Der Phönix-Weg

Buch Der Phönix-Weg

10 Managementstrategien, um nach der Krise durchzustarten

Redline,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

In guten Zeiten erfolgreich zu sein, ist keine große Kunst. Erst in der Rezession entscheidet sich, wer langfristig zu den Gewinnern zählt. Denn die Krise bietet die Chance – und auch den Druck –, sich auf das zu konzen­tri­eren, was er­fol­gsentschei­dend ist, und die Konkurrenz zu überflügeln. Laut Geoff Colvin, Se­nior-Ed­i­tor beim Fortune Magazine, sind es die nachhaltig er­fol­gre­ichen Unternehmen, die in Krisen die richtigen Maßnahmen treffen und gestärkt daraus hervorgehen. Der Autor stellt in seinem Buch zehn un­ternehmerische Strategien vor, die sich in vergangenen Wirtschaft­skrisen bereits bewährt haben, und unterfüttert sie mit zahlreichen spannenden und lehrreichen Beispielen. BooksInShort ist überzeugt: ein hilfreiches Buch für alle Un­ternehmensver­ant­wortlichen, die die aktuelle Krise heil überstehen und der nächsten gelassen ent­ge­gen­blicken wollen.

Take-aways

  • Eine Krise ist die beste Gelegenheit, entschei­dende Weichen im Unternehmen zu stellen.
  • Bei radikal veränderten Rah­menbe­din­gun­gen müssen die Prioritäten neu gesetzt werden.
  • Gerade in der Krise lohnt es sich, in die Mitarbeiter zu investieren.
  • Sie bietet auch gute Chancen für die Rep­u­ta­tion­spflege: Wer sich jetzt integer verhält, bleibt positiv im Gedächtnis.
  • Die Krise ist der beste Zeitpunkt, Strategien und Geschäftsmodelle zu überdenken.
  • Spätestens in der Krise muss die Or­gan­i­sa­tion schlank und leistungsfähig werden.
  • Arbeiten Sie mit wer­to­ri­en­tierten Kennzahlen.
  • Neue Kun­den­prob­leme erfordern neue Lösungen und eine kluge Preis­poli­tik.
  • Sämtliche Risiken gehören in den Fokus. Szenarios helfen Ihnen, früher als die Wet­tbe­wer­ber zu reagieren.
  • Un­ternehmen­skul­tur und Führungsfähigkeit lassen sich auch und gerade in der Krise ausbilden.
 

Zusammenfassung

Die Krise als Chance

Jede Krise ist auch eine Chance – dieser Satz ist so abgegriffen wie wahr. Je größer die Krise, desto umfassender die Umwälzungen und desto größer die Chance, die Wet­tbe­wer­ber zu schlagen. Wie bei der Tour de France: Auf der härtesten Etappe arbeiten sich die späteren Sieger nach vorne. Wer am Ende gewinnen will, hat keine Chance, wenn er nicht auch die Bergetappe meistert. In der Wirtschaft ist es ähnlich. Allerdings: Was dort wirklich Erfolg verheißt, hat in guten Zeiten oft keine Chance – weil es wie ein Einschnitt empfunden wird und sowohl Veränderungen als auch ein Umdenken erfordert. Deswegen erzeugen Manager zuweilen ein künstliches Krisengefühl, um das Ruder mit einer neuen Strategie herumzureißen.

„Die Krise als eine Reihe von Statistiken zu betrachten, ist einfach, verführerisch und doch fast nutzlos.“

Diese zehn Strategien sind am er­fol­gver­sprechend­sten:

Strategie 1: Prioritäten setzen

Da die weltweite Wirtschaft­skrise als Finanzkrise begann und in der Fi­nanzbranche längst nicht aus­ge­s­tanden ist, ist es vor allem wichtig, dass Sie Ihre Finanzkraft sichern – durch Einsparun­gen an der richtigen Stelle und durch kluge Liquiditätssicherung. Des Weiteren sollten Sie gründlich analysieren, wie die Wet­tbe­werb­s­be­din­gun­gen die Situation für Ihr Unternehmen und seine Kunden verändern.

