Emotionomics

Buch Emotionomics

Erfolg hat, wer Gefühle weckt

Redline,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Menschen fliegen ins All, erfinden Solarzellen und denken sich komplexe Theorien aus. Doch all ihren in­tellek­tuellen Höhenflügen zum Trotz sind sie ihren Gefühlen genauso unterworfen wie einst der Ne­an­der­taler. Bevor ihr Gehirn die Lage überhaupt erfasst hat, hat der Bauch längst instinktiv vorentsch­ieden. Für die Wirtschaft gilt daher: Wer Mitarbeiter für sich gewinnen und seine Produkte verkaufen will, muss vor allem eines, nämlich die Gefühle seiner Zielgruppe erreichen, sie deuten und darauf reagieren. Wie das geht, erklärt Dan Hill auf knapp 500 Seiten anhand vieler Prax­is­beispiele aus dem Alltag seiner Be­ratungs­firma. Manche Erken­nt­nisse sind nicht neu, die Methode des Facial Codings schon. Sie liest aus der men­schlichen Mimik Gefühle heraus, misst und bewertet sie. Wer damit Kunden analysiert, sagt Hill, entdeckt deren wahre Gedanken – und das können ganz andere sein als jene, die sie gegenüber Mark­t­forsch­ern äußern. BooksInShort empfiehlt das gele­gentlich etwas redundante, aber im Kern innovative Buch allen Managern, ins­beson­dere jenen im Marketing und im Per­son­al­we­sen.

Take-aways

  • Unsere (Kauf-)Entschei­dun­gen basieren im Wesentlichen auf Gefühlen.
  • Im Gegensatz zu Gedanken können Gefühle tatsächlich Handlungen auslösen.
  • Die Mimik ist bei allen Menschen gleich, sie spiegelt sieben Grundgefühle: Angst, Ärger, Traurigkeit, Abscheu, Verachtung, Überraschung und Freude.
  • Kombiniert man diese Grundgefühle, ergeben sich 30 un­ter­schei­d­bare Emotionen.
  • Was jemand sagt, stimmt häufig nicht mit seinen Gefühlen überein.
  • Beim Facial Coding (FC) versuchen Forscher aus der Mimik von Personen Gefühle her­auszule­sen und zu quan­tifizieren.
  • Die Ver­suchsper­so­nen werden z. B. bei einer Diskussion über Produkte gefilmt.
  • Die Emo­tio­nom­ics-Ma­trix zeigt, wie menschliche Grundbedürfnisse mit Gefühlen zusammenhängen, und sagt voraus, wie Menschen wahrschein­lich handeln werden.
  • Nur wer eine emotionale Bindung zu seiner Zielgruppe aufbaut, gewinnt sie für sich.
  • Er­fol­gre­iche Chefs und Verkäufer berücksichtigen die Werte ihrer Mitarbeiter und Kunden.
 

Zusammenfassung

Menschen erreichen Sie nur emotional

Ohne Gefühle geht es nicht. Wer erfolgreich sein will, muss zu den Menschen durch­drin­gen, sie emotional erreichen. Gefühle bee­in­flussen Gedanken stärker als umgekehrt. Vor allem sinnliche Reize, Bilder, Gerüche oder Körpersprache, lösen Emotionen aus. Nutzen Sie Ihre Körperhaltung, Ihre Stimme und Bilder, um zu kom­mu­nizieren. Die Sprache allein reicht nicht. Ihre Mitarbeiter müssen sich zumindest bildhaft vorstellen können, was Sie von Ihnen wollen, sonst kommt Ihre Botschaft nicht an.

„Die neuere Gehirn­forschung hat ergeben, dass die Menschen Entschei­dun­gen in erster Linie aus emotionalen Gründen treffen.“

Menschen nehmen alles subjektiv wahr. Damit schützen sie sich emotional und festigen ihr Selbstbild. Sie sind aber auch flexibel und lernfähig. Was sie im Job oder beim Einkaufen erleben, verändert ihre neuronalen Verknüpfungen im Gehirn und ihre Wahrnehmung. Das lässt hoffen und fordert zugleich heraus. Nichts muss so bleiben, wie es ist: Ihre Angestell­ten können besser arbeiten, ver­meintlich un­err­e­ich­bare Konsumenten plötzlich Ihr Produkt kaufen. Sie müssen nur den Schlüssel zu ihren Gefühlen finden und sie positiv bee­in­flussen, mit der richtigen Ansprache und Präsentation.

