Change Cycle

Buch Change Cycle

Wie Sie berufliche und private Veränderungen meistern

Gabal,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Veränderungen bringen oft Angst und Unruhe mit sich – und sie laufen immer nach dem gleichen Schema ab, sagen die Autorinnen Ann Salerno und Lillie Brock. Wer glaubt, eine unangenehme Phase im Veränderung­sprozess einfach überspringen zu können, täuscht sich. Besser ist es, jede Phase genau zu analysieren und sich ihr ganz bewusst zu stellen. Dafür haben Salerno und Brock den „Veränderungskreis“ (Change Cycle) konzipiert: eine Schritt-für-Schritt-An­leitung, um möglichst konstruktiv mit Veränderungen umzugehen, heikle Momente unbeschädigt zu überstehen und gestärkt daraus her­vorzuge­hen. Wie das im Alltag aussehen kann, zeigen sie mit einer Reihe kurzer Geschichten, die direkt aus dem Leben gegriffen sind. Wer Lebenshilfe auf die amerikanis­che Art mag – euphorisch, aufrüttelnd, meta­phern­re­ich –, wird diesen Ratgeber mit Gewinn lesen und berufliche wie private Her­aus­forderun­gen künftig souveräner und gelassener meistern, meint BooksInShort und empfiehlt das Buch nicht nur Mi­tar­beit­ern, die von Veränderungen betroffen sind, sondern auch ihren Vorge­set­zten, die diese managen müssen.

Take-aways

  • Veränderungen lösen bei den meisten Menschen instinktiv Angst und Unruhe aus.
  • Alle Veränderungen, ob groß oder klein, laufen nach einem sechsstu­fi­gen Schema ab: Ver­lus­tangst – Zweifel – Unbehagen – Entdeckung – Verständnis – Integration.
  • Keine der sechs Phasen lässt sich überspringen.
  • Wenn der Schock akut ist, hat es wenig Sinn, in übereilte Aktionen zu verfallen – zulassen und vorbeigehen lassen ist dann das bessere Rezept.
  • Analysieren und benennen Sie Ihre Ängste, so bekommen Sie sie in den Griff.
  • Gehen Sie als Chef auf die Ängste Ihrer Mitarbeiter ein, z. B. an einem eigens dafür ein­berufe­nen Meeting.
  • Das beste Mittel gegen Zweifel und Ängste sind umfassende In­for­ma­tio­nen.
  • Bewerten Sie Veränderungen grundsätzlich positiv, auch wenn Sie anfangs noch keinen Sinn darin sehen.
  • Trans­par­ente, gemeinsame Entschei­dun­gen werden besser mitgetragen.
  • Bieten Sie Ihren Mi­tar­beit­ern persönlichkeitsfördernde Weit­er­bil­dungs- und Train­ing­spro­gramme an.
 

Zusammenfassung

Veränderungen sorgen für Emotionen

Dass die nächste Veränderung kommt, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Ob beruflich oder privat: Jeder von uns muss damit klar kommen. Veränderungen gehören zum Leben. Wer aber weiß, nach welchen Regeln sie ablaufen, kann ihnen gelassener ent­ge­gen­blicken. Denn Fakt ist: Jede Veränderung, egal welchen Ausmaßes, durchläuft die immer gleichen sechs Phasen.

„Veränderungen sind das Leben, das Leben besteht aus Veränderungen. Sie passieren einfach, wie das Wetter.“

Das Wissen um diese sechs Phasen hilft nicht nur, die gesamte Veränderung und ihre Bewältigung im Blick zu behalten, sondern auch, die in den einzelnen Phasen auftre­tenden Emotionen zu erfassen. Diese sind – bei Veränderungen in Unternehmen ebenfalls – noch wichtiger als die faktischen Veränderungen. Wenn eine Führungskraft erkennt, in welcher emotionalen Veränderungsphase die Mitarbeiter gerade stecken, kann sie adäquat darauf eingehen und Change-Prozesse pro­fes­sionell managen.