„Die Rezession als Teil einer Geschichte zu sehen, ist unsere einzige Chance, sie so weit zu verstehen, dass wir sie bewältigen können.“

In der Krise steigen Ihre Risiken. Schätzen Sie sie möglichst umfassend und vo­rauss­chauend ein. Und auch wenn es Ihnen – wie vielen Un­ternehmern und Führungskräften – vielleicht nicht gefällt: Durch die tief greifenden Regierungsin­ter­ven­tio­nen zählt gerade in dieser Krise wie kaum je zuvor Ihre Fähigkeit, auch diese Ressourcen anzuzapfen. In harten Zeiten kommt es darauf an, dass Sie sich auf das besinnen, was zählt, und nicht Zeit und Ressourcen auf Un­wesentliches ver­schwen­den. Militärstudien zeigen, was es hierfür braucht: das Gefühl, die Kontrolle zu behalten, sein Möglichstes zum Erfolg beitragen und den Vorge­set­zten vertrauen zu können, motiviert zu sein sowie sich gut gerüstet, geschützt und geschult zu fühlen. Entschei­dend sind auch der Zusam­men­halt sowie ein guter Sanitätsdienst – in der Wirtschaft: faire Out­place­ment-Mod­elle für den Fall der Fälle.

Strategie 2: In die Mitarbeiter investieren

Dass die Mitarbeiter das wichtigste Kapital sind, wird in Son­ntagsre­den gern betont. In Krisen­zeiten zeigt sich jedoch, dass viele Unternehmer hier zuerst sparen. Dabei demon­stri­eren gerade die auch gegen den Trend er­fol­gre­ichen Unternehmen wie der weltgrößte Autobauer Toyota, dass in der Krise der richtige Zeitpunkt für Schulung und Mi­tar­beit­er­en­twick­lung gekommen ist.

„Alle Mark­t­teil­nehmer der Wirtschaft sind so trau­ma­tisiert, dass sich ihre Ein­stel­lun­gen und Ver­hal­tensweisen nachhaltig verändern werden.“

Statt Mitarbeiter zu entlassen, investiert Toyota in der Krise in sie. Damit sind sie besser für den anschließenden Aufschwung gerüstet als die Angestell­ten der Wet­tbe­wer­ber – und hoch loyal. Sie denken, dass Sie sich das nicht leisten können? Nun, Toyota gehört sicher nicht zufällig zu den finanziell solidesten Unternehmen der Welt. Die Beschäfti­gungspoli­tik trägt dazu bei. Auch wenn Ent­las­sun­gen manchmal un­ver­mei­dlich sind: Sie sparen selten Geld. Oft kosten sie mehr, als sie bringen – weil Abfindungen teuer sind und Wissen verloren geht. Nach der Krise kostet es viel Zeit und Geld, neue Mitarbeiter einzustellen und einzuar­beiten.

Strategie 3: Die Außen­beziehun­gen pflegen

Gerade in der Krise können Sie para­dox­er­weise leichter Bewunderung erfahren als in guten Zeiten. Nutzen Sie die Tatsache, dass das Misstrauen der Menschen zwar gegen „die Politik“ oder „die Wirtschaft“ groß ist, sich aber nicht persönlich gegen den Ab­ge­ord­neten oder Unternehmer von nebenan richtet. Verkriechen Sie sich nicht, sondern achten Sie darauf, sich positiv abzuheben. Nicht nur die Beziehungen zur Öffentlichkeit, sondern auch die zu Aktionären, Politikern und Regierungsmit­gliedern sollten Sie aktiv und durchdacht gestalten.

Strategie 4: Strategie und Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen

In einer schweren Rezession kann es sinnvoll sein, große Summen in strategisch wichtige Vorhaben zu investieren. Vo­raus­set­zung dafür ist, dass Sie wissen, was Ihr Unternehmen langfristig ausmacht. Das sollten Sie spätestens in der Krise her­aus­finden. Klären Sie, was Sie am Status quo ändern müssen und was Sie so lassen sollten, wie es ist. Finden Sie Mittel und Wege, um Part­ner­schaften mit Lieferanten oder Kunden kreativ zu nutzen oder Ihre Strategie auf ein neues Fundament zu stellen. Tüfteln Sie ruhig auch utopische Nutzungsmöglichkeiten für Ihre Produkte aus – jenseits bloßer tech­nol­o­gis­cher Verbesserun­gen. Der iPod von Apple ist ein Beispiel dafür, wie ein neues Produkt ohne tech­nol­o­gis­chen Fortschritt eine Branche aufgemischt hat.

Strategie 5: Das Unternehmen wertbasiert führen

Die herkömmliche Buchführung eignet sich nicht, um ein Unternehmen wer­to­ri­en­tiert zu führen. Kennzahlen wie etwa die Mark­tkap­i­tal­isierung können sogar den Blick auf den Un­ternehmenser­folg verstellen. So hatten Apple und Time Warner zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2008 beide einen Un­ternehmenswert von 100 Milliarden Dollar. Apple investierte dafür fünf Milliarden Dollar, während Time Warner 142 Milliarden Dollar brauchte – und somit 42 Milliarden Dollar an Wert vernichtete.

