Jetzt richtig handeln!

Buch Jetzt richtig handeln!

Der Krise trotzen – Strategien für alle Unternehmensbereiche

Linde,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Die Krise hat ihre eigenen Gesetze. Wer sich daran hält, kann dem rauen Wind nicht nur die Stirn bieten, sondern sogar gestärkt aus der Rezession hervorgehen, sagt Ex-Har­vard-Pro­fes­sor Ram Charan. In seinem kompakten Ratgeber nennt er zuerst einige grundsätzliche „Dos and Don’ts“, dann bricht er seine Schlankheit­skur für Unternehmen, die fit für die Zukunft bleiben wollen, auf einzelne Abteilungen herunter: Un­ternehmensleitung, Vertrieb und Marketing, Forschung und Entwicklung, Lieferanten. Sie alle sollen ihre Zielset­zun­gen überdenken und enger zusam­me­nar­beiten. Diese Verzahnung und Syn­chro­ni­sa­tion der einzelnen Bereiche spiegelt sich im Buch wieder: Die Wieder­hol­ung mancher Thesen war offenbar nicht zu vermeiden. Aber Charan gelingt es, komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen und Empfehlun­gen für den Ar­beit­sall­tag auf den Punkt zu bringen. BooksInShort legt das Buch allen Managern, Vorständen und Abteilungsleit­ern ans Herz – gerade auch, weil die meisten Ratschläge über die Rezession hinaus sinnvoll bleiben werden.

Take-aways

  • In Krisen­zeiten ist Liquidität der Überlebens­fak­tor schlechthin.
  • Fokussieren Sie auf Ihr Kerngeschäft und Ihre Marken­pro­dukte.
  • Prüfen Sie, wie Sie Ihre Produkte preiswerter produzieren können – etwa durch andere Materialien und Verzicht auf Extras.
  • Jagen Sie keinen neuen Mark­tan­teilen hinterher, wenn diese nicht liquiditätseffizient sind.
  • Bündeln Sie Funktionen und verzahnen Sie die ver­schiede­nen Abteilungen, um einen raschen In­for­ma­tions­fluss zu gewährleisten.
  • Setzen Sie zeitnahe Ziele und überprüfen Sie sie häufiger als nur vierteljährlich.
  • Die Fi­nanzver­ant­wortlichen müssen sich stärker um das operative Geschäft kümmern und auch Worst-Case-Szenar­ien durchzus­pie­len.
  • Wandeln Sie möglichst viele Fixkosten in variable Kosten um.
  • Beteiligen Sie Ihre Lieferanten an der Entwicklung neuer Produkte.
  • Aufgrund der Volatilität des Marktes muss der Auf­sicht­srat häufiger zusam­men­treten und schnelle Entschei­dun­gen treffen.
 

Zusammenfassung

Führen in der Krise

Aufgrund der global vernetzten Wirtschaft bleibt kein Land von der aktuellen Wirtschaft­skrise verschont. Hüten Sie sich vor Schönfärberei und schätzen Sie die Stärken und die Leistungsfähigkeit Ihres Un­ternehmens realistisch ein. Wenn Sie die Krise überstehen und er­fol­gre­icher als andere daraus hervorgehen wollen, müssen Sie schnell reagieren können und bereit sein, Ihr Unternehmen umzubauen.

„Ab­schwung­phasen sind die Gelegenheit, den Dachboden aufzuräumen und das Unternehmen wieder auf das richtige Kampfgewicht zu trimmen.“

Mit der Krise verändern sich die Wertmaßstäbe: Ak­tiengewinne und Um­satzwach­s­tum müssen zugunsten einer höheren Liquiditätsquote zurücktreten. Bargeld schöpfen Sie aus Ihren Verkaufserlösen, dem Net­toum­laufvermögen, zu dem Lagerbestände und Forderungen zählen, sowie durch Abstoßen von Vermögen­sob­jek­ten. Flüssig müssen Sie sein, weil die Krise auch das Kaufver­hal­ten der Verbraucher beeinflusst. So stehen im Moment ver­brauch­sarme Kleinwagen hoch im Kurs. Um Ihre Produktion den veränderten Kundenbedürfnissen anzupassen, brauchen Sie Bargeldvorräte. Gehen Sie nicht davon aus, dass Kreditgeber große Risiken eingehen und Ihnen Geld zu attraktiven Zinsen leihen.

