Inflation als letzter Ausweg?
Den Aufschwung der vergangenen Jahrzehnte – als logische Fortsetzung des Wirtschaftswunders – haben die Menschen nicht nur in Deutschland wie selbstverständlich hingenommen. Was sie nicht sehen wollten: dass dieser Aufschwung auf der Bereitschaft zum Schuldenmachen beruhte. Nun ist das globale Finanzsystem implodiert.
„Mit den Schulden werden auch die ihnen gegenüberstehenden Vermögen entwertet.“
Und was passiert? Um zu retten, was zu retten ist, verschuldet man sich weiter. Nach dem Wachstum auf Pump sollen neue Schulden aus der Krise führen. Das kann und wird auf Dauer nicht gut gehen. Die Staaten werden Geld drucken müssen, um ihrer Schuldenlast Herr zu werden. Aber: Je mehr Geld in Umlauf kommt, desto geringer ist der Wert jeder einzelnen Münze. Das Fachwort dafür: Inflation.
„Die Notenbanken spielen mit ihren geldpolitischen Maßnahmen zur Rettung des Finanzsektors quasi den Unfallchirurgen, der dem Patienten das Leben rettet.“
Grundsätzlich gibt es zwei Wege, die Schulden abzubauen: eine Pleitewelle mit jahrelanger Deflation oder eine Inflation, bei der die Schulden entwertet werden. Aber leider nicht nur die Schulden, sondern zugleich auch die Vermögen der Sparer. Der zweite Weg ist der wahrscheinlichere. Die anstehende Inflation wird die Welt, wie wir sie kennen, erschüttern und immense Werte vernichten. Gut beraten ist, wer sich darauf vorbereitet. Besser noch, wer davon sogar profitieren kann.
Schulden machen, um Schulden zu tilgen
Die Verschuldung hat in die Krise geführt. Neues Schuldenmachen soll aus ihr herausführen. Gewagt? Ja, aber eine Lehre aus der Weltwirtschaftskrise, die 1929 einsetzte. Damals beschränkten die Staaten die Geldmenge und befeuerten so entgegen ihrer Absicht die Krise weiter. Diesen Fehler wollen Staaten und Notenbanken nicht wiederholen, deshalb pumpen sie in der Krise mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf und senken die Zinsen, damit das Rad sich weiterdreht. Das kann funktionieren und ist bestimmt schlauer als das Verhalten in den 30er Jahren. Kritisch wird es, wenn die Notenbanken anfangen, die vom eigenen Staat ausgegebenen Anleihen aufzukaufen. Dann finanzieren die Notenbanken direkt die Staatsschulden.
„Die Verschuldung wird durch die enormen Staatsdefizite nochmals deutlich wachsen.“
Der Staat nimmt immer neue Schulden auf, um die Wirtschaft anzukurbeln – so hat es der britische Ökonom John Maynard Keynes in den 1930er Jahren vorgeschlagen. Sein Credo: Der Staat darf den Markt nicht sich selbst überlassen und muss sich einmischen, wenn es nötig wird – auch wenn er sich dafür verschulden muss. Keynes ging davon aus, dass der Staat in prosperierenden Zeiten seine Verschuldung abbauen würde – aber da spielen leider die Politiker nicht mit.
„Das Problem der Verschuldung wurde nie gelöst, sondern nur immer größer gemacht und in die Zukunft verschoben.“
Das betrifft auch den lange bejubelten Euro, dem heute das Image eines Problemkindes anhaftet. Wenn ein Staat der Eurozone in die Pleite taumelt, kann er nicht einfach aus dem Verbund ausgeschlossen werden – das ist vertraglich ausdrücklich nicht vorgesehen. Eine weitere Klausel besagt zwar, dass die Europäische Union (EU) nicht für einzelne überschuldete Länder einsteht, aber schon ihr Eigeninteresse zwingt die Mitgliedsstaaten zur Hilfe. Sonst wäre nämlich die gemeinsame Währung in Gefahr.
Deflation ist schlimmer als Inflation
Weil der Geldmenge in der Welt seit 1971 kein entsprechender Wert in Gold – also in einem „echten“ Wert – mehr gegenübersteht, können die Notenbanken theoretisch jede Menge zusätzliches Geld in den Markt pumpen. Ebenso können sie die Geldmenge natürlich reduzieren.
„Das System ,Geld‘ gleicht einem Schiff, das zwischen zwei Klippen hindurchgesteuert werden muss. Die eine Klippe ist die Deflation und die andere die Inflation.“
Mehr Geld im Markt kann zu Inflation führen, weniger Geld zu Deflation. Unter Deflation ist eine Abwärtsspirale der Preise zu verstehen. Keiner kauft mehr, weil alle denken: Morgen ist es noch billiger. Da die Nachfrage zusammenbricht, machen die Unternehmen keinen Umsatz mehr. Sie steuern gegen, indem sie z. B. Mitarbeiter entlassen. Die steigende Arbeitslosenquote wirkt sich wiederum negativ auf den Konsum aus. Die Spirale dreht sich weiter und weiter abwärts.
„Wer Sachwerte besitzt, ist gegen den Preisverfall gewappnet.“
In einer Inflation hingegen verliert die Währung laufend an Kaufkraft, das Angesparte büßt an Wert ein. Je höher die Inflationsrate ausfällt, desto eher verlagern die Menschen ihr Vermögen in Sachwerte. Wer auf Immobilien, Edelmetalle oder die richtigen Aktien setzt, kann dem Kaufkraftverlust relativ entspannt zuschauen. Von einer Inflation profitieren verschuldete Menschen, Unternehmen und Staaten: Die abzustotternden Summen schrumpfen von der Kaufkraft her immer stärker und sind irgendwann bequem zu bezahlen.
„Inflation bedeutet nichts anderes, als dass die Preise steigen.“
Eine Deflation ist schlimmer als eine Inflation. Die Deflation schadet allen, die Inflation – so zynisch das klingen mag – nur denjenigen, die etwas besitzen, und sei es lediglich das berühmte „Etwas auf der hohen Kante“ für den Ruhestand. Die meisten Staaten besitzen nichts und verschulden sich mit ihren Programmen zur Ankurbelung der Konjunktur weiter. Der nächste Aufschwung kann kommen. Die Frage ist nur, wie lang er trägt.
Die nächste Blase wächst
Die Liquidität, die infolge der Finanzkrise in den Markt gepumpt wird, kann direkt zur nächsten Finanzblase führen, etwa im Bereich der Unternehmensanleihen oder der Firmenübernahmen. Wenn die nächste Blase platzt, werden sich noch mehr Werte in Luft auflösen. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten werden sich die Staaten fragen müssen, ob sie weiterhin Schulden auftürmen können, um die Folgen abzufedern. Irgendwann ist die Schuldenlast einfach zu groß, sodass nicht weiter an dieser Schraube gedreht werden kann. Schon heute werden verschuldete Unternehmen mit Zinssätzen von knapp über 0 % am Leben gehalten. Steigen diese Sätze, schlittern die Firmen in die Insolvenz. Gerade das will man ja durch die niedrigen Zinsen vermeiden.
„Die Notenbanken werden keine andere Wahl haben, als einer aufflammenden Inflation tatenlos zuzusehen.“
Tiefer als auf 0 % geht nicht. Wenn also die nächste Blase platzt, können die Notenbanken die Zinssätze nicht mehr weiter in den Keller fallen lassen. Die Folge: jede Menge Pleiten, erst von Unternehmen und Banken, dann von ganzen Staaten. Wer als Schuldner diese erste Feuersbrunst überlebt, kann die Folgen der anschließenden Inflation nutzen: eine elegante Entschuldung durch die sinkende Kaufkraft des Geldes. Wann das passiert, kann niemand so genau sagen. Doch spätestens 2014 wird es wohl so weit sein.
Mit Sicherheit die falsche Entscheidung
Warum verschweigen Politiker diese Entwicklung, obwohl eine überschaubare Inflation unter den vorstellbaren Szenarien noch das erträglichste ist? Zum einen, weil sie dann um ihren Ruf als wackere Krisenbekämpfer bangen müssten. Zum anderen, weil das Vertrauen in die Währung sofort erschüttert wäre und die Flucht aus den Geldwerten in die Sachwerte umgehend einsetzen würde. Und damit ginge der Plan, die Konjunktur anzukurbeln und dabei elegant den Staat von einem Gutteil seiner Verschuldung zu befreien, nicht mehr auf.
„Die Sparer werden in den kommenden Jahren faktisch einen Großteil ihres Vermögens verlieren.“
Nicht nur der Staat darf die Inflation ausnutzen, dasselbe Recht hat jeder Anleger. Aber nur eine Minderheit wird davon Gebrauch machen. Das liegt vor allem am ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis der Menschen, speziell der Deutschen. Die machen seit einem Jahrzehnt einen weiten Bogen um den Aktienmarkt und legen ihr Vermögen lieber langfristig in Festgeld, Unternehmens- oder Staatsanleihen an.
„Es ist für den Schuldenabbau via Inflation unumgängliches politisches Kalkül, den Bürger blind in die Inflationsfalle laufen zu lassen.“
Solange die Inflationsrate sich unweit der Null-Prozent-Marke eingependelt hat, sind selbst Verzinsungen von 2 oder 3 % hilfreich. Aber was passiert, wenn die Inflation auf 8 % steigt und die Bundesanleihe noch sieben Jahre läuft? Dann bleiben vom Gesparten nur noch zwei Drittel übrig. Das ist die Krux mit den so genannten sicheren Anlagen: Sie haben einen garantierten Zins, nur kann leider niemand garantieren, dass dieser Zins tatsächlich die Kaufkraft erhöhen wird.
Nichts ist solider als Gold
Sinnvoller ist es, in Sachwerte zu investieren, denen die Inflation nichts anhaben kann. Doch welche sind das? An erster Stelle sollte man in Gold anlegen. Nicht aus Prinzip, wie es viele Goldfetischisten machen, sondern um die Inflationszeit zu überbrücken. Da reicht es schon, dass etwas seinen Wert behält, wenn alles andere (übrigens auch andere Rohstoffe) an Wert verliert. Nichts ist so inflationsresistent wie Gold.
„Wer als Anleger nicht aufpasst, dem wird die Inflation sein gespartes Vermögen auffressen, bevor er es richtig merkt.“
In den vergangenen zehn Jahren ist der Goldpreis ständig gestiegen. Und da China angekündigt hat, seine Devisen von Dollar zu Gold und Immobilien umzuschichten, ist nicht damit zu rechnen, dass der Preis in nächster Zeit fallen wird. Realistischer ist die Annahme, dass er pro Feinunze (das sind rund 31 Gramm) auf 2000 oder sogar 3000 US-Dollar steigen könnte.
„In Inflationsphasen schlägt die Stunde des Goldes.“
Anleger können Gold in Barren kaufen – von einem Gramm bis zu einem Kilogramm. Das heißt, das Portemonnaie muss nicht üppig gefüllt sein, um bei spezialisierten Goldhändlern zugreifen zu können. Erschwinglich sind auch so genannte Anlegermünzen; zu ihnen zählen der südafrikanische Krügerrand, der australische Känguru, der American Eagle aus den USA, der kanadische Maple Leaf, der österreichische Philharmoniker und der Panda aus China.
„Aktien sind, auch wenn es sich um Wertpapiere handelt, keine Geld-, sondern Sachwerte.“
Wem es nicht darauf ankommt, das Gold tatsächlich physisch zu besitzen, kann auf einen Gold-ETF ausweichen. ETF steht für Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Fonds. Die machen wenig Mühe und haben denselben Effekt wie physisches Gold. Gold-ETFs lösen sogar ein spezielles Problem: Da der Goldpreis an den Dollarkurs gekoppelt ist, tragen Anleger dessen Währungsrisiko mit. Es sei denn, sie investieren in einen Gold-ETF, der währungsgesichert ist – und die gibt es neuerdings auch. Ähnlich sicher wie ETFs sind Goldzertifikate, die ebenfalls in einer währungsgesicherten Variante existieren. Einen Nachteil gibt es bei Gold-ETFs und -zertifikaten: Sie unterliegen in Deutschland der Abgeltungssteuer. Kurszuwächse werden daher beim Verkauf mit einem guten Viertel versteuert.
Die Alternativen: Immobilien und Aktien
Immobilien gelten ebenfalls als guter Schutz vor Inflation. Das ist nicht falsch. Wer in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus lebt, zahlt keine Miete (die ja während einer Inflation steigt). Solange die Besitzer nicht umziehen, ist es auch egal, ob das Wohneigentum an Wert gewinnt oder verliert. Wer hingegen Immobilien als Wertanlage sieht, muss den alten Maklerspruch beherzigen: „Lage, Lage, Lage.“ Qualität in zentraler Lage ist gefragt, alles andere eher nicht.
Gute Immobilien kosten richtig viel Geld. Wem das nicht zur Verfügung steht, kann in einen offenen Immobilienfonds investieren. Die haben in den vergangenen Jahren durchschnittlich eine Rendite von 3–5 % eingefahren. Ob diese künftig gehalten werden kann, ist zweifelhaft. Noch kritischer sind geschlossene Immobilienfonds zu sehen, bei denen Anleger in bestimmte Objekte investieren und sich auf Jahre binden – und bei Bedarf sogar Geld hinterherschießen müssen.
Aktien sind vergleichsweise resistent gegen Inflation, denn sie repräsentieren Sach- und keine Geldwerte. Das gilt natürlich nur bei wettbewerbsstarken Unternehmen mit substanziellen Sachwerten. Besonders geeignet sind Versorgeraktien (Ölkonzerne, Strom- und Gaslieferanten) und Rohstoffaktien.
Ein Tipp zum Abschluss, wie Anleger am besten über die inflationären Jahre kommen: ein Drittel Sachwerte (vor allem Gold), ein Drittel substanzstarke Aktien mit Sachwertcharakter und ein Drittel inflationsgeschützte Anleihen. Wer mag und das passende Angebot findet, sollte Immobilien in diesen Mix mit aufnehmen.