„Die Wirtschaft­skrise kann dazu führen, dass sich Ihr Unternehmer gegen Wet­tbe­wer­ber behaupten muss, die Sie bisher gar nicht zu Ihren Konkur­renten gezählt haben.“

Zumindest für Ihre internen Zwecke sollten Sie spätestens in der Krise sinnvolle Ziele formulieren und dafür eine Handvoll aussagekräftiger Kennzahlen finden. Lassen Sie die Finger von allem, was den Wert Ihres Un­ternehmens nicht steigert oder gar schmälert. So nahm der Land­maschi­nen­her­steller Varity Anfang der 1990er Jahre im Überleben­skampf der Rezession Abschied vom Cash­flow-ori­en­tierten Management. Jedes Geschäft musste sich nun mit Blick darauf bewähren, ob der Gewinn die Kap­italkosten überstieg oder un­ter­schritt. Mit durch­schla­gen­dem Erfolg.

Strategie 6: Neue Lösungen für neue Kun­den­prob­leme finden

In der Krise verändern sich die Bedürfnisse und Neigungen Ihrer Kunden. Wie genau, das müssen Sie her­aus­finden und dann Ihren Kunden Produkte und Di­en­stleis­tun­gen anbieten, die ihren neuen Bedürfnissen – nach Sicherheit, nach Zuverlässigkeit oder auch nach bleibenden Werten – Rechnung tragen. Ex­per­i­men­tieren Sie mit neuen Angeboten, neuen Part­ner­schaften, neuen Bezahl- und Ver­tragsarten und neuen Preis­mod­ellen.

Strategie 7: Eine mutige Preis­poli­tik verfolgen

Anders als zahlreiche Führungskräfte glauben, zählt für die Kunden selbst in der Rezession nicht der niedrigste Preis. Als Unternehmer müssen Sie natürlich wissen, wo Sie im Wettbewerb stehen. Keine Wahl haben Sie, wenn Sie etwa Rohstoffhändler sind oder wenn Sie sich als Niedrig­preisan­bi­eter etabliert haben. Im ersten Fall bestimmen die Produzenten Ihren Preis, im zweiten diktiert ihn ein knallharter Wettbewerb. Sie brauchen natürlich die entsprechende Marktmacht, um freier agieren zu können. Dann aber können und sollten Sie in der Krise mutig sein und – wie etwa Unilever für seine Zahnpasta Colgate – es wagen, den Preis auch mal anzuheben.

Strategie 8: Die Or­gan­i­sa­tion ver­schlanken und straffen

Nutzen Sie die harten Zeiten, um den Wert Ihrer Geschäftszweige, Kunden, Produkte, Di­en­stleis­tun­gen und Anlagen zu überdenken – und Ihre Or­gan­i­sa­tion nötigenfalls neu auszurichten. Am auf­schlussre­ich­sten ist der Blick auf den Wert Ihrer Kunden. Der kann sich in der Wirtschaft­skrise nämlich verändern. Ver­meintlich lohnenswerte Kunden können durch erhöhte Ansprüche oder durch per Marktmacht aus­ge­han­delte Preisnachlässe zum Ballast werden. Ziehen Sie Bilanz – und die Konsequenz.

„Dies ist einer der seltenen Augenblicke, in denen sich uns allen die größtmögliche Chance bietet, für lange Zeit zu den Siegern zu gehören.“

So hat es der Kred­itkar­te­nan­bi­eter American Express gemacht. Er schickte seinen Kunden ein oberflächlich skurril anmutendes Angebot: Wer seine Kred­itschulden beglich und sein Konto aufgab, dem versprach Amex einen Geschenkgutschein von 300 $. Nicht dumm in einer Krise, in der auf die faulen Im­mo­bilienkred­ite gleich die Welle fauler Kred­itkarten­schulden zu folgen drohte. Das ungewöhnliche Angebot von Amex richtete sich an Kunden, die in diesem Zusam­men­hang ein gewisses Risiko bargen.

„So wie sich jede In­vesti­tion­sstrate­gie in einem Bullenmarkt bewährt, mag jede Geschäftsstrate­gie während eines Wirtschafts­booms brillant erscheinen.“

Legen Sie wenige klare Ziele fest und investieren Sie die nötigen Mittel, um diese Ziele zu erreichen. Passen Sie die Vergütung Ihrer Führungskräfte entsprechend an. Widerstehen Sie indes der Versuchung, Ausgaben zu kürzen, nur weil sie sich leicht kürzen lassen – meist ist das in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Marketing und Mi­tar­beit­er­en­twick­lung der Fall. Mit Blick auf den Wert Ihres Un­ternehmens ist das mit einiger Wahrschein­lichkeit eine kurzsichtige Fehlentschei­dung.