„Es ist ganz entschei­dend, wie die ver­schiede­nen Funktionen miteinander koordiniert werden, damit alle, die nolens volens in einem Boot sitzen, auch in dieselbe Richtung rudern.“

Jagen Sie keinen neuen Mark­tan­teilen hinterher, wenn diese nicht liquiditätseffizient sind. Konzen­tri­eren Sie sich auf Ihr Kerngeschäft, Ihre wichtigsten Kunden, Nieder­las­sun­gen, Zulieferer und Mitarbeiter. Ihre länger­fristi­gen Ziele dürfen Sie nicht aus den Augen verlieren, aber kon­trol­lieren Sie deren Umsetzung häufiger als nur vierteljährlich. Verzahnen Sie die einzelnen Abteilungen, um den In­for­ma­tions­fluss zu verbessern, und achten Sie auf kleinste Signale, die auf Änderungen und Muster­bil­dun­gen hindeuten. Überprüfen Sie auch Ihr Budget in kurzfristi­gen Abständen und passen Sie Ihre Pläne den sich verändernden Gegeben­heiten an. Als Führungskraft bewähren Sie sich in dieser her­aus­fordern­den Zeit durch folgende Qualitäten:

  1. Glaubwürdigkeit: Seien Sie aufrichtig, authentisch und demütig.
  2. In­spi­ra­tionsfähigkeit: Schaffen Sie zeitnahe Visionen und nähern Sie sich ihnen in kleinen Schritten. Kontern Sie die Verun­sicherung Ihrer Mitarbeiter mit Mut und neuen Ideen, womit Sie Kreativität und Energie entfesseln.
  3. Realitätsnähe: Beobachten Sie intensiv das sich ständig ändernde Marktumfeld.
  4. Optimismus: Akzeptieren Sie die momentane wirtschaftliche Lage. Richten Sie die Kräfte Ihrer Mitarbeiter aber auf die Umsetzung des Machbaren.
  5. Führungsin­ten­sität: Halten Sie engen Kontakt zu Ihren Mi­tar­beit­ern. Sprechen, ringen und handeln Sie mit Ihnen und treffen Sie rasche Entschei­dun­gen.
  6. Mut zu Zukunftsplänen: Beziehen Sie die weitere Zukunft in Ihre Pläne ein. Visionen sind die besten Antreiber.

Die Un­ternehmensleitung

Zeigen Sie Mut und Zuversicht und lassen Sie Ihre positive Ausstrahlung auf Ihre Angestell­ten, Ihre Geldgeber und Aktionäre abfärben. Informieren Sie sich über alle wichtigen Einzel­heiten Ihrer Branche und Ihrer Konkur­renten, damit Sie unverzüglich darauf reagieren können. Prüfen Sie genau, ob es sich lohnt, Mark­tan­teile oder Vermögenswerte von einem ges­trauchel­ten Konkur­renten zu übernehmen. Wenn ja, handeln Sie schnell. Kom­mu­nizieren Sie mit allen Abteilungen und vor allem mit denjenigen Mi­tar­beit­ern, die un­mit­tel­baren Kontakt zu Kunden, Geschäftspartnern und Lieferanten pflegen.

„Der Fokus muss sich von der Gewinn- und Ver­lus­trech­nung auf die Bilanz verlagern.“

Fokussieren Sie auf Ihr Kerngeschäft, Ihre wertvollen Marken, und ve­r­ab­schieden Sie sich von unrentablen Produkten, Kunden und Mi­tar­beit­ern. Bewerten Sie die Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter neu. Halten diese durch oder erstarren sie? Zeigen sie sich kom­mu­nika­tiv und kooperativ oder treffen sie „einsame“ Entschei­dun­gen? Interne Machtkämpfe, Stre­it­igkeiten und Intrigen können Sie sich jetzt nicht leisten.

„Nur wer genug Bargeld oder schnell verflüssigbare Mittel hat, wird dem Sturm trotzen können. Mit der heutigen In­for­ma­tion­stech­nolo­gie ist es möglich, die Kassenbestände täglich zu ermitteln.“

Halten Sie die Hierarchie flach. Wenn nicht schon vorhanden, richten Sie ein Intranet ein, wo alle wesentlichen In­for­ma­tio­nen für alle Entschei­dungsträger parat stehen. Bemühen Sie sich um aktuelle Nachrichten von Seiten des Vertriebs, des Marketings, der Zulieferer, Ihrer Kunden sowie deren Kunden und, soweit möglich, von der Konkurrenz. Hin­ter­fra­gen Sie jedoch den Hintergrund der In­for­ma­tio­nen, denken Sie sich in Ihre Informanten und deren Interessen hinein. Falls einem Ihrer Großkunden die Insolvenz droht, bemühen Sie sich, zu den vorrangigen Gläubigern zu gehören. Erwägen Sie, seine Lagerbestände zurückzukaufen.

