Das Märchenbuch für Manager

Buch Das Märchenbuch für Manager

Gute-Nacht-Geschichten für Leitende und Leidende

Frankfurter Allgemeine Buch,


Rezension

Wie kann man die Wahrheit sagen, ohne jemandem auf den Schlips zu treten? Zum Beispiel indem man ein Märchen erzählt. Wenn man dann, wie Jürgen Fuchs, auch noch eine flotte Schreibe wählt, die dem Leser nie langweilig wird, und Vergleiche, die wie mit dem Zielfer­n­rohr mitten ins Schwarze treffen, dann wird aus dem Ganzen ein Mega-Vergnügen. Wie lebt es sich so, im Man­ager-All­tag? Was treibt die Führungskräfte zu so manch merkwürdigem Verhalten? Die Gute-Nacht-Geschichten von Jürgen Fuchs sind mal liebenswürdig nachsichtig, mal bis­sig-iro­nisch, immer hart am Leben, aber nie nur ein plumper Abklatsch der Wirk­lichkeit. Das Schöne daran aber ist, dass man anfängt nachzu­denken, sobald man es gelesen hat. BooksInShort.​com empfiehlt dieses Buch denjenigen, die es bereits zu einem grösseren Schreibtisch und einer eigenen Sekretärin gebracht haben. Sehen Sie es einfach als Notbremse. Allen anderen kann es ein Trost sein. Im Märchen gewinnen auch immer die Guten.

Take-aways

  • Das Problem fängt schon damit an, dass Ar­beit­nehmer ihre intuitiven Fähigkeiten erst nach Büroschluss nutzen dürfen.
  • In grossen Unternehmen sind Manager in erster Linie damit beschäftigt, die Wichtigkeit ihrer Existenz nachzuweisen.
  • Im Mittelstand funk­tion­iert der Manager als Coach und die Mitarbeiter dürfen sich frei entfalten.
  • Glücklich ist, wer lächelt und in jedem Neubeginn die Chance für einen besseren Job sieht.
  • Mitarbeiter können selber denken und für Trivialjobs ist der Computer da.
  • Manche Manager fühlen sich wie Lehnsherren: Je mehr Untergebene, desto grösser ihre Macht.
  • Wer ins Management aufsteigt, verliert leicht den Kontakt zur Basis.
  • Ihr Unternehmen funk­tion­iert wie ein lebender Organismus. Sollte es zumindest.
  • Vor lauter Bürokratie kommen die besten Un­ternehmer-Ideen nicht in die Gänge.
  • Der Mensch und sein Wissen sind das Kapital von morgen.
 

Zusammenfassung

Es war einmal von 100 Jahren ...

Welchen Eindruck hätte der Besucher einer fernen Galaxie von unserem Planeten um 1900 gehabt? Er­staunliche Kultur, von China bis Rom, viel frische Luft, von Japan bis USA, und viele spannende Ideen im In­no­va­tion­szen­trum Deutschland. Leute wie Benz und Daimler, Bosch und Siemens bastelten an in­ter­es­san­ten Sachen und Leute wie Messer­schmitt, Grundig und Wernher von Braun steckten immerhin schon in den Kinder­schuhen. Es liess sich also recht vielver­sprechend an damals. Und was ist daraus geworden?

„Ein er­fol­gre­icher Manager denkt mit dem Kopf seiner Mitarbeiter.“

Ob Japan, China oder USA, überall Hektik, Lärm, Hochhäuser und Baukräne und überall Ein­heits-En­glisch. Aus den vielver­sprechen­den Erfindungen aus deutschen Landen ist zwar etwas geworden, aber das war’s dann auch, Neues kam nicht mehr dazu. Dafür Erfindungen wie das Laden­schlussge­setz und jede Menge Antrags­for­mu­lare. In den Un­ternehmens-Pyra­mi­den sitzen Manager, die die Arbeit zuteilen und kon­trol­lieren und den Menschen die Entschei­dun­gen abnehmen. Warum darf sich emotionale Intelligenz nicht entfalten? Wie sollen Fer­tigkeiten und Know-how das Brut­tosozial­pro­dukt steigern, wenn die, die es besitzen, in Büro-Käfige eingesperrt ihre intuitiven Fähigkeiten erst nach 17 Uhr nutzen können?

Wer ist der Froschkönig?