Facial Coding: Aus Gesichtern lesen

Lassen sich Gefühle messen und in Zahlen ausdrücken? Mit der Methode des Facial Codings (FC) wollen Forscher aus dem Gesicht­saus­druck der Ver­suchsper­son deren wahre Gefühle herauslesen. Charles Darwin hat als erster her­aus­ge­fun­den, dass die menschliche Mimik angeboren und universell ist. In den 1960er Jahren haben Wis­senschaftler um Paul Ekman seinen Ansatz verfeinert und das Facial Action Coding System (FACS) erfunden. Es erfasst, wie sich die 43 men­schlichen Gesichtsmuskeln in 23 grundle­gen­den Einheiten bewegen und welche Gefühle daraus abgeleitet werden können.

„Ein un­ver­wech­sel­bares emotionales Wertangebot zu un­ter­bre­iten, ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Ganz egal wie alt die Menschen sind, ob weiblich oder männlich, wo sie herkommen oder welche Hautfarbe sie haben: In ihren Gesichtern spiegeln sich sieben grundle­gende Gefühlsregungen. Eine davon ist neutral: Überraschung; eine ist positiv: Freude; fünf sind negativ: Angst, Ärger, Traurigkeit, Abscheu und Verachtung.

„Jede codierbare Emotion hat ihre eigene Bedeutung oder ihr ‚Skript‘, aber es gibt keine bestimmte Muskel­be­we­gung, die einen Lügner verrät.“

Einige Beispiele: Wer sich ängstigt, öffnet den Mund, die Augen werden größer und das Kinn breiter. Die Augenbrauen bewegen sich nach innen und oben, die Lippen dehnen sich nach hinten und werden gerade. Menschen, die sich ärgern, verengen die Augen und haben straffe Lippen. Ekman hat nur ein echtes Lächeln iden­ti­fiziert, aber viele un­verbindliche Formen. Hier fehlt das Glänzen oder Funkeln in den Augen, das beim echten Lächeln immer zu sehen ist.

„Der wichtigste Aspekt für Unternehmen besteht darin, dass Gedanken, anders als Emotionen, nicht hand­lung­sori­en­tiert sind.“

Oft wissen Menschen selbst nicht, was sie fühlen, können oder wollen es nicht aussprechen. Doch ihr Gesicht verrät sie. Bei Anwendungen des Facial Codings für die Mark­t­forschung werden potenzielle Konsumenten in bestimmten Situationen beobachtet oder gefilmt. Danach werten die Forscher ihre Mimik aus, um her­auszufinden, ob das neue Produkt überhaupt Gefühle auslöst, und wenn ja, welche.

„Vier Grund­mo­ti­va­tio­nen erklären, warum Menschen auf eine bestimmte Weise handeln.“

Die emotionale Reak­tion­srate misst, wie viele Menschen emotional reagieren. Der Grad der Wirkung gibt Auskunft darüber, wie stark sie das tun. Firmen, die Facial Coding nutzen, sind im Vorteil gegenüber denen, die sich nur auf herkömmliche Mark­t­forschungsin­stru­mente verlassen.

Die Emo­tio­nom­ics-Ma­trix

Kombiniert man die men­schlichen Grun­de­mo­tio­nen, ergeben sich 30 un­ter­schei­d­bare Gefühlsregungen. Nur sieben sind positiv, zwei neutral und die übrigen negativ. Zwei Beispiele für gemischte Gefühle: Wer überrascht und verärgert ist, ist empört. Wer sich ärgert und ängstigt, ist eifersüchtig. Je nachdem, wie Personen sich fühlen, handeln sie auch. So sind traurige, fröhliche oder verärgerte Personen tendenziell risikobere­iter.

„Spitzenverkäufer sind op­ti­mistisch, belastbar und einfühlsam.“

Letztlich sind all unsere Gefühle Ausdruck von vier Grundbedürfnissen: Wir wollen uns verteidigen, binden, etwas aneignen sowie etwas lernen. Die Emo­tio­nom­ics-Ma­trix erklärt, wie Gefühle und Grundbedürfnisse zusam­men­spie­len. Ärger und Aneignen passen zum Beispiel gut zusammen: Wer sich ärgert, möchte kon­trol­lieren. Überraschung und Lernen sind auch eine gute Allianz. Hier geht es ums Entdecken.

„Der Schlüssel zu einer er­fol­gre­ichen Präsentation ist nicht das Angebot, sondern der Aufbau der damit verbundenen Beziehung.“

Die Emo­tio­nom­ics-Ma­trix und die Erken­nt­nisse, die sich daraus ableiten lassen, sind ein strate­gis­ches Instrument, das in ver­schiede­nen Bereichen eingesetzt werden kann: Marke­nen­twick­lung, Ange­bots­de­sign, Verpackung und Be­nutzer­fre­undlichkeit, Werbung, Verkauf sowie Handel und Service. Außerdem hilft es Führungskräften bei der Mi­tar­beit­erführung.

Marken­pro­dukte müssen Gefühle wecken

Ein Marke funk­tion­iert nur dann, wenn sie bei den Konsumenten gute Gefühle auslöst. Sie muss sich in ihr Weltbild fügen, sonst wird sie nicht akzeptiert. Wenn Menschen neue, störende In­for­ma­tio­nen bekommen, wählen sie lieber das Vertraute. Finden Sie mit Facial Coding heraus, welche Werte Ihrer Zielgruppe wichtig sind, und sorgen Sie dafür, dass Ihr Produkt genau diese Werte verkörpert. Etwa mit einer Geschichte, getragen von einer sym­pa­this­chen Persönlichkeit: Marlboro setzt seit Jahren erfolgreich auf den Marl­boro-Mann, einen frei­heit­slieben­den Cowboy.

„Her­aus­ra­gen­der Service bedeutet, dass der Kunde mit seinem Problem ernst und wichtig genommen wird.“

Ide­al­er­weise wollen die Verbraucher intuitiv an einer Marke teilhaben. Denn Marken­pro­dukte spiegeln nicht nur Werte, sondern versprechen Konsumenten, dass sie zu einer bestimmten Gruppe gehören, wenn sie sie kaufen. Diese emotionale Botschaft lässt sich durchaus als vernünftig tarnen: Das Produkt wird dann vordergründig nicht deshalb gekauft, weil es gerade in ist, sondern, weil es so funktionell und langlebig ist.

Verpackung soll begeistern

Am besten verkaufen sich Waren, die Käufer intuitiv ansprechen, leicht verständlich und einfach zu handhaben sind. Das emotionale Ziel ist es, Bewunderung auf sich zu ziehen – ein Gefühl gemischt aus Angst, Ärger, Neugier und Entzücken.

„Einkom­men­su­n­ter­schiede stellen emotional kluge Führungskräfte vor die Aufgabe, der Tendenz zur inneren Abkoppelung ent­ge­gen­zuwirken.“

Laden Sie Verbraucher zu Diskus­sion­srun­den ein und finden Sie mit Facial Coding heraus, auf welche sinnlichen Reize die meisten reagieren. Nur wer sich von den anderen Anbietern abhebt, schafft eine Bindung zu seinen Käufern. Suchen Sie nicht nur nach positiven Merkmalen, sondern befragen Sie auch Konsumenten, die sich nur einmal für das Produkt entschieden haben: Was hat sie abgestoßen? Genau dies gilt es zu verbessern.

Werbung sagt den Käufern, was sie brauchen

Werbung muss die Menschen emotional ansprechen, sonst hat sie keine „stopping power“. Die bringt Personen dazu, Gewohn­heiten aufzugeben und Neues zu wagen. Werbung muss ihnen die rationale Recht­fer­ti­gung für eine Handlung geben, für die sie sich emotional längst entschieden haben. Kon­trol­lieren Sie mit Facial Coding, ob Ihre Werbung originell, glaubwürdig und sympathisch ist und ob sie Ihre Zielgruppe zu den gewünschten Gefühlen veranlasst. Dazu testen Sie stich­probe­nar­tig bereits bestehende Kunden.

Gute Verkäufer hin­ter­lassen gute Gefühle

Niemand lässt sich gerne etwas andrehen und sich für dumm verkaufen. Im Verkauf­s­ge­spräch hat der Verbraucher Angst davor, über den Tisch gezogen zu werden. Gle­ichzeitig möchte er aber auch eine Bindung zum Verkäufer eingehen. Das sind nur einige emotionale Barrieren, die Ver­trieb­sleute zu überwinden haben. Er­fol­gre­iche Verkäufer

  • sorgen für ein angenehmes Ar­beit­sklima und ein gutes Gruppengefühl,
  • sind von ihren Produkten absolut überzeugt, stolz, authentisch, op­ti­mistisch und überzeugend,
  • suchen eine emotionale, dauerhafte Bindung zu Käufern,
  • erkennen im Gespräch, welche emotionalen Bedürfnisse hinter rationalen Erklärungen ihrer Kunden stecken und reagieren darauf,
  • lesen aus den Gesichtern ihrer Kunden ihre Gefühle heraus.