Vertrieb und Marketing

Die Krise bietet die Chance, den Vertrieb neu zu überdenken und effizienter zu gestalten. Funktionen oder Regionen können gebündelt werden. Schulen Sie Ihre Vertriebler in neuen Fähigkeiten: Statt so viele Produkte wie möglich an ir­gend­je­man­den zu verkaufen, sind analytische Kompetenzen gefragt. Gemeinsam mit ihren Kunden können die Ver­trieb­smi­tar­beiter deren Situation und Probleme ausloten, um passgenaue Lösungen zu verkaufen und sich damit un­verzicht­bar zu machen.

„Kreative, kosten­ef­fiziente Lösungen für Kun­den­prob­leme entstehen oft aus Diskus­sio­nen von Menschen mit un­ter­schiedlichem Hintergrund.“

Führen Sie die gesammelten In­for­ma­tio­nen auch den anderen Abteilungen, vor allem der Geschäftsleitung, zu. Trennen Sie sich von schwierigen Kunden, z. B. solchen, die eine überdurch­schnit­tliche Lager­hal­tung erfordern oder schlecht bezahlen. Arbeiten Sie selbst im Vertrieb, liefern Sie die Grund­in­for­ma­tio­nen, um zu entscheiden, welche Pro­duk­tlin­ien und Ver­trieb­swege gefördert bzw. neu kreiert werden sollen.

„Der Abschwung stellt das Unternehmen zwar vor eine Be­las­tung­sprobe, ist aber zugleich eine wunderbare Chance, die richtigen Mitarbeiter an die richtige Stelle zu bringen.“

Bei allen Kostenre­duk­tio­nen gilt es aufzupassen, dass hochwertige Marken nicht verwässert werden, indem Sie sie etwa in einer billigen Verpackung präsentieren. Die Umsatzziele Ihrer Mitarbeiter sollten Sie kurzfristiger definieren, z. B. monatlich statt pro Quartal. Werben Sie ziel­gerichtet und an die Region angepasst, denn Ihr Werbebudget wird wahrschein­lich gekürzt. Und halten Sie Ausschau nach neuen und günstigeren Methoden der Werbung – die gibt es immer.

Finanzen

In Krisen­zeiten müssen sich die Finanzvorstände nicht nur um die Investoren, sondern auch um das operative Geschäft kümmern. Sie müssen darauf achten, dass kein Cent mehr ausgegeben wird, als vorhanden ist. Erläutern Sie als Fi­nanzver­ant­wortlicher den anderen Abteilungen sowie dem CEO finanzielle Zusammenhänge präzise und unverblümt. Spielen Sie ver­schiedene Szenarien durch, damit die Ve­r­ant­wortlichen vor Augen haben, wie sich z. B. ein zehn­prozentiger Umsatzrückgang in allen Un­ternehmens­bere­ichen bemerkbar machen würde. Kümmern Sie sich auch um die Daten von Ver­trieb­spart­nern und Lieferanten. Aufgrund Ihrer Kompetenzen und Zahlenken­nt­nisse sind Sie für den Vorstand und den Auf­sicht­srat un­ent­behrlich. Planen Sie das Budget monatlich und treffen Sie mit den Beteiligten in kurzer Zeit re­al­is­tis­che Entschei­dun­gen. Und denken Sie daran, die Prioritäten haben sich geändert: Der Kap­i­talum­schlag kommt vor der Rendite.

Das operative Geschäft

Hier ist es vor allem wichtig, die Gewinnschwelle zu senken. Ve­r­ab­schieden Sie sich von Pro­duk­t­vari­anten, die den Her­stel­lungs- und Ab­satzprozess verkom­plizieren. Arbeiten Sie eng mit Lieferanten und Verkäufern zusammen, um die Kundenbedürfnisse eingehend zu erforschen. Überlegen Sie, welche Prozesse Sie auslagern können. Schließen Sie davon jedoch Ihr Kerngeschäft aus – also das, was Sie von Ihren Mit­be­wer­bern un­ter­schei­det. Möglicher­weise ist es aber auch sinnvoll, aus­ge­lagerte Prozesse wieder einzugliedern. Tun Sie dies, bevor Sie zu viele Ihrer Mitarbeiter unterbeschäftigen oder entlassen müssen. Reduzieren Sie Lagerbestände, indem Sie möglichst „just in time“ oder auf Anfrage produzieren. Im Di­en­stleis­tungs­gewerbe ist die optimale Auslastung und Motivation der Mitarbeiter besonders wichtig.