Der „Change Cycle“

Ob ein Unternehmen leistungsfähig bleibt oder nicht, hängt zum großen Teil davon ab, wie gut es mit Veränderungen umgehen kann – wie wandlungsfähig es ist. Damit wird es auch für Führungskräfte und Mitarbeiter immer wichtiger, Un­ternehmensveränderungen pro­fes­sionell zu handhaben und Ve­r­ant­wor­tung für deren er­fol­gre­iche Bewältigung zu übernehmen. Die gute Nachricht: Sie können lernen, mit Veränderungen besser umzugehen, mit weniger Stress, weniger Angst und weniger En­ergieaufwand. Dabei geht es sowohl um große als auch um kleine Veränderungen – die Auswirkun­gen von ver­meintlich nebensächlichen Anpassungen können gewaltig sein.

„Wir sind dem, was war und was ist, nicht einfach aus­geliefert – es liegt bei uns, wie wir es in­ter­pretieren.“

Jedes Unternehmen und mit ihm jeder einzelne Mitarbeiter durchläuft sechs Phasen, wenn er von einer Veränderung betroffen ist – den „Change Cycle“. Die Reihenfolge dieser Phasen lässt sich nicht verändern; sie lassen sich auch nicht überspringen oder vermeiden.

Phase 1 : Ver­lus­tangst

Sobald wir von einer Veränderung erfahren – z. B. von heute auf morgen einen neuen Chef vor die Nase gesetzt bekommen – reagieren wir wie „Urviecher“: Wir haben Angst. Unser Hirn schaltet auf Überlebens­modus und überlässt die Steuerung unseren Instinkten. Vor Urzeiten reagierten wir mit Angriff oder Flucht. Beides ist im beruflichen Kontext so nicht möglich. Am Ar­beit­splatz haben wir möglicher­weise Angst davor, eine gesicherte Rolle oder unseren Status zu verlieren. Veränderung ist immer mit dem Verlust von emotionaler Sicherheit und Kontrolle verbunden. Manch einer versucht in diesem Fall, die Veränderung einfach zu ignorieren („Ich mache weiter wie bisher“) oder verfällt in eine Opfer­hal­tung („Warum gerade ich?“). Beides hilft nicht weiter. Besser ist es, wenn Sie sich notieren, welche Veränderung Sie gerade erleben und welche Verluste sie mit sich bringt. Beschreiben Sie dann, was genau daran be­un­ruhi­gend ist.

„Veränderungen zu meistern, das ist etwas, das jeder von uns in allen Lebens­bere­ichen lernen, verbessern und beherrschen muss.“

Wenn Sie als Führungskraft eine Veränderung begleiten, sollten Sie es in dieser ersten Phase vermeiden, die neue Situation als völlig gefahrlos schönzureden. Auch Analysen, Erklärungen und logische Argumente werden Ihren Mi­tar­beit­ern die Befürchtungen nicht nehmen. Sehr viel besser ist es, wenn Sie ihnen bewusst zuhören, das Gespräch suchen und sich in Empathie üben. Das Unternehmen DATAs Group ging mit einer Um­struk­turierung vorbildlich um. Es lud seine Mitarbeiter dazu ein, bei einem Meeting an einem neutralen Ort alle Fragen, die sie auf dem Herzen hatten, an den CEO zu stellen. Die Fragen wurden per PC auf eine Leinwand für alle sichtbar eingegeben und innerhalb einer Woche vom CEO komplett beantwortet. Die Mitarbeiter fühlten sich durch diese Aktion ernst genommen und hatten nicht den Eindruck, von einer Entschei­dung überrollt und gegen ihren Willen „überzeugt“ zu werden.

Phase 2: Zweifel

Es ist völlig normal, dass Sie Zweifel an Veränderungen haben und ihnen mit Skepsis begegnen. Zweifel haben etwas Gutes: Sie zwingen uns, langsamer zu gehen und uns eine Entschei­dung reiflich zu überlegen. Außerdem bedeuten Zweifel, dass sich der Verstand langsam wieder zu Wort meldet, dies neben den Gefühlen, die natürlich weiterhin vorhanden sind, oft sogar in Form von sichtbarer oder passiver Wut. Die einen zetern, die anderen nähren Gerüchte, wiederum andere leisten passiven Widerstand oder un­ter­minieren gar den Umgestal­tung­sprozess.