Gut gelaunte Kunden geben Geld aus

Käufer wollen vor allem verstanden werden. Entspricht der Service im Fachgeschäft oder Restaurant ihren Erwartungen, fühlen sie sich gut und sind eher bereit, Geld auszugeben. Am besten ist es, wenn sie die positive Emotion nicht nur mit einem Produkt verbinden, sondern mit dem Anbieter selbst. Dann werden sie wahrschein­lich auch andere Sachen mit nach Hause nehmen.

„Unternehmen, die sich selbst kennen und verstehen, welche Typen von Menschen sich ihren Rängen gut entwickeln, werden auch richtige Ein­stel­lungsentschei­dun­gen treffen.“

Mit Facial Coding lässt sich messen, wie Personen einen Laden oder ein Restaurant emotional wahrnehmen. Wichtig ist, dass das Kun­den­er­leb­nis mit dem Angebot übere­in­stimmt. Wer einen Entspan­nung­stee anpreist, muss auch für eine entspannte Atmosphäre sorgen. Alles was bei Ver­brauch­ern Frust verursacht, muss verändert werden. Für Verärgerung sorgen ins­beson­dere Probleme, die für den Kunden einen Kon­trol­lver­lust bedeuten: beispiel­sweise Wartezeiten, Liefer­prob­leme sowie der Eindruck, alle Ser­vicemi­tar­beiter würden vor dem Kunden flüchten. Das kränkt dessen Selb­st­wert­gefühl, löst Angst und Wut aus.

Er­fol­gre­iche Chefs sind menschlich

Ein guter und er­fol­gre­icher Chef bringt seine Mitarbeiter dazu, sich als Team zu fühlen. Haben die sich hingegen innerlich von der Arbeit ve­r­ab­schiedet, machen Sie Ihren Job als Führungsper­son schlecht. Facial Coding zeigt Ihnen zuverlässig, wie Ihre Mitarbeiter oder Partner Sie wahrnehmen. So sichern Sie sich das Engagement Ihrer Mitarbeiter:

  • Zeigen Sie sich von Ihrer persönlichen Seite. Ihre Angestell­ten sollten Sie nicht nur als einen Titelträger mit großem Gehalt wahrnehmen, sondern als Menschen.
  • Seien Sie ehrlich und inspirieren Sie Ihr Team mit Ideen und Visionen.
  • Sprechen Sie Ihre Mitarbeiter persönlich an, bitten Sie um ihren Rat.
  • Informieren Sie Ihr Team so früh und klar wie möglich.
  • Begründen Sie Ihre Entschei­dun­gen und nutzen Sie die Körpersprache zum Kom­mu­nizieren.
  • Entwickeln Sie Kom­mu­nika­tion­spläne, die formelle und vor allem informelle zwis­chen­men­schliche Kontakte im Betrieb berücksichtigen.
  • Üben Sie sich darin, aus den Gesichtern Ihrer Mitarbeiter auf deren Gefühle zu schließen.

Mitarbeiter emotional führen

Um die richtigen Leute einzustellen, müssen Sie wissen, welche Werte Ihrer Firma wichtig sind und welcher Typ Mensch am besten dazu passt. Es ist sinnvoll, Bewerber nicht nur in einem offiziellen Gespräch kennen zu lernen, sondern in einer lockeren, geselligen Atmosphäre. So haben beide Seiten die Chance her­auszufinden, mit wem sie es zu tun haben. Führen Sie Ihre Mitarbeiter nach den folgenden Grundsätzen:

  • Schenken Sie Ihren Mi­tar­beit­ern Freiräume und fördern sie deren Nutzung.
  • Alle Angestell­ten sollten sich im Betrieb willkommen fühlen.
  • Stellen Sie klare (Verhaltens-)Regeln auf, auch bei der Leis­tungs­beurteilung.
  • Berücksichtigen Sie, dass sich mit dem Alter auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter ändern. Anfänger sind besorgt, jüngere etablierte Mitarbeiter suchen neue Her­aus­forderun­gen und Veränderungen, ältere eher nicht.

Über den Autor

Dan Hill leitet das Be­ratung­sun­ternehmen Sensory Logic, das auf unbewusste, verbale und nonverbale Aspekte im Marketing spezial­isiert ist. Seine Essays zum Thema wurden in der New York Times veröffentlicht.