Forschung und Entwicklung

Besser als Korrekturen am F&E-Budget ist eine vollkommene Neukonzip­ierung desselben. Verzichten Sie beim Entwurf von Produkten auf Extras, die den Pro­duk­t­preis in die Höhe treiben. Vielleicht lassen sich manche Produkte preiswerter herstellen, indem Sie Materialien austauschen, weniger Rohstoffe verwenden oder Transporte minimieren. Haben Sie einen un­ver­gle­ich­lichen Knüller in der Entwicklung, ein neues Produkt oder sogar eine neue Technologie, die alte Systeme ablösen kann, dann fördern Sie sie nach Kräften. Wenn sich die Wogen der Krise glätten, haben Sie damit vielleicht die Nase vorn. Gehen Sie Ko­op­er­a­tio­nen mit ausländischen Unternehmen ein, aber klären Sie vorab Prob­lem­bere­iche wie etwa Urhe­ber­rechte. Behalten Sie vor allem jene Mitarbeiter, die „up to date“ sind und mit den Veränderungen klar kommen. Arbeiten Sie bei der Entwicklung eng mit den Fachleuten aus Vertrieb und Marketing zusammen, um gezielt auf Kundenbedürfnisse einzugehen.

Die Lieferkette

Pro­duk­tion­sstätten in der Nähe zu den be­tr­e­f­fenden Märkten sind ideal. Weite Ent­fer­nun­gen bergen höhere Risiken, z. B. die Gefahr von Trans­portverzögerungen. Sorgen Sie für einen rei­bungslosen In­for­ma­tions­fluss, zwischen Ihnen, Ihren Lieferanten und Kunden, damit die Lager für Rohstoffe und fertige Produkte effizient genutzt werden können. Je mehr Sie Ihr System vere­in­fachen und ver­schlanken, desto schneller und flexibler können Sie reagieren. Überprüfen Sie Ihre bestehenden Liefer­an­ten- und Kun­denkon­takte. Streben Sie mit jenen, die Sie auch zukünftig berücksichtigen wollen, enge Part­ner­schaften an, um die Volatilität des Marktes abzufedern. Und scheuen Sie sich nicht, Ihre Lieferanten in die Konzeption neuer Produkte mit einzubeziehen.

Die funk­tionalen Bereiche

Auch in der Verwaltung lassen sich Funktionen zusam­men­le­gen. Wandeln Sie möglichst viele Fixkosten in variable um: Sie können z. B. Un­ternehmens­bere­iche outsourcen, etwa Teile der Per­son­alar­beit. Ziehen Sie Kündigungen möglichst in einem Schritt durch; mehrere Ent­las­sungswellen untergraben das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeiter. Gle­ichzeitig können Sie vielleicht hochrangige Führungskräfte gewinnen, die von anderen Unternehmen freigesetzt werden. Überlegen Sie sich Al­ter­na­tiven für die reichlich zu Buche schlagenden Lohn­nebenkosten. Schulungen und Fort­bil­dungsmaßnahmen sollten auf Effizienz und rasche Um­set­zbarkeit geprüft werden. Sinnvoll ist, was auf die aktuelle Situation abgestimmt ist.

„Wenn Sie eine fähige Führungskraft sind, wird Ihr Unternehmen nach dem Abschwung besser gedeihen als zuvor.“

Die PR-Abteilung, gewöhnlich dafür zuständig, die Vorteile Ihrer Produkte ins rechte Licht zu rücken, hat nun die Aufgabe, den Investoren reinen Wein einzuschenken, um vertrauens- und glaubwürdig zu bleiben. Erläutern Sie den Anlegern und Analysten, wie sich die Wer­tigkeiten von Schlüsselindika­toren und Kennziffern in der Ab­schwung­phase ändern.

Der Auf­sicht­srat

Da Jahresziele zurzeit schnell Makulatur werden, muss der Auf­sicht­srat häufiger zusam­menkom­men. Er muss die Ziele des Un­ternehmens auf ihre Um­set­zbarkeit hin prüfen und seine Kenntnisse über die Wech­sel­wirkung von Kennziffern vertiefen, wobei der Liquidität und der Gewinnschwelle höchste Aufmerk­samkeit gebührt. Egal, ob Ziele erreicht oder verfehlt wurden – forschen Sie in jedem Fall nach den Ursachen. Lag es an den allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen, an der Branchen­si­t­u­a­tion oder an den Man­age­mententschei­dun­gen? Ziehen Sie in Erwägung, die Dividenden an die Anleger zu kürzen oder zu streichen, aber erläutern Sie solche Maßnahmen öffentlich.

Über den Autor

Ram Charan war Professor an der Harvard Business School. Heute berät er Unternehmen wie Ford, KLM oder die Bank of America. Charan schreibt für Fortune und die Harvard Business Revue und ist u. a. Autor von Managen heißt machen und Was Tante Emma und Rockefeller gemeinsam haben.