„Wenn Sie Ihren Körper bewegen, bewegen sich oft auch die Dinge in Ihrem Kopf.“

Um über diese Phase hin­auszuge­lan­gen, können Sie sich fragen, wogegen Sie konkret gerade kämpfen oder Widerstand leisten. Sie werden erkennen, dass Sie in dieser Phase vor allem eines benötigen: mehr In­for­ma­tio­nen. Fragen Sie danach (bei Ihren Vorge­set­zten) oder überlegen Sie, warum Sie es nicht tun und passiv bleiben. Denn das ist eine Form des Widerstands – in der Hoffnung, alles möge so bleiben wie es ist. Sie sollten dahin gelangen, sich ein genaues Bild von den Veränderungen und deren Kon­se­quen­zen zu machen, um handlungsfähig zu werden.

„Je mehr Selb­sterken­nt­nis Sie in Ihren Entschei­dung­sprozess einfließen lassen können, desto besser.“

Als Führungskraft sollten Sie es in dieser Phase vermeiden, Konflikten aus dem Weg zu gehen. Tragen Sie sie aus, evtl. mit Hilfe einer in Mediation geschulten Person. Meist geht es darum, dass Ihre Mitarbeiter schlicht mehr In­for­ma­tio­nen benötigen; lassen Sie also Ihre Türe offen und kom­mu­nizieren Sie so oft und umfassend wie möglich. Da die erste Betäubung und der Schock­zu­s­tand nachlassen, können die In­for­ma­tio­nen verarbeitet werden. Unterstützen Sie diesen Prozess durch Meetings, durch mündlichen oder schriftlichen Austausch.

Phase 3: Unbehagen

Wie ein neues Kleiderstück, das noch hier und dort abgeändert werden muss – so fühlt sich die dritte Phase an. Neue Abläufe werden als kompliziert und ungewohnt empfunden. Das vorherrschende Gefühl: Unbehagen. Wir sind frustriert und glauben, den neuen An­forderun­gen nicht genügen zu können. Alles braucht dreimal so lang wie zuvor, die Produktivität stagniert. Hier hilft es, sich klar zu machen, dass Fehler zum Lernen dazugehören, dass es keine Neuerung ohne Hindernisse gibt. Die Aufgabe lautet, sie zu überwinden, sich selbst zu motivieren, das Neue anzunehmen und zu verstehen.

„Der Zweifel, die Wut und das Unbehagen – alles, was uns so viel Kraft geraubt hat, gehört endlich der Ver­gan­gen­heit an.“

Je mehr Sie über Ihr Verhältnis zur Motivation wissen (was motiviert mich?), desto leichter können Sie sich das Leben machen. Ziehen Sie ein Zwis­chen­fazit und überlegen Sie, was Sie vom bisher Erreichten positiv bewerten können. Man nennt das auch Reframing – einer Sache eine neue, positive Bedeutung geben. Wer denkt: „Diese Veränderung ist der reinste Mist!“ schadet sich nur und steht sich im Weg. Er könnte genauso gut denken: „Der Sinn dieser Veränderung wird sich hoffentlich bald zeigen!“ – und würde sich damit eher motivieren. Auch ver­meintlich kleine Änderungen im Alltag – z. B. einen anderen Weg zur Arbeit nehmen oder ein neues Restaurant aus­pro­bieren – können Wunder wirken. Als Führungskraft sind Sie aufgerufen, die neuen Aufgaben in kleine Einheiten zu zerlegen und Geschafftes positiv zu bewerten.

Phase 4: Entdeckung

Haben Sie die negativen Emotionen hinter sich gelassen, treten Sie in eine Phase ein, die von Energie und Hoffnung gekennze­ich­net ist. Sie sind nun offen für neue Erfahrungen und bereit, auch die positiven Seiten der Veränderung zu sehen und anzunehmen. Sie haben den Eindruck, die Kontrolle über Ihr Leben wieder­erlangt zu haben, die Veränderung selbst vo­rantreiben zu können. Jetzt gilt es, den Überblick nicht zu verlieren und die richtigen Entschei­dun­gen zu treffen. Das hört sich leichter an, als es ist. Viele zögern hier zu lange, anstatt dann zu handeln, wenn es nötig ist. Fragen Sie sich, auf welche Art Sie Entschei­dun­gen treffen. Fragen Sie andere um Rat? Orientieren Sie sich am geringsten Widerstand? Tun Sie, wofür Sie am stärksten motiviert sind? Sammeln Sie zunächst immer so viele In­for­ma­tio­nen wie möglich? Diese Selb­sterken­nt­nis hilft Ihnen, allfällige Blockaden zu überwinden.

