre im Unternehmen.

8. Gebot: Loyalität

Loyalität kann es nicht geben, solange Ehrlichkeit nicht selbstverständlich ist. Es ist ein bisschen wie in einer Ehe: Sie haben Rechte und Pflichten, und solange Sie dem anderen gegenüber loyal sind, gibt es keine Probleme. Der Vorgesetzte kommt seiner Fürsorgepflicht nach und mobbt seine Mitarbeiter nicht. Und die Belegschaft besinnt sich auf ihre Treuepflicht und zieht den Chef nicht bei jeder Gelegenheit durch den Kakao. Stellt der Chef seinen Mitarbeiter vor Dritten bloß, nur um sich bei einem Stammkunden einzuschleimen, kann er nicht erwarten, dass der Mitarbeiter ihn ins Nachtgebet einschließt. Jedoch kann man es einem Chef nicht übel nehmen, wenn er ein Problem mit Mi­tar­beit­ern hat, die nur ihre in­di­vidu­ellen Ziele im Blick haben und dafür ohne mit der Wimper zu zucken das Unternehmen schädigen.

9. Gebot: Men­schen­liebe

Effizienz und Fre­undlichkeit schließen sich aus – davon sind zumindest viele Chefs überzeugt. Small Talk und Kaffeepause sind Zeitver­schwen­dung, geplauscht wird zu Hause, meinen sie. Es ist schon richtig, dass Sie Ihre Arbeitszeit nicht mit Gequatsche vertrödeln sollen. Menschen sind aber auch hinter einem Schreibtisch immer noch Menschen und freuen sich über ein Mindestmaß an Höflichkeit und Austausch. Dazu gehört eben auch, nachzufra­gen, wie es geht, die Mitarbeiter mit Namen anzus­prechen und sie anzuschauen, wenn man etwas sagt. Gute Um­gangs­for­men gehören einfach zu einem angenehmen Ar­beit­sklima und sind das neunte Gebot für den Joballtag. Wenn Sie nur noch mit Ihrem Laptop kom­mu­nizieren statt mit den Kollegen, arbeiten Sie zwar weitgehend störungsfrei, aber eben auch weitgehend isoliert, und das tut niemandem gut.

10. Gebot: Dankbarkeit

Für den Fall, dass in Ihrem Unternehmen bereits alles butterweich läuft, gibt es trotzdem noch ein letztes Gebot: Dankbarkeit. Es ist leider selbstverständlich geworden, ständig zu meckern und zu maulen: über das Kan­tine­nessen, die schnip­pis­che Kollegin, das unfähige PC-Programm und den dämlichen Chef. Ob Mitarbeiter oder Chef: Wenn jeder sich mal bewusst machen würde, wie gut es ihm geht, wie gar nicht selbstverständlich es ist, Arbeit, Aufträge, Essen, Kleidung, ein Dach überm Kopf und Menschen um sich herum zu haben, dann wären wir für jeden Tag dankbar. Stattdessen sind Sie gedanklich schon bei übermorgen, planen und träumen und verpassen so den Augenblick, die Gegenwart und das Glücklichsein.

Über die Autoren

Dr. Volker Kitz ist Jurist und Psychologe und arbeitet als Anwalt in Köln. Er ist Autor mehrerer Sachbücher und hat Beruf­ser­fahrung als Wis­senschaftler, TV-Jour­nal­ist und Lobbyist. Dr. Manuel Tusch führt eine psy­chol­o­gis­che Praxis und ein Aus­bil­dungsin­sti­tut in Köln. Er hat als Wis­senschaftler und Un­ternehmens­ber­ater gearbeitet und zusammen mit Volker Kitz bereits Das Frustjobkiller­buch verfasst.