Wenn der Kunde laut wird

Buch Wenn der Kunde laut wird

Professioneller Umgang mit Beschwerden

Linde,


Rezension

Wenn der Kunde laut wird – ist es meist schon zu spät. Oder sollte es möglich sein, auch extrem Verärgerte zu besänftigen und als Kunden zu behalten? Ja, sagen die beiden Kom­mu­nika­tions­ber­a­terin­nen Gabriele Cerwinka und Gabriele Schranz. In ihrem Ratgeber geht es vor allem um die Gestaltung von Beschw­erdege­sprächen. Wie kann man Kunden, die schon auf hun­der­tachtzig sind, wieder zurück auf den Boden objektiver Argumente holen? Wie geht man mit Stänkereien in In­ter­net­foren um? Wie antwortet man angemessen auf eine schriftliche Beschwerde? Der erste Schritt zu einem pro­fes­sionellen Beschw­erde­m­an­age­ment ist ein Per­spek­tivwech­sel, sagen die Autorinnen: Nörgelnde Kunden sind nicht lästig, sondern wichtige Impulsgeber für Verbesserun­gen im Unternehmen. Das Train­ingspaket von Cerwinka und Schranz soll dabei helfen, brenzlige Situationen nicht nur zu entschärfen, sondern sogar davon zu profitieren. Manche Tipps sind prima, vor allem die Textbausteine, andere wiederholen sich zu oft und sind zu allgemein, um wirklich hilfreich zu sein („Bewahren Sie Ruhe!“). BooksInShort empfiehlt das Büchlein allen Mi­tar­beit­ern, die gele­gentlich oder ständig mit Beschwerden umgehen müssen, sowie deren Vorge­set­zten.

Take-aways

  • Kun­denbeschw­er­den sig­nal­isieren, dass im Unternehmen etwas nicht stimmt.
  • Beschw­erde­m­an­age­ment bedeutet: Fehler aufdecken, Kun­den­zufrieden­heit steigern, Wet­tbe­werbsfähigkeit verbessern.
  • Die Mitarbeiter mit direktem Kun­denkon­takt sind die wichtigsten Akteure beim Beschw­erde­m­an­age­ment.
  • Kunden erwarten schnelle Lösungen und wollen nicht vertröstet werden.
  • Achten Sie auf Ihre Sprache: Positive For­mulierun­gen nehmen jedem Gespräch die Schärfe.
  • Betonen Sie stets die Vorteile des Kunden.
  • Wer fragt, führt: Nutzen Sie ver­schiedene Fragetypen, um den Verlauf des Gesprächs zu bestimmen.
  • Wenn der Kunde laut wird, müssen Sie umso ruhiger und besonnener reagieren.
  • Schaffen Sie ein gutes Gesprächsklima, analysieren Sie das Problem, suchen Sie eine Lösung und lassen Sie das Beschw­erdege­spräch positiv ausklingen.
  • Ist eine Beschwerde berechtigt, ist die Beseitigung des Mangels bloß die Pflicht: Die Kür ist es, die Erwartungen des Kunden zu übertreffen.
 

Zusammenfassung

Nörgler sind wichtig

Sie kennen das: Ein aufge­brachter Kunde ruft im Callcenter an und möchte sich über ein Produkt beschweren. Nor­maler­weise wird der Mitarbeiter am Apparat alles versuchen, um den lästigen Nörgler abzuwimmeln. Beschwerden sind immer der Ausdruck eines Miss­be­ha­gens und müssen schnell­stens niedergebügelt werden. Das stimmt, aber damit ist es nicht getan. Jede Beschwerde eines Kunden ist ein Kom­mu­nika­tionsver­such, der Ihnen und Ihren Mi­tar­beit­ern sig­nal­isiert: Irgendetwas läuft falsch. Mit einem pro­fes­sionellen Beschw­erde­m­an­age­ment gelingt es Ihnen, die Produkte Ihres Un­ternehmens auf ein höheres Niveau zu heben. Ihre nörgelnden Kunden sind deshalb die wichtigsten Impulsgeber, deren Hinweise Sie ernst nehmen müssen. Beschw­erde­m­an­age­ment heißt, die Zufrieden­heit des Kunden zu sichern, Schwach­stellen im Qualitäts­man­age­ment aufzudecken und die Wet­tbe­werbsfähigkeit des Un­ternehmens zu verbessern. Die Hauptarbeit liegt dabei aber weniger beim Management, sondern vielmehr bei denjenigen Mi­tar­beit­ern, die sich tagtäglich mit Beschwerden au­seinan­der­set­zen.