„Sie sind jetzt von Pi­o­niergeist erfüllt. Nutzen Sie das!“

Als Führungskraft können Sie Mitarbeiter in dieser Phase besonders gut unterstützen, indem Sie die Entschei­dungs­find­ung transparent machen oder, noch besser, möglichst viele daran teilhaben lassen. Außerdem sollten Sie Teamarbeit und Zusam­me­nar­beit in der Abteilung bewusst fördern.

Phase 5: Verständnis

Die Wirren und Un­sicher­heiten liegen hinter Ihnen. Auch der aufwühlende Auf­bruchs­geist hat sich beruhigt und einem tieferen Verständnis Platz gemacht, das kennze­ich­nend für diese Phase ist. Sie erlangen Ihre Selb­st­sicher­heit zurück, erkennen, dass Sie in den stürmischen Zeiten viel über sich gelernt haben und gereift aus dem Veränderung­sprozess herausgehen werden. Sie haben das Neue akzeptiert und verstanden, sehen die Dinge nicht mehr kom­plizierter, als sie sind.

„Einfachheit ist das Letzte, was wir lernen.“

Als Führungskraft sollten Sie Mi­tar­beit­ern, die sich in dieser Phase befinden, nicht ständig kon­trol­lierend hin­ter­her­laufen, sondern ihre Autonomie anerkennen. Sie tun gut daran, Fortschritte zu benennen und zu feiern und Ihre Mitarbeiter in ihrem Tun bestätigen.

Dabei sollten Sie aber einen Blick auf die Qualität der Ergebnisse beibehalten. Das Beispiel eines ehemaligen Feuil­leton-Redak­teurs, dem gekündigt wurde, zeigt, wie fruchtbar eine ver­meintlich negative Veränderung sein kann: Nach anfänglicher Wut, Verzwei­flung und einer Zeit des Nicht-Wahrhaben-Wol­lens entschied er sich schließlich, aktiv zu werden. Er fand innerhalb kurzer Zeit eine Stelle als Leiter eines Lit­er­aturkurses an der Volk­shochschule der Stadt und entdeckte auf diese Art ein neues Talent: seine di­dak­tis­chen Fähigkeiten.

Phase 6: Integration

Wenn Sie hier angekommen sind, haben Sie es geschafft. Sie haben die Veränderung „verdaut“ und integriert. Außerdem wissen Sie nun, dass Veränderungen Bestandteil des Lebens sind und Ihnen permanente Flexibilität und Anpassungsfähigkeit abverlangen. Diese Flexibilität macht es Ihnen möglich, aus einem Verlust eine Chance zu machen. Sie zeigt sich in Ihren Gedanken und Äußerungen. Dachten Sie früher eher: „Das ruiniert mir den gesamten Tag!“, so denken Sie heute: „Ich bin dafür ve­r­ant­wortlich, wie ich damit umgehe.“ Sie wissen, dass Sie in der Lage sind, Veränderungen anzunehmen und zu meistern.

„Veränderungen passieren eben – es besteht kein Grund, sie persönlich zu nehmen.“

Als Führungskraft können Sie in dieser Phase dafür sorgen, dass zukünftige Veränderungen leichter und besser ablaufen werden. Halten Sie Meetings über bevorste­hende En­twick­lun­gen ab und überwinden Sie so die Angst vor dem Wandel. Arbeiten Sie an sich und Ihren eigenen Fähigkeiten, wenn Sie Defizite bei der Veränderungsbewältigung an sich wahrgenom­men haben. Bieten Sie entsprechende persönlichkeitsfördernde Weit­er­bil­dungs- und Train­ing­spro­gramme auch für Ihre Mitarbeiter an. Denken Sie wie die Chinesen: Deren Wort „wei ji “ hat zwei Bedeutungen – Krise und Chance. Das sollte Ihnen einen neuen Blickwinkel auf Veränderungen eröffnen.

Über die Autorinnen

Ann Salerno ist Trainerin und Beraterin. Sie arbeitet für die in­ter­na­tionale Schulungs- und En­twick­lungs­firma CCMC und betreut u. a. die CIA, General Motors und Amgen. Lillie Brock, Moderatorin und Beraterin, hat zusammen mit Ann Salerno das Change-Cy­cle-Mod­ell entwickelt. Unterdessen hat sie ein The­olo­gi­es­tudium aufgenommen.