Zuerst meint man, die Manager haben eine wichtige Funktion. Sie passen auf, dass alles seine Ordnung hat, pro­tokol­liert und zer­ti­fiziert der Norm entspricht, die Produktion dorthin verlagert wird, wo sie am billigsten ist, und der Mitarbeiter, den man nicht mehr braucht, sozialverträglich abgebaut wird. Man braucht sie nicht an die Wand zu schmeissen, irgendwann findet man auch so heraus, dass sie nicht sind, was sie vorgeben, und sich in erster Linie darum kümmern, ihre Existenz im System zu recht­fer­ti­gen. Schliesslich muss ja einer sehen, ob die Mitarbeiter entsprechend ihrer Stel­lenbeschrei­bung handeln. In mittelständischen Unternehmen ist das anders, stellt der Besucher der fremden Galaxie fest, da sind die Manager eher Coaches, die Mitarbeiter überblicken die Gesamtzusam­menhänge, es gibt Job-Ro­ta­tion und Pro­jek­t­grup­pen und auf Impulse von aussen wird sofort reagiert. Die Arbeit hier scheint Spass zu machen! Fast so viel wie den Kindern, die sich ausserhalb jeglicher Zwänge frei entfalten und kreativ entwickeln können.

Werden Sie ein Hans im Glück!

Was brauchen Sie dazu? Nichts weiter als persönliche Aufmerk­samkeit, ein bisschen Lob, ehrliche Anerkennung und ein fre­undliches Wort. Vo­raus­set­zung wäre, dass Sie mit einem Lächeln auf den Lippen durchs Leben gehen und nicht vor­sicht­shal­ber schon mal die Zähne fletschen. Und was, wenn man Ihnen im Job den Teppich unter den Füssen wegzieht? Nehmen Sie es als Chance für einen Neubeginn. Wer weiss, vielleicht entdecken Sie je gerade dadurch ein besseres Leben. Nur nicht aufgeben!

„Es gilt heute als normal, seine Per­son­alver­ant­wor­tung morgens an den Chef abzugeben.“

Wie steht es mit Ihrer Kom­mu­nika­tion? Müllen Sie Ihre Gesprächspartner nicht mit Ihren Mails zu, versuchen Sie es auch wieder mal mit dem Telefon oder sogar mit einem persönlichen Gespräch. Und was, wenn alle anderer Meinung sind? Sehen Sie das Problem einmal aus deren Sicht und wenn möglich aus erhöhter Perspektive. Vertrauen Sie letztlich aber immer Ihrer Intuition und machen Sie das beste aus jeder Situation. Begegnen Sie Neuem offen und aufmerksam. Es gibt überall Freunde. Sogar die Zeit ist Ihr Freund. Sie müssen sie nur richtig nutzen. Und was bitte ist richtig? Vielleicht das, was Sie gerade tun. Schlau sind Sie immer erst hinterher.

Lauter Lumpen­gesin­del?

Macht Ihnen Ihr Beruf Spass? Sollte er! Aber wie kann etwas Spass machen, das man tagein, tagaus macht? Aber wenn dann die Welle der Veränderung auf Sie zuschwappt, dann verstecken Sie sich hinter der nächstbesten Klippe. Wozu sind denn die Manager da? Jetzt hätten Sie nämlich ihre grosse Stunde! Sie sollten Ihre Un­tergebe­nen sicher durch die Brandung des Beruf­sall­t­ags geleiten und ihnen die Angst vor dem Wandel nehmen, anstatt sie ständig zu de­mo­tivieren. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter mal an der langen Leine! Vertrauen Sie auf deren Intuition, auf subjektives Urteilsvermögen, auf Vernunft und gesunden Men­schen­ver­stand. Sie können Ihre Mitarbeiter entweder dressieren, das entspricht der Norm, oder Sie lassen sie selb­stver­ant­wortlich handeln. Der Vorteil wäre: Sie würden endlich ihre gesamten Fähigkeiten in das Unternehmen stecken. Und nicht in ihre Freizeitak­tivitäten. Ihre Mitarbeiter sollten vernünftiger und in­tel­li­gen­ter arbeiten und nicht einfach nur ein bisschen mehr. Die Informatik hilft ihnen dabei. Wer erledigt die Trivialjobs? Hoffentlich der Computer und nicht der teuer bezahlte deutsche Angestellte. Wann sind Sie glücklich? Wenn Sie etwas geleistet haben, wenn Ihnen etwas gelungen ist. Sehen Sie Arbeit mal von dieser Warte.

"Mehr, mehr", rief der kleine Häwelmann!