Im Fokus: die Mitarbeiter an der Front

Sie müssen die Mitarbeiter an der Kundenfront für eine kun­de­nori­en­tierte Kom­mu­nika­tion fit machen. Dazu gehört vor allem, dass sie ihren Blickwinkel ändern: Kun­denbeschw­er­den sollen als Chance begriffen werden. Der Kunde wünscht sich im Beschw­erde­fall, dass sein Anliegen schnell bearbeitet wird, dass er nicht lange nach der richtigen Adresse suchen muss und nicht zigmal weit­er­ver­bun­den wird. Er wünscht sich, dass der Mitarbeiter seine Beschwerde ernst nimmt und nicht einfach als unbegründet abweist. Er erwartet schnelle Lösungen, keine Schuldzuweisun­gen, will Sicherheit, Vertrauen und in­di­vidu­elle Behandlung. Vor allem aber: Er will wiederkom­men. Sonst würde er sich nicht beschweren!

„Ziel jedes Un­ternehmens sollte es sein, sich stetig und dynamisch weit­erzuen­twick­eln. Beschwerden sind dazu der entschei­dende Antreiber, sozusagen das Schmieröl.“

Wenn Sie der Kun­den­ber­ater sind, der die Beschwerde des Kunden aufnimmt, spielt schon die erste Gesprächsminute eine große Rolle. Sie entscheidet, ob daraus ein Schlagab­tausch oder ein kon­struk­tives Beschw­erdege­spräch wird. Regel Nummer eins: Hören Sie genau zu, was den Kunden ärgert. Und wenn Sie ihm wirklich nicht helfen können, sagen Sie statt „Da kann ich Sie nur weit­er­verbinden“ lieber „Gerne verbinde ich Sie mit XY, der sich persönlich um Ihr Anliegen kümmert“ – schon wird aus einer Notlösung ein Expertenrat!

Tipps für ein kon­struk­tives Beschw­erdege­spräch

Die folgenden Kom­mu­nika­tion­stipps werden Ihnen dabei helfen, Ihrem Kunden zu sig­nal­isieren, dass Sie ihn ernst nehmen und sich um eine rasche Lösung bemühen:

  • Formulieren Sie positiv und vermeiden Sie Floskeln. Negative For­mulierun­gen, die sofort die Gesprächsatmosphäre vergiften, sind zu vermeiden. Statt zu sagen, was Sie nicht tun können, sollten Sie besser sagen, was Sie tun können. Verzichten Sie bei aller Fre­undlichkeit auch auf Floskeln, die Ihr Gegenüber sofort durch­schauen wird. Nicht gut: „Da kann ich Ihnen heute nicht weit­er­helfen, der zuständige Mitarbeiter XY hat schon Feierabend.“ Besser: „Ich arrangiere für Sie gleich morgen einen Termin mit Herrn XY.“
  • Formulieren Sie aktiv und konkret. Vermeiden Sie Pas­sivkon­struk­tio­nen und den un­verbindlichen Konjunktiv (könnte, müsste, sollte), sondern sagen Sie klar und deutlich, was Sie tun werden. Nicht gut: „Da müsste überprüft werden, ob Ihre Daten vorliegen.“ Sondern: „Ich werde die Daten sofort überprüfen.“
  • Versetzen Sie sich in den Kunden hinein. Formulieren Sie nicht aus Sicht der Firma, sondern aus der Sicht des Kunden und betonen Sie seine Vorteile. Nicht gut: „Es wäre für uns einfacher, wenn sich die Zentrale damit beschäftigt.“ Besser: „Es wäre in Ihrem Sinne, wenn wir den Artikel in die Zentrale schicken: Dort wird er schneller repariert.“
  • Hören Sie zu. Viele Gespräche verlaufen im Sand, weil Sie sich nicht auf die Worte des Kunden konzen­tri­eren. Fragen Sie klar nach seinem Problem und vergewis­sern Sie sich, dass Ihre Ratschläge auch wirklich verstanden werden. Wenn Sie etwas nicht verstehen, fragen Sie nach und spiegeln Sie die Aussage das Kunden („Sie meinen also, dass …“). Wenn Sie den Kunden vor sich haben, achten Sie auf nonverbale Signale: Ein Schul­terzucken oder ein zus­tim­mendes Kopfnicken zeigen Ihnen, ob Ihre Botschaft angekommen ist oder nicht.

Wer fragt, führt

Nor­maler­weise werden Sie sich im Beschw­erdege­spräch immer wieder dabei ertappen, dass Sie abwiegeln oder ausweichen. Statt sich aber völlig in die Defensive zurückzuziehen, sollten Sie lieber Fragen stellen.