Strategie 9: Sämtliche Risiken iden­ti­fizieren

Es ist traurig, wie qual­i­fizierte Unternehmer die höchsten Risiken verkennen. Aus­gerech­net die Finanz- und die Im­mo­bilien­branche sei deutlich besser für künftige Risiken gerüstet als andere Branchen, ergab kurz vor der Sub­prime-Krise eine Studie unter 150 US-Top­man­agern. Die Ve­r­ant­wortlichen der beiden Crash-Branchen glaubten nämlich, „alle potenziell sig­nifikan­ten Risiken“ im Blick zu haben und wenig risikofreudig zu sein.

„Für erfolglose Unternehmen ist Risiko am Tiefpunkt einer Rezession ein heißes Thema. Für her­aus­ra­gende Unternehmen ist es auf der Höhe eines Booms ein heißes Thema.“

Ein blinder Fleck für Gefahren ist menschlich. Sie können und sollten darum ver­schiedene Risiken bewusst gedanklich und mithilfe von Szenarios durch­spie­len; am besten sys­tem­a­tisch bis zum Schluss, mitsamt ihren möglichen Folgen. Sie können auch öffentlich zugängliche Szenarios von Forschungsin­sti­tuten, CIA oder Konzernen nutzen, um mögliche Folgen der diversen Risikokon­stel­la­tio­nen für Ihr Unternehmen abzuleiten. Szenarios sind keine Hellseherei. Aber Sie helfen Ihnen, sich auf mögliche Folgen gedanklich zu wappnen und so – wenn die Zeichen danach stehen – entsprechend früher zu reagieren als Ihre Konkur­renten.

„Das gefährlichste Risiko ist per de­f­i­n­i­tionem das Risiko, das Sie sich nicht vorstellen können.“

Da die Masse oft klüger ist als der Einzelne, sollten Sie auch auf so genannte Pre­dic­tion-Mar­kets zurückgreifen. In diesen schließen die Teilnehmer über das Internet Wetten ab: auf Wahlausgänge, Fußballspiele oder Os­car-Preisträger sowie auf wirtschaftliche Fragen wie etwa die Euro-Einführung. Vielleicht ist es für Sie ja sinnvoll, einen un­ternehmen­seige­nen Pre­dic­tion-Mar­ket aufzuziehen, bei dem Ihre Mitarbeiter Wetten auf für Sie in­ter­es­sante Fragen abschließen können. Der Com­put­er­her­steller Hewlett Packard und der Phar­makonz­ern Eli Lilly gewinnen so Absatz- und Er­fol­gsprog­nosen, die die Aus­sagekraft von Mar­ket­ingstu­dien übertreffen.

Strategie 10: Persönliche Weit­er­en­twick­lung betreiben

Die Krise bietet neben Geschäftsmöglichkeiten auch En­twick­lungschan­cen für Sie selbst. Sie müssen sich präsent, ruhig und beherrscht, furchtlos und vo­rauss­chauend zeigen – oder diese wichtigen Führungsfähigkeiten nun ausbilden. Auch nach der Krise sollten Sie Ihre neuen Strategien nicht aufgeben. Was Ihnen geholfen hat, diese Durst­strecke zu überstehen, wird Ihnen mit Sicherheit helfen, gut gerüstet auch die nächste Krise in ruhigem Fahrwasser zu durchqueren.

„Denken Sie immer daran, dass jede Krise irgendwann endet; es gilt also, keine Zeit zu verlieren.“

Zudem kann die Krise der geeignete Moment sein, um die Un­ternehmen­skul­tur zu verbessern. Das demon­stri­erte 1994 der damalige CEO der Fluglinie Continental Airlines, Gordon Bethune. Sein Amtsvorgänger hatte in eigenen Maschinen keine geöffneten Getränke annehmen wollen – aus Angst, die eigenen Mitarbeiter würden ihn vergiften. Es gab Notrufknöpfe im Me­ter­ab­stand an den Wänden. Bewaffnete Sicher­heit­sleute bewachten die Türen der Vor­stand­se­tage. Bethune entfernte all diese Sicher­heitsvorkehrun­gen und versprach den Mi­tar­beit­ern Boni für jeden Monat, in dem Continental es unter die drei pünktlichsten Flugge­sellschaften brachte. Das Unternehmen schaffte es so auf die Forbes-Liste der 100 besten Arbeitgeber Amerikas.

Über den Autor

Geoff Colvin ist Senior Editor des Fortune Magazine und einer der renom­miertesten Wirtschaft­sjour­nal­is­ten der USA.