Warum kriegt mancher Manager den Hals nicht voll? Warum will er immer noch mehr Macht? Weil er glaubt, das Tolle an seinem Posten ist, dass er immer erst gefragt werden muss. Er ist vielleicht nicht der Schönste, aber er hat Ve­r­ant­wor­tung. Die Mitarbeiter geben sie an in ab - und machen ihn irgendwann zum Affen. Fühlen Sie sich in Ihrem Macht­bere­ich zwar zuständig, aber nicht ve­r­ant­wortlich? Dann ist Ihre Abteilung Ihr Fürstentum und Sie sind der Lehnsherr. Endlich haben Sie Untergebene! Mit dem Engagement, das Sie in Ihre Gren­zvertei­di­gung investieren, sollten Sie lieber das gemeinsame Ziel verfolgen. Und lassen Sie die Mitarbeiter so wachsen, wie sie wollen. Wenn Sie ständig an den Ästen herum­schnip­peln, die andere Richtung Sonne wachsen lassen, müssen Sie sich nicht wundern, wenn in Ihrer Nähe bald gar nichts mehr wächst.

„Nutzen wir das volle Vermögen der Mitarbeiter oder ‚dressieren’ wir sie?“

Ist Ihr Unternehmen lean oder light? Es ist alles nur eine Mod­eer­schei­n­ung. Beugen Sie sich ihr nicht kritiklos, denken Sie selber! Aber behalten Sie nicht jegliches Wissen für sich. Sorgen Sie dafür, dass es aus­ge­tauscht wird. Wis­sens-Man­age­ment heisst ja nicht, dass Sie sich das Wissen der anderen zunutze machen. Ihre Persönlichkeit muss wirken, nicht Ihr Amtstitel. Wie machen Sie das ohne Kom­mu­nika­tion? Indem Sie nur maximal sieben Mitarbeiter kom­mandieren, mehr können Sie nämlich nicht kon­trol­lieren? Wenn Sie sich gigantische Ver­schwen­dung nicht leisten können, dann un­ter­stellen Sie einer Führungskraft 25 Mitarbeiter und machen Sie nicht jeden Achten zum Chef.

Ach wie gut, dass niemand weiss ...

... wie es in den Unternehmen so zugeht. Zum Beispiel, dass der Kunde hier gar nicht mehr König ist. Er ist Abnehmer. Lächeln Sie Ihre Kunden an? Tun Sie’s. Das spart Ihnen jede andere Wer­bekam­pagne. Und intern: Wie gehen Sie mit Ihren Know-how-Trägern um? Bieten Sie ihnen Ent­fal­tungsmöglichkeiten und neue Per­spek­tiven, erlauben Sie ihnen Wis­senszuwachs? Wenn Sie sie als Leibeigene behandeln, haben Sie bald Ihre besten Leute verloren.

„Manager müssen nicht krampfhaft motivieren. Wenn sie nur aufhören würden zu de­mo­tivieren, könnte dadurch die Produktivität schlagartig gesteigert werden.“

Ist Ihr Unternehmen eine Pyramide? Sie wissen doch: Pyramiden sind da, um Menschen darin zu beerdigen. Dann doch lieber ein lebender Organismus! Jedes Organ hat darin seine Aufgabe, keines ist wichtiger, übermässiges Wachstum bedeutet Krebs, jedes arbeitet autonom, aber als Teil des Ganzen. Die Kom­mu­nika­tion­stech­nik ist das Ner­ven­sys­tem. Dank Rück­kop­plungssys­te­men und Selb­stor­gan­i­sa­tion ist wachsende Komplexität kein Problem, der Organismus ist anpassungsfähig, und wenn es irgendwo krankt, dann helfen Moderatoren und Change-Agents. Chirurgen mit dem Am­pu­ta­tion­s­messer haben Hausverbot.

„Wann ändern endlich die deutschen Politiker die Bi­lanzrichtlin­ien und erklären die Menschen zu Vermögen und die Maschinen zu Kosten!“

Warum funk­tion­iert E-Business? Weil jeder alles weiss. Es ist transparent. Ob eine Firma ihre Kunden betrügt oder ein Kunde die Kred­itkartenge­sellschaft - spätestens morgen erfahren es alle. Sehr peinlich. Halten Sie Ihre Versprechen? Im Zeitalter des Internets werden Sie an Ihrer Glaubwürdigkeit gemessen. Vermasseln Sie es nicht! Die ungeschriebe­nen Gesetze sind stärker als alle Re­gle­men­tierun­gen. Es weiss nur so richtig keiner. Anscheinend weiss auch keiner, dass mündige Mitarbeiter, die ihre Schnittstellen im eigenen Gehirn benutzen dürfen, produktiver und erfahrener sind und ein probates Mittel, um Kun­den­zufrieden­heit zu schaffen. Warum wird in den Unternehmen noch immer Ar­beit­sz­er­legung praktiziert? Weil die Manager sonst nichts mehr zu kon­trol­lieren und zu genehmigen, abzuze­ich­nen und anzuweisen hätten. Aber exakt dafür bekommen sie doch ihr hohes Gehalt!

Abrakadabra

Der beste Za­uber­spruch nutzt nichts, wenn die Behörden dagegen sind. Sie möchten ein Unternehmen gründen? Wenn Sie Pech haben, reden Gewer­beauf­sicht und Bauaufsicht so lange dazwischen, bis Sie mit Ihren Nerven am Ende sind und der Staat einen Ar­beit­slosen mehr unter seine väterlichen Fittiche nimmt. Aber ist er nicht dazu da, der Staat, damit die Menschen friedlich und frei darin leben können? Machen Sie das mal in einem Staat, der 50 % des Brut­tosozial­pro­duk­tes abkassiert, alles und jeden reguliert und sozial bürokratisiert!

„Das Vermögen eines Un­ternehmens ist das, was die Menschen vermögen.“

Wo ist Ihr wesentliches Grundrecht geblieben, Ihr Selbst-Er­hal­tungs-Recht? Dabei wäre es so wichtig, zu wachsen und erwachsen zu werden, jetzt, wo die Welt immer kleiner wird und wir Europäer nicht mehr der Nabel der Welt sind. Ist die Glob­al­isierung schuld an allem? Verlieren wir unser bequemes Gle­ichgewicht, wenn wir den Blick über unseren Tellerrand riskieren? Deutsche Gehirne beherrschen die Komplexität. Darin liegt unser Vermögen. Nicht in Maschinen, die kosten nur. Die Menschen sind der Aktivposten. Besinnen Sie sich darauf. Und machen Sie was daraus. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis unser Bewusstsein reif ist für die Erkenntnis, dass wir alle die globale Ve­r­ant­wor­tung für diesen Planeten tragen.

Dornröschen schläft noch ...

Was brauchen wir in der Zukunft? Bun­de­spoli­tiker jedenfalls nicht. Seit der Einführung der EU könnte die Politik länderübergreifend gesteuert werden. Man wohnt gewis­ser­massen gemeinsam in einem grossen Haus. Und wer in den Vereinigten Staaten von Europa Bürgernähe prak­tizieren möchte und sich um Bil­dungssicher­heit und lokale Aufgaben kümmert, bekommt ein eigenes Appartement. Kapital brauchen wir auch nicht mehr. Wir haben unser Wissen. Das ist die Geldquelle der Zukunft! Welches Selbstverständnis haben die Manager in Ihrem Unternehmen? Behandeln Sie Ihr in­tellek­tuelles Kapital gut, bieten Sie ihm eine attraktive Un­ternehmen­skul­tur, lassen Sie es sich entfalten und wachsen. Es kann nämlich seine Aktentasche packen und gehen.

„Manager und Gew­erkschaften brauchen das Ar­beit­sprinzip der einfachen Routinetätigkeiten, um scheinob­jek­tiv zu bezahlen.“

Vo­raus­ge­setzt, es will sich überhaupt bewegen. Seit Internet, E-Mail, Laptop und Videokon­feren­zen brauchen wir nur noch zu reisen, wenn es Spass macht und es etwas zu erleben gibt. Dafür werden die Güter immer mobiler, E-Commerce sei Dank! Höchste Zeit, dass wir uns wieder auf unsere Persönlichkeit besinnen. Was ist das Vermögen eines Un­ternehmens? Der Mensch. Er muss im Mittelpunkt stehen, er wird bezahlt, nicht seine Stelle. Und wenn alle dasselbe denken, dann wird vielleicht eine synchrone Schwingung daraus, eine fan­tastis­che Welle, die die ganze Welt erfasst. Schliesslich sitzen wir alle im gleichen Boot. Und unser Planet ist nichts weiter als ein kleines Dorf. Wer gestaltet die In­fra­struk­tur? Wir selbst, wer sonst. Vielleicht gelingt es uns ja doch noch, unser Dorf l(i)ebenswert zu machen.

Über den Autor

Jürgen Fuchs hat Mathematik, Physik und Philosophie studiert, bevor er bei IBM einstieg und dort bis zum Ver­trieb­s­man­ager em­porklet­terte. Heute sitzt er in der Geschäftsleitung der CSC Ploenzke AG, einem Unternehmen, das er in den vergangenen 20 Jahren in mehreren leitenden Funktionen mit­gestal­tete. Das Redesign von Unternehmen und die Einführung in­tel­li­gen­ter Or­gan­i­sa­tio­nen sind sein Bereich.