„Mit positiven For­mulierun­gen beweisen Sie Souveränität und lenken schwierige Gespräche in eine kon­struk­tive Richtung.“

Mit Fragen führen Sie das Gespräch und lenken es in die richtige Richtung. Fragen geben Ihnen Gelegenheit, nachzu­denken und der Kunde wird dazu angeregt, das Kernproblem zu benennen. Un­ter­schei­den Sie zwischen offenen Fragen, bei denen der Kunde das Problem im Satz schildern kann („Wie hat sich die Störung geäußert?“), Feed­back­fra­gen, die das Problem nochmals sachlich zusam­men­fassen („Habe ich Sie richtig verstanden: Es geht Ihnen um … ?“), geschlosse­nen Fragen, um ein eindeutiges Ja oder Nein zu erhalten („Haben Sie die Anleitung gelesen?“), Al­ter­na­tivfra­gen, die dem Kunden die Auswahl lassen („Möchten Sie lieber eine DVD oder einen Gutschein?“) und Sug­ges­tivfra­gen, um Zustimmung klarzustellen („Finden Sie auch, dass das Produkt gegenüber dem Vorgängermodell besser geworden ist?“).

Wenn der Kunde laut wird

Manchmal kommt es vor, dass Sie schon am Ende des Beschw­erdege­sprächs angekommen sind und der Kunde plötzlich und unerwartet mit einem gravieren­den Einwand her­aus­platzt. In diesem Fall müssen Sie her­aus­finden, ob es sich um einen echten Einwand oder nur einen Vorwand handelt.

„Sagen Sie dem verärgerten Kunden, was er davon hat, wenn er auf Ihre Vorschläge eingeht.“

Spiegeln Sie dann die Aussagen des Kunden mit der „Echotechnik“, indem Sie beispiel­sweise sagen: „Habe ich Sie richtig verstanden, es geht darum, dass …“ Wenn Sie einen Al­ter­na­tivvorschlag zur der Forderung des Kunden haben, betonen Sie dessen Vorteile und vergewis­sern Sie sich der Zustimmung des Kunden. Wenn er eindeutige Fragen wie „Wären Sie zufrieden, wenn ich XY für Sie mache?“ mit einem Ja beantwortet, dürfte es ihm sehr schwer fallen, weiterhin auf seinem Einwand zu beharren.

„Einer Beschwerde in Briefform kommt eine andere rechtliche Relevanz zu als einer ‚nur‘ mündlich geäußerten Beschwerde.“

Wenn der Kunde Sie mit Belei­di­gun­gen oder Drohungen überfällt, müssen Sie dennoch ganz gelassen bleiben. Atmen Sie durch, sprechen Sie den Kunden mit Namen an und bitten Sie ihn in ein Nebenzimmer. Die meisten Choleriker beruhigen sich, wenn sie von der „Bühne“, z. B. dem Verkauf­s­raum mit anderen Kunden, fort­ge­bracht werden. Wenn der Kunde laut wird, sollten Sie umso leiser und ruhiger sein, um Wut- und Schrei-Tiraden zu unterbinden. Persönliche Belei­di­gun­gen brauchen Sie sich aber nicht gefallen zu lassen: Hier hilft es, das Gespräch bewusst abzubrechen und auf einen Termin zu vertagen, an dem der Kunde in der Lage und willens ist, ruhig über den Vorfall zu sprechen.

Das Beschw­erdege­spräch in vier Phasen

Beschw­erdege­spräche laufen in vier Phasen ab. Sie sollten keine der Phasen überspringen, sonst landen Sie wieder am Anfang und sehen sich erneut mit den oft überzogenen Kun­den­forderun­gen kon­fron­tiert.

  1. Schaffen Sie ein positives Gesprächsklima. Das gelingt Ihnen, indem Sie sofort auf den Kunden reagieren, Verständnis zeigen, aktiv zuhören und ein gemeinsames Ziel – die Lösung des Problems – betonen.
  2. Analysieren Sie das Problem. Hierbei kommen Ihnen die erwähnten Fragetech­niken zugute. Sagen Sie dem Kunden, dass Sie ihm Fragen stellen werden und dann kreisen Sie das Problem verbal ein. Lassen Sie hier alle Emotionen beiseite. Wenn nötig, schreiben Sie mit; das zeigt, dass Sie ernsthaft eine Lösung suchen wollen.
  3. Suchen Sie eine Lösung. In den aller­meis­ten Fällen sind Kunden mit dem Tausch eines man­gel­haften Produktes besonders zufrieden. Für das Unternehmen bedeutet dies jedoch Mehrarbeit, weil der Lieferant kontaktiert und Rück­er­stat­tungs­for­mu­lare ausgefüllt werden müssen. Trotzdem: Wenn der Kunde danach zufrieden ist und wieder kommt, lohnt sich der Aufwand. Nachbesserun­gen und Reparaturen stoßen meist auf weniger Gegenliebe. Ein Preis­nach­lass funk­tion­iert höchstens dann, wenn das Produkt nur geringe Mängel aufweist. Die Wandlung ist für das Unternehmen besonders schmerzlich, weil damit der gesamte Kaufvorgang aufgehoben wird.
  4. Schaffen Sie einen positiven Gesprächsausstieg. Ihr Kunde darf nicht den Eindruck bekommen, dass Sie ihn schnell abwimmeln wollen. Daher sollten Sie sich am Ende des Gesprächs immer noch einmal vergewis­sern, ob er mit der Lösung zufrieden ist. Bedanken Sie sich und betonen Sie, wie wichtig die Mithilfe des Kunden ist, um das Problem zu lösen.**

Beschwerden am Telefon, per Brief oder Internet

Die meisten Beschwerden werden per Telefon an Sie herange­tra­gen. Achten Sie darauf, dass Ihre Stimme positiv und freundlich klingt. Atmen Sie, bevor Sie den Hörer abnehmen, erst einmal durch, setzen Sie sich gerade hin und sprechen Sie ruhig. Vermeiden Sie Hin­ter­grundgeräusche und andere Ablenkungen. Wenn die Situation kein ungestörtes Gespräch ermöglicht, vereinbaren Sie einen Rückruf. Diesen Termin müssen Sie dann unbedingt einhalten. Keinesfalls sollten Sie zwei parallele Tele­fonge­spräche führen und zwischen den Gesprächspartnern hin- und herwechseln.

„Wir assoziieren Tastaturgeräusch automatisch mit der Annahme, der Gesprächspartner würde gerade mit einer anderen Tätigkeit am PC beschäftigt sein.“

Wenn sich ein Kunde nicht mündlich, sondern per Brief beschwert, handelt es sich um eine heikle Beschwerde. Rechtlich sind ein Brief und Ihre Antwort darauf verbindlicher als ein Telefonat und können auch in einem eventuellen Gerichtsver­fahren als Beweis gelten. Ihre schriftliche Antwort kann im Bekan­ntenkreis hergezeigt oder gar an die Medien weit­ergeleitet werden. Wenn Sie eine schriftliche Beschwerde erhalten, räumen Sie ihr oberste Priorität ein. Trotz der Schriftform gilt: Greifen Sie erst mal zum Telefonhörer und versuchen Sie das Problem mündlich zu klären. Viele Beschwerdefälle lassen sich auf diesem Weg bereits aus der Welt schaffen. Beim Formulieren Ihrer schriftlichen Antwort sollten Sie folgenden Aufbau beachten: Stellen Sie sich mit Ihrem Namen vor, danken Sie dem Kunden für seinen Hinweis auf einen Mangel und entschuldigen Sie sich für die Unan­nehm­lichkeiten. Schreiben Sie sachlich und nicht emotional, ohne jedoch abgebrüht zu wirken. Bieten Sie Lösungen und Al­ter­na­tiven an. Wenn die Beschwerde des Kunden berechtigt ist, ist die Erfüllung seiner Forderung die bloße Pflicht. Die Kür sind Leistungen, Extras oder Angebote, die darüber hinausgehen: Übertreffen Sie seine Erwartungen!

„Das kun­de­nori­en­tierte Unternehmen von heute sieht sich mit einer neuen Macht kon­fron­tiert: dem In­ter­net­por­tal.“

E-Mails gehören zu den be­liebtesten Medien, um rasch eine Beschwerde „loszuwerden“. Antworten Sie möglichst schnell, und sei es nur mit einer Ein­gangs­bestätigung. Aus dieser sollte hervorgehen, wer Sie sind, welche Funktion Sie im Unternehmen haben und sie sollte dem verärgerten Kunden ggf. eine Tele­fon­num­mer übermitteln, an die er sich wenden kann. Noch ein Tipp zum Schluss: Ignorieren Sie keinesfalls In­ter­net-Foren, in denen Kunden sich über Ihre Produkte beschweren. Das Internet ist das Schweizer Taschen­messer des Kunden, wenn es um Kritik, Beschwerden und auch Belei­di­gun­gen geht. Schweigen nützt nichts. Stellen Sie sich den Vorwürfen und entkräften Sie sie, natürlich stets höflich, sachlich und ehrlich. Spezielle Softwarelösungen, z. B. für die Hotel­branche, helfen Ihnen dabei, Beschwerden im Internet ausfindig zu machen. Noch besser: Richten Sie eine Beschw­erde­plat­tform auf Ihrer Webseite ein!

Über die Autorinnen

Gabriele Cerwinka und Gabriele Schranz sind Gesellschaf­terin­nen des Be­ratung­sun­ternehmens Schranz & Cerwinka OEG in Wien. Beide haben langjährige Erfahrung als Trainer­in­nen und Ref­er­entin­nen in den Bereichen Persönlichkeit­sen­twick­lung, Kom­mu­nika­tion und Of­fice­m­an